Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
hier und heute veröffentlichen wir noch ein – nicht mehr ganz so aktuelles – Urteil aus Halle an der Saale zu den Sachverständigenkosten gegen die Allianz Versicherungs AG, bei dem der Richter das Schadensersatzrecht mit wenigen Worten auf den Punkt gebracht hat. Lest selbst und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht
Halle (Saale)
97 C 3859/15
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
der Frau …
Klägerin
gegen
Allianz – Versicherungs – AG, d. vertr. d. d. Vorstand, d. vertr. d. d. Vorsitzenden, An den Treptowers 3, 12435 Berlin
Beklagte
wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall
hat das Amtsgericht Halle (Saale) im vereinfachten schriftlichen Verfahren am 08.09.2016 durch den Richter am Amtsgericht K. für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin hinsichtlich der offenen Kosten für die Erstellung des Sachverständigengutachtens durch das Kfz-Sachverständigenbüro … in Höhe von 407,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.08.2014 gegenüber dem Inhaber des Kfz-Sachverständigenbüros … , freizustellen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des
Tatbestandes
wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen, da das Urteil nicht rechtsmittelfähig ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Klägerin, steht gegenüber der Beklagten als Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers die Freistellung von dem durch die Begutachtung des verunfallten Fahrzeuges entstanden Sachverständigengebohren zu.
Es ist insoweit irrelevant, ob aus Sicht der Beklagten die Kosten des Gutachters überhöht sind. Denn die geschädigte Klägerin ist nicht verpflichtet, sich mit den Argumenten der Beklagten in einen Rechtsstreit mit dem von ihr beauftragten Gutachter zu begeben. Dieser hat jedoch entsprechend des Vertrages mit der Geschädigten, das heißt der Klägerin, einen Anspruch auf sein Honorar. Die Geschädigte, das heißt die Klägerin, ist nicht verpflichtet, zugunsten der Beklagten mit ihrem Vertragspartner einen Rechtsstreit zu führen. Die Argumente der Beklagten könnten nur dann greifen, wenn die Klägerin wusste, dass der von ihr beauftragte Sachverständige (vermeintlich) überhöht abrechnet. Diesbezüglich sind jedoch keine Tatsachen ersichtlich. Dies zumal im Regelfall einem Autofahrer nicht mehrmals Unfälle passieren, für die im Rahmen der Schadensbeurteilung Gutachten einzuholen sind. Demzufolge stehen dem Geschädigten keinerlei Kenntnisse im Hinblick auf eine Marktüblichkeit oder Angemessenheit der Honorarforderung der Gutachter zur Verfügung. Die mittlerweile „geschärfte“ Betrachtung der Versicherung, so auch der Beklagten, im Hinblick auf die Gutachterrechnung, kann nicht auf die Klägerin übertragen werden.
Demzufolge ist die Beklagte verpflichtet, die geschädigte Klägerin von den entsprechenden Sachverständigenkosten freizustellen.
Die Kostenentscheidung begründet sich aus der Tatsache, dass die Beklagte in diesem Prozess unterlegen ist.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit begründet sich aus §§ 704, 708 Nr, 11, 713 ZPO.
Preußisch knapp und kernig. Solche Richter braucht ein funktionierender Rechtsstaat.
HR
Bravo! Ein herausragendes Urteil. Ein Richter der sich am Recht orientierte und nicht der Juristerei anheim fiel. So einer ist eher selten anzutreffen. Schaden eigentlich das er nicht am hiesigen Gericht tätig ist.
Wehpke Berlin
Ja dieser Richter Kerner (AG Halle 97 C) hat hier den realen Sinn des § 249 BGB auch aus Sicht des Geschädigten (meiner Kundin) erklärt, es fehlt nur der Hinweis auf den Vorteilsausgleich. Dank auch der Rechtsanwaltskanzlei Funke Reinemann und Exler (speziell Herrn Ra. Reinemann).
Das Urteil: http://www.sofort-vor-ort.de/1/1/97-C-3859-15-vom-08-09-2016-AG-Halle-auf-Freistellung-i-O-Kennwort.pdf