AG Montabaur verurteilt die HUK-COBURG All. Vers. AG zur Zahlung der vorgerichtlich gekürzten Sachverständigenkosten, wobei das Gericht die Sachverständigenkosten nach § 249 I BGB beurteilt, mit Urteil vom 15.5.2017 – 10 C 71/17 -.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

zum Wochenbeginn stellen wir Euch ein Urteil aus Montabaur (im Westerwald) zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG vor. In diesem Fall hatte die HUK-COBURG Algemeine Versicherung AG die berechneten Sachverständigenkosten wieder einmal nach eigener Vorstellung gekürzt. Der Geschädigte gab sich zu Recht mit der rechtswidrigen Schadenskürzung durch die bereits dafür bekannte Versicherung nicht zufrieden und nahm anwaltliche Hilfe in Anspruch. Mit anwaltlicher Hilfe wurde der Restschadensersatz rechthängig gemacht. Das erkennende Gericht hat in der Urteilsbegründung zunächst einen guten und richtigen Ansatz mit § 249 I BGB gezeigt. Damit hat ein weiteres Gericht die Sachverständigenkosten als mit dem Unfallschaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 I BGB auszugleichenden Vermögensnachteil anerkannt. Das AG Idstein bleibt also nicht alleine, obwohl böse Zungen dies prognostiziert hatten. Die im Urteil vorgenommenen Herhorhebungen stammen von dem Autor. Leider folgte in den Entscheidungsgründen dann über § 287 ZPO der Rückgriff auf die Angemessenheit der berechneten Sachverständigenkosten unter Bezugnahme auf die BVSK-Honorarbefragung. Bekanntlich hatte aber der BGH in VI ZR 225/13 unter  Randnummer 10 entschieden, dass der Geschädigte die Ergebnisse der Umfrage der BVSK-Mitglieder nicht kennen muss. Was der Geschädigte nicht kennen muss, daran kann er dann später nicht gemessen werden. Im Ergebnis dann wieder richtig, dass die HUK-COBURG zur Zahlung der vorgerichtlich rechtswidrig gekürzten Sachverständigenkosten im Schadensersatzprozess verurteilt wurde. So wurden durch die rechtswidrige Kürzung wieder einmal die Versichertengelder der HUK-COBURG-Versicherten vergeudet. Vielleicht überlegen die bei der HUK-COBURG Versicherten einmal, ob durch Schadensregulierungen nach Recht und Gesetz durch ihre Versicherung Gerichts- und Anwaltskosten gespart werden und damit die Prämien reduziert werden könnten? Vielleicht gibt es doch noch seriösere Versicherungen, die nicht massenweise in Rechtsstreiten beteiligt sind oder deren Versicherte persönlich verklagt werden müssen? Lest aber selbst das Urteil des AG Montabaur und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.  

Viele Grüße und eine schöne Woche.
Willi Wacker

Aktenzeichen:
10 C 71/17

Amtsgericht
Montabaur

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

HUK-Coburg -Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstand Dr. Woltgang Weiler, Bahnhofsplatz, 96450 Coburg

– Beklagte –

wegen Schadenersatz aus Unfall/Vorfall

hat das Amtsgericht Montabaur durch die Richterin am Amtsgericht R. am 15.05.2017 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:

1.        Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 81,87 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.10.2016 zu zahlen.

2.        Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.       Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.       Eine Berufung gegen das Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Absatz 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung weiterer Sachverständigengebühren in Höhe von 81,87 € aus den § 7 StVG, 249 BGB.

Die Beklagte ist aufgrund des streitgegenständlichen Unfallgeschehen unstreitig zu 100 % einstandspflichtig. Sie ist daher auch verpflichtet, die insgesamt angefallenen Sachverständigengebühren zu zahlen, da diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich waren.

Die Kosten eines Sachverständigen gehören dann zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Absatz 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, wenn die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig war. (Hervorhebung durch den Autor!)  Dabei ist hinsichtlich der Frage der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit einer solchen Begutachtung auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen.

Entscheidend ist, dass ein verständiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten halten durfte. Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit ist auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten Rücksicht zu nehmen.

