Das Amtsgericht Saarlouis hat auch bei behauptetem unbrauchbarem Gutachten dem Geschädigten Schadensersatzanspruch bezüglich der angefallenen Sachverständigenkosten zugesprochen. Das Amtsgericht Saarlouis hat mit Urteil vom 17.09.2008 (24 C 414/07) die Allianz Versicherungs AG verurteilt, an den Kläger 667,17 € zzgl. Zinsen zu zahlen sowie weitere 21,12 € nebst Zinsen. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Beklagte.
Aus den Gründen:
Der Kläger begehrt Schadensersatz aus dem Verkehrsunfall vom 04.07.2006 in Saarlouis. Die Beklagte hat für den Unfall als Haftpflichtversicherer des unfallverursachenden Fahrzeuges vollständig einzustehen. Nach dem Unfall ließ der Kläger durch das SV-Büro R. ein Gutachten erstellen. Dieses kam zu dem Ergebnis, das Reparaturkosten in Höhe von 3.188,14 € brutto bzw. 2.748,40 € netto anfallen werden. In dem Gutachten gab der Sachverständige zum Punkt reparierte Vorschäden bzw. vorhandene Altschäden dem Vorspann auf Seite 2 des Gutachtens an: „keine feststellbar/keine genannt“.
Auf Seite 5 des Gutachtens heißt es, dass am Fahrzeug keinerlei Vorschäden feststellbar waren. Hinsichtlich des Punktes Altschäden heißt es in dem Gutachten, an dem auf Seite 2 näher bezeichneten Fahrzeuges wären keine Altschäden erkennbar. Der Sachverständige liquidiert seine Leistung mit einem Betrag von 667,17 €. Die Beklagte ersetzte einen Teil der Reparaturkosten und verweigerte die Zahlung der Sachverständigenkosten mit dem Hinweis, dass dieses unbrauchbar sei. Die Beklagte hatte insoweit einen eigenen Sachverständigen zur Besichtigung des Fahrzeuges beauftragt. Im Endeffekt zahlte die Beklagte an den Kläger einen Regulierungsbetrag in Höhe von 1.705,27 € (Reparaturkosten 1.480,27 €, Wertminderung 200,00 €, allgemeine Kostenpauschale 25,00 €). Die Sachverständigenkosten zahlte sie nicht. Der Kläger begehrt die Erstattung der Sachverständigenkosten sowie des nicht anrechenbaren Teils der Anwaltskosten. Der Kläger behauptet, dass er bei der Besichtigung durch den Sachverständigen R. keine Alt- oder Vorschäden an seinem Fahrzeug verschwiegen habe. Zum Zeitpunkt der Besichtigung des von ihm beauftragten Sachverständigen R. hätten die Eindellungen der Motorhaube von oben mit Lackbeschädigungen nicht vorgelegen, die der Sachverständige der Beklagten jedoch bemerkt habe. Die Beklagten sind der Rechtsansicht, der Kläger sei nicht aktivlegitimiert, da er die Forderung an den Sachverständigen abgetreten habe. Darüber hinaus sei das Gutachten unbrauchbar. Dies sei auf das Verschulden des Klägers zurückzuführen, da er dem Sachverständigen offenkundig einen Vorschaden an der Motorhaube des Fahrzeuges verschwiegen habe. Auch seien die von dem Sachverständigen R. festgestellten Schäden nicht alle auf das streitgegenständliche Unfallereignis zurückzuführen. Sie rechnet den Schaden nach dem von ihr selbst eingeholten Gutachter auf 1.260,27 € netto zzgl. 200,00 € Wertminderung. Die weitere Zahlung von 220,00 € auf den Schaden im Bereich der Motorhaube sei lediglich zur Minimierung des Prozessrisikos sowie ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Sachverständigen R.
