Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,
nachfolgend stellen wir Euch heute ein Urteil aus Frankfurt am Main zur fiktiven Abrechnung mit UPE-Aufschlägen, Verbringungskosten und Kleinteileersatz vor. Das Ansinnen der Versicherung zur Kürzung der fiktiven Reparaturkosten, die einen Prüfbericht der DEKRA mit Kürzungen der UPE-Aufschläge, der Verbringungskosten und der Kosten für Kleinteile vorgelegt hatte, wurde kurz und richtig vom erkennenden Gericht abgebügelt. Bekanntlich hat der Geschädigte auch das Recht, seinen Unfallschaden auf der Basis eines qualifizierten Sachverständigengutachtens abrechnen zu lassen. Wenn eine fiktive Schadensabrechnung möglich ist, sind nach der BGH-Rechtsprechung die üblichen Preise einer regionalen Markenfachwerkstatt zugrunde zu legen. Das gilt auch bei den UPE-Aufschlägen und den Verbringungskosten, falls bei einer Reparatur in der regionalen Fachwerkstatt diese Beträge üblicherweise anfallen. Aber auch an diesem Urteil erkennt man leicht, dass die DEKRA ihre Prüfberichte im Auftrag und nach Weisung der entsprechenden Kraftfahrzeughaftplichtversichwerung erstellt. Es handelt sich mithin bei den sogenannten Prüfberichten nicht um neutrale Gutachten, sondern um einseitig auferlegte Erklärungen der Versicherer. Lest selbst das Urteil des AG Frankfurt am Main und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Frankfurt am Main Verkündet It. Protokoll am:
Aktenzeichen: 29 C 3160/16 (44) 20.02.2017
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
Klägerin
gegen
…
Beklagte
hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch die Richterin V. im schriftlichen Verfahren gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 322,52 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.08.2016 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
(Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.)
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung restlichen Schadensersatzes in Höhe von EUR 322,52 aus § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG i.V.m. §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 Abs. 2 Satz 1 BGB.
Die Beklagte haftet unstreitig dem Grunde nach für den der Klägerin aus dem Unfall vom 19.07.2016 entstandenen Schaden.
Die Forderung der Klägerin auf Ersatz ihrer Reparaturkosten ist nicht durch die bereits erfolgte Teilzahlung der Beklagten erloschen, § 362 Abs. 1 BGB. Die Klägerin kann nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB statt zur Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Erforderlich sind die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Die Klägerin hat den ihr entstandenen Schaden zulässigerweise fiktiv auf Basis eines schriftlichen Sachverständigengutachtens abgerechnet (Gutachten des Kfz-Sachverständigenbüros … vom 18.07.2016, Anlage K 1, Bl. 20 bis 43 d.A.). Die Klägerin kann über den bereits regulierten Betrag hinaus auch die in dem Sachverständigengutachten abgerechneten UPE-Aufschläge, die Verbringungskosten und die Kosten für Kleinersatzteile ersetzt verlangen. Insoweit muss sie sich nicht auf die von der Beklagten auf Basis des Gutachtens der DEKRA (Anlage K 4, Bl. 46 bis 50 d.A.) vorgenommenen Kürzungen in Höhe von EUR 167,80 (UPE-Aufschläge), EUR 152,00 (Verbringungskosten) und EUR 3,34 (Kleinersatzteile), insgesamt EUR 322,52 verweisen lassen.
Denn die Ersatzteilpreisaufschläge und die Verbringungskosten sind auch im Rahmen fiktiver Abrechnung Teil des vom Schädiger zu ersetzenden Schadens. Dies gilt jedenfalls dann, wenn UPE-Aufschläge und Verbringungskosten üblicherweise von Werkstätten in der Region berechnet werden (OLG Frankfurt, Urteil vom 21.04.2016 – AZ: 7 U 34/15, Rn. 14 ff. m.w.N.). Es kommt nicht darauf an, ob die Klägerin beabsichtigt, ihr Fahrzeug in einer markengebundenen Werkstatt reparieren zu lassen. Denn es ist nicht erforderlich, dass der Schädiger nachweist, dass jene Kosten tatsächlich angefallen sind oder dass sie zwingend anfallen würden, sofern die Reparatur durchgeführt würde. Ausreichend ist vielmehr, dass ein Sachverständiger in seinem Gutachten die Prognose abgibt, dass diese Kosten üblicherweise bei der Reparatur in einer Markenwerkstatt in der betreffenden Region berechnet werden. Es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, diesen Teil der Prognose des Sachverständigen anders zu beurteilen als beispielsweise den ebenfalls prognostizierten erforderlichen Zeitaufwand für die Reparatur.
Durch das Gutachten des Sachverständigen … ist hinreichend belegt, dass diese Kosten üblicherweise in der Region im Falle der Reparatur in einer Fachwerkstatt anfallen. Auf eine Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt hat die Klägerin grundsätzlich einen Anspruch; die Beklagte hat die Klägerin nicht auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit verwiesen (abgesehen davon, dass dies hier wegen des Alters des betreffenden Fahrzeugs auch nicht möglich wäre). Die Beklagte hat keine konkreten Einwände gegen das vorgelegte Gutachten des Sachverständigen … vorgetragen, etwa dass nicht sämtliche betreffenden Markenwerkstätten in der Region UPE-Aufschläge und Verbringungskosten berechnen. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann auch nicht der Rechtsgedanke des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB herangezogen werden, wonach der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur miteinschließt, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Denn die jeweils zugrundeliegenden Sachverhalte sind nicht vergleichbar. Umsatzsteuer ist keine unmittelbare Schadensposition, sondern fällt nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) nur dann an, wenn ein steuerbarer Umsatz im Sinne des § 1 UStG vorliegt. Sofern nicht tatsächlich eine Reparatur erfolgt, schuldet der Geschädigte keine Umsatzsteuer. Insoweit korrespondiert § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB unmittelbar mit dem UStG und verhindert eine etwaige Bereicherung des Geschädigten auf Kosten des Schädigers. Demgegenüber handelt es sich bei den UPE-Aufschlägen und Verbringungskosten um konkrete Schadenspositionen. Deren Berechnung kann nach allgemeinen Grundsätzen zulässigerweise fiktiv auf Basis eines Sachverständigengutachtens erfolgen. Der Sachverständige gibt hinsichtlich aller Schadenspositionen eine Prognose und Berechnung an, bei deren Bemessung es naturgemäß nicht darauf ankommt, ob sie tatsächlich anfallen.
Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1, 286 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.