Der Amtsrichter der 63. Zivilabteilung des AG Bochum hat mit Urteil vom 16.09.2008 (63 C 140/08) die HUK-Coburg Allg. Vers. AG verurteilt, an den Kläger 119,72 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist in vollem Umfange begründet. Der Kläger ist Kfz-Sachverständiger. Er hat gegen die Beklagte aus dem Verkehrsunfall vom 02.11.2007 aus abgetretenem Recht des Geschädigten … einen Anspruch auf Zahlung restlicher Sachverständigenkosten in Höhe von 119,72 €. Die alleinige Haftung der Beklagten ist außer Streit. Es ist auch unstreitig geworden, dass der Zedent Eigentümer des verunfallten Fahrzeugs war mit der Folge, dass er Inhaber des abgetretenen Anspruches war. Die Abtretung vom 03.11.2007 an Erfüllungs Statt war auch nicht wegen Verstoßes gegen Artikel 1 des RBerG, das inzwischen außer Kraft getreten ist, gemäß § 134 BGB nichtig. Weil die Forderung an Erfüllungs Statt abgetreten worden ist, besorgt der Kläger keine fremde, sondern eine eigene Angelegenheit.
Durch die Abtretung an Erfüllungs Statt ist die Forderung des Klägers gegen den Zedenten erloschen und das vom Kläger übernommene Einziehungsrisiko hat auf das Erlöschen der Schuld des Zedenten keinen Einfluss. Bei der Prüfung der Frage, ob eine Forderung auf Zahlung von Sachverständigenkosten begründet ist, ist danach zu unterscheiden, ob es sich um die Werklohnforderung des Sachverständigen aus §§ 631, 632 BGB gegen seinen Auftraggeber oder um Schadensersatzforderung des Geschädigten gegen den Schädiger handelt. Für ersteren Fall hat der BGH (NJW 2006, 2472) entschieden, dass in erster Linie eine getroffene Vergütungsabrede und, falls eine solche nicht getroffen worden ist, eine eventuell vorliegende Taxe oder die übliche Vergütung maßgeblich sind. Nur hilfsweise kann der Sachverständige auf die Vorschriften der §§ 215, 316 BGB zurückgreifen. Für die Schadensersatzforderung hat der BGH (NJW 2007, 1450) demgegenüber entschieden, dass die Kosten im Falle der berechtigten Einholung eines Gutachtens dann zu erstatten sind, wenn der Geschädigte bei der Einholung des Gutachtens den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen gewahrt hat. Ist dies der Fall, sind weder der Schädiger noch das Gericht dazu berechtigt, im Schadensersatzprozess eine Preiskontrolle durchzuführen. Hieraus folgt, dass es durchaus einen Unterschied machen kann, ob der Sachverständige gegen seinen Auftraggeber den Werklohn einklagt, oder ob der Geschädigte vom Schädiger wegen der entstandenen Sachverständigenkosten Schadensersatz verlangt. Die Höhe der berechtigten Forderung muss in beiden Fällen nicht identisch sein. Vielmehr kann die Schadensersatzforderung höher sein als der vom Geschädigten dem Sachverständigen gemäß § 632 BGB geschuldete Werklohn. Ob dem Geschädigten gegenüber dem Sachverständigen Ansprüche im Zusammenhang mit dessen Preisgestaltung zustehen, die er der Forderung des Sachverständigen auf Zahlung des Werklohns entgegen halten könnte, spielt im Verhältnis zum Schädiger angesichts der Regelung in § 249 Absatz 2 Satz 1 BGB keine Rolle. Hierauf hat auch der BGH in seiner Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten hingewiesen (BGH NJW 2005, 1043; BGH VersR 2007, 1577). Der Umstand, dass der Schadensersatzanspruch aufgrund der Abtretung vorliegend vom Sachverständigen, dem auch die Werklohnforderung zustand, geltend gemacht wird, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn Gegenstand der Abtretung ist der Schadensersatzanspruch und nicht der dem Kläger gegen den Geschädigten zustehende Werklohnanspruch, so dass auch für den Anspruch aus abgetretenem Recht lediglich entscheidend ist, ob dem Geschädigten ein entsprechender Anspruch gegen die Beklagte zustand (vgl. OLG Naumburg, NJW — RR 2006, 1029). Einwendungen aus dem Werkvertrag zwischen dem Kläger und dem Geschädigten könnte die Beklagte nur aufgrund einer Abtretung entsprechend § 255 BGB geltend machen (OLG Naumburg a.a.O.