AG Halle (Saale) kürzt aus der Sachverständigenrechnung 9,– € und verurteilt im Übrigen die bei der VHV Versicherte zur Zahlung restlicher, von der VHV gekürzter Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht; die dagegen eingelegte Berufung der VHV blieb ohne Erfolg (AG Halle/Saale Urteil vom 20.12.2016 – 105 C 2042/15 – und LG Halle Beschluss vom 4.5.2017 -1 S 35/17 -).

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,

es geht weiter nach Halle an der Saale. Wir stellen Euch hier zunächst ein Urteil des Amtsgerichts Halle an der Saale zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die Versicherungsnehmerin der VHV Versicherung vor. Die Begründung des AG enthält jede Menge juristischer Fehler mit dem Ergebnis, dass der Sachverständige für eine Kürzung von 9 Euro mit 10% der Verfahrenskosten nach Hause gegangen ist. Die Kürzung stützt sich auf § 249 Abs. 2 BGB mit dem erforderlichen Geldbetrag und den Missbrauch des § 287 ZPO zu Lasten des Klägers mit freihändiger Kürzung einer konkret dargelegten Rechnung, obwohl mit der Rechnung der Vermögensnachteil im Sinne des § 249 I BGB konkret dargelegt und bewiesen ist. Insoweit hätte es einer Schadenshöhenschätzung nicht bedurft, denn der Kläger hat den abgetretenen Vermögensnachteil dargelegt und bewiesen. Das für den Kläger negative Ergebnis  aus dem Urteil war der VHV aber wohl noch nicht genug? Deshalb wurde durch die Beklagte (wohl gemerkt: Versicherungsnehmerin der VHV!)  Berufung eingelegt. Das LG Halle hat jedoch mit umfangreicher Begründung  durch Hinweisbeschluss vom 4.5.2017 – 1 S 35/17 – darauf hingewiesen, dass man die Berufung zurückweisen werde. Daraufhin wurde die Berufung zurückgenommen. Den Beschluss der Berufungskammer des LG Halle fügen wir unten an das amtsgerichtliche Urteil an. Lest selbst das amtsgerichtliche Urteil und den Beschluss des LG Halle und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab. 

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht
Halle (Saale)

105 C 2042/15                                                                                   Verkündet am 20.12.2016

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

des Herrn …(Sachverständiger)

Kläger

gegen

Frau …(bei der VHV Versicherte persönlich)

Beklagte

hat das Amtsgericht Halle (Saale) auf die mündliche Verhandlung vom 20.12.2016 durch die Richterin am Amtsgericht L.-M. für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 84,31 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basisztnssatz seit dem 23.04.2015 und 2,50 € für Mahnkosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.05.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.   Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 10 % und die Beklagte zu 90 %.

3.   Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Hohe von 110 % des zu vollstrecken den Betrages leistet.

4.   Die Berufung wjrd zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für das Verfahren wird auf 93,77 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger betreibt ein KfZ-Sachverständigenbüro und nimmt die Beklagte auf Zahlung restlichen Schadensersatzes nach einem Verkehrsunfall vom 29.09.2014 in Anspruch, wobei die Haftung der Beklagten für die Unfallschäden zwischen den Parteien unstreitig ist.

Der Verkehrsunfall ereignete sich zwischen Frau J. K. und der Beklagten am 29.03.2014 in Halle (Saale). Frau K. und der Kläger vereinbarten mittels eines Auftrages die Erstellung eines Gutachtens über die Schäden aus dem Verkehrsunfall nach der Honorartabelle am 24.112014 (Bl. 22 der Akte). Der Kläger erstellte das Gutachten, Frau K. trat den Teil des Schadensersatzanspruches auf Erstattung von Gutachterkosten gegen die Beklagte und deren KfZ-Haftpflichtversicherung ab.

Die vom Kläger erstellte Rechnung für die Erstellung des Gutachtens beinhaltet folgende Rechnungspositionen (Bl. 28 der Akte): Gutachtenerstellung 389,95 €, 1. Fotosatz 14,94 €, 2. Fotosatz 9,88 €, Schreibkosten je Seite 41,85 €, Schreibkosten Kopien 20,85 €, Porto/Telefon 17,78 €, Digitale Aufarbeitung und Online-Versand 6,00 €.

Der Haftpflichtvereicherer der Beklagten beglich einen Teilbetrag in Höhe von 478,88 €, so dass eine Restforderung in Höhe von 93,77 € verblieb, der die streitgegenständliche Differenzsumme bildet. Die Haftpflichtversicherung der Beklagten kürzte die Nebenkostenpositionen innerhalb der Rechnung des Klägers. Der Kläger mahnte die Forderungen aus der Gutachterrechnung mehrfach bei der Beklagten an, diese reagierte hierauf nicht.

