AG Schwabach verurteilt mit lesenswertem Urteil vom 18.5.2017 – 4 C 1445/16 – die Zurich Insurance plc Niederlassung Deutschland und die bei Ihr Versicherte als Gesamtschuldner zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

hier und heute stellen wir Euch ein interessantes Urteil aus Schwabach zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht gegen die Zurich Insurance plc und die bei ihr versicherte Unfallverursacherin vor. Nachdem die Zurich Versicherung nicht gewillt oder in der Lage war, den vollständigen (abgetretenen) Schadensersatzanspruch zu erfüllen, machte der Kläger den gekürzten Schadensersatzbetrag mit qualifizierter anwaltlichwer Hilfe bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht Schwabach rechtshängig. Aufgrund des guten Vorbringens in der Klageschrift konnte das erkennende Gericht sich relativ kurz fassen. Daran änderte sich auch nichts, als die Beklagte werkvertragliche Gesichtspunkte gemäß §§ 632 ff. BGB im Schadensersatzrecht anführte. Leider hat das erkennende Gericht die Schadensersatzforderung auf § 249 II BGB gestützt, obwohl eine Rechnung vorlag, die den Vermögensnachteil des Geschädigten dokumentierte. Insoweit rechnete der Geschädigte die Schadensposition „Sachverständigenkosten“ konkret ab. Bei den Sachverständigenkosten handelt es sich nämlich um mit dem Unfallschaden unmittelbar verbundene Vermögensnachteile, die über § 249 I BGB auszugleichen sind, wenn eine Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH VI ZR 67/06 = BGH NJW 2007, 1450 = DS 2007, 144 m. zust. Anm. Wortmann). Ansonsten handelt es sich um eine positive Entscheidung. An diesem Urteil zeigt sich, wie wichtig es ist, qualifizierte anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dann können solche Urteile ergehen, von denen man sagen kann, dass so Rechtsprechung aussehen muss, wenn es um Schadensersatz geht, auch wenn die Forderung abgetreten ist. Durch die Abtretung wird der Inhalt der abgetretenen Forderung nicht verändert (BGH VI ZR 491/15 Rd-Nr. 22). Lest selbst das Urteil des AG Schwabach und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Amtsgericht Schwabach

Az.: 4 C 1445/16

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Rechtsstreit

des Herrn Dipl.-Ing. C. A. aus Z
– Kläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte I. & P. aus A.

gegen

1)   Firma O. K., Inhaber R. K. aus R.
– Beklagter –

2)   Zürich Insurance plc Niederlassung für Deutschland, vertr.dch.d. Hauptbevollmächtigten Marcus Nagel, Solmsstraße 27-37, 60486 Frankfurt
– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Rechtsanwältin K. P. aus W.

wegen Forderung

erlässt das Amtsgericht Schwabach durch die Richterin am Amtsgericht E. am 18.05.2017 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.05.2017 folgendes

Endurteil

1.         Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 325,41 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit 25.02.2013 zu zahlen.

2.        Weiterhin werden die Beklagten gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 70,20 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.01.2016 zu bezahlen.

3.        Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Rechtsstreits.

4.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 325,41 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495 a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht den gesamten Akteninhalt und das Ergebnis der mündlichen Verhandlung.

Die Klage ist zulässig und in der Hauptsache auch vollumfänglich begründet. In der Klage geht es um restliche Sachverständigenkosten. Entgegen der Auffassung der Beklagtenpartei ist hier nicht auf § 632 Abs. 2 BGB abzustellen, da zwischen dem Geschädigten W. und dem Kläger bei Abschluss des Werkvertrages auch eine Honorarvereinbarung Vertragsbestandteil wurde. Die als Anlage K 3 vorgelegte Abrechnung des Klägers vom 25.1.2013 beruht auf dieser Honorarvereinbarung. Die Zedentin wäre zur Zahlung des vereinbarten Honorares verpflichtet gewesen. Die Abtretung des Ersatzanspruches gegen die Beklagten ändert an dieser Einschätzung nichts.

