Seit der Porsche-Entscheidung lassen die Haftpflichtversicherer dieses Thema nicht zur Ruhe kommen.
Die Porsche-Entscheidung des BGH lässt aus Sicht der Haftpflichtversicherer Interpretationsspielräume zu, die die Haftpflichtversicherer zu Fehlinterpretationsanweisungen gerade zu inspirieren.
Zu diesem Thema ist bereits viel geschrieben worden und in diesem Blog gibt es eine stattliche Fülle von Gerichtsentscheidungen, die den Geschädigten Recht gegeben haben.
Dabei ist die Lösung auf den Punkt gebracht denkbar einfach. Merksatz: „Das deutsche Schadensrecht macht keinen Unterschied zwischen fiktiver und konkreter Naturalrestitution, außer bei der Mehrwertsteuer, die seit dem 01.08.2002 gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB nur noch dann zum Schaden gehört, wenn sie konkret angefallen ist.“
Alle anderen Schadenspositionen sind für den Fall fiktiver und konkreter Abrechnung gleich zu behandeln, weil ansonsten die Dispositionsfreiheit des Geschädigten, zwischen beiden Abrechnungsmöglichkeiten zu wählen, unzulässig eingeschränkt wird.
Einen neuen beachtenswerten Aufsatz hat nunmehr Herr Richter am AG, Herr Dr. Frank Zschieschack, aus Hannover in der NZV 7/2008, Seite 326 ff., veröffentlicht. Herr Dr. Zschieschack ist Richter am AG Hannover und Lehrbeauftragter an der Leipzig-Universität.
Am Ende seiner überzeugenden Ausführungen kommt Herr Dr. Zschieschack zu folgender Zusammenfassung:
1. Trotz aller Bestrebungen der Versicherer bleibt festzuhalten, dass der Geschädigte eines Verkehrsunfalles bei der Abrechnung seines Fahrzeugschadens die Reparaturkosten zugrunde legen kann, die in einer markengebundenen Fachwerkstatt entstehen.
2. Dabei spielt es keine Rolle, ob oder in welchem Umfang der Geschädigte sein Fahrzeug reparieren lässt.
3. Lediglich wenn die Versicherung dem Geschädigten rechtzeitig eine günstigere, ohne besondere Anstrengung erreichbare, markengebundene Fachwerkstatt benennt muss der Geschädigte dieses Angebot annehmen.
Dabei ist die Formulierung in diesem letzten Satz der Zusammenfassung meiner Meinung nach missverständlich. Das hätte man besser auf den Punkt bringen können.
Der Geschädigte ist nicht verpflichtet, ein solches Angebot anzunehmen, sondern es geht um den Geschädigten, der fiktiv abrechnen möchte, also um einen Geschädigten, der gar nicht reparieren lassen will. Es geht daher nicht um die Annahme von günstigeren Reparaturangeboten sondern darum, in welcher Höhe die Reparaturkosten tatsächlich objektiv erforderlich sind.
Wenn es im Bereich des Geschädigten, was wohl äußerst selten vorkommen dürfte, 2 markengebundene Fachwerkstätten gibt, die unterschiedliche Lohnkosten verrechnen und der Versicherer das aufzeigt und nachweist, dann, aber auch nur dann muss sich der Fiktivabrechner auf diese günstigeren Sätze der anderen Markenvertragswerkstatt verweisen lassen und eine entsprechende Kürzung seiner Fiktivabrechnung hinnehmen.
Ansonsten aber ist der Aufsatz von Herrn Dr. Zschieschack trefflich begründet, sauber aufgearbeitet und in jeder Beziehung nachvollziehbar und vertretbar.
Mitgeteilt von Peter Pan im August 2008
Hi Peter,
ein prima Bericht, der von Ihnen hier eingestellt wurde, und der auf die bemerkenswerte Abhandlung von Zschieschack verweist. Grundsätzlich gibt es keinen Unterschied zwischen konkreter und fiktiver Schadensabrechnung ( mit Ausnahme der MWSt.). Dies hat der BGH immer wieder betont, in dem er dauauf hingewiesen hat, dass der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache ERFORDERLICHEN Geldbetrag zu zahlen hat. Dabei hat er den Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung ERFORDERLICHEN Geldbetrages zu befriedigen und nicht etwa vom Geschädigten bezahlte Rechnungsbeträge zu erstatten ( vgl. nur BGH NJW 2007, 1450 ff.). Das deutsche Schadensersatzrecht ist mithin kein Reparaturkostenerstattungsrecht! Was für die Wiederherstellung des beschädigten Fahrzeuges erforderlich ist, ist dem Gutachten des qualifizierten Sachverständigen zu entnehmen. Ein Verweis auf eine andere markengebundene Fachwerkstatt wird in der Regel nicht erfolgen können, da der SV aus der Kenntnis der regionalen Werkstäätten deren Preise kennt und diese in seinem Gutachten berücksichtigt.
Einem Verweis auf eine andere freie Werkstatt muss der Geschädigte nicht folgen. Dies ergibt sich aus dem sog. Porscheurteil des BGH. Auf keinen Fall darf dem Geschädigten aufgezwungen werden bei der preisgünstigeren Werkstatt reparieren zu lassen, denn der Geschädigte ist nach wie vor „Herr des Wiederherstellungsgeschehens“. Er hat die Dispositionsfreiheit, zu entscheiden, wie, wo, wann und ob repariert wird.
Ansonsten gebe ich Ihnen vollkommen Recht.
MfG
Willi Wacker
@Peter Pan…wobei mit den günstigeren Werkstätten sich noch die Frage stellt, ob diese Preise aus der „normalen“ oder aus der „Schadensmanagementskalkulation“ stammen…oder seh ich das falsch…?
Gruss Buschtrommler
Es ist so einfach, wenn es denn auch nur ALLE Richter „fressen“ würden.