Der Kläger behauptet, die Beklagte habe die Sachverständigengebühren in der geltend gemachten Höhe voll zu erstatten. Hinsichtlich der Gutachterkosten seien alle in der Rechnung gestellten Positionen erforderlich, angefallen und gerechtfertigt berechnet worden. Der Anspruch beinhalte daher auch die volle Vergütung der angefallenen Nebenkosten. Da die Beklagte in Verzug geraten sei, habe sie die Klage verursacht, welche der Kläger nur mit Zahlung der Gerichtskosten möglich gewesen sei. Dieser Gerichtskostenvorschuss des Klägers sei daher zu verzinsen.

Ursprünglich hatte der Kläger beantragt, die Haftpflichtversicherung der Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittet zu unterlassen, in zivilrechtlichen Parteiprozessen seine Versicherungsnehmer oder mitversicherten Personen zu vertreten, außer wenn sie Streitgenosse des Verfahrens ist und die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht. Dieser Antrag des Klägers wurde in der mündlichen Verhandlung vom 20.112018 zurückgenommen.

Der Kläger beantragt,

1.  Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 93,77 € Restforderung zur Gutachtenrechnung vom 25.11.2014 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.04.2015 zu zahlen.

2.  Die Beklagte zu verurteilen, an ihn Mahnkosten in Höhe von 2,50 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozenlpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.05.2015 zu zahlen.

3. Weiter festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf die vom Kläger eingezahlten Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Zeitpunkt der.Einzahlung der Gerichtskosten bei der Gerichtskasse bis zum Tage des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrages bei Gericht nach Maßgabe der ausgeurteilten Quote zu zahlen.

4.  Die Berufung wird zugelassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen und

Vollstreckungsnachlass zu gewähren, wobei die erforderliche Sicherheit durch die Sicherheit einer deutschen Sparkasse oder Großbank erbracht werden kann.

Die Beklagte behauptet die Gutachterkosten in Höhe von 572,43 € seien nicht erforderlich gewesen und lägen erkennbar über den üblichen Preisen. Die Beklagte beanstandet alle vom Kläger aufgeführten Nebenkostenpositionen in der streitgegenständlichen Gutachterrechnung. Die BVSK-Honorarbefragungen wären als Schätzgrundlage ungeeignet. Der Kläger habe die Gerichtskosten nicht eingezahlt da dies seine Rechtsschutzversicherung getätigt habe. Der Kläger hätte auch keinen Kredit aufnehmen oder sein Konto überziehen müssen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Schriftsitze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung des restlichen Sachverständigenhonorars in Höhe von 84,31 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2015 aus abgetretenem Recht gemäß den §§ 389 ff., 823, 249 II 1, 288 I BGB, §§ 7, 17 I StVG.

Die Einstandspflicht der Beklagten ist unbestritten.

Die Abtretung zwischen dem Kläger und Frau K. vom 24.11.2016 ist wirksam. Frau K. hat ihren Scbadensersatzanspruch auf Erstattung der Gutachterkosten gegen den Unfallgegner und dessen Versicherungsgesellschaft in Höhe der Gutachterkosten an das klägerische Gutachterbüro abgetreten (Bl. 22 der Akte). Auch wird die Aktivlegitimation des Klägers von der Beklagten nicht bestritten.

Die von dem Kläger geltend gemachten Sachverständigengebühren sind nicht als überhöht zu bewerten.

Der Streit zwischen den Parteien betrifft die Grundsätze der schadensrechtlichen Ersatzfähigkeit von Gutachterkosten als Teil des erforderlichen Hersteiiungsaufwandes im Rahmen des § 249 II 1 BGB. Danach kann, wenn wegen der Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten ist, der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Der BGH hat diese Grundsätze im Urteil vom 28.04.2015, Az. VI ZR 50/15 zusammengefasst.

Dabei obliegt dem Geschädigten eine gewisse Plausibilitätskontroile der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten Preise. Der Geschädigte ist berechtigt, einen Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Schadensgutachtens zu beauftragen und muss auch nicht den ihm zugänglichen Markt erforschen, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Der Geschädigte kann vom Schädiger als erforderlichen Herstellungsaulwand im Sinne des § 249 II 1 BGB nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er muss im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann.

Werden überhöhte Preise durch den Sachverständigen bei Vertragsabschluss verlangt, was für den Geschädigten auch erkennbar war, so kann sich die Beauftragung des Sachverständigen als nicht erforderlich im Sinne des § 249 II 1 BGB erweisen. Der Geschädigte kann nur Ersatz der für die Erstattung des Gutachtens tatsächlich erforderlichen Kosten verlangen, deren Höhe der Tatrichter gemäß § 287 ZPO zu bemessen hat.

Im eben benannten Urteil schließt der BGH auch die gesonderte Überprüfbarkeit von einzeln geltend gemachten Nebenkostenpositionen neben dem Grundhonorar mit ein, obwohl diese Rechtsprechung bislang umstritten war und differenziert, zumeist auch gegenteilig beantwortet wurde.

Im vorliegenden Fall weist die Rechnung des Sachverständigen das Grundhonorar und die Nebenkosten getrennt voneinander aus. Diese getrennt voneinander ausgewiesenen Kosten sind und müssen damit für den Rechnungsempfänger gesondert nachprüfbar sein. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages, aber auch die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwandes mit der Rechnung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt.

