Mit Urteil vom 08.04.2010 (25 C 139/10) hat das AG Essen die beteiligte Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 250,98 € zzgl. Zinsen verurteilt. Für das AG Essen gilt nach wie vor die Schwacke-Liste.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist auf Grundlage einer Schätzung des Gerichts teilweise begründet, § 287 ZPO.
Auch wenn der Kläger vorliegend die Rechnung der Autovermietungsfirma A. nicht bezahlt hat, wandelt sich sein Freistellungsanspruch gemäß den §§ 249 Abs. 2, 251, 250 S. 2 BGB in einen Zahlungsanspruch um, nachdem die Beklagte die Auffassung vertritt, einen Anspruch auf Zahlung von Mietwagenkosten über dem Betrag von 135 Euro hinaus bestehe nicht.
Der Kläger hat die Mietwagenkosten bislang noch nicht an die Autovermietung geleistet. Der dem Kläger zu ersetzende Schaden besteht damit in der Belastung mit einer Verbindlichkeit gegenüber der Autovermietung. Entsprechend steht dem Kläger gemäß § 249 BGB einen Anspruch auf Freistellung dieser Verbindlichkeit zu.
Der Freistellungsanspruch des Klägers ist aber gemäß § 250 S. 2 BGB in einen Zahlungsanspruch übergegangen. Die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung war im Streitfall entbehrlich, da die Beklagte die Leistung von Schadensersatz in Höhe der weiteren Mietwagenkosten ernsthaft und endgültig verweigert hat.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz von restlichen Mietwagenkosten in Höhe von 215,91 Euro gemäß den §§ 7 Abs. 1.18 StVG. 823. 249 ff. BGB. 115 VVG.
Mietwagenkosten sind grundsätzlich nur insoweit zu ersetzen, als dies tatsächlich zur Herstellung des Zustandes im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB „erforderlich ist“, der ohne die Schädigung bestehen würde. Zur Herstellung erforderlich sind nur solche Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Er ist dabei unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Rahmen des ihm Zumutbaren gehalten, von mehreren möglichen, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen (BGH NJW 2005, 135). Ausgangspunkt hierfür ist grundsätzlich der sogenannte „Normaltarif“, das heißt, der Tarif, der für sogenannte Selbstzahler Anwendung findet. Im vorliegenden Fall hält das Gericht der sogenannten Eurotax-Schwacke-Mietpreisliste 2006 für das PLZ-Gebiet 453 Fahrzeugklasse 1 für eine zutreffende Bemessungsgrundlage. Es kann den Normaltarif in Ausübung seines Ermessens gemäß § 287 ZPO auf dieser Grundlage schätzen (BGH NJW 2008, 1519, 2910). § 287 ZPO gibt die Art der Schätzungsgrundlage nicht vor. Es ist nicht die Aufgabe des Tatrichters, lediglich allgemein gehaltener Kritik gegen eine Schätzungsgrundlage nachzugehen, wie sie hier von der Beklagten vorgetragen wird. Die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Anwendung finden, bedarf nur dann einer eingehenden Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, das geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken. An solch konkreten Einwendungen fehlt es hier. Es reicht nicht, darzulegen, „Schwacke habe nicht auf die Ergebnisse von Marktuntersuchungen über die tatsächlich gezahlten Preise abgestellt, es habe sich um eine offene Befragung gehandelt“. Der Kläger hat auch nicht deswegen gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, weil er auf das Schreiben der Beklagten hin nicht die von Beklagtenseite angeführten Mietwagenunternehmen kontaktiert hat. Für das Gericht steht überhaupt nicht fest, dass es bei den von Beklagtenseite vorgegebenen Mietwagenunternehmen zu entsprechend günstigeren Tarifen gekommen wäre. Auf das Bestreiten des Klägers hin erfolgte keinerlei substantiierter Vortrag von Beklagtenseite, ebenso wenig wie ein Beweisantritt. Soweit der Kläger hier 5 Reparaturtage in Abweichung von der im Sachverständigengutachten geschätzten 3 Tage Reparaturdauer in Ansatz bringt, erachtet das Gericht die Dauer von 4 Tagen noch von dieser Schätzungsgrundlage gedeckt, eine Reparaturdauer von 5 Tagen (Abweichung von noch zusatzlich 66 % der ursprünglich in Ansatz gebrachten Dauer) ist nicht mehr pauschal vertretbar und bedarf einer entsprechend substantiierten Begründung, welche hier klägerseits nicht erfolgt ist. Insofern hat der Kläger darzulegen, warum die Reparatur entsprechend lange dauert und wie es dazu kam. Insofern folgt das Gericht der Rechnung des Klägers:
Grundmietpreis
1 x 3 Tage á 179 Euro = 179,00 Euro
1 x á 61 Euro = 61,00 Euro
Zwischensumme = 240,00 Euro
Abzüglich 16 % MwSt = 36,40 Euro
Zwischensumme = 201,60 Euro
Abzüglich 10 % Eigenersparnis = 20,16 Euro
Zwischensumme = 181,44 Euro
Zuzüglich 19 % MwSt = 34,47 Euro
Zwischensumme = 215,91 Euro
Zusatzleistungen (inkl. 19 % MwSt)
Zuzüglich Haftungsbefreiung
1 x 3 Tage á 53,34 Euro = 53,34 Euro
1 x á 17,43 Euro = 17,43 Euro
Zustellung/Abholung = 51,30 Euro
Summe = 337,98 Euro.
Die Erhöhung des Normaltarifs um 20 % hält das Gericht für angemessen. Die Erhöhung deckt die unfallbedingten und -typischen Mehrkosten des Mietwagenunternehmens, wie die Vorleistung, keine Kreditkartensicherheit, Erledigung schriftlicher Formalitäten und Ähnliches ausreichend ab. Der Geschädigte muss dabei nicht die betriebswirtschaftliche Kalkulation des konkreten Vermieters nachvollziehen, vielmehr darf sich seine Prüfung darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein, beziehungsweise bei Unternehmen dieser Art den Mehrpreis rechtfertigen. Bei der Beurteilung des Wirtschaftlichkeitsgebots bei Inanspruchnahme eines Unfallersatztarifs ist eine generelle Betrachtung geboten und nicht auf den Einzelfall abzustellen. Daher ist auf den oben nach der Schwacke-Liste errechneten Betrag noch ein Betrag von 48 Euro (20 % aus 240 Euro) aufzuschlagen, sodass sich ein Gesamtbetrag von 385,98 Euro ergibt, auf den die Beklagte bereits 135 Euro gezahlt hat. Es ergibt sich somit ein Betrag in Höhe von 250,98 Euro.
Die Zinsforderung beruht auf den §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.