Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
nach dem BGH-Urteil folgt wieder ein Urteil des Amtsgerichts Offenbach am Main zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG. Wieder einmal hatte die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. – trotz voller Haftung – keinen vollen Schadensersatz geleistet und, obwohl ihr durch höchstrichterliche Rechtsprechung (s. BGH VI ZR 67/06) eine Preiskontrrolle untersagt ist, eine Kürzung der berechneten Sachverständigenkosten vorgenommen. Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das erkennende Amtsgericht die beklagte HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse darauf hingewiesen, dass es so nicht geht. Die HUK-COBURG hat im Schadensersatzprozess noch nicht einmal schlüssig dargelegt, dass die angebliche Überhöhung für den Geschädigten als erkennbar erheblich überhöht anzusehen gewesen wäre. Das ist aber die Aufgabe der Beklagtenseite, die zu ihren Gunsten sprechenden Tatsachen schlüssig darzulegen und zu beweisen. Ein schlichtes Bestreiten reicht nicht aus (BGH VI ZR 225/13 Rn. 8). Aber wie es bei der HUK-COBURG und ihren Anwälten so ist, es wird schlicht alles bestritten, ob das sinnvoll ist oder nicht. Seit BGH VI ZR 225/13 ist durch höchstrichterliche Entscheidung der HUK-COBURG aber bekannt, dass schlichtes Bestreiten nicht ausreicht. Lest selbst das Urteil des AG Offenbach am Main und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Offenbach am Main
Aktenzeichen: 33 C 63/16
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
des Herrn B. H. aus O.
Kläger
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte I. u. K. aus A.
gegen
HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse a.G. vertr. d. d. Vorstand Dr. Wolfgang Meiler, Bahnhofsplatz 1, 96450 Coburg
Beklagte
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt C. F. aus F.
hat das Amtsgericht Offenbach am Main durch die Richterin am Amtsgericht S.-W. im schriftlichen Verfahren gemäß § 495a ZPO mit Schriftsatzschluss 09.01.2016 ohne Anberaumung eines Verkündungstermins am 14.12.2016 für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 206,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.11.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 206,77 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe:
(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.)
Die Klage ist überwiegend zulässig und begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der von ihm geltend gemachten weiteren Sachverständigengutachtenkosten in Höhe von 206,77 € aus §§ 249 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 StVG gegen die Beklagte.
Die Beklagte ist als Halterin des Fahrzeuges gemäß § 7 Abs.1 StVG passivlegitimiert.
Die Haltereigenschaft wurde von der Klägerseite zur Überzeugung des Gerichts durch Vorlage der Versicherungsauskunft der Zulassungsstelle Coburg mit Datum vom 19.05.2016 hinreichend nachgewiesen. Das einfache Bestreiten der Haltereigenschaft durch die Beklagte ohne weitere Substantiierung ist unzureichend, um den durch die Vorlage des vorstehend genannten Dokuments, dessen Richtigkeit im Übrigen auch von der Beklagten nicht bestritten wird, zu widerlegen.
Das OVG Lüneburg hat mit Beschluss vom 30.05.2016, Az. 12 LA 103/15, zur Frage des Nachweises der Haltereigenschaft Folgendes ausgeführt:
„Weil das Straßenverkehrsrecht im weitesten Sinne nahezu alle aus der Zulassung und dem Betrieb folgenden Pflichten dem Halter auferlegt, liegt die Annahme nahe, dass der Fahrzeughalter regelmäßig mit dem Zulassungsinhaber identisch ist. Für diese Deutung sprechen bereits die Vorschriften über das Fahrzeugregister, namentlich § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 StVG, der Daten über denjenigen, dem ein Kennzeichen für das Fahrzeug zugeteilt oder ausgegeben oder an den ein Fahrzeug mit einem amtlichen Kennzeichen veräußert wurde, als „Halterdaten“ legaldefiniert, und § 32 Abs. 2 Nr. 1 StVG, nach welchem im Fahrzeugregister Daten über Personen „in ihrer Eigenschaft als Halter von Fahrzeugen“ gespeichert werden. Wird ein Fahrzeug veräußert, für das ein amtliches Kennzeichen zugeteilt ist, so hat gemäß § 34 Abs. 3 Satz 1 StVG der Veräußerer der