Damit bildet ausschließlich übt in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden getroffenen Preis Vereinbarung vom Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne des § 249 II BGB. Der Wissensstand und die Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten spielen bei der Prüfung der Erforderlichkeit eine maßgebliche Rolle.

Vorliegend wurde kein beziffertes Honorar verlangt, vielmehr enthält der Auftrag selbst keinen zahlenmäßigen Betrag, da er sich an der noch festzustellenden Schadenshöhe orientieren sollte. Die ursprünglich Geschädigte und der Kläger nehmen auf konkrete Honorartabellen Bezug zu einem bestimmten datumsmäßigem Stand. Damit standen der Auftraggeberin alle Zahlen zur Verfügung, um eine etwaige Abweichung vom ortsüblichen Preisniveau ermitteln zu können.

Die Rechnung ist zwar an den Geschädigten gerichtet, jedoch nicht sie, sondern die Haftpflichtversicherung der Beklagten hat die Rechnung des Sachverständigen teilweise bezahlt. Gerade die Begleichung der Rechnung durch den Geschädigten stellt ein wesentliches Indizmoment dar, worin der Geschädigte bestätigt, dass die entsprechende Preisvereinbarung getroffen wurde und die für ihn nicht vorhersehbaren Kosten nicht einfach auf den Schädiger abgewälzt werden sollen, so dass hier die Indizwirkung der Angemessenheit der Kosten damit entfallen ist.

Dem Kläger steht Anspruch auf Ersatz der Kosten für das Schadensgutachten, bestehend aus Grundhonorar und tatsächlich entstandenen Nebenkosten zu, wenn und soweit diese nicht deutlich überhöht sind und dies für den ursprünglich Geschädigten erkennbar ist, letzteres ist vorliegend nicht der Fall.

Dabei kann der Tatrichter im Sinne des § 287 ZPO verschiedene Wege, der Schadensschätzung wählen, möglich ist beispielsweise die Verwertung von statistischen Erhebungen von Sachverständigenhonoraren, insbes. BSVK oderVKS.

Gegen sämtliche Honorarumfragen lassen sich sicherlich Bedenken vorbringen, so auch wie hier von der Beklagten vorgetragen. Bei Honorarumfragen nimmt immer nur eine begrenzte Anzahl von Personen teil -fraglich, ob Erhebungen insoweit repräsentativ sind.

Dem Gericht steht es jedoch im Rahmen der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO frei, solche Listen anzuwenden oder von ihnen abzuweichen. Hier hält das Gericht die BVSK-Honorarbefragung für eine tragfähige Grundlage, die sich im Rahmen des Ortsüblichen bewegt. Selbst wenn man, wie die Beklagte davon ausgeht, dass dies keine tragfähige Schätzgrundlage sei, so stellen sich bereits danach die verlangten Kosten des Sachverständigen als zu hoch dar, insbesondere hinsichtlich des Grundhonorars.

Bei der BSVK-Honorarbefragung ist die Grenze der üblichen Vergütung erreicht, wenn 90 % der befragten Mitglieder des BSVK ihr Honorar unterhalb dieses Wertes abrechnen. Dem entspricht der Wert des HB IV der BSVK-Honorarbefragung. Vorliegend ist die Tabelle des Jahres 2014 anzuwenden.

Der Ausgangspunkt ist dabei die Schadenshöhe, was den Nettoreparaturkosten zzgl. einer merkantilen Wertminderung entspricht. Laut dem Gutachten des Sachverständigen betragen die Nettoreparaturkosten 1.887,93 € addiert mit einem merkantilem Minderwert von 0,00 €, ergibt sich eine Schadenshöhe in Höhe der Nettoreparaturkosten von 1.887,93 €.

Laut Tabelle in der Rubrik HB IV aus dem Jahre 2014 ist bei einer Schadenshöhe bis Netto 2.000,00 € 384,00 €. Hier wurden 389,95 € durch den Sachverständigen abgerechnet, so dass hinsichtlich des Differenzbetrages in Höhe von 3,95 € die Klage abzuweisen ist.

Auch die Nebenkostenpositionen werden überwiegend bzw. teilweise in der BSVK-Befragung erfasst.

Es ergibt sich dabei, ein nicht zu beanstandendes, Bild:
.                                              Sachverständige    BSVK (Rubrik HB IV)
1. Fotosatz pro Foto                    2,49 €                     2,50 €
2. Fotosatz pro Foto                    1,61 €                     1,62 €
Schreibkosten je Seite                 2,79 €                     2,81 €
Schreibkosten-Kopie                    1,39 €                     1,40 €
Porto/Telefon                             17,78 €                    17,79 €
Digitale Aufarbeitung                   6,00 €                     nicht vorhanden

Der Sachverständige liegt unterhalb der von der BSVK-Honorarbefragung ermittelten Preisen.

