Hallo verehrte Captain-HUK-Leserschaft,
hier und heute stellen wir Euch ein Urteil zu den restlichen Sachverständigenkosten vor. Es war wieder einmal die HUK-COBURG Allgemeine Versicherungs AG, die meinte, eigenmächtig die berechneten Sachverständigenkosten kürzen zu müssen. Doch sie hat die Rechnung ohne das Amtsgericht Amberg gemacht. Der Geschädigte konnte und wollte sich zu Recht nicht mit den von der HUK-COBURG vorgenommenen Kürzungen zufrieden geben, denn die HUK-COBURG hatte mit ihrer gekürzten Ersatzleistung keinen vollen Schadensersatz geleistet. Aufgrund seiner Klage erhielt der Geschädigte dann doch noch mit Hilfe des angerufenen Gerichts seinen vollen Schadensersatz. Bemerkenswert an dem Urteil ist, dass ein weiteres Gericht nunmehr die Sachverständigenkosten an § 249 I BGB misst. Die Hervorhebungen im Urteil stammen von dem Autor. Weiterhin bemerkenswert ist, dass das Gericht nicht nur auf die beglichene Rechnung abstellt, sondern auch der unbeglichenen Rechnung die gleiche Bedeutung beimisst. Bemerkenswert ist auch die gerichtliche Anerkennung der gesonderten Kosten für den Wiederbeschaffungs- und Restwert. Wir meinen daher, dass es sich bei der nachfolgenden Entscheidung – trotz des Hinweises auf BVSK – um ein gut begründetes Urteil handelt.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Amberg
Az.: 1 C 552/16
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
HUK-Coburg-Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstand Dr. Wolfgang Weiler u.a., Willy-Brandt-Platz 16, 90402 Nürnberg
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Amberg durch die Richterin … am 21.04.2017 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06.04.2017 folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 100,24 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.06.2016 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 100,24 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Der Kläger macht restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall in Amberg am 15.01.2016 geltend. Die Haftung der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig. Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers. Zudem steht in Streit, ob die streitgegenständlichen und bisher von der Beklagten noch nicht beglichenen restlichen Kosten für das Sachverständigengutachten ersatzfähig sind.
Die Aktivlegitimation des Klägers besteht. Der Kläger hat seine Eigentümerstellung in ausreichender Weise bewiesen. Der Kläger hat eine Kopie des handschriftlichen Kaufvertrages vorgelegt. In diesem Kaufvertrag sind die wesentlichen Vertragsbestimmungen, nämlich Kaufsache und Kaufpreis enthalten. Dass die Unterschrift des Klägers auf dem Kaufvertrag nicht mehr mit der Unterschrift, wie sie der Kläger nun macht, völlig übereinstimmt, ist üblich, da das Schriftbild sich nach allgemeiner Lebenserfahrung im Laufe der Zeit verändert. Auch der Einwand der Beklagten, ein Kaufvertrag sage wegen des Abstraktionsprinzips nichts über die Eigentümerstellung aus, verfängt nicht. Für den Nachweis der Eigentümerstellung ist der Nachweis eines Erwerbsvorgangs ausreichend (so auch LG Bochum, Urteil vom 14.05.2014, Az. 6 O 432/09; LG Essen, Urteil vom 06.05.2013 – 3 O 26/13); der Kläger hat keine andere Möglichkeit mehr, seine Eigentümerstellung zu beweisen, zumal er auch die Zulassungsbescheinigung vorgelegt hat und über die eigentliche Übereignung in der Regel keine gesonderte Bescheinigung ausgestellt wird, wenn der Kaufvertrag und die Übergabe unmittelbar hintereinander erfolgen. Da der Kläger den Erwerbsvorgang bewiesen hat, genügt das pauschale Bestreiten der Beklagten nicht, zumal das Vorliegen eines Leasing-Vertrages oder dergleichen nie ernsthaft behauptet wurde.
Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung der restlichen Gutachterkosten gem. § 249 Abs. 1 BGB. (Hervorhebung durch den Autor!)
Gutachterkosten zählen zum ersatzfähigen Herstellungsaufwand, soweit die vorherige Begutachtung zur Geltendmachung des Ersatzanspruches und zur tatsächlichen Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist.
