Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
hier und heute stellen wir Euch noch ein Urteil aus Stade zu den Sachverständigenkosten gegen die HUK-COBURG Haftpflichtunterstützungskasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. vor. Das Urteil wurde gesprochen von einem Richter, der sich offensichtlich im Schadensersatzrecht bestens auskennt. Lest selbst das Urteil des AG Stade und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht
Stade
63 C 579/16
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
der …
Klägerin
gegen
HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a. G., v.d.d. Vorstand Dr. W. Weiler. S. Gronbach, K-J. Heitmann, Dr. H. O. Heroy, J. Sandig, S. Rössler, D. Thomas, Bahnhofsplatz 1, 96444 Coburg
Beklagte
hat das Amtsgericht Stade im Verfahren gemäß § 495 a ZPO durch den Richter am Amtsgericht F. am 16.09.2016 für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 90,13 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.08.2016 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des
Tatbestandes
wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aufgrund des Unfallereignisses vom 16.02.2016 einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Form von Erstattung noch offener Sachverständigenkosten in Höhe von 90,13 € gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 und 2, 18 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG. Die Haftung der Beklagten aufgrund des Verkehrsunfalls vom 16.02.2016 dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.
Als Schaden im Sinne von § 249 BGB sind die geltend gemachten Sachverständigenkosten in Höhe von 569,96 € netto erstattungsfähig, auf die die Beklagte bislang lediglich 479,83 € gezahlt hat, sodass noch ein Betrag in Höhe von 90,13 € offen ist. Der Geschädigte ist im Falle eines Verkehrsunfalls vor der Beauftragung eines Sachverständigen nicht verpflichtet, hinsichtlich der Höhe der Kosten eines Sachverständigen Marktforschung zu betreiben. Ihm kann daher der Einwand überhöhter Abrechnung durch den Sachverständigen von dem Schädiger bzw. dessen Versicherung nur dann entgegengehalten werden, wenn für ihn bereits bei der Beauftragung des Sachverständigen erkennbar war, dass ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestanden hat. Die Grenze der Ersatzfähigkeit von Sachverständigenkosten ist daher regelmäßig erst dann erreicht, wenn für den Geschädigten aus seiner laienhaften Sicht offensichtlich erkennbar war, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festsetzt bzw. Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis stehen (LG Stade, Urteil vom 26.10.2015 – 1 S 12/15). Unter Beachtung dieser Grundsätze ist nicht ersichtlich, dass bei Sachverständigenkosten in Höhe von 569,96 € netto für die Klägerin eine etwaige Überhöhung derart evident gewesen wäre, dass von ihr eine Monierung der Kostenhöhe gegenüber dem Sachverständigen oder gar ein Absehen von der Beauftragung des Sachverständigen … hätte verlangt werden können. Dies gilt umso mehr, als im vorliegenden Fall lediglich 90,13 € im Streit stehen, da die Beklagte selbst einen Betrag von 479,83 € netto als erstattungsfähig ansieht. Der durchschnittliche mit der Materie des Gebührenrechts für Sachverständige nicht befasste Geschädigte ist mit den üblichen für die konkrete Schadensfeststellung abrechenbaren Kosten eines Sachverständigen nicht vertraut. Vor diesem Hintergrund kann an dieser Stelle dahinstehen, ob die geltend gemachten Sachverständigenkosten überhöht sind. Sie sind jedenfalls nicht in dem Maß überhöht, dass ein Geschädigter Anlass gehabt hätte, diese näher zu überprüfen. Sonstige besondere Umstände, aus denen die Klägerin von vornherein den Schluss hätte ziehen können und müssen, dass der Sachverständige im Verhältnis zum konkret entstandenen Unfallschaden ein Honorar verlangt, das die in der Branche üblichen Sätze deutlich übersteigt, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Allein aufgrund des Umstands, dass die Klägerin ein Autohaus ist, ergeben sich solche Anhaltspunkte nicht.
