Wie wir alle wissen, kürzen die Versicherer bei der fiktiven Abrechnung seit Jahrzehnten was das Zeug hält. Betroffen hiervon sind insbesondere die Lohnkosten, die Verbringungskosten, die UPE-Aufschläge und seit einigen Jahren auch die Kosten für die Beilackierung. Dem ist der BGH mit der folgenden Entscheidung nun deutlich entgegen getreten. In der Revision wurde durch den BGH ein Urteil des Landgerichts Aachen aufgehoben, bei dem das LG in der Berufung eines korrekten AG-Urteils die Beilackierung – zu Gunsten des Versicheres – versagt hatte. Argumentiert wurde bisher seitens der Versicherungswirtschaft, dass eine mögliche Lackangleichung nur vom Lackierer im Rahmen der konkret durchgeführten Reparatur festgestellt werden könne. Unterstützt wurden sie hierbei in den letzten Jahren tatkräftig von diversen „Dienstleistern“, die sich nicht zu schade waren, jeden Schadensmanagement-Mist „auftragsgemäß“ durchzuführen. Einige titulieren Unterstützungen dieser Art auch als „Beihilfe zum Betrug“.
Wie das mit der Lackierung am Ende in der Praxis durchgeführt werden soll, blieb dabei stets offen. Denn nach Fertigstellung einer Lackierung auf Kante ist es ja bereits zu spät für eine Lackangleichung. Deshalb wird von seriösen Lackier-Fachbetrieben bei der Lackierung von Metallic- oder Effektlacken stets gleich eine Beilackierung vorgenommen. Ansonsten kommt es in der Regel bei 9 von 10 Fällen zu optischen Unterschieden. Mehrfarbige Fahrzeuge interessiert die Versicherer logischerweise nicht – Hauptsache die Kasse stimmt. Interessant an dem Urteil ist auch wieder der Hinweis an das Landgericht zur Schätzungsspraxis auf Grundlage des § 287 ZPO.
Zitat: „Es würde Sinn und Zweck des § 287 ZPO, der dem von einer rechtswidrigen Handlung Betroffenen die Darlegung und den Nachweis seines Schadens erleichtern soll, zuwiderlaufen, wenn die Vorschrift dazu dienen könnte, dem Betroffenen einen Nachweis seines Schadens von vornherein abzuschneiden, der ihm nach allgemeinen Regeln offen stünde (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 19. März 2002 – XI ZR 183/01, NJW-RR 2002, 1072, 1073, juris Rn. 22; BVerfG, NJW 2010, 1870, 1871).“
Auch der Hinweis auf Art. 103 Abs. 1 GG – hier Verletzung des rechtlichen Gehörs – spricht für sich.
Hier nun die Entscheidung des BGH vom 17.09.2019:
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