Die digitale Aufarbeitung ist nicht von der BSVK-Honorarbefragung umfasst. Damit ist nach Angabe des Klägers sowie aus dem gerichtsbekannten Parallelverfahren Az. 35 C 210/15 gemeint, dass mit der digitalen Aufarbeitung abgedeckt wird, die jeweils nötige E-Mail zu schreiben, das Gutachten in eine PDF-Datei umzuwandeln, es als Anlage der E-Mail beizufügen, die E-Mail zu versenden, das E-Mailprogramm vorzuhalten und zu warten und ein E-Mailausgangstagebuch zu führen, um die Versendung nachzuhalten.

Hier wurde das Gutachten auftragsgemäß digital den Versicherer des Unfallgegners und an die Reparaturwerkstatt der Beklagten übersandt. Das Gericht bewertet den einzelnen Versand mit 2,00 €, sodass 6,00 € für unangemessen und als Gesamtwert zu beanstanden ist, weshalb diese Nebenkostenposition von 6,00 € auf 4,00 € zu kürzen ist.

Auch der Vorhalt der Beklagten verfängt nicht, dass es nicht nachvollziehbar sei, wenn der Versand des Gutachtens online erfolgt ist, noch zusätzlich Portokosten in Rechnung zu stelfen. In diesem Zusammenhang ist zum einen anzumerken, dass die Portokosten tatsächlich, angefallen sind, weil das Gutachten der Beklagten postalisch übersandt worden ist. Zum anderen betreffen die Posten „Digitale Aufarbeitung“ und „Porto/Telefon“ zwei verschiedene Bereiche: die digitale Aufarbeitung umfasst die Herstellung der virtuellen Datei, gewissermaßen die Fertigstellung des Endproduktes Gutachten; Porto/Telefon sind gemeinsam ausgewiesen und betreffen insbesondere die nötigen Kommunikationsformen zur Gutachtenerstellung.

Ersatzfähig sind daher alle Nebenkostenpositionen in der Gutachterrechnung in deren Höhe bis auf das vom Sachverständigen geltend gemachte Grundhonorar und die Digitale Aufarbeitung.

Der Rechnungsbetrag ist daher neu auszurechnen:

Der Gesamtbetrag ohne MwSt. beträgt nunmehr 473,08 €, die 19 prozentige MwSt beläuft sich auf 89,89 €, so dass sich ein neuer Gesamtbetrag in Höhe von 562,97 € ergibt. Abzüglich des von der Beklagten geleisteten Teilbetrages in Höhe von 478,66 € verbleibt ein Restbetrag in Höhe von 84,31 €.

Der Zinsanspruch folgt aus Verzug gemäß den §§ 286ä 288 BGB seit dem 23.04.2015. Davon sind auch Mahnkosten in Höhe von 2,50 € erfasst. Sowohl die Verzinsung der Hauptforderung, als auch die Verzinsung der Mahnkosten ist möglich, denn § 288 I BGB gilt für Geldschulden jeder Art, so dass die Mahnkosten seit dem 29.05.2015 zu verzinsen sind.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatzfähigkeit von Zinsen für verauslagte Gerichtskosten zwischen dem Zahlungseingang und dem Eingang eines noch zu stellenden Kostenfestsetzungsantrages.

Es kann dahinstehen, ob ein besonderes Feststellungsinteresse nach § 258 I ZPO vorliegt, denn einer gesonderten Prüfung des besonderen Feststellungsinteresses bedarf es dann nicht, wenn der Antrag, wie hier, jedenfalls unbegründet ist.

Der Kläger macht hier einen abstrakten Zinsschaden im Sinne des § 288 I BGB für verauslagte Gerichtskosten geltend, hierfür fehlt ihm jedoch die Anspruchsgrundlage.

§ 288 I BGB selbst ist keine taugliche Anspruchsgrundlage, so dass sich ein Rückgriff darauf insofern verbietet. Der Schaden könnte hier allenfalls in einer konkreten Aufwendung von Zinsen, z.B. durch Kreditaufnahme oder Kontoüberziehung oder in dem Verlust einer Zinsanlagemöglichkeit für den als Gerichtskosten eingezahlten Geldbetrag liegen. Diese Voraussetzungen sind hier jedenfalls nicht dargetan.

Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 103 I ZPO, denn dieser Erstattungsanspruch verlangt das Vorliegen eines vollstreckungsfähigen Titels, der jedoch erst mit dem Urteil im hiesigen Verfahren vorliegen würde.

Auch ergibt sich der Anspruch nicht aus § 104 I ZPO, denn danach werden die reinen Prozesskosten nur im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens nach Verkündung des Urteils verzinst. Der Kläger begehrt aber Verzinsung bereits vor Erlass des Urteils. Zudem würde bei Anerkennung eines Anspruches nach § 288 I BGB neben des § 104 ZPO der Grundsatz durchbrochen werden, dass das Kostenfestsetzungsverfahren Vorrang hinsichtlich der Ersatzfähigkeit retner Prozesskosten hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92, 289 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr 11, 711 ZPO. Der Antrag auf Gewährung von Vollstreckungsnachlass im Sinne des § 712 ZPO wird zurückgewiesen, da die Voraussetzungen nicht genügend dargetan wurden.

