Mit Urteil vom 28.05.2010 (19 C 316/09) hat das AG Baden-Baden die HDI-Gerling Firmen- und Privat Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 318,27 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde, die Fraunhofer Tabelle wird nicht akzeptiert.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
Die Klägerin kann von der Beklagten aus abgetretenem Recht des Geschädigten A. wegen des Verkehrsunfalls vom xx.xx.2009 Schadensersatz in Höhe von 318,27 € gemäß § 115 VVG, 7,17,18 StVG verlangen.
Unstreitig hat der Versicherungsnehmer der Beklagten alleine den Unfall verursacht, so dass er gemäß §§ 7,17, 18 StVG dem Grunde nach zu 100% zum Schadensersatz verpflichtet ist.
Die Beklagte als Haftpflichtversicherung haftet hierfür gemäß § 115 VVG ebenfalls.
Die Klägerin kann den Anspruch des Geschädigten aufgrund der wirksamen Abtretung seines Anspruchs auf Zahlung der entstandenen Mietwagenkosten gemäß § 398 BGB geltend machen.
Aus der vorgelegeten Abtretungserklärung, Anlage K 4, As. 119, ergibt sich, dass der Geschädigte am xx.0xx.2009 seinen Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten an die Klägerin abgetreten hat. Diese hat die Abtretung unstreitig angenommen.
Die Abtretung verstößt nicht gegen ein gesetzliches Verbot mit der Konsequenz, dass sie gemäß §134 BGB nichtig ist. Die Abtretung der Forderung an die Klägerin verstößt nicht gegen § 3 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), da es sich für die Klägerin lediglich um eine nach § 5 RDG erlaubte Rechtsdienstleistung im Zusammenhang mit der Vermietung eines Fahrzeuges handelt. Ob eine Nebenleistung vorliegt, bestimmt sich nach dem Berufs- oder Tätigkeitsbild der Haupttätigkeit der Klägerin. Diese hat dem Geschädigten, was nachfolgend ausgeführt wird, ein Fahrzeug vermietet. Es handelt sich bei der von der Klägerin übernommenen Tätigkeit, nämlich zunächst die außergerichtliche Abrechnung der Mietwagenkosten sowie Anforderung einer entsprechenden Zahlung bei der Beklagten einschließlich der nachfolgenden Mahnungen um dieselbe Tätigkeit, die die Klägerin auch gegenüber ihrem jeweiligen Vertragspartner erbringen muss. Es stellt keine erhöhte Schwierigkeit dar, wenn sie dies gegenüber einer Versicherung tut. Da es sich bei der Klägerin um eine GmbH handelt, die einen kaufmännisch eingerichteten Gewerbebetrieb erfordert, ist davon auszugehen, dass sie die notwendigen Rechtskenntnisse dafür hat. Zur gerichtlichen Geltendmachung des abgetretenen Anspruchs hat die Klägerin einen Anwalt beauftragt. Bei der Einführung des Rechtsdienstleistungsgesetzes wollte der Gesetzgeber ersichtlich eine Lockerung des bisherigen Rechtszustandes und gerade diese Fällen des einfachen Forderungseinzuges den jeweiligen Firmen überlassen, siehe Bundestagsdrucksache 623/S. 110f). Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb die Klägerin die übernommene Rechtsdienstleistung, nämlich den Forderungseinzug, nicht ordnungsgemäß erbringen könnte. Sie hat den vollen Rechnungsbetrag bei der Beklagten verlangt und tut dies auch im gerichtlichen Verfahren. Sie versucht daher, die Position des Geschädigten, der schlussendlich bezahlen muss, voll durchzusetzen. Die Abtretung ist daher wirksam erfolgt.
Zwischen der Klägerin und dem Geschädigten A. ist auch ein Mietvertrag über ein Fahrzeug für die Dauer von fünf Tagen geschlossen worden. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass der Geschädigte das Fahrzeug unstreitig genutzt hat. Einen Vertragsschluss hat die Beklagte, die außergerichtlich bereits Zahlungen auf die Mietwagenkosten geleistet hat, auch nicht bestritten. Sie kann daher mit diesem Einwand nicht durchdringen.
Die Klägerin kann aus abgetretenem Recht den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der konkreten Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte, siehe BGH, Urteil vom 19.01.2010, Az. VI ZR 112/09. Unter mehreren bestehenden Möglichkeiten der Schadensbehebung muss der Geschädigte daher die kostengünstigere wählen. Erforderlich sind die Kosten für einen Mietwagen in der Höhe, wie sie sich aus der noch teilweise offenen streitgegenständlichen Rechnung der Klägerin, Anlage K 1, ergeben, demnach dann, wenn dem Geschädigten unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich war, siehe BGH, Urteil vom 19.01.2010. Dies vermag das Gericht nicht zu erkennen und es wurde von der Klägerin auch nicht vorgetragen.
Der dem Geschädigten zustehende Betrag für die Mietwagenkosten ist daher vom Gericht gemäß § 287 ZPO durch Schätzung zu ermitteln.