Vor diesem Hintergrund wäre im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB lediglich zu prüfen, ob die Einschaltung dieses Sachverständigen erforderlich gewesen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH trifft den Geschädigten bei der Beauftragung keine Obliegenheit, den günstigsten verfügbaren Sachverständigen zu ermitteln. In der Regel besitzt der Geschädigte hinsichtlich der anfallenden Kosten nur sehr beschränkte Erkenntnismöglichkeiten. Eine Erforderlichkeit des vereinbarten Gutachterhonorars kann nur dann verneint werden, wenn der ausgewählte Sachverständige, also der Kläger, Honorarsätze verlangt, die die ortsüblichen Preise so deutlich übersteigen, dass dies auch einem verständigen Menschen bei Parallelwertung in der Laiensphäre hätte auffallen müssen. Dann wäre ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gegeben. Im vorliegenden Fall liegen die geltend gemachten Kosten nur knapp über den Richtlinien der BVSK-Honorarbefragung für das Jahr 2013, die für die maßgebliche Rechnung heranzuziehen ist. Für die Abrechnung nach der BVSK-Tabelle wäre ein Betrag in Höhe von 996,15 EUR erstattungsfähig gewesen. Die Rechnung weist einen Betrag in Höhe von 1.006,00 EUR aus, also nur geringfügig darüber. Der geltend gemachte Restanspruch in Höhe von 325,41 EUR war dem Kläger daher zuzusprechen.

Anspruchsgrundlage für die geltend gemachten Zinsen und außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren ist §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, Abs. 2, 288 Abs. 1 BGB.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB, da die Beklagte zu 2) mit Abrechnungsschreiben vom 25.2.2013 eine weitergehende Regulierung der Sachverständigengebühren ernsthaft und endgültig ablehnte. Auch die Berechnung der außergerichtlichen Anwaltskosten ist nicht zu beanstanden, die Regulierung durch die Beklagte zu 2) erfolgte vor Einschaltung des Klägervertreters, dessen erster Schriftsatz vom 29.12.2015 datiert. Es spielt auch keine Rolle, dass möglicherweise die Beklagte zu 2) auf Basis der weiteren Unfallschäden der Zedentin Rechtsanwaltskosten im Rahmen des § 249 BGB erstattet hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache ist weder von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichtes.

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2 Antworten zu AG Schwabach verurteilt mit lesenswertem Urteil vom 18.5.2017 – 4 C 1445/16 – die Zurich Insurance plc Niederlassung Deutschland und die bei Ihr Versicherte als Gesamtschuldner zur Zahlung restlicher, abgetretener Sachverständigenkosten.

  1. Lars Anderson sagt:

    Aus den Entscheidungsgründen herauszustellen :

    „Nach ständiger Rechtsprechung des BGH trifft den Geschädigten bei der Beauftragung keine Obliegenheit, den günstigsten verfügbaren Sachverständigen zu ermitteln.

    In der Regel besitzt der Geschädigte hinsichtlich der anfallenden Kosten nur sehr beschränkte Erkenntnismöglichkeiten.

    Eine Erforderlichkeit des vereinbarten Gutachterhonorars kann nur dann verneint werden, wenn der ausgewählte Sachverständige, also der Kläger, Honorarsätze verlangt, die die ortsüblichen Preise so deutlich übersteigen, dass dies auch einem verständigen Menschen bei Parallelwertung in der Laiensphäre hätte auffallen müssen.“

    Anmerkung: Was ist jedoch, wenn es ortsübliche Preise nicht gibt, sondern nur Honorarbandbreiten?

    Lars Anderson

  2. RA. Niederbayern sagt:

    Das mit den ortsüblichen Preisen ist m.E. so eine Sache, die eigentlich nicht geht! Man stelle sich vor, in einem Ort im Bayerischen Wald sitzt ein Kfz-Sachverständiger. Er ist der einzige im Ort. Sind nun dessen Preise die ortsüblichen? Andere am Ort gibt es ja nicht.
    Also ergibt sich daraus, dass „ortsübliche Preise“ schlicht ein Unsinn ist.
    Richtigerweise ist auf Bandbreiten abzustellen, wie X ZR 80/05 bereits entschieden hatte.

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