Die Berufung wird zugelassen, um die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen, § 511 IV 1 Nr. 1 ZPO. Zurzeit ist eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle vor sämtlichen Abteilungen des Amtsgerichtes anhängig. Daneben kommen bei einer ebenfalls deutlichen Anzahl von Rechtsmitteln Abweichungen in Betracht, die nur durch eine einheitliche Handhabung in der zweiten Instanz geklärt werden können.

Die Streitwertberechnung fußt auf den §§ 39, 40, 43 GKG.

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Landgericht Halle                                                                        Geschäftsnummer:
1. Zivilkammer                                                                              1 S 35/17

Sehr geehrte Herren,

in dem Rechtsstreit

… gegen …

beabsichtigt die Kammer, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Den Parteien, insbesondere der Beklagten wird Gelegenheit gegeben, hierzu bis zum 24.05.2017 Stellung zu nehmen.

Im Hinblick auf die erteilten Hinweise wird dem Kläger zunächst keine Frist zur Berufungserwiderung gesetzt.

Begründung:

I.
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

Die Berufungsbegründung enthält keine neuen Tatsachen, die nach Maßgabe der §§ 520 Abs. 3 Nr. 4, 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen wären.

Das Vorbringen in der Berufungsbegründung ist nicht geeignet, die Erwägungen des
Amtsgerichts zu entkräften. Das Berufungsvorbringen bietet auch keine konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststeliung in dem angefochtenen Urteil im Sinne des § 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO begründen. Vielmehr hat das Amtsgericht den erstinstanzlichen Vortrag der Parteien erschöpfend und richtig beurteilt. Soweit in der Berufung Umstände behauptet werden, aus denen sich eine Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für das angefochtene Urteil ergeben sollen, folgt die Kammer den Erwägungen in der Berufungsbegründung nicht.

Zu Recht hat das Amtsgericht die Beklagte zur Zahlung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 84,31 Euro verurteilt.

Insbesondere ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht davon auszugehen, dass das Amtsgericht den erstattungsfähigen Schaden vorliegend unzutreffend ermittelt bzw. eine fehlerhafte Schadensschätzung vorgenommen hat.

1.
Bei der Bemessung der Schadenshöhe ist zu beachten, dass der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zu Grunde liegen müssen. Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO ergibt, darf sie nicht völlig abstrakt erfolgen, sondern muss dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen (vgl. BGH, Urteil vom 22.07.2014, VI ZR 357/13, NJW 2014, 3151 ff. m.w.N.). Die Erwägungen dürfen nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen. Zur Überprüfung auf die Einhaltung dieser Grenzen hat der Tatrichter die tatsächlichen Grundlagen seiner Schätzung im Urteil mitzuteilen (vgl. BGH, Urteil vom 19.02.1991, VI ZR 171/90, NJW 1991, 2340, 2342 m.w.N.). Die Schätzung darf dabei nicht mangels greifbarer, vom Kläger vorzutragender Anhaltspunkte „völlig in der Luft hängen“ (vgl. Zöller/Greger, 31. Aufl 2016 § 287 ZPO Rn. 5).

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung reicht es nicht aus, nur auf die objektive Erforderlichkeit bestimmter Honorarsätze oder deren Üblichkeit im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB abzustellen. Allein der Umstand, dass die vom Sachverständigen abgerechneten Beträge die aus der BVSK-Honorarbefragung ersichtlichen Höchstsätze überschreiten, rechtfertigt die Annahme eines solchen Verstoßes der geschädigten Zedentin noch nicht (vgl, BGH, Urteil vom 22.07.2014, a.a.O.). Vielmehr ist bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in vernünftigen Grenzen gehalten hat, Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis-und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (vgl, BGH, Urteil vom 11.02.2014, a.a.O. m.w.N.; Urteil vom 15.11.1991, VI ZR 314/90, BGHZ 115, 364, 369; Urteil vom 15.11.1991, VI ZR 67/91, BGHZ 115, 375, 378; Urteil vom 15.10.2013, VI ZR 528/12, VersR 2013, 1590, Rn. 19 m.w.N.).

2.
Die Kammer hält in nunmehr ständiger Rechtsprechung eine Prüfung in zwei Schritten für sinnvoll.

a)
Bei der Feststellung der ersatzfähigen Schadenshöhe ist nach Auffassung des Berufungsgerichts zunächst die Frage der objektiven Erforderlichkeit im engeren Sinne zu prüfen.

