Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
zum Beginn der kurzen Karwoche stellen wir Euch hier und heute ein Urteil aus Rostock im Schadensersatzprozess um restliche Mietwagenkosten, zur Wertminderung und zu den Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall gegen die HUK-COBURG vor. In dem konkreten Fall war es die HUK 24 AG, die die berechtigten Schadensersatzansprüche kürzte – und damit im wesentlichen Schriffbruch erlitt. Zwar hat das erkennende Gericht die notwendigen Mietwagenkosten nach der Kombination aus den Werten des Schwacke-Mietspiegels und der Fraunhofer-Erhebung ermittelt, die der Geschädigte bei Abschluss des Mietvertrages kaum kannte und auch nicht kennen konnte, aber von diesen Ausführungen zu „Fracke“ einmal abgesehen, handelt es sich um eine durchweg positive Entscheidung gegen die HUK 24 AG, was sich auch daraus ergibt, dass diese die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Damit hat die HUK 24 AG ihren Versicherten wiederum keinen großen Gefallen getan, als sie die berechtigten Schadenspositionen eigenmächtig – und rechtswidrig – kürzte. Die Versichertengemeinschaft muss nun die rechtswidrigen Schadenskürzungen ihrer Kfz-Haftpflichtversicherung tragen. Das ist kein wirtschaftliches Verhalten der HUK 24 AG. Lest aber selbst das Urteil des AG Rostock und gebt dann bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße und eine schöne vorösterliche Woche.
Willi Wacker
Aktenzeichen:
48 C 5/18
Amtsgericht Rostock
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
HUK 24 AG, vertreten durch d. Vorstand, dieser vertreten durch die Vorstandsvorsitzenden Detlef Frank und Daniel Thomas, Bahnhofsplatz 1, 96440 Coburg,
– Beklagte –
hat das Amtsgericht Rostock durch den Richter am Amtsgericht W. am 10.01.2018 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 592,69 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.07.2016 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
I. Der dem Kläger in der Hauptsache zuerkannte Zahlungsanspruch steht diesem gegen die Beklagte als Anspruch auf weiteren Schadensersatz aus dem Verkehrsunfallereignis vom 15.02.2016 gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, §§ 1, 3 PflVG, § 115 VVG, §§ 823, 249 BGB zu.
1. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.
2. Die Einwendungen der Beklagten gegen die Höhe der Schadensberechnung greifen nicht durch:
a. Weitere Mietwagenkosten in Höhe von € 178,50
Entgegen der Ansicht der Beklagten verstieß der Kläger mit der Anmietung des Mietwagens für die Zeit der Reparatur vom 22.02. bis 04.03.2016 nicht gegen seine Schadensminderungspflicht. Auf Grund der erheblichen unfallbedingten Beschädigungen seines Pkw auch am Rahmen – wie diese aus dem Bildmaterial des Schadensgutachtens ersichtlich sind – musste sich der Kläger nicht auf die weitere Nutzung seines Fahrzeuges verweisen lassen. Die Mietwagenkosten sind auch nicht übersetzt. Die Rechnung liegt noch unterhalb derjenigen Werte die sich aus dem Mittelwert der entsprechenden Werte der Schwacke-Liste sowie der Fraunhofer-Liste ergeben. Dass im Rahmen der Schadensschätzung die Zugrundelegung der Mittelwerte der beiden Listen sachgerecht ist, entspricht jedoch der Rechtsprechung des Landgerichts Rostock als Berufungsgericht (vgl. Beschluss vom 29.11.2016, Az.: 1 S 6/16).
b. Weitere Sachverständigenkosten in Höhe von € 114,19:
Die Einwendungen der Beklagten gegen den Anspruch auf Ersatz restlicher Sachverständigenkosten sind unbegründet. Als Geschädigter genügt der Kläger seiner Darlegungslast durch Vorlage der Rechnung. Zu einem – in der Praxis zudem kaum durchführbaren – Vergleich der Sachverständigenpreise vor der Beauftragung bzw. zu einer Marktforschung war er nicht verpflichtet. Demgemäß sind dem Kläger gemäß den Grundsätzen des § 249 BGB die Aufwendungen zu erstatten, die er im Rahmen der Schadensbeseitigung für erforderlich halten durfte. Hierzu zählen die Sachverständigenkosten soweit diese nicht evident falsch also auch für den Geschädigten als Laien erkennbar übersetzt berechnet sind. Von Letzterem kann vorliegend jedoch schon deshalb keine Rede sein, weil die Beanstandungen der Beklagten in der Summe überhaupt nur etwa zehn Prozent des Rechnungsbetrages betreffen.
c. Weiterer Anspruch auf Ersatz der Wertminderung in Höhe von € 300,00
Gleiches gilt für den Anspruch auf Ersatz der unfallbedingt eingetretenen Wertminderung, die der Sachverständige auf € 1.800,00 und die Beklagte auf € 1.500,00 einschätzt. Die Wertminderung lässt sich in der Regel nicht exakt auf Euro und Cent berechnen, weil sie durch die individuellen Verhältnisse des Fahrzeuges (Laufleistung, Alter, Zustand) und die konkrete Art und das konkrete Ausmaß der Beschädigung unter Berücksichtigung der Marktlage bestimmt wird. Der entsprechende Betrag kann daher nur auf der Grundlage des § 287 ZPO geschätzt werden. Jedweder Schätzung sind jedoch Toleranzen immanent mit der Folge, dass die von einem Sachverständigen eingeschätzte Wertminderung nur dann als fehlerhaft angesehen werden kann, wenn die tatsächliche Minderung ersichtlich außerhalb der Schätztoleranz liegt. Ein solcher Sachverhalt lässt sich dem Vorbringen der Beklagten jedoch nicht entnehmen. Eine Abweichung um 1/6 (1.500,00 € statt 1.800,00 €) liegt im Fall der Bewertung der Wertminderung eines Kraftfahrzeuges durch einen erheblichen Unfallschaden ersichtlich innerhalb des Toleranzbereiches. Auf Grund der Erfahrung des Gerichts in Zusammenhang mit der Erhebung des Beweises durch Einholung von Sachverständigengutachten wäre dementsprechend lebensnah zu erwarten, dass vorliegend verschiedene Sachverständige zwar ähnliche, keineswegs aber identische Minderungsbeträge ermittelten und also ebenfalls zu einem Wert in oder um den Bereich von 1.500,00 € bis 1.800,00 € gelangten.
II. Die Verurteilung zur Zahlung der Nebenforderung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
IV. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO liegen nicht vor. Weder ist die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.
Interessant sind in diesem Urteil insbesondere die Überlegungen des Gerichts zur Höhe der Merkantilen Wertminderung, weil praxisorientiert ausgerichtet.
Kfz.-Sachverständigenbüro
zur Unfallschadendokumentation
+ Verkehrsunfallanalyse
Dip.-Ing. Harald R a s c h e
Bochum + Toppenstedt (Nord Heide)