AG Achern verurteilt zwar die Württembergische Versicherung AG und deren Versicherte als Gesamtschuldner zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten mit Urteil vom 25.7.2017 – 3 C 87/17 -, allerdings überzeugt die Begründung nicht.

Hallo verehrte Captain-Huk-Leserinnen und -Leser,

von Wuppertal in Nordrhein-Westfalen geht es weiter nach Achern in Baden-Württemberg. Nachfolgend stellen wir Euch hier ein Urteil des Amtsgerichts Achern zu den Sachverständigenkosten gegen die Württembergische Versicherung und den bei ihr Versicherten vor. Leider wieder teilweise fehlerhaft begründet. So hat das erkennende Gericht eine Indizwirkung nur bei der bezahlten Rechnung sowie eine Bezugnahme auf VI ZR 357/13 bzw. VI ZR 50/15 vorgenommen. Das Gericht hat dabei verkannt, dass im vorliegenden Fall der Geschädigte selbst den restlichen Schadensersatz eingeklagt hatte. Die vom Gericht zitierten Entscheidungen betreffen abgetretene Schadensersatzforderungen. Offenbar ist dem erkennenden Gericht auch die Bedeutung des § 249 Abs. 1 und Abs. 2 BGB nicht geläufig. So wird § 249 Abs. 2 BGB und die Naturalrestitution aus § 249 Abs. 1 BGB in einen Topf geworfen. Der BGH hat aber bereits entschieden, dass konkret und fiktiv nicht miteinander gemischt werden  können. Da es sich bei den berechneten Sachverständigenkosten um einen nach § 249 I BGB auszugleichenden Vermögensnachteil handelt, ist dieser über § 249 I BGB konkret abzuurteilen. Im Übrigen ist der vom Geschädigten zu Hilfe gezogene Sachverständige der Erfüllungsgehilfe des Schädigers zwecks Wiederherstellung des vor dem Unfall bestehenden Zustandes im Sinne des § 249 I BGB. Eventuelle Fehler des Erfüllungsgehilfen gehen zu Lasten des Schädigers. Wenn der Schädiger meint, sein Erfüllungsgehilfe habe bei der Wiederherstellung des vormaligen Zustandes Fehler zu seinen Lasten gemacht, so ist er nicht rechtlos, sondern kann den Vorteilsausgleich suchen (vgl. Imhof/Wortmann DS 2011, 149 ff.). Insoweit kann er bei dem Sachverständigen nach entsprechender Abtretung der Rückforderungsansprüche bzw. Bereicherungsansprüche Regress nehmen. Lest aber selbst das Urteil des AG Achern und gebt dann bitte Eure sachlichen Kommentare ab.

Viele Grüße
Willi Wacker

Aktenzeichen:
3 C 87/17

Amtsgericht Achern

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

1)   …
– Beklagte –

2)   Württembergische Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstandsvorsitzenden Norbert Heinen, Gutenbergstraße 30, 70176 Stuttgart
– Beklagte –

wegen Schadensersatzes

hat das Amtsgericht Achern durch die Richterin am Amtsgericht Dr. S.-H. am 25.07.2017 aufgrund des Sachstands vom 25.07.2017 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

1.         Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 87,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.04.2017 zu zahlen.

2.        Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.        Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

I. Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung restlicher Sachverständigenkosten in Höhe von 87,44 € aus §§ 7 Abs. 1, 17  StVG, 249 Abs. 2 BGB, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, 1 PflVG.

1. Der Kläger kann von den Beklagten anlässlich des Unfallereignisses am 11.03.2017 nach §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, 249 Abs. 2 BGB, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, 1 PflVG Ersatz restlicher Sachverständigenkosten in Höhe von 87,44 € verlangen.

a) Die alleinige Haftung der Beklagten dem Grunde nach folgt aus §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, 115 Abs. 1  Satz 1 Nr. 1 VVG, 1 PflVG.

Das Fahrzeug des Klägers wurde unstreitig durch einen vom Fahrer des bei der Beklagten Ziffer 2  haftpflichtversicherten Fahrzeugs allein verursachten Verkehrsunfall am 11.03.2017 in Achern beschädigt (§ 7 Abs. 1 StVG).

Die Beklagte Ziffer 1 haftet somit nach §§ 7 Abs. 1, 17 StVG für sämtliche Unfallschäden. Die Haftung der Beklagten Ziffer 2 als Haftpflichtversicherer folgt aus §§ 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, 1 PflVG. Unbestritten hat die Beklagte Ziffer 2 auf die Sachverständigenkosten Zahlungen in Höhe von insgesamt 397,46 € erbracht.

b) Als Rechtsfolge sind die Beklagten gem. §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, 249 BGB, §§ 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, 1 PflVG zum Ersatz des aus dem Unfallereignis entstandenen Schadens verpflichtet.

Hierbei haben sie dem Kläger gem. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die Kosten für die Beauftragung des Sachverständigenbüro … in Höhe von restlichen 87,44 € zu erstatten (sog. Naturalrestitution).

aa) Der Geschädigte, der nach einem Verkehrsunfall einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Unfall beschädigten Pkw beauftragen darf im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen. Als erforderlich sind hierbei diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog subjektbezogene Schadensbetrachtung). Verlangt ein Sachverständiger bei Vertragsabschluss Preise, die – für den Geschädigten erkennbar – deutlich überhöht sind, kann sich die Beauftragung dieses Sachverständigen als nicht erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erweisen (BGH NZV 2016, 420).

bb) Seiner ihn im Rahmen des § 249 BGB treffenden Darlegungslast genügt der Geschädigte hierbei regelmäßig durch Vorlage der Rechnung des mit der Begutachtung seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen (BGH NJW 2014, 3151 m. w. N.). Die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwands mit der Rechnung bildet dabei grds. ein Indiz für die Erforderlichkeit des Kostenaufwands und der zu Grunde liegenden Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt (BGH NJW 2014, 1947). Diese Indizwirkung setzt allerdings voraus, dass der Geschädigte einen Kostenaufwand hatte, mithin die Rechnung bezahlt hat (BGH NZV 2016, 420). Dies ist vorliegend ausweislich der mit K 3 vorgelegten Bestätigung des Sachverständigenbüros … der Fall. Das Bestreiten der Beklagten hiergegen ist unsubstantiiert. Ein Auswahlverschulden ist seitens der Beklagten nicht vorgetragen.

2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

II.  Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

III.  Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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Eine Antwort zu AG Achern verurteilt zwar die Württembergische Versicherung AG und deren Versicherte als Gesamtschuldner zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten mit Urteil vom 25.7.2017 – 3 C 87/17 -, allerdings überzeugt die Begründung nicht.

  1. SV Baden sagt:

    … und das Ganze dann auch noch von einer promovierten Juristin.

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