Mit dem nachstehend aufgeführten Urteil des Amtsgerichtes Augsburg vom 8.1.2008 – 71 C 3079/07 – hat dieses die Beklagte verurteilt, die von ihr gekürzten Positionen Stundenverrechnungssätze, Sachverständigenkosten und Kosten des Nachtragsgutachtens zu zahlen. Die sämtlichen vorgebrachten Kürzungsgründe der Beklagten waren unbegründet. Eine bittere Niederlage für die Beklagte.
Nachfolgend das – zugegebenermaßen schon etwas ältere – Urteil aus Augsburg, das hinsichtlich der Sachverständigenkosten und der Kosten für das Nachtragsgutachten aber immer noch aktuell ist.
AG Augsburg Az.: 71 C 3079/07
vom 08.01.2008
Endurteil:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 675,02 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 16.4.2007 zu bezahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klagepartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Die Beklagte hat am 6.2.2007 in Augsburg einen Verkehrsunfall verursacht, bei welchem der PKW des Kläger beschädigt wurde. Die 100 %-tige Eintrittspflicht der Beklagten ist unstreitig.
Die Beklagte hat die Schadensansprüche des Klägers nur teilweise reguliert.
Bei den Reparaturkosten wurde ein Betrag von EUR 247,68 nicht bezahlt, bei den Gutachterkosten ein solcher von EUR 301,74 für das Erstgutachten und EUR 125,60 für ein Nachtragsgutachten, in dem der Sachverständige auf Einwendungen der Beklagten einzugehen hatte.
Dies ergibt den Klagebetrag von EUR 675,02.
Der Kläger trägt vor, die vorgenommenen Kürzungen seien nicht berechtigt.
Der Kläger stellt den in den Urteilstenor eingegangenen Klageantrag.
Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung.
Sie macht geltend, bei den Reparaturkosten sein ein überhöhter Stundensatz zugrundegelegt worden. Die Gutachterkosten seien ebenfalls überhöht und die Kosten des Nachtragsgutachtens seien nicht erstattungsfähig, weil der Sachverständige die vertragliche Nebenpflicht gehabt habe, dem Kläger entsprechende Unterstützung zukommen zu lassen.
Wegen der Einzelheiten wird auf das Parteivorbringen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist begründet.
Der Sachverständige hat bei der Kalkulation der Reparaturkosten die Stundensätze einer markengebundenen Fachwerkstätte (sogenannte Vertragswerkstatt) angesetzt.
Die Beklagtenpartei meint, der Kläger könne nur den Stundensatz verlangen, welcher durchschnittlich in Fachwerkstätten angesetzt werde. Diesem Argument ist nicht beizupflichten. Auch bei abstrakter Schadensabrechnung kann der Geschädigte bei der Ermittlung der Reparaturkosten die Stundensätze ansetzen und braucht sich nicht auf den Durchschnittsbeitrag von Fachwerkstätten verweisen zu lassen (Palandt, Rn. 14 zu § 249 BGB unter Bezug auf BGH NJW 2003, 2086 – Porsche-Urteil).
Auch die Sachverständigenkosten sind zu ersetzen. Der Geschädigte kann Ersatz der Sachverständigenkosten auch dann verlangen, wann diese überhöht sind (Palandt, Rn. 40 zu § 249 BGB). Im Falle einer überhöhten Gutachterrechnung kann der Geschädigte den Schädiger darauf verweisen, sich selbst mit dem Sachverständigen wegen der behaupteten Überhöhung der Gutachterkosten auseinander zusetzen. Ob der Schädiger hierzu bereits deshalb aktivlegitimiert ist, weil Sachverständigenvertrag insoweit eine Schutzwirkung zu Gunsten des Schädigers enthält, oder ob dazu der Geschädigte dem Schädiger etwaige Ansprüche gegen den Sachverständigen abtreten muss, kann hier dahinstehen, weil ein solcher Abtretungsanspruch im Prozess jedenfalls nicht geltend gemacht worden ist.
Auch die Kosten des Nachtragsgutachtens sind zu erstatten. Die Erstattung eines solchen Nachtragsgutachtens ist keine vertragliche Nebenpflicht, sondern ist vertragliche Hauptpflicht, wenn der Sachverständige einen dementsprechenden Auftrag erhält. Er muss dann auch nicht kostenlos arbeiten. Ob das Nachtragsgutachten, wie die Beklagte meint, unbrauchbar gewesen sei, kann ebenfalls dahinstehen. Denn selbst die Unbrauchbarkeit des Gutachtens entledigt den Schädiger nicht, den Geschädigten von den Gutachterkosten freizustellen. Gegebenenfalls hat sich der Geschädigte selbst mit dem Sachverständigen auseinander zu setzen und sich gegebenenfalls etwaige Rechte des Schädigers abtreten zu lassen. Es gilt hier das Gleiche, was unter dem Gesichtspunkt der überhöhten Gutachterkosten ausgeführt wurde.
Die Klage ist daher insgesamt begründet.
Es handelt sich um ein ordentlich begründetes Urteil, das auf alle Einwendungen der Beklagten eingeht. Sämtliche von der Beklagten vorgebrachte Einwendungen gegen das – berechtigte – Klagevorbringen waren unbegründet.