Die Grenze der objektiven Erforderlichkeit im Sinne einer Ortsüblichkeit kann auf unterschiedliche Weise nach § 287 ZPO geschätzt werden. Nach Ansicht der Kammer stellt – unter anderem – die Honorarbefragung des Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e. V. (BVSK) eine geeignete Schätzgrundlage zur Ermittlung des üblichen Honorars dar (vgl. auch KG, Urteil vom 30.04.2015, 22 U 31/14, Schaden-Praxis 2015, 414 ff.; OLG München, Beschluss vom 12.03.2015, 10 U 579/15, Schaden-Praxis 2015, 200 ff.). Dem steht auch nicht das von der Beklagten in Bezug genommene und bereits zitierte Urteil des BGH vom 22.07.2014 entgegen, zumal darin lediglich ausgeführt worden ist, dass die Ausführungen des dortigen Berufungsgerichtes zur Ungeeignetheit dieser Tabelle als Schätzgrundlage aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden seien, nicht aber, dass die Tabelle per se ungeeignet sei. indes besteht auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten in der Berufungsbegründung keine Veranlassung, zur Frage der Geeignetheit der verwendeten Tabelle Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben, denn hierfür wäre nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erforderlich gewesen, dass konkrete Mängel der herangezogenen Schätzgrundlage und deren Auswirkungen auf den hiesigen Rechtsstreit aufgezeigt worden wären (BGH, Urteil vom 18.12.2012, Az. VI ZR 316/11 m.w.N,). Hieran fehlt es vorliegend aber. Es mag sein, dass etwa Fotos oder Kopien ihn privaten Leben zu deutlich günstigeren Preisen erhältlich sind. Dies steht aber der Ermittlung des Erforderlichen auf der Grundlage des Ortsüblichen für einen Geschädigten in seiner Lage ohne weiteres Erreichbaren nicht entgegen. Im Hinblick darauf geht die Kammer auch weiterhin von der grundsätzlichen Geeignetheit der BVSK-Honorartabellen aus, wobei vorliegend diejenige für das Jahr 2013 Anwendung findet, da für das Jahr 2014 keine gesonderte Erhebung erfolgt ist.

Sachgerecht erscheint es der Kammer bei Anwendung dieser Tabelle im Rahmen einer eigenen Schadensschätzung, den Höchstbetrag des Korridors V (= HB III), in dem je nach Schadenshöhe 50 % bis 60 % der befragten Sachverständigen ihr Honorar berechnen, als Obergrenze der Erforderlichkeit heranzuziehen, wobei jede Rechnungsposition daran zu messen ist. Im Übrigen ist die Schadensschätzung nach BGH aber in erster Linie Sache des besonders freigestellten Tatrichters und auch vom Berufungsgericht nur eingeschränkt überprüfbar.

b)
Erst und nur dann, wenn die geltend gemachte Schadenshöhe das Maß des objektiv Erforderlichen übersteigt, kommt es darauf an, ob dies für die Geschädigte erkennbar war. Ob die objektive Überschreitung der vom Gericht (im Wege der Beweisaufnahme oder, der Schätzung) als maßgeblich erachteten Grenze der Üblichkeit erkennbar war oder die Rechnungsbeträge plausibel sind, ist nach Ansicht der Kammer anhand der Gesamtrechnungssumme zu überprüfen und hängt grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls ab.

3.
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die Rechnung des Klägers zwar – jedenfalls
nach dem vom Amtsgericht herangezogenen Wert der Tabelle HB IV – hinsichtlich der
Grundgebühr objektiv zu hoch, aber insgesamt noch nicht erkennbar deutlich überhöht.

Gleiches gilt bezüglich der in der Tabelle überhaupt nicht aufgeführten Kosten für digitale
Aufarbeitung.

Selbst wenn man zu dem Ergebnis einer objektiven Überhöhung bzw. Nichterforderlichkeit einzelner Rechnungsbeträge kommt, so ist die Frage zu stellen, ob die festgestellte objektive Überschreitung der Grenze der üblichen Vergütung erheblich ist, und ob dies für die Geschädigte auch „deutlich erkennbar“ war (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13, a.a.O.). Dabei stehen beide Kriterien durchaus in Korrespondenz. Je deutlicher die objektive Überschreitung der üblichen Vergütung ausfällt, desto eher ist sie für die Geschädigte auch subjektiv erkennbar. Im Übrigen hat das Gericht bei der Prüfung der Erkennbarkeit auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu achten. Dabei kann nach Ansicht der Kammer beispielsweise auch die Höhe der Nebenkosten eine Rolle spielen. Sind sie auffällig hoch, kann dieser Umstand die Rechnung für den Geschädigten als zweifelhaft erscheinen lassen. Fallen die Nebenkosten hingegen besonders niedrig aus, kann dies dazu führen, dass dem Geschädigten eine leicht überhöhte Grundgebühr nicht auffallen muss, weil der Gesamtbetrag der Rechnung durch die niedrigen Nebenkosten nicht überhöht erscheint.

Diese Überlegungen kommen im vorliegenden Fall zu Gunsten des Klägers zum Tragen. Das von ihm verlangte Grundhonorar ist nach Ansicht des Amtsgerichts geringfügig zu hoch bzw. fallen Kosten für digitale Aufarbeitung nur zwei Mal an (hierzu hat der Kläger im Übrigen mit Schriftsatz vom 07.12.2018 näher vorgetragen, ohne dass die Beklagte in ihrem darauffolgenden Schriftsatz diese zweimalige Versendung an sich bestritten hat, so dass dieses Bestreiten nunmehr in der Berufungsinstanz unzulässig sein dürfte). Angesichts der sehr geringen Überschreitung von etwa 2 % liegt aber schon kein deutlich überhöhtes Grundhonorer vor. Darüber hinaus ist weder ersichtlich, noch von der Beklagten behauptet, dass die Geschädigte, die über keine besonderen Kenntnisse im Bereich der Sachverständigenkosten verfügt, die Überhöhung aufgrund ihrer individuellen Möglichkeiten hätte erkennen können.