Der Schwacke Automietpreis Spiegel 2008 stellt einen geeigneten Anknüpfungspunkt für eine Schätzung dar, siehe BGH NJW 2009, 58ff., und OLG Stuttgart, Urteil vom 08.07.2009, 3 U 30/09, Schaden-Praxis 2009, 370ff.. Die Grenzen einer möglichen Schätzung sind erst dann überschritten, wenn sie auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und die wesentlichen, die Entscheidung bedingenden Tatsachen außer Acht bleiben. Dies kann beim Schwacke Automietpreisspiegel 2008 im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden. Der Einwand der Beklagten, im örtlichen Telefonbuch seien lediglich drei Firmen im Umkreis von 50 Kilometern um Karlsruhe herum zu finden, sind nicht Anlass, von der Anwendung der Schwackeliste im vorliegenden Fall abzusehen. Es besteht keine Verpflichtung der Firmen, sich im Telefonbuch als Autovermietung eintragen zu lassen. Eine verlässliche Aussage dazu, wieviele Anbieter es tatsächlich gibt, lässt sich damit nicht treffen. Unerheblich ist auch, wie der Tarif letztlich genannt wird, ob Unfallersatztarif oder Normaltarif oder sonst irgendwie. Ebenso unerheblich ist, ob der Vermieter selbst eine reine Autovermietung ist oder auch noch eine Werkstatt betreibt. Es geht um die Frage, welche Kosten für einen Mietwagen erforderlich sind. Der Schwacke-Automietpreisspiegel geht von Preisen einer Mietwagenfirma aus. Ob tatsächlich bei einer solchen angemietet wurde, ist nicht maßgeblich für die Schätzung.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des LG Karlsruhe vom 14.05.2010. Dort wird ausdrücklich aufgeführt, dass sowohl Schwacke als auch Fraunhofer nicht offenbar ungeeignet als Schätzgrundlage sind. Ob eine Schätzgrundlage „geeigneter“ als die andere ist, ist nicht erheblich.
Unstreitig beläuft sich der Preis für ein Mietfahrzeug der Gruppe 6, welches der Geschädigte angemietet hat, nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel 2008 bei einer Anmietdauer von fünf Tagen auf 637,37 € brutto.
Auf diesen Betrag ist ein 20%iger Aufschlag wegen unfallbedingter Mehrkosten als erforderlicher Aufwand vorzunehmen, siehe BGH NJW 2007, 1124 ff. Im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO kann sich das Gericht auf die Prüfung, ob spezifische Leistungen der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein einen pauschalen Aufschlag auf den „Normaltarif“ rechtfertigen, siehe BGH NJW 2007, 2758 ff., beschränken und muss nicht die betriebswirtschaftliche Kalkulation des Vermieters nachvollziehen. Zu den einen Aufschlag rechtfertigenden Leistungen gehören insbesondere die Vorfinanzierung bis zur Zahlung durch die Versicherung, Ausfall mit der Forderung wegen falscher Bewertung der Haftungsanteile, Erfordernis der Umsatzsteuerfinanzierung sowie Bereithaltung eines Bereitschaftsdienstes. Diese Leistungen übernimmt der Autovermieter in der Regel, da er nicht wie sonst üblich auf eine Zahlung per Kreditkarte oder Vorauskasse besteht. So verhält es sich auch im hiesigen Verfahren bei der Klägerin. Es ist daher ein pauschaler Aufschlag für die hierdurch beim Autovermieter anfallenden Kosten in Höhe von 20% auf den gewichteten Normaltarif gerechtfertigt, auch wenn im Einzelfall der Geschädigte nicht sämtliche spezifischen Leistungen in Anspruch nimmt, siehe OLG Köln, Urteil vom 02.03.2007; LG Dortmund, Urteil vom 14.06.2007. Die Ermittlung eine Tarifes durch einen Autovermieter ist stets eine Mischkalkulation und wird einheitlich für alle Kunden angeboten, unabhängig davon, ob sie die enthaltenen Leistungen jeweils nutzen oder nicht. Der Geschädigte kann daher weitere 127,47 € erstattet verlangen (637,37 € x 20%). Es ergibt sich somit ein Betrag von 764,84 €.
Da der Geschädigte unstreitig ein Fahrzeug derselben Kategorie wie sein beschädigtes angemietet hat, sind von diesem Betrag ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 10% abzuziehen, somit ein Betrag von 76,48 €. Es ergibt sich ein Betrag von 688,36 € brutto. Abzüglich der unstreitig bereits bezahlten 370,09 € ergibt sich ein noch offener Restbetrag von 318,27 €.
Da die Beklagte unstreitig trotz Mahnung des beauftragten Anwaltes bis zum 06.08.2009 nicht bezahlt hat, befindet sie sich in Verzug und schuldet aus 318,27 € Verzugszinsen gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB. Die Höhe der Verzugszinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB. Der Beginn des Verzuges ist unstreitig.
Ein höherer Betrag steht der Klägerin aus abgetretenem Recht jedoch nicht zu, so dass die Klage in Höhe von 53,15 € abzuweisen ist.
Mangels Zahlungsanspruch besteht kein Anspruch auf Zahlung weiterer Verzugszinsen, so dass die Klage in dieser Höhe abzuweisen ist.
Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 70,20 € zu.
Ein solcher Anspruch kann sich hier nur aus Verzug ergeben, da die Klägerin nicht selbt Geschädigte ist und ihr nur der Anspruch des Geschädigten auf Erstattung der Mietwagenkosten abgetreten wurde. Dass davon auch der Anspruch auf Erstattung der Kosten der Rechtsverfolgung umfasst sein soll, ist angesichts des Wortlauts der Abtretungserklärung nicht ersichtlich.
Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, wann die Klägerin die Beklagte vor Beauftragung des Anwaltes zur Zahlung gemäß § 286 Abs. 1 BGB aufgefordert hat. Im Verfahren wurde nur eine Mahnung an den Geschädigten vorgelegt. Somit liegen die Voraussetzungen der §§ 280, 286 BGB nicht vor, so dass die Klage in Höhe von 70,20 € abzuweisen ist.
Mangels Zahlungsanspruch hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen aus 70,20 € seit 07.08.2009 gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB, so dass die Klage auch insoweit abzuweisen ist.
Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Der Gegenstandswert wird gemäß § 3 ZPO in Höhe der Klagforderung festgesetzt, wobei Nebenforderungen gemäß § 4 ZPO außer Ansatz bleiben.
Soweit das AG Baden-Baden.