Mit Entscheidung vom 19.05.2010 (345 C 8750/10) wurde die HUK Coburg Allgemeine Versicherungs AG durch das Amtsgericht München zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorares verurteilt. Das Gericht orientiert sich im Rahmen des § 287 ZPO an der BVSK-Honorarbefragung 2005/2006 und lehnt eine „Preiserhebung, welche von der Versicherungswirtschaft in Auftrag gegeben wurde“ (= BVSK-HUK-Gesprächsergebnis) ab. Des weiteren wurden vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zugesprochen.
Das Urteil wurde uns freundlicherweise durch Herrn Rechtsanwalt Marcus Kaiser, 68199 Mannheim, zur Verfügung gestellt.
Aus den Gründen:
I. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, an den Kläger EUR 117,13 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 12.1.2010 zuzüglich EUR 39,00 vorgerichtliche Kosten und EUR 2,56 Vordruckkosten zu bezahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagtenpartei.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert wird auf EUR 117,13 festgesetzt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klagepartei hat auch hinsichtlich der hier geltend gemachten Sachverständigenkosten gemäß § 249 BGB einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht. Das Sachverständigengutachten dient der Ermittlung des Schadensumfangs. Die Kosten hierfür hat der Ersatzpflichtige als Sachfolgeschaden gem. § 249 II 1 BGB zu tragen. Durch das Sachverständigengutachten wird der Geschädigte häufig erst in die Lage versetzt, zu entscheiden, welche konkrete Schadensabrechnungsart er wählen will. Darüber hinaus dient das Gutachten auch der Beweissicherung. Dies gilt auch in der vollen Höhe von EUR 117,13.
Nachdem die Beklagte vorprozessual EUR 402,00 bezahlt hat, besteht noch ein weiterer Restanspruch in Höhe der Klageforderung. Eine mögliche Bagatellschadensgrenze ist bei Reparaturkosten über EUR 700,00 jedenfalls überschritten (s. BGH NJW 2007 S. 1450). Ob diese existiert kann hier offen bleiben (LG Nürnberg-Fürth NZV 2009, S. 244). Die Reparaturkostenhöhe ergab sich rechnerisch aus dem Beklagtenvorbringen vom 11.5.2010.
Ein in Relation zur Schadenshöhe berechnetes Sachverständigenhonorar kann grundsätzlich als erforderlicher Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 II 1 BGB verlangt werden (BGH NJW 2007, 1450). Allein dadurch, dass ein Sachverständiger eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornimmt, überschreitet er die Grenzen zulässiger Preisgestaltung grundsätzlich nicht (BGH NJW 2006, 2472) . Zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Markts, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen, ist ein Geschädigter grundsätzlich nicht verpflichtet (BGH NJW 2007, 1450; OLG Nürnberg SP 2002, 358 = VRS 103 [2002] 321 = OLGR 2002, 471 = NVwZ-RR 2002, 711) .
Es ist für das Gericht kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ersichtlich. Der in Rechnung gestellte Betrag bietet nicht von vornherein Anlass dafür diesen als überhöht und ungerechtfertigt anzusehen. Die Rechtsbeziehung zwischen Geschädigtem und Sachverständigem unterliegt dem Werksvertragsrecht, der Sachverständige ist nicht Erfüllungsgehilfe, dessen etwaiges Verschulden sich der Auftraggeber anrechnen lassen müsste.
Die hier geltend gemachte Höhe der Sachverständigenkosten ist nicht unangemessen hoch. Nach der Honorarbefragung des BVSK 2005/2006 ist die hier geltend gemachte Summe nicht wesentlich über der dort aufgeführten Spanne, so dass sie als üblich anzusehen ist. Dabei ist das Gericht gemäß § 287 ZPO vorgegangen. Auch ist die allgemeine Preissteigerung seit 2006 zu berücksichtigen.
Auch insoweit verweist das Gericht auf die nunmehr herrschende Rechtsprechung, dass auch die Schadenshöhe als Berechnungsgrundlage für die Sachverständigenkosten anzunehmen ist. Dies umsomehr, nachdem es immer noch keine Honorarverordnung für die Sachverständigen im Kfz-Gewerbe gibt (LG Hamburg Urteil vom 23.07.2007 – 331 S 15/07; LG Leipzig Urteil vom 20.07.2007 – 9 0 354/07). Das Gericht orientierte sich nicht an der von der Beklagten mit Schreiben vom 11.5.2010 vorgelegten „Parteierhebung“. Es erscheint dem Gericht nicht gerechtfertigt einer Preiserhebung, welche von der Versicherungswirtschaft in Auftrag gegeben wurde den Vorrang zu geben.
Auch hinsichtlich der geltend gemachten Nebenkosten ist die Üblichkeit nicht überschritten, so dass die Gesamtrechnung des Sachverständigen, wie sie die Klagepartei hier vorgelegt hat, als angemessene Sachverständigenvergütung nicht zu beanstanden ist.
Die Klage war daher in Höhe des noch nicht bezahlten Restbetrages von EUR 117,13 begründet.
Zinsen: § 286, 288 BGB, ein Verzug wurde erst mit Mahnung vom 12.1.2010 dargelegt.
Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren berechnen sich aus dem Gegenstandswert in Höhe von 117,13 €. Bei Ansatz einer 1,3 Gebühr zuzüglich Nebenkostenpauschale errechnen sich Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 39 €. Diese stellen ebenfalls einen ersatzfähigen Schaden der Klagepartei dar. Die weiteren Mahnkosten waren nicht hinreichend dargelegt, diese Nebenforderung wurde nicht zugesprochen.
Kosten: § 91 ZPO
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 713 ZPO
Streitwertfestsetzung: § 3 ZPO.
Hallo Hans Dampf,
endlich mal ein Richter, der verstanden hat, dass Sondervereinbarungen mit der Versicherung kein Maßstab sind. Der Geschädigte muss sich auf Preise, die auf Sondervereinbarungen beruhen, nicht verweisen lassen (vgl. BGH Urt. vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09 -). Also die gesamten Tabellen des BVSK, die auf Sondervereinbarungen mit der Versicherung / den Versicherungen beruhen, in den Eimer. Da gehören sie auch hin. Das Urteil des AG München ist bereits das dritte in der Reihe der Urteile, die eine Orientierung an der BVSK-Tabelle ablehnen. Ist das der Anfang vom Ende?
Mit freundlichen Grüßen
Dein Willi