Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
hier und heute stellen wir Euch ein Urteil aus Coburg zu den restlichen Reparaturkosten bei der konkreten Abrechnung sowie den gekürzten Verbringungskosten vor. Da beim Amtsgericht Coburg (Gericht am Sitz der Versicherungsgesellschaft) geklagt wurde und die Beklagte die Haftpflichtversicherung des den Unfall verursachenden Versicherungsnehmer der Beklagten ist, gehen wir davon aus, dass die Beklagte die HUK-COBURG sein wird. Diese hatte wieder einmal dem Geschädigten trotz voller Haftung den vollständigen Schadensersatz verweigert. Dementsprechend musste der Restschadensersatz rechtshängig gemacht werden. Bei dem Urteil des AG Coburg handelt es sich unseres Erachtens um eine Entscheidung bis auf den Hinweis auf § 249 Abs. 2 BGB. Dieser Hinweis dürfte falsch sein, denn es handelte sich ja um eine konkrete Wiederherstellung, so dass § 249 Abs. 1 BGB einschlägig sein dürfte. Es ist nämlich durch den Erfüllungsgehilfen des Schädigers, das ist nämlich die Werkstatt (BGHZ 63, 182 ff.) der vor dem Unfall bestehende Zustand wiederhergestellt worden. Völlig zu Recht hat das erkennende Amtsgericht das Werkstattrisiko der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung auferlegt. Denn wie bereits erwähnt, ist der Werkstattinhaber der Erfüllungsgehilfe des Schädigers bei der Herstellung des vormaligen Zustandes. Damit der vor dem Unfall bestehende (Lack-)Zustand wiederhergestellt werden kann, ist auch eine Verbringung zur Lackiererei notwendig, wenn die Fachwerkstatt, wie üblich, nicht über eine eigene Lackiererei verfügt.
Viele Grüße
Willi Wacker
Amtsgericht Coburg
Az.: 12 C 723/17
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
…
– Klägerin –
gegen
…
– Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Coburg durch die Richterin am Amtsgericht K. am 04.07.2017 aufgrund des Sachstands vom 03.07.2017 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Endurteil
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 271,70 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.02.2017 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 271,70 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf restliche Schadenersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall vom 23.10.2016 in Höhe von 271,70 € gemäß §§ 7, 17 StVG, §§ 823, 249 BGB, § 115 VVG.
Am 23.10.2016 kam zwischen dem Kläger und dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Unfallgegner zu einem Verkehrsunfall. Die Haftung der Beklagten ist zwischen den Parteien dem Grunde nach unstreitig. Reparaturkosten sind in Höhe von 1.576,86 € angefallen, auf die die Beklagte 1.305,16 € gezahlt hat. Die Beklagte hat auf die Verbringungskosten in Höhe von 90,00 € netto einen Betrag in Höhe von 80,00 € netto gezahlt, so dass ein Betrag in Höhe von 10,00 € streitgegenständlich ist, sowie weitere Reparaturkosten in Höhe von 261,70 € aufgrund des Berichts der Firma … nicnt erstattet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Ersatz weiterer Reparaturkosten in Höhe von gesamt 271,70 €.
Die Reparaturkosten sind in voller Höhe erstattungsfähig. Hierbei handelte es sich um den erforderlichen Herstellungsaufwand. Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sind Aufwendungen ersatzfähig, die ein verständiger wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Den Kenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten bei der Schadensregulierung sind insofern regelmäßig Grenzen gesetzt, dies vor allem, sobald er den Reparaturauftrag erteilt und das Fahrzeug in die Hände von Fachleuten gibt. Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 Absatz 2 S. 1 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte bei Ausübung der Ersetzungsbefugnis im Verhältnis zum ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht mehr kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss.
Das Werkstattrisiko geht insofern zulasten des Schädigers (AG Norderstedt, Urteil vom 14. 9. 2012 – 44 C 164/12; LG Köln, Urteil vom 07.05.2014 – 9 S 314/13). Dabei darf ein Geschädigter nach der oben angesprochenen subjektbezogenen Schadensbetrachtung grundsätzlich darauf vertrauen, dass die in dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten kalkulierten Arbeitsschritte und das hierfür benötigten Material zur Schadensbeseitigung erforderlich sind und darf demgemäß – wie hier – einer Werkstatt den Auftrag erteilen, gemäß Gutachten zu reparieren (BGH, NJW, 302, 304; AG Düsseldorf, 21.11.2014 – 37 C 11789/11). Es macht dabei keinen Unterschied, ob die Werkstatt dem Geschädigten unnötige Arbeiten in Rechnung stellt, überhöhte Preise oder Arbeitszeiten in Ansatz bringt oder Arbeiten berechnet, die in dieser Weise nicht ausgeführt worden sind (LG Köln, 07.05.2014, AZ: 9 S 314/13; AG Villingen-Schwenningen, 05.02.2015, AZ: 11 C 507/14; OLG Hamm, 31.01.1995, AZ: 9 U 168/94). Es besteht kein Grund dem Schädiger das Risiko für ein solches Verhalten abzunehmen. Ein Auswahlverschulden der Klägerin ist insoweit nicht zu erkennen. Die durch die Werkstatt in der Reparaturrechnung belegten Aufwendung sind im allgemeinen ein aussagekräftiges Indiz für die Erforderlichkeit der Reparaturkosten. Dies gilt insbesondere dann, wenn wie hier gleichartige Aufwendung sich bereits aus dem eingeholten Sachverständigengutachten ergeben.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind hier die Kosten der Verbringung, der Reinigung und der Arbeitswerte ersatzfähig. Mangels besserer Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten hat die Klägerin die Reparaturkosten insoweit für erforderlich halten dürfen. Damit sind insbesondere auch die Verbringungskosten zu erstatten, auch wenn die Beklagte die Verbringung als solche bestreitet (OLG Hamm, 31.01.1995, AZ: 9 U 168/94). Die Reparatur und die Abrechnung sind der Einflußsphäre des Geschädigten entzogen. Es besteht kein Grund, dem Schädiger das Risiko für ein solches Verhalten abzunehmen. Von daher war auch kein Beweis über die Verbringung zu erheben, da das Werkstattrisiko eben auch Arbeiten umfassen würde, die nicht ausgeführt wurden (LG Köln, 07.05.2014, AZ: 9 S 314/13; AG Villingen-Schwenningen, 05.02.2015, AZ: 11 C 507/14; OLG Hamm, 31.01.1995, AZ: 9 U 168/94).
Damit war der Klage vollumfänglich stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Dieses Urteil des Hausgerichts der Huk-Coburg wird ihr wohl nicht schmecken. Wetten, dass die Huk-Coburg dieses Urteil in ihren Kürzungsschreiben nicht angeben wird?
Aber so ist es: Das Werkstattrisiko trägt eindeutig der Schädiger! Denn die Werkstatt ist der Erfüllungsgehilfe des Schädigers. Punkt um!