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008, I-1 U 246/07-, LG Saarbrücken, Urteil vom 29.08.2008, -13 S 108/08-, beide zitiert nach juris). Eine solche Abtretung hat die Beklagte jedoch nicht behauptet. Das Gericht sieht nicht, auf welcher Rechtsgrundlage die Beklagte dazu berechtigt sein sollte, Einwendungen gegen die Höhe der Werklohnforderung ohne eine solche Abtretung geltend zu machen. Danach hängt die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits allein davon ab, ob der Zedent sich bei der Einholung des Gutachtens im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen gehalten hat. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Vergütung des Sachverständigen den üblichen Werklohn im Sinne von § 632 Absatz 2 BGB, wie die Beklagte behauptet, um knapp 25 % überschreiten sollte. Denn auch dann könnte von einer derartigen Überteuerung, dass das Maß des nach § 249 Absatz 2 Satz 1 6GB Erforderlichen überschritten ist, noch nicht die Rede sein. Gemessen an dem festgestellten Wiederbeschaffungswert von 3.700,00 € entspricht das berechnete Sachverständigenhonorar einem Anteil von ca. 16,4 %. Dieser Anteil ist relativ hoch, nicht aber so hoch, dass der durch den Begriff der Erforderlichkeit abgesteckte Rahmen verlassen wäre. Für die Frage, ob der Geschädigte sich bei der Einholung des Gutachtens im Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen gehalten hat, ist im maßgeblich, ob er unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten in vorwerfbarer Weise überhöhte Sachverständigenkosten verursacht hat. Einwendungen gegen die Höhe der Sachverständigenkosten können ihm gegenüber nur erhoben werden, wenn ihn ein Auswahlverschulden trifft oder die Überhöhung derart evident ist, dass von ihm eine Beanstandung verlangt werden muss (OLG Düsseldorf a.a.O.). Dafür liegen aber keine Anhaltspunkte vor. Anders als bei der Inanspruchnahme des Mietfahrzeugs ist es einem Geschädigten im vorhinein praktisch kaum möglich, Preisvergleiche zwischen verschiedenen Sachverständigen anzustellen. Die Höhe der Sachverständigenvergütung hängt von der Höhe des Fahrzeugschadens ab und wird ebenso wie letzterer vom Sachverständigen erst nach der Begutachtung beziffert. Insbesondere ist es dem Geschädigten auch nicht zuzumuten, es auf einen Rechtsstreit mit dem Sachverständigen über die Höhe der Vergütung ankommen zu lassen. Es ist grundsätzlich allein Sache des Haftpflichtversicherers, sich mit dem Sachverständigen wegen dessen Rechnungsforderung auseinander zu setzen (OLG Düsseldorf a.a.O.). Nach alledem war der Klage in vollem Umfange stattzugeben. Gemäß § 511 Abs. 4 ZPO war die Berufung nicht zuzulassen, weil die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen nicht vorliegen.
So das überzeugende Urteil der 63. Zivilabteilung des Amtsgerichtes Bochum.
Hi Willi,
wieder einmal – oder schon wieder – hat ein Sachverständiger aus dem Kohlenpott aus abgetretenen Recht erfolgreich gegen die HUK-Coburg gekämpft. Mittlerweile dürfte das Ruhrgebiet (tief im Westen nach Grönemeyer) kein gutes Pflaster mehr für die besagte Firma sein. Weiter so, damit Region nach Region für die Cobolde fällt.
Siegfr. Sturm
Wo gibt es denn noch ein gutes Pflaster für die HUK?
Wenn man die Urteilsliste betrachtet, sind die meisten Regionen doch schon lange gefallen!
Hi Hunter, im Fernehen – da ist alles Gold was glänzt.
Ein bessere Möglichkeit, den Widerspruch zwischen Werbung und Wirklichkeit darzustellen, gibt es nicht.
Da können wir nur hoffen, dass Frau Merkel halbwegs das hält, was sie uns die ganze Woche versprochen hat.
Allen ein so sonniges Wochenende, wie wir es gerade haben, wünscht Virus