Da es bei den Sachverständigengutachten an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten, allgemein zugänglichen Preislisten oder verbindlichen Richtgrößen fehlt, darf der Geschädigte in der Regel von der Erforderlichkeit der angefallenen Sachverständigenkosten ausgehen. Es ist vor allem zu berücksichtigen, dass es dem Geschädigten gerade mangels Vergleichsmöglichkeiten vor Auftragserteilung nicht möglich ist, die Angemessenheit der Vergütung zu beurteilen (LG Koblenz, Urteil vom 05.02.2013, Az.: 6 S 192/12). Der Geschädigte ist in diesem Zusammenhang vor Beauftragung des Sachverständigen nicht verpflichtet eine Marktforschung zu betreiben.

Ein Kfz-Sachverständiger kann für Routinegutachten ohne Angaben des Zeitaufwandes nach dem Gegenstandswert abrechnen. Die Honorarabrechnung kann auch in der Weise erfolgen, dass der Sachverständige neben einem Grundhonorar für seine eigentliche Sachverständigentätigkeit Pauschalen für Nebenkosten wie Schreibkosten, Porto, Telefon, Fotografien und Fahrten bei der Bemessung des Gesamthonorars berücksichtigt.

Das Gericht orientiert sich für die Schätzung gemäß § 287 ZPO an den Ergebnissen der BVSK-Honorarbefragung. Diese ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts geeignet, Anhaltspunkte für die Schätzung nach § 287 ZPO zu liefern. Das im vorliegenden Fall abgerechnete Grundhonorar bewegt sich dabei innerhalb der Bandbreite der genannten Honorarumfrage, sodass dieses auch als erstattungsfähig anzusehen ist.

Die in Ansatz gebrachten Nebenkosten sind nicht völlig überzogen und damit unplausibel, sodass auch insoweit dem Geschädigten kein Verstoß gegen Schadensminderungspflichten nach § 254 Absatz 2 BGB vorgeworfen werden kann. Diese halten vielmehr der entsprechend der Rechtsprechung des BGH vorzunehmenden Plausibilitätsprüfung stand (vgl. hierzu BGH, Entscheidung vom 26.04.2016, Az. VI ZR 50/15).

Sämtliche in Ansatz gebrachten Nebenkosten überschreiten die nach den Regelungen des JVEG vorgesehene Vergütung nicht um mehr als 20 %. Die Fahrtkosten belaufen sich auf 0,70 € / km pro gefahrenen Kilometer. Die durch den Sachverständigen im Rahmen der Begutachtung zurückgelegte Strecke ist im Laufe des Verfahrens durch den Kläger konkret dargelegt worden.

Da sich die Abrechnung der Nebenkosten durch den im vorliegenden Fall tätigen Sachverständigen in dem genannten Rahmen hält, liegt kein Verstoß des Klägers gegen die Schadensminderungspflicht vor, mit der Folge, dass auch diese Nebenkosten zu ersetzen sind.

Das Gleiche gilt für die Fremdkosten in Form der Ermittlung des Restwertes sowie der EDV-Abrufgebühr (Audatex). Diese sind gesondert erstattungsfähig. Die in Ansatz gebrachten Kosten von jeweils 20,00 € sind nicht überhöht. Schließlich sind auch die für Porto, Telefon etc, berechneten Kosten von 16,00 € nicht zu beanstanden.

Die von der Klägerseite geltend gemachten Sachverständigenkosten sind daher insgesamt als erstattungsfähig anzusehen, sodass der Klage stattzugeben war.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 81,87 € festgesetzt.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung sind nicht gegeben. Weder ist die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung noch erfordern die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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  1. RA. Niederrhein sagt:

    Ja, ja, die bösen Zungen, die nach dem Urteil des AG idstein hier kund getan hatten, dass AG Idstein alleine bleiben würde. Jetzt haben wir bereits etliche Gerichte, die die Sachverständigenkosten als unmittelbar mit dem Schaden verbundenen Vermögensnachteil sehen, der über § 249 Abs. 1 BGB auszugleichen ist. Böse Zungen haben manchmal Unrecht.

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