Von daher hat das Amtsgericht dem Kläger aus Sicht der Beklagten in nicht zu beanstandender Weise aus der streitgegenständlichen Honorarrechnung auch unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlung zu Recht einen weiteren Zahlungsanspruch zuerkannt, weshalb die Berufung unbegründet sein dürfte.

Es wird deshalb anheimgestellt, eine Rücknahme der Berufung in Erwägung zu ziehen. In einem solchen Fall ermäßigen sich die Gerichtskosten auf 2,0 Gebühren (Nr. 1222 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG), während im Fall eines Beschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO 4,0 Gebühren anfallen (Nr. 1220 der Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).

Mit freundlichen Grüßen


Vizepräsident des Landgerichts

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6 Antworten zu AG Halle (Saale) kürzt aus der Sachverständigenrechnung 9,– € und verurteilt im Übrigen die bei der VHV Versicherte zur Zahlung restlicher, von der VHV gekürzter Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht; die dagegen eingelegte Berufung der VHV blieb ohne Erfolg (AG Halle/Saale Urteil vom 20.12.2016 – 105 C 2042/15 – und LG Halle Beschluss vom 4.5.2017 -1 S 35/17 -).

  1. Heinrich Quaterkamp sagt:

    Fast a l l e s schadenersatzrechtlich nicht so wirklich eingängig und in der Abfolge der angesprochenen Beurteilungskriterien erstaunlich gemischt. Interessant ist allerdings zum guten Schluss die Begründung, warum der Berufung stattgegeben wurde.
    Was meint ihr dazu ?

    Heinrich Quaterkamp

  2. R-REPORT-AKTUELL sagt:

    „Der Streit zwischen den Parteien betrifft die Grundsätze der schadensrechtlichen Ersatzfähigkeit von Gutachterkosten als Teil des erforderlichen Herstellungsaufwandes im Rahmen des § 249 II 1 BGB. Danach kann, wenn wegen der Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten ist, der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Der BGH hat diese Grundsätze im Urteil vom 28.04.2015, Az. VI ZR 50/15 zusammengefasst.“

    Mit vorstehender Formulierung nimmt das Dilemma seinen Anfang! Wieso Rückgriff auf § 249 II BGB?
    Die Geschädigte will nicht „fiktiv“ abrechnen. Sie verlangte gar nicht „statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag“. Vielmehr will sie gerade die zum Ausgleich ihrer Einbuße – Zahlung der Sachverständigenkosten – tatsächlich entstandenen Kosten gemäß § 249 Abs. 1 BGB.

    Im Übrigen besteht zwischen den Parteien kein Werkvertrag, so dass die Geschädigte die Erforderlichkeit und Angemessenheit des Werklohns nachweisen müsste. Vielmehr verfolgt sie im Rahmen des Schadensersatzes die zum Ersatz ihres Schadens tatsächlich angefallenen Kosten. Dass diese nicht erforderlich gewesen sein sollen, stellt in der Sache den Vorwurf dar, die Klägerin habe gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen (Staudinger/Schiemann, § 249 Rn. 230). Woraus sich jedoch ein Auswahlverschulden herleiten sollte, hat die Beklagtenseite nicht begründet.

    Das bloße Bestreiten der Erforderlichkeit, mit welchen Erwägungen auch immer, führt daher nicht dazu, dass die Geschädigte die Erforderlichkeit und „Angemessenheit“ der Kosten des von ihr beauftragten Sachverständigen beweisen müsste. Es hätte vielmehr eines dezidierteren Vortrages der Beklagtenseite dazu bedurft, dass die Geschädigte die angeblich deutliche Überhöhung der Sachverständigenkosten, die sich hier ohnehin auf etwa 16,37 % beschränkt, hätte erkennen können (BGH, Urt. v. 11.2.2014 – VI ZR 225/13, S. 7 f.). Eine solche Erkennbarkeit liegt aber nicht schon dann vor, wenn die Geschädigte selbst durch intensive Marktforschungen hätte feststellen können, dass sie irgendwo eine billigere Naturalrestitution hätte erlangen können (BGH NJW 1996, 1958, 1959). Solche „Vergleichsmaßstäbe“ sind tatsächlich vor, bei und nach Auftragserteilung regelmäßig nicht verfügbar.

    Goldrichtig liegt die Richterin allerdings mit der Feststellung, dass die Honorarbefragung eines Berufsverbandes aus schadenersatzrechtlicher Perspektive ungeeignet ist zur Beurteilung der Erforderlichkeit.

