Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
damit die Woche einigermaßen gut beginnt, stellen wir Euch hier ein Urteil aus Hamburg-St. Georg zu den restlichen Sachverständigenkosten gegen die HUK24 AG vor. Damit hat das erkennende Gericht wieder eine positive Entscheidung gegen die HUK-COBURG erlassen. Was allerdings stört, ist die Tatsache, dass das erkennende Gericht im Rahmen des § 287 ZPO die BVSK-Honorarbefragung zu Hilfe nimmt. Der VI. Zivilsenat des BGH hatte in der Grundsatzentscheidung in dem Rechtsstreit des Geschädigten gegen den Schädiger vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 – unter Randziffer 10 festgestellt, dass dem Kläger das Ergebnis der Umfrage bei den Mitgliedern des BVSK über die Höhe der üblichen Honorare nicht bekannt sein muss. Was in dem Rechtsstreit gegen den Schädiger gilt, das gilt auch in dem Rechtsstreit gegen den Haftpflichtversicherer des Schädiger an dessen Stelle. Folglich lassen sich die berechneten Sachverständigenkosten einschließlich der Nebenkosten dann später im Rechtsstzreit nicht an der BVSK-Honorarumfrage messen. Lest aber das Urteil des AG Hamburg-St. Georg vom 21.11.2016 – 910 C 309/16 – und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker
Amtsgericht Hamburg-St. Georg
Az.: 910 C 309/16
Urteil
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
HUK-24 AG, vertreten durch d. Vorstand, dieser vertr.d.d. Herren Detlef Frank und Daniel Thomas, Bahnhofsplatz 1, 96450 Coburg
– Beklagte-
erkennt das Amtsgericht Hamburg-St. Georg – Abteilung 910 – durch die Richterin am Amtsgericht H. am 21.11.2016 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 113,59 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.06.2016 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 113,59 € festgesetzt.
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der restlichen Gutachterkosten in Höhe von 113,59 € gemäß §§ 7,17 StVG, § 115 VVG, § 1 PflVG.
Die geltend gemachten restlichen Sachverständigenkosten stellen dabei den weiteren von dem Schädiger gegenüber dem Geschädigten zu ersetzenden Schaden gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB dar, da die Einholung des Sachverständigengutachtens zur entsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich war. Insbesondere sind die veranschlagten Nebenkosten nicht überhöht.
Ob und in welcher Höhe die Sachverständigenkosten erforderlich sind, richtet sich danach, ob diese vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Insbesondere ist der Geschädigte nicht gehalten eine Marktforschung nach dem honorargünstigten Sachverständigen zu betreiben (vgl. BGH, Urteil vom 11.2.2014, Az. VI ZR 225/13). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass es an einer einheitlichen kostenrechtlichen Grundlage oder allgemein zugänglichen Preisliste für Sachverständigengutachten fehlt (OLG Düsseldorf, DAR 2008, 523 ff; LG Saarbrücken, Urteil vom 29.08.2008, Az: 13 S 108/08). Daher wird der Geschädigte in aller Regel von der Erforderlichkeit der angefallenen Sachverständigenkosten ausgehen dürfen.
Umstände, die belegen, dass der korrigierte Rechnungsbetrag von 595,59 € für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt, sind nicht ersichtlich. Dem Geschädigten ist dabei nicht zuzumuten, dass er jede einzelne Position der Nebenkosten und das Grundhonorar separat daraufhin prüfen müsste, ob eine erkennbar über der üblichen Vergütung liegende Vergütung abgerechnet wird. Denn selbst wenn für den Geschädigten erkennbar sein sollte, dass die Kosten des Sachverständigen teilweise erheblich über den tatsächlichen Kosten im Alltag liegen, folgt hieraus nicht, dass die Kosten erkennbar deutlich über der üblichen Vergütung eines Sachverständigen liegen. Der Geschädigte darf davon ausgehen, dass ein Sachverständiger höhere Fotokosten berechnet als ein Drogeriemarkt. Dem Geschädigten dürfte auch bewusst sein, dass nicht nur die Ausdruckkosten, sondern auch die Kosten für den Vorhalt der Fotoausrüstung und die technische Nachbearbeitung am Computer, etwa durch Markieren der Schadenstellen, ebenso wie eine Marge des Sachverständigen, enthalten sind (vgl. Schwartz, juris PR-VerkR 21/2016 Anm. 1, zitiert nach Juris, m.w.N.). Der Geschädigte darf auch davon ausgehen, dass die Nutzung des Kalkulationssystems Audatex/Schwacke nicht kostenfrei für den Sachverständigen ist.
Es kommt darauf an, dass im Ergebnis der Abrechnung keine überhöhten Kosten angefallen sind.
Die „Erkennbarkeit“ einer „erheblichen“ Überschreitung der üblichen Preise ist nach Schätzung des Gerichts gemäß § 287 ZPO nicht gegeben. § 287 ZPO gibt die Art der Schätzungsgrundlage nicht vor. Soweit es sich um typische Fälle handelt, ist bei der Schadensbemessung das Interesse gleichmäßiger Handhabung mit in den Blick zu nehmen. Dementsprechend ist es anerkannt, dass sich der Tatrichter in Ermangelung konkreter Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung im Rahmen der Schadensschätzung gesetzlich geregelter oder in anerkannten Tabellen enthaltener Erfahrungswerte bedienen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15 -, zitiert nach Juris, Rn. 18).
Das Gericht vergleicht die streitgegenständlichen Sachverständigenkosten mit den Vorgaben der im Internet verfügbaren BVSK-Honorarbefragung 2015 (http://www.bvsk.de/fileadmin/download/HONORARBEFRAGUNG-2015-Gesamt.pdf), die erstmals auch die zu erwartenden Ansätze bei anfallenden Nebenkosten abbildet.
Eine erkennbare Überhöhung ist nicht ersichtlich. Nach der BVSK-Honorarbefragung 2015 beläuft sich der Mittelwert des Grundhonorars bei einem Schadensbetrag von bis zu 2.000,00 € netto auf 379,50 €. Die Nebenkosten betragen (ohne Berücksichtigung der Position „Audatex/Schwacke“) 76,00 €. Insgesamt ergibt sich ein Betrag von 455,50 € netto und 542,05 € brutto. Der Rechnungsbetrag liegt schon ohne Berücksichtigung der Position Audatex/Schwacke nur bei ca. 10 % über dem gefundenen Vergleichswert, so dass vorliegend nicht von einer deutlich erkennbaren Überhöhung des Rechnungsbetrages zu sprechen ist.
Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.