Hallo verehrte Captain-Huk-Leserschaft,
von Bad Urach geht es weiter nach Neubrandenburg. Nachfolgend stellen wir Euch hier ein Urteil des AG Neubrandenburg zu den Sachverständigenkosten aus abgetretenem Recht im Schadensersatzprozess gegen die LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a.G. vor. Um es vorweg zu sagen; das Ergebnis ist zwar richtig, in der Begründung – unserer Meinung nach – jedoch fehlerhaft. So wird im Schadensersatzprozess die Üblichkeit geprüft und diese an den Honorarumfragen für die Angemessenheit der Sachverständigenhonorare und Nebenkosten. Zu allem Überfluss wird auch noch eine richterliche Schätzung nach § 287 ZPO vorgenommen. Der BGH hat im Schadensersatzprozess dem Gericht ausdrücklich eine Preiskontrolle untersagt, sofern der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen gewahrt hat. Das hat er, wenn er zur beweissichernden Feststellung seines Unfallschadens einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen hinzuzieht. Die von dem Sachverständigen berechneten Kosten bilden dann einen unmittelbar mit dem Unfallschaden verbundenen Vermögensnachteil, der nach § 249 I BGB auszugleichen ist (vgl. BGH VI ZR 67/06 Rn. 11 und 13). Trotzdem stellt dieses Urteil eines von den „besseren Urteilen“ dar, wenn man es mit den sonstigen kritisch zu betrachtenden Entscheidungen vergleicht, die zur Zeit abgeliefert werden. Lest aber selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab.
Viele Grüße
Willi Wacker
Aktenzeichen:
104 C 951/16
Amtsgericht Neubrandenburg
Im Namen des Volkes
Urteil
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
In dem Rechtsstreit
…
– Kläger –
gegen
LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a.G., vertreten durch den Vorstand, Kolde-Ring 21, 48151 Münster
– Beklagte –
hat das Amtsgericht Neubrandenburg durch den Richter am Amtsgericht M. am 02.02.2018 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an das Sachverständigenbüro … , einen Betrag in Höhe von 41,65 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.04.2016 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Die Klage ist zulässig.
Der seitens des Klägers vorgetragenen Abtretung und Geltendmachung der restlichen Gutachterkosten im Rahmen einer Prozessstandschaft ist der Beklagte nicht in ausreichendem Maße entgegengetreten.
Die Klage ist auch begründet.
Die Beklagte hat nach §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 BGB, 115 VVG die für die Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten und auch die angefallenen Gutachterkosten zu ersetzen.
Das Gericht sieht als übliche Vergütung und nach richterlicher Schätzung gemäß § 287 ZPO entsprechend der BVSK-Honorarbefragung 2015 in der Fassung von 2016 und den Grundsätzen der aktuellen BGH-Rechtsprechung die in der Rechnung des Sachverständigen … vom 02.02.2016 aufgeführten Positionen insgesamt als erstattungsfähig an. Es gelten vorliegend die Grundsätze der subjektbezogenen Schadensbetrachtung. Ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Preis und Leistung, welches der Kläger bei Auftragserteilung oder selbst bei Rechnungszugang hätte erkennen können, lag weder bei dem ihm in Rechnung gestellten Grundhonorar, noch bei den Nebenkosten vor. Diese liegen vielmehr in den Nebenkosten-Korridoren der VKS-BVK Honorarumfrage 2015 in der Fassung von 2016. Die Einwendungen des Klägers gemäß Schriftsatz vom 31.01.2018 führen zu keinem anderen Ergebnis. Nach der erfolgten vorgerichtlichen Zahlung der Beklagten waren somit auch ausgeurteilten verbleibenden Sachverständigenkosten zuzusprechen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO liegen nicht vor. Weder ist die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.
Hallo, Willi,
wenn auch nach deinem Kommentar die Entscheidungsgründe nicht so ganz nach Deinem Geschmack sind, so ist selbst danach das Ergebnis noch richtig. Herauszustellen ist aber in jedem Fall die Kürze des Urteils, die verdeutlicht, dass ein langatmiges Palaver mit den schadenersatzrechtlich nicht erheblichen Einwendungungen generell nicht veranlasst ist. Die Anmaßung von Gesetzgeberfunktionen mit Reduziertung von Nebenkosten auf 100,00 € nach den Vorstellungen der Beklagten ist jedoch nach wie vor beachtenswert. Unabhängig davon ist das jedoch nicht die beschränkte Sichtweise und Nichtrespektierung der Gesetze und des Grundgesetzes anderer Versicherungen. Da steht die LVM-Versicherung mit ihrer Auffassung einzig dar am Bischofssitz im frommen Münster. Diesen scheinbar christlichen Brüdern kann man jedoch nicht mehr über den Weg trauen und als Versicherung schon gar nicht empfehlen. Dass die Versicherungsvertreter deshalb darunter besonders zu leiden haben, darf man sich lebhaft vorstellen. Wie wär´s denn mal mit einer korrekten Schadenregulierung nach dem Gesetz? Das bringt ggf. sogar eine merkliche Rufaufbesserung in der Öffentlichkeit ein und die kann man dann auch in der Vorstandsetage hoch über den Dächern von Münster genießen und mit „einem aus dem Löffel“ sogar feiern, denn Mist wird in der Landwirtschaft schon genug produziert. Es ist nicht immer gut, all das auszuwalzen, was der GDV sich so vorstellt.
Padre Bernado
Nachdem der BGH die Befragung des BVSK und des VKS als geeignete Schätzgrundlagen erklärt hat und anschließend den BVSK als ungeeignet erklärt hat, so bleibt wohl nur noch der VKS oder es wird willkürlich. So auch hier „Diese liegen vielmehr in den Nebenkosten-Korridoren der VKS-BVK Honorarumfrage 2015 in der Fassung von 2016.„