Dies ist hier gegeben. Die Begutachtung ist zur Geltendmachung des Ersatzanspruchs zweckmäßig, da ohne die Begutachtung eine Bezifferung des Schadens und später die Geltendmachung des Schadens nicht möglich ist. Im vorliegenden Fall ist außerdem auch die Erforderlichkeit in voller Höhe gegeben. Die Schadenshöhe unterliegt der tatrichterlichen Schätzung gem. § 287 ZPO, wobei diese sich freilich an objektiven Kriterien orientieren muss. In diesem Rahmen ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, Marktforschung zu betreiben und auch eine subjektive Schadensbetrachtung vorgenommen werden muss. Die vorliegend in Rechnung gestellten einzelnen Nebenkosten unterschreiten die Vorgaben der BVSK-Honorarbefragung, welche von der Rechtsprechung durchaus als geeigneter Maßstab herangezogen wird. Nur die berechneten Kosten für die Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes und des Restwertes überschreiten die übliche Vergütung nach der BVSK-Honorarbfragung. Diese gesonderte Inrechnungstellung war im vorliegenden Fall jedoch gerechtfertigt, da für die Ermittlung des Wiederbeschaffungs- und Restwertes aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls vom Gutachter besonderer Aulwand betrieben werden musste.
Hierzu wurde der Zeuge … , der das Gutachten erstellt hatte, vernommen. Der Zeuge ist glaubwürdig. Er ist als Kfz-Sachverständiger tätig und wurde vom Kläger mit der Gutachtenserstellung beauftragt. Er hat in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass im konkreten Fall die Ermittlung des Rest- und Wiederbeschaffurigswerts erhöhten Aufwand erfordert hatte. Beim Fahrzeug des Klägers handelte es sich um ein Fahrzeug, das bereits ein gewisses Alter aulwies und bei dem diverse Umbauten vorgenommen worden waren. Nach der überzeugenden Einlassung des Zeugen war es nötig, hier die Werte besonders sorgfältig zu bestimmen, da aufgrund der Höhe des erwarteten Schadens und des Alters des Kfz nicht auszuschließen war, dass eine Abrechung auf Totalschadensbasis erfolgen muss. Der Zeuge erklärte sodann, dass über ein Analysetool im Internet versucht wurde, einen möglichst genauen Korridor für die Werte zu ermitteln und dass dies eben einen höheren zeitlichen Aufwand bedeutet, da verschiedene Anfragen an das Analysetool gestellt werden und außerdem auch die Ergebnisse dann noch bewertet werden müssen.
Da also der höhere Aufwand für die Ermittlung des Wiederbeschaffungs- und Restwerts tatsächlich angefallen ist und dies aufgrund der besonderen Beschaffenheit des klägerischen Kfz auch nachvollziehbar ist, sind die Kosten hierfür ebenfalls zu ersetzen.
Auch die sonstigen Kosten für Fotos, Schreibkosten und Kopien erscheinen nicht überhöht. Auch die Fahrtkosten wurden nach Kilometern abgerechnet und nicht pauschal, sodass dies ebenfalls nicht zu beanstanden ist.
Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
„Da also der höhere Aufwand für die Ermittlung des Wiederbeschaffungs- und Restwerts tatsächlich angefallen ist und dies aufgrund der besonderen Beschaffenheit des klägerischen Kfz auch nachvollziehbar ist, sind die Kosten hierfür ebenfalls zu ersetzen.“
Anmerkung des Kommentators: Dass für 2 Recherchen ein nicht zu vernachlässigender Zeitaufwand erforderlich ist, wird kein Insider bestreiten. Dennoch wird in mindestens 90 % aller Fälle einer realistischen Berücksichtigung nicht Rechnung getragen. Über die Gründe darf spekuliert werden.-
„Auch die sonstigen Kosten für Fotos, Schreibkosten und Kopien erscheinen nicht überhöht. Auch die Fahrtkosten wurden nach Kilometern abgerechnet und nicht pauschal, sodass dies ebenfalls nicht zu beanstanden ist.“
Auch hier wäre die Bedenklichkeitsgrenze in etwa das Doppelte des Üblichen!
Wäre es denn zu beanstanden gewesen, wenn der Sachverständige seine Betriebskosten nach der Wegstrecke und seine Zeitaufwand nach der tatsächlichen Reisezeit abgerechnet hätte?
Wenn diesbezüglich die Honorarbefragung eines Verbandes der Kraftfahrzeugsachverständigen nichts hergibt, muss man sich fragen, ob sie von Fachleuten unabhängig erstellt und qualifiziert ausgewertet wurde, was begründet bezweifelt werden muss.
Selbst nur abgerechnete Betriebskosten unterliegen bei wirklichkeitsnaher Betrachtung einer erheblichen Kostenbandbreite und sind nicht nach steuerlichen Abrechnungsgesichtspunkten oder deutlich unterpreisig
nach dem JVEG in Ansatz zu bringen.
G.v.H.,