Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
hier und heute stellen wir Euch noch ein Mietwagenurteil des Landgerichts Stralsund gegen die Allianz Versicherung vor. Die Allianz Versicherungs AG hatte es mit der Regulierung des von ihrem Versicherten verursachten Verkehrsunfall nicht so eilig. Sie ließ sich mit der ihr obliegenden Schadensersatzleistung über Gebühr Zeit. So entstanden lange Ausfallzeiten, die der Geschädigte mit einem Mietwagen überbrückte. Insgesamt betrugen die Mietwagenkosten 10.904,59 €. Darauf erstattete die Allianz Versicherungs AG nur 1.354,53 €. Nach Ansicht der eintrittspflichtigen Allianz Versicherungs AG hätte der Geschädigte seine Vollkasko Versicherung in Anspruch nehmen sollen, obwohl der angeblich keine besaß, und der Geschädigte hätte zur Reparatur einen Kredit aufnehmen sollen, nachdem die Versicherung nicht in die Pötte gekommen ist. Eine derartige Argumentation erscheint mehr als fragwürdig. Eigentlich ist es sogar eine Unverfrorenheit des zuständigen Sachbearbeiters der Allianz Versicherungs AG. Die richtige Antwort hat die Allianz Versicherung dann – zu Recht – vom erkennenden Gericht erhalten. Sie wurde zur Zahlung von 8.459,60 € nebst Zinsen sowie Anwalts- und Gerichtskosten verurteilt. Der von dem erkennenden Gericht vorgenommene Abzug für Eigenersparnis dürfte allerdings nicht zutreffend sein, wenn der Geschädigte – wie üblich – ein klassenniedrigeres Fahrzeug angemietet hatte. Lest selbst das Urteil des LG Stralsund und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Aktenzeichen:
7 0 146/15
Landgericht Stralsund
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
Allianz Versicherung, An den Treptowers 3, 12435 Berlin
– Beklagte –
hat das Landgericht Stralsund – 7. Zivilkammer – durch den Richter am Landgericht S. als Einzelrichter auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 26.10.2016 für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von 8.459,60 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten pro Jahr über dem Basiszinssatz ab dem 30.05.2015 gegenüber der Autovermietung Brendtner & Söhne GbR freizustellen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 334,15 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten pro Jahr über dem Basiszinssatz seit dem 30.05.2015 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Verfahren trägt die Beklagte zu 90%, der Kläger zu 10%.
5. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, es sei denn, dass der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 9.550,06 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger beansprucht die Freistellung von Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall.
Nach einem Verkehrsunfall vom 10.11.2014 wies ein Sachverständigengutachten vom 12.11.2014 Bruttoreparaturkosten i.H.v. 4.122,00 EUR für die Reparatur des klägerischen Fahrzeugs aus. Voraussetzung für die Reparatur des Fahrzeugs war eine Reparaturkostenübernahme durch die Beklagte.
Am 18.11.2014 übersandte die Beklagte ein Restwertangebot und wies darauf hin, dass damit keine Zusage zur Haftung und Deckung verbunden sei.
Laut Sachverständigengutachten sollten die Kosten für die Reparatur des Fahrzeugs unter dem Wiederbeschafftungswert liegen.
Mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 14.01.2015 wurde die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Kläger nicht in der Lage ist, den Schaden vorzufinanzieren und auch keinen Kredit aufnehmen oder seine KASKO-Versicherung in Anspruch nehmen will. Die Beklagte wurde darüber hinaus aufgefordert, eine Reparaturkostenübernahme zu erklären.
Mit Schreiben vom 10.02.2015 hat die Beklagte die Eintrittspflicht anerkannt und eine Reparaturkostenübernahmebestätigung erteilt.
Auf Grund vom Kläger nicht zu vertretender Umstände wurde die Kfz.-Reparatur erst am 10.03.2015 beendet.
Am 12.03.2015 gab der Kläger den Mietwagen zurück. Die Beklagte zahlte auf die Rechnung von ingesamt 10.904,59 EUR 1.354,53 EUR.
Der Kläger ist der Meinung, dass er nicht zur Vorfinanzierung des entstandenen Schadens verpflichtet war.
Er behauptet, keine Vollkaskoversicherung abgeschlossen zu haben.
Der Kläger beantragt,
1.
Die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von 9.550,06 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom 30.05.2015 an, gegenüber der Autovermietung B. & S. GbR, freizustellen.
2.