Auch einer Plausibilitätskontrolle halten die geltend gemachten Sachverständigenkosten stand. Die als Nebenkosten geltend gemachten Beträge entsprechen mit Ausnahme der Schreib- und Druckkosten für das Original denjenigen Beträgen, die auch der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 26.04.2016 – VI ZR 50/15 – als erforderlich gebilligt. Aber auch die Schreib- und Druckkosten für das Original angesetzten Nebenkosten des Sachverständigen … sind im Rahmen einer Schadensschätzung nach § 287 ZPO mit einem Einheitspreis von 1,80 € als erforderliche Kosten anzusehen. Die Honorarbefragung der Sachverständigen des Bundesverbands der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. hat im Jahr 2013 ergeben, dass 50 bis 60 % der Sachverständigen Schreib- und Druckkosten je Seite in einem Korridor zwischen 2,45 € und 2,86 € ansetzen. Der von dem Sachverständigen … insoweit angesetzt Einheitspreis liegt erheblich unterhalb dieses Bereichs, sodass er einer Plausibilitätskontrolle standhält.
Soweit die Beklagte meint, der Sachverständige habe überhöhte Fahrtkosten bereits deshalb geltend gemacht, weil er auch eine Niederlassung in … habe, ist dem nicht zu folgen, weil der Vortrag zur Niederlassung in … unerheblich ist. Aus der Rechnung des
Sachverständigen ergibt sich, dass dieser zur Besichtigung des Unfallfahrzeugs aus … angereist ist. Dass die Anreise von dort erfolgt ist, hat die Beklagte nicht bestritten, sodass Fahrtkosten entsprechend zu erstatten sind.
Auch kommt es im Hinblick auf die Schreib- und Druckkosten nicht darauf an, welche Seiten Sachverständige selbst geschrieben oder nur ausgedruckt hat. Auch der Bundesgerichtshof geht in der bereits zitierten Rechtsprechung davon aus, dass neben den Schreibkosten auch die Druckkosten mit demselben Einheitspreis anzusetzen sind.
Auch der Einwand, die Fotos Nummer 1 und 12 bis 15 des Sachverständigengutachtens seien für eine Schadensdokumentation nicht erforderlich, verfängt nicht. Insoweit ist die Erforderlichkeit dadurch indiziert, dass diese Lichtbilder in das Gutachten aufgenommen worden sind. Zudem waren diese zur Identifizierung des Fahrzeugs erforderlich.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
III.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 90,13 €.
Die Coburger unterstellen den Geschädigten tausendfach einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht, weil Sie nicht einen Sachverständigen beauftragt haben, der hörig, also nicht mehr unabhängig, nach dem HUK-Coburg Tableau auf der Basis einer nichtssagenden Pauschalpreisvereinbarung abrechnet, den man sich durch Durchsetzung einer „Gebührenordnung“ ausgedacht hat.
Olaf S.
Richtig muss es wohl heißen:
Die Coburger unterstellen den Geschädigten tausendfach einen Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht, weil Sie nicht einen Sachverständigen beauftragt haben, der hörig, also nicht mehr unabhängig, nach dem HUK-Coburg Tableau auf der Basis einer nichtssagenden Pauschalpreisvereinbarung abrechnet, die man sich durch Durchsetzung einer „Gebührenordnung“ ausgedacht hat.
Jenny
#Olaf S.
#Jenny
Da ist aber noch ein offensichtlicher Flüchtigkeitsfehler aufgefallen. Richtig soll es wohl heißen:
„…, nach dem HUK-Coburg Tableau auf der Basis einer nichtssagenden Pauschalpreisvereinbarung abrechnet, die man sich z u r Durchsetzung einer „Gebührenordnung“ ausgedacht hat.“
Ich würde ergänzen: …und zur zielgerichteten Verunglimpfung und Disziplinierung der unabhängigen Kfz.-Sachverständigen für durchsetzungsfähig hält.
Das rote Phantom