Zulassungsbehörde, die dieses Kennzeichen zugeteilt hat, die in § 33 Abs. 1 Satz 2 aufgeführten Daten des Erwerbers (Halterdaten) mitzuteilen. Die Mitteilung ist nur dann nicht erforderlich, wenn der neue Eigentümer bereits seiner Meldepflicht nach § 34 Abs. 4 StVG nachgekommen ist (§ 34 Abs. 3 Satz 2 StVG). Nicht zuletzt wegen der Zielrichtung des Fahrzeugregisters, schnell und zuverlässig Auskunft über das Fahrzeug und seinen Halter zu geben (§ 32 Abs. 2 StVG), und im Interesse einer einheitlichen Bestimmung des Halterbegriffs im Straßenverkehrsrecht – d. h. im Geltungsbereich des StVG und derauf ihm beruhenden Rechtsverordnungen wie derStVZO -kommt der Erfassung im Fahrzeugregister als objektivem Gesichtspunktim Außenverhältnis zu anderen Verkehrsteilnehmern und der Allgemeinheit sowie zu Behörden eine ausschlaggebende Rolle zu. Da gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FZV im Zulassungsverfahren der Name des Halters bei der Zulassung anzugeben und bei einer Änderung der Angaben zum Halter diese unverzüglich der Zulassungsstelle mitzuteilen ist (vgl. §13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FZV), der Verstoß gegen diese Bestimmung gar eine zu ahndende Ordnungswidrigkeit darstellt (vgl. § 48 Nr. 12 FZV), dürfte – rechtstreues Verhalten unterstellt – in aller Regel derjenige, auf den der Pkw (als Halter) zugelassen ist, auch tatsächlich der Halter sein. Die aus der Eintragung als Halter im Fahrzeugregister folgende Indizwirkung kann nur durch plausibles und substantiiertes Vorbringen dazu, die Verfügungsbefugnis über das Kraftfahrzeug stehe einem anderen zu, entkräftet werden (Beschl. d. Sen. v. 30.1.2014 -12 ME 243/13 -, NJW2014, 1690, juris Rdn. 7 f. m.w.N.; Maier, Anm. zu LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 13.8.2015 – 8 O 9261/14 -, juris).“
Das Gericht schließt sich der Auffassung des OVG Lüneburg vollumfänglich an.
Das Fahrzeug des Klägers wurde im Rahmen eines Verkehrsunfalls am 21.10.2016 beschädigt. Die Beklagte war zum Unfallzeitpunkt Halterin des unfallgegnerischen Fahrzeugs. Die Einstandspflicht der Beklagten für die aus dem Verkehrsunfallgeschehen resultierenden Schäden des Klägers ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstrittig.
Der Kläger war, wie die Beklagte auch zuerkennt, berechtigt, zur Feststellung der an dem Fahrzeug entstandenen Schäden oder der Schadenshöhe einen Sachverständigen zu beauftragen. Die Beklagte erkennt ihre Einstandspflicht für die dem Kläger hieraus resultierenden Kosten dem Grunde nach an.
Sofern sich die Beklagte darauf beruft, dass die von der Kfz – Versicherung des Fahrzeugs vorgenommene Kürzung der Erstattung der Sachverständigenkosten in Höhe der streitgegenständlichen 206,77 € angemessen gewesen sei, kann dieser Auffassung der Beklagten von Seiten des Gerichts nicht gefolgt werden.
Der Kläger hat einen Anspruch auf vollständige Freistellung von dem ihm entstehenden Gutachterkosten gegen die Beklagte. Der Pflicht zur Darlegung der dem Kläger entstandenen Sachverständigenkosten wurde durch Vorlage der Rechnung hinreichend genügt. Der Einwand der Beklagten, dass die Rechnung in mehreren Positionen überhöht sei, vermag die Ersatzpflicht für die Kosten nicht zu widerlegen. Ausweislich der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dem sich dieses Gericht anschließt, hat der Beauftragende eines Sachverständigengutachtens nur dann keinen Anspruch auf Ersatz der vollen Kosten für das Sachverständigengutachten, wenn die Überhöhung der Honorarsätze für ihn als Laien erkennbar war (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13). Dies wäre dann der Fall, wenn der Kläger bereits bei Vertragsschluss hätte erkennen können und müssen, dass der Sachverständige Preise veranschlagt, die die branchenüblichen Preise deutlich übersteigen. Vorsetzung hierfür wäre, dass die Abrechnung des Sachverständigen in sich so evident fehlerhaft ist, dass dies auch ein Laie erkennen könnte (OLG München, Beschluss vom 12.03.2015, 10 U 579/15).
Mithin ist maßgeblich die Kenntnis des Klägers bei Vertragsschluss. Es wird von der Beklagten nicht behauptet, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt Spezialwissen hatte oder anwaltlich vertreten war.