Die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 371,28 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten pro Jahr über dem Basiszinssatz seit dem 30.05.2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, der Kläger habe eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen. Diese hätte er in Anspruch nehmen können. Sie ist der Meinung, dass die Nichtinanspruchnahme der Vollkaskoversicherung dem Kläger als Mitverschulden zuzurechnen sei.
Auch hätte der Kläger die Reparaturkosten mittels eines Kredites bestreiten können.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist zum größten Teil begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadenersatzanspruch aus dem Unfallereignis zu. Die Beklagte hat diesen Anspruch zu 100% anerkannt.
Der Umfang des Schadenersatzanspruchs richtet sich nach § 249 BGB. Danach ist der Kläger so zu stellen, als wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten.
Der Kläger muss sich keinen Mitverschuldensanteil gem. § 254 BGB anrechnen lassen. Zum einen ist er nicht verpflichtet gewesen, eine Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen, falls ein solches Vertragsverhältnis überhaupt bestanden hat. Zum anderen ist er auch nicht verpflichtet gewesen, einen Kredit für die Reparatur des Fahrzeuges aufzunehmen. Vielmehr war es der Beklagten ohne Weiteres zuzumuten, den Schadensumfang dadurch zu mindern, dass sie zeitnah nach dem Unfallgeschehen eine Reparaturkostenübernahme erklärt hätte. Insbesondere musste sie als große Kfz.-Versicherung auch wissen und damit rechnen, dass ein geschädigter Fahrzeughalter in aller Regel ein Mietfahrzeug in Anspruch nimmt. Es hätte ihr selbst oblegen, bei verzögerter Prüfung der Eintrittspflicht beim Kläger nachzufragen und ggf. selbst ein Interimsfahrzeug dem Kläger zur Verfügung zu stellen bzw. ein günstigeres Mietfahrzeug dem Kläger anzubieten.
Der Kläger muss sich jedoch, insbesondere auch wegen der langen Mietdauer eine Eigenersparnis anrechnen lassen. Soweit ersichtlich erkennt die Rechtsprechung in solchen Fällen auf eine Eigenersparnis zwischen 5 und 15%. Das Gericht schätzt hier mangels weiterer Anknüpfungstatsachen an Eigenersparnis von 10% als angemessen.
Ausgehend von dem Nettorechnungsbetrag der Autovermietung i.H.v. 9.163,52 EUR abzüglich des 10%igen Eigenantreils i.H.v. 916,35 EUR folgt die Bruttosumme (1.566,96 MwSt) i.H.v. 9.814,13 EUR. Davon abzusetzen sind bereits von der Beklagten gezahlten 1.354,53 EUR. Somit bleibt der Anspruch in tenorierter Höhe.
S.
Richter am Landgericht
Verkündet am 07.12.2016
Eine Kasko-Versicherung kann man abschließen, muss man aber nicht. Und, eine Kasko-Versicherung deckt nur Schäden ab, die der Versicherungsnehmer an seinem Fahrzeug selber verursacht hat. Das hat das Gericht für sich wohl völlig korrekt auch so gesehen. Ich stelle mir dazu noch vor, wie man sich bei der Allianz krumm lachen würde, wenn der Kunde seinen Kasko-Schaden zunächst oder überhaupt über seine Haftpflicht-Versicherung abrechnen wollte.
Das Gericht hält der Allianz auch völlig zutreffend vor, dass sie hätte zeitnah eine Reparaturbestätigung erteilen müssen. Wie man da als Richter den Geschädigten dann mit 916 Euro „Eigenanteil“ am unverschuldeten Unfall und absolut Schuldlos an der langen Mietwagenzeit beteiligen kann, ist absolut inakzeptabel und schlägt gelinde gesagte, dem Fass den Boden aus. 900 Euro sind doch keine Bagatelle, damit und weniger müssen viele Menschen einen ganzen Monat lang auskommen.
Da fragt man sich schon welche Drogen da bei der Urteilsfindung im Spiel waren? Einfach nur irre! Eine völlig abstruse Auffassung des Gerichts.
Also ein Geschädigter, der die allein durch das Regulierungsgebahren der Allianz verursachten Kosten mittragen muss. Nach dem Motto „der Geschädigte hätte sich ja einen anderen Unfallverursacher auswählen können“ – vielleicht einen von der HUK-Coburg? Oder – warum ist er denn überhaupt an diesem Tag Auto gefahren? Und solch ein Schrott vom Landgericht – man glaubt es kaum.