Mit Urteil vom 16.07.2010 (11 C 84/10) hat das AG Kempen die AachenMünchener Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 796,71 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht spricht sich für die Anwendung der Schwacke-Liste aus und lehnt die Fraunhofer Tabelle unter Verweis auf die obergerichtliche Rechtsprechung ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist gemäß § 115 VVG i. V. m. § 1 PflVG und § 7 Abs. 1 StVG i. V. m. § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB begründet.
Die Beklagte ist verpflichtet, die restlichen Mietwagenkosten an die Klägerin zu bezahlen.
Unstreitig trifft die Beklagte die Haftung für den der Klägerin entstandenen Schaden. Dabei ist die Geschädigte verpflichtet gewesen, bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges das Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 254 BGB zu beachten. Sie war gehalten, im Rahmen des Zumutbaren von mehreren möglichen der wirtschaftlicheren Weg zu wählen. Dies bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass sie von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – und nicht nur vom Unfallgeschädigten -erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann.
Die hier zumutbare Marktforschung hat die Klägerin nicht betrieben. Der ihr entstandene Schaden ist deshalb gemäß § 287 ZPO zu schätzen.
Dabei wendet das Gericht den Schwacke-Automietpreisspiegel im Postleitzahlengebiet des Geschädigten an. Hieraus ergibt sich, dass jedenfalls die von der Klägerin geltend gemachten Kosten ortsüblicherweise aufzuwenden gewesen wären.
Die Schwackeliste hat das Gericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Landgerichts Krefeld (3 S 22/09) und einem gewichtigen Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung als Schätzungsgrundlage ausgewählt (zuletzt BGH in DAR 2010, 324 ff.). Soweit die Beklagte der Auffassung ist, der Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 sei keine taugliche Bemessungsgrundlage für den Normaltarif, sondern es sei auf den Marktspiegel Mietwagen Deutschland des Fraunhofer Institutes abzustellen, kann dem nicht gefolgt werden.
Die Art der Schätzungsgrundlage für die Ermittlungen des Normaltanfes gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgestellt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann der Schwacke-Mietpreisspiegel im Postleitzahlgengebiet des Geschädigten angewendet werden, solange nicht konkrete Tatsachen und Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage aufzeigen, die sich auf den entscheidenden Fall auswirken.
Letzteres geschieht nicht durch Verweis auf die Studie des Fraunhofer Institutes.
Nach Auffassung des Gerichts ist diese Studie nicht geeigneter als die Erhebung nach Schwacke. Die Erhebung erfolgt in einem räumlich wesentlich weitläufigeren Postleitzahlengebiet. Es ist gerichtsbekannt, dass vornehmlich in Ballungsgebieten, in denen neben Städten auch ländlichere Regionen vorhanden sind, welche der Postleitzahl die beiden ersten Ziffern gemeinsam haben, ein starkes Gefälle der jeweiligen Mietpreise herrscht. Dies führt zu einer Verfälschung der Durchschnittswerte. Außerdem sind Daten über Internet erhoben worden, wobei sich außerdem (teilweise) Abschläge aufgrund einer notwendigen Vorbuchzeit finden. Auch hierdurch sind Verzerrungen gegeben. Der Geschädigte ist regelmäßig auf den jeweiligen Vor-Ort-Tarif angewiesen, welcher bereits unter dem Gesichtspunkt der Planbarkeit für das vermietete Unternehmen gegenüber einem Internettarif erhöht ist. Diese Überlegungen haben in der jüngeren Rechtsprechung teilweise sogar dazu geführt, dass die Gerichte dazu übergegangen sind, einen Mittelwert zwischen dem Fraunhofer Mietpreisspiegel und der Schwackeliste zur Bestimmung des Normaltarifes zu ermitteln.
Zu einer derartigen Maßnahme sieht das Gericht im vorliegenden Fall jedoch keinen Anlass, solange der Bundesgerichtshof (s. o.) die Schwackestudie als Schätzungsgrundlage anerkennt.
Dies führt zur antragsgemäßen Verurteilung.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 11, 711, 91 ZPO.
Soweit das AG Kempen.