    Die willkürliche und verbotene Kürzung ergibt sich mit 16,37 % zu den tatsächlich abgerechneten Gutachterkosten und ist damit als n i c h t e r h e b l i c h zu klassifizieren. Sie liegt jedenfalls weit unterhalb der vom IX. Zivilsenat des BGH angesprochenen Bedenklichkeitsgrenze in dem Beschluss vom 24.07.2003 (IX ZR 131/00), wo es heißt:

    „Die äußerste Grenze eines angemessenen Honorars ist überschritten, wenn der Auftragnehmer seinen Aufwand in grober Weise eigensüchtig aufbläht und das Wirtschaftlichkeitsgebot wissentlich außer Acht lässt. Das ist der Fall, wenn die äußerste Grenze eines aufwandsangemessenen Honorars um etwa das Doppelte überschritten wird.“

    Würde man also in Abstellung auf eine damit gebotene Gesamtkostenbetrachtung als „aufwandangemessenes“ Honorar selbst nur das rechtswidrig gekürzte bzw. das versicherungsseitig zugebilligte Honorar gelten lassen, so läge der in Betracht kommende „Grenzwert“ bei 2 x 478,88 € = 957,76 € !
    Das zeigt einmal deutlich mehr die Absurdität solcher werkvertraglich konzipierten „Prüfungen“, was der BGH bereits mit seiner vorgehenden Rechtsprechung auch deutlich erkannt hat.

    R-REPORT-AKTUELL

  3. Pottkieker sagt:

    #R-REPORT-AKTUELL
    Mit den bisherigen Kommentaren und der Urteilsanalyse durch Willi Wacker ist fast schon alles gesagt. Dennoch sei zur weiteren Verdichtung nachfolgend angemerkt:

    A. In Kenntnis des Inhalts der bekannten VHV-Kürzungsschreiben sind die vorgetragenen Einwendungen schadenersatzrechtlich nicht als e r h e b l i c h zu bewerten.

    B. Um abgerechnete „Gebühren“ geht es tatsächlich nicht und auf eine „Üblichkeit“ von Nebenkosten ist nicht abzustellen, denn

    1) nach der BGH-Definition zu diesem Begriff gibt es eine solche für Sachverständigenkosten gerade nicht

    2) und eine solche Betrachtung beschränkt sich auf eine werkvertraglich ausgerichtete Sichtweite

    C. Die offenbar „nur“ beanstandeten Nebenkosten lagen in Relation zum Grundhonorar bei lediglich 28,54% und damit weit unter den vom BGH als schadenersatzpflichtig zuerkannten Nebenkosten von ca. 73 % in dem Grundsatzurteil VI ZR 225/13.

    Pottkieker

  4. Olaf Sch. sagt:

    „Damit standen der Auftraggeberin alle Zahlen zur Verfügung, um eine etwaige Abweichung vom „ortsüblichen“ Preisniveau ermitteln zu können“.

    Dazu eine dumme Frage: Wie geht das angesichts richterlicher Beurteilung auf Grund eines Gutachten, dass es auch ein „ortsübliches“ Honorar nicht gibt (so u.a. AG München)?

    Dem liegt auch die Erkenntnis zu Grunde, dass man fälschlicherweise im Prognosebereich gleiche Ergebnisse unterstellen würde, gleiche Qualifikationen, gleiche Unabhängigkeiten und eine nach Art und Umfang vergleichbare Qualität der beweissichernden Tatsachenfeststellung sowie Nichtberücksichtigung von sog. „Routinegutachten“.

    Olaf Sch.

  5. Iven Hanske sagt:

    Hier gibt es leider gemein gefährliche Klickenweiber. Die Befangenheit zu meiner Person von dieser Richterin wurde schon auf dem gerichtlichen Weg bestätigt und trotzdem darf die hier bösartig auf HB IV entscheiden. Wäre ich hier wegen ca. 6 Euro (Rechenfehler) in Berufung gegangen, so hätte ich schon wegen den HB IV und der fehlenden Gesamtschau Recht bekommen (sei denn Klicken-Kawa vom LG Halle hätte entschieden).
    „Sachgerecht erscheint es der Kammer bei Anwendung dieser Tabelle im Rahmen einer eigenen Schadensschätzung, den Höchstbetrag des Korridors V (= HB III), in dem je nach Schadenshöhe 50 % bis 60 % der befragten Sachverständigen ihr Honorar berechnen, als Obergrenze der Erforderlichkeit“

    Mir ist dieser BVSK auch egal, da abgemahnt unseriös, aber ich erkenne so langsam die willkürlichen, normativen Rechtsbeuger und das System von scheinheiligen Gerichtspräsidenten. Es wird Zeit bei diesen Duldern und Förderern des Unseriösen aufzuräumen. Diese unsinnigen 9 Euro Kürzung ist egal, die Verbrecher unser Grundordnung bekommen meine Aufmerksamkeit, auch mit persönlichen Klagen und Verfassungsbeschwerden. Die Anmaßungen meinen Betrieb und alle die dadurch leiden zu bekämpfen erzeugt meine Leidenschaft zum Grundgesetz und dessen Schutz.

  6. Iven Hanske sagt:

    Begreift wer die Zusage der Zinsen für Gerichtskosten obwohl die Begründung gegenteiliges erklärt?

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