Der Umstand, dass der Kläger bei Vertragsschluss mit dem Sachverständigen als Laie nicht erkennen konnte, dass ggf. eine Überhöhung der Rechnungsforderung gegeben ist, wird gerade dadurch bestätigt, dass die Rechnung durch einen Rechtsanwalt geprüft und nicht beanstandet wurde. Ein Rechtanwalt kann eine Rechtsprüfung der Sach- und Rechtlage vornehmen. Eine Überprüfung der einzelnen Rechnungspositionen in der Sachverständigenrechnung setzt jedoch Kenntnisse voraus, die in der Regel nur ein Kfz – Sachverständiger haben dürfte, da die einzelnen Posten jeweils auf ihre fachliche Erforderlichkeit hin zu überprüfen sind. Die Beklagtenseite trägt nichts dazu vor, dass der Parteivertreter des Beklagten Spezi-alwissen im Bereich des Kfz – Sachverständigenwesen in gleicher Qualität wie ein Sachverständiger hat.
Mithin steht dem Kläger trotz der Prüfung der Rechnung durch den Parteivertreter ein Anspruch auf vollständigen Ausgleich der ihm entstandenen Sachverständigenkosten zu. Dies gilt sowohl für das in Ansatz gebrachte Grundhonorar als auch die geltend gemachten Nebenkosten. Es kann dahinstehen, ob der Sachverständige bei der Festsetzung der Kosten in der Hauptforderung die Höchstwerte der BVSK – Honorarbefragung überschritten hat. Selbst wenn der Vortrag der Beklagten, der vom Kläger bestritten ist, diesbezüglich zutreffend wäre, wäre die Überschreitung als nicht so schwerwiegend zu bewerten, dass der Kläger bei der Beauftragung des Sachverständigen diese Überschreitung als Laie hätte erkennen können und müssen.
Selbiges gilt für die in Ansatz gebrachten Nebenkosten. Der Kläger konnte bei der Beauftragung und dem Eingang der Rechnung als nicht Sachkundiger nicht erkennen, dass ggf. eine Überhöhung vorliegen könnte. Dies ergibt sich bereits daraus, dass es hinsichtlich der Erforderlichkeit und Erstattungsfähigkeit von Nebenforderungen einer Sachverständigengutachtenkostenrechnung eine Vielzahl von Rechtsprechungsentscheidungen mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen gibt. Es kann dem Kläger als Laien nicht zugemutet werden, sich im Vorfeld der Beauftragung eines Sachverständigten mit der vielschichtigen Rechtsprechung diesbezüglich auseinanderzusetzen.
Da die von der Beklagten behauptete Überhöhung der Sachverständigenkosten für den Kläger nicht erkennbar gewesen war, tritt die Einstandspflicht der Beklagten unabhängig davon ein, ob tatsächlich eine Überhöhung vorliegend gegeben ist. Im Hinblick auf die Gesamtforderung von 636,77 € und der Zahlung der Beklagten hierauf von 430,00 € ist die Überhöhung auch als nicht schwerwiegend zu bewerten. Aufgrund dessen bedurfte es zur Feststellung der einzelnen Positionen der Sachverständigenkosten nicht der Beweisaufnahme.
Auch die geltend gemachten Nebenforderungen sind erstattungsfähig. Das Bestreiten der Beklagten ist unbeachtlich. Der Kläger durfte die geltend gemachten Nebenkosten für angemessen halten. Dass die Höhe der einzelnen Nebenforderungen Gegenstand weitreichender Streitigkeiten zwischen Versicherungen und Sachverständigen ist, kann nicht zu Lasten des Klägers und Geschädigten gehen. Die Abrechnung von Nebenkosten in Form einer Pauschale ist nicht branchenunüblich und im Wesen dadurch geprägt, dass gerade keine Einzelaufstellung erfolgt. Sofern Pauschalen in einem grundsätzlich angemessenen Rahmen liegen, ist kein Anlass für einen Laien gegeben, sich mit den Einzelposten auseinanderzusetzen (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.01.2014, 16 U 103/13).
Die zugesprochenen Zinsen finden ihre Rechtsgrundlage in §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 und 2 BGB. Der Kläger forderte die Beklagte erfolglos mit Schreiben vom 29.10.2015 zur Zahlung des streitgegenständlichen Betrages bis zum 12.11.2015 auf. Mithin befindet sich die Beklagte seit dem 13.11.2015 in Zahlungsverzug.
Soweit der Kläger Auskunftskosten in Höhe von 6,07 EUR fordert, hat er nicht schlüssig dargelegt, weshalb die kostenauslösende entgeltliche Halterabfrage zur Rechtsverfolgung erforderlich war. Insoweit war die Klage daher abzuweisen. Nach Ansicht des Gerichts war eine Halterabfrage nicht erforderlich. Der Kläger bzw. der Prozessbevollmächtigte habe mit der Haftpflichtversicherung der Beklagten bereits im Herbst 2015 korrespondiert und es ist daher nicht ersichtlich, wieso im Mai 2015 noch eine Halterabfrage erforderlich sein sollte. Insoweit besteht kein Erstattungsanspruch.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 2 S.1 ZPO.
Der Ausspruch über die Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 39, 48 GKG i.V.m. § 3 ZPO.