Die Klage ist in vollem Umfange begründet. Die Beklagte ist gegenüber dem geschädigten Kläger verpflichtet, die aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfallereignis entstandenen materiellen Schäden in vollem Umfange zu ersetzen. Dabei ist die Haftung zwischen den Parteien unstreitig. Im Rahmen des § 249 BGB sind nicht nur die materiellen Schäden, sondern auch die sogenannten Kosten der Rechtsverfolgung zu erstatten. Die Ersatzpflicht erstreckt sich mithin auch auf die durch die Geltendmachung und Durchsetzung der Schadensersatzansprüche verursachten Kosten. Dementsprechend sind grundsätzlich auch die Kosten eines Sachverständigengutachtens im Rahmen des Schadensersatzes dann anzusetzen, soweit diese zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Dies gilt selbst dann, wenn das Gutachten objektiv ungeeignet sein sollte. Dies ergibt sich daraus, dass der Sachverständige nicht Hilfsperson des Geschädigten ist, so dass der Geschädigte hierfür nicht gem. § 278 BGB einzustehen hat. Dementsprechend braucht auch die Frage, ob die von dem Sachverständigen R. kalkulierten Schäden tatsächlich alle unfallursächlich sind oder nicht, nicht eingegangen zu werden. Denn selbst dann, wenn das Sachverständigengutachten ungeeignet wäre, würde dies nicht dazu führen, dass der Kläger seinen Ersatzanspruch gegenüber der Beklagtenseite verlieren würde. Eine Erstattungsfähigkeit der Gutachterkosten scheidet nur dann aus, soweit entweder den Geschädigten hinsichtlich der Auswahl des Sachverständigen ein Verschulden trifft oder der Geschädigte das fehlerhafte Gutachten zu vertreten hat, in dem er gegenüber dem Sachverständigen einen Vorschaden verschwiegen hat (OLG Koblenz Urteil vom 14.08.2006 -12 U 324/05-, zitiert nach juris). Die Beklagtenseite hat behauptet, der Kläger als Geschädigter habe dem Sachverständigen die bestehenden Vorschäden insbesondere im Bereich der Motorhaube nicht informiert. Dies ergebe sich bereits aus dem vorgelegten Gutachten, worin der Sachverständige aufgenommen habe, dass Vorschäden nicht genannt worden seien. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht indes zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass der Kläger gegenüber dem Sachverständigen R. keinerlei Vorschäden verschwiegen hat. Der Sachverständige R. hat im Rahmen seiner Vernehmung nachvollziehbar und für das Gericht glaubwürdig bekundet, dass eine Eindellung von oben auf der Motorhaube zu dem Zeitpunkt, als er das Fahrzeug besichtigt hat, nicht vorhanden gewesen war. Eine solche Eindellung hätte er in jedem Falle bemerkt und in seinem Gutachten vermerkt. Dies ergebe sich auch aus den von ihm gefertigten Lichtbildern, aus denen eine Eindellung nicht ersichtlich sei. Für die Aussage des Zeugen R. spricht, dass die Beseitigung einer Eindellung in dem Gutachten des Sachverständigen nicht kalkuliert worden ist. In diesem Gutachten ist weiterhin auch unter den Positionen XIII und XIV Vorschäden des Fahrzeuges durch den Sachverständigen ausdrücklich angemerkt, das solche Schäden für ihn nicht erkennbar waren. Soweit es zu dem Zeitpunkt der Besichtigung durch den Sachverständigen der Beklagten, den Zeugen M. zu einem späteren Zeitpunkt zu einer solchen Lackbeschädigung an der Motorhaube von oben gekommen ist, berührt dies nicht die Frage der Erstattungsfähigkeit der Gutachterkosten des Sachverständigen R. Der Geschädigte hat den von ihm beauftragten Sachverständigen zutreffend über den Zustand des Fahrzeuges informiert. Nach alledem steht zweifelsfrei fest, dass das Gutachten nicht durch Falschangaben des Klägers unbrauchbar bzw. ungeeignet geworden ist. Demgemäß ist die Beklagtenseite zum vollständigen Schadensersatz verpflichtet. Die Höhe der Gutachterkosten ist zwischen den Parteien unstreitig, so dass diese als zugestanden anzusehen waren. Schließlich ist der Kläger auch aktivlegitimiert, zumal er nach den Angaben des Zeugen R. die Rechnung über die Gutachterkosten bar gezahlt hat. Die Beklagte war daher kostenpflichtig zu verurteilten.
So das überzeugende Urteil des Amtsrichters der 24. Zivilabteilung des AG Saarlouis.
Zitat:
Eine solche Eindellung hätte er in jedem Falle bemerkt und in seinem Gutachten vermerkt. Dies ergebe sich auch aus den von ihm gefertigten Lichtbildern, aus denen eine Eindellung nicht ersichtlich sei…
Wie man wieder gut erkennen kann:eine saubere Arbeit des Sv deckt die abstrusen Abgründe des Streichkonzertes auf und führt klar vor Augen daß man eben NICHT den „Hanswurst“ mit Geschädigten machen kann…vorausgesetzt die sind entsprechend aufgeklärt…
Deshalb weiter berichten über die unsäglichen Kürzungsorgien,die manche(r) Richter(in) inzwischen immer stärker durchschaut,denn dadurch werden auch die Versicherer immer stärker ins negative Rampenlicht angeblicher Kunden(un)freundlichkeit gezerrt.(man gedenke dem 30.11.)
Gruss Buschtrommler
Hi Willi Wacker,
nachdem die Behauptungen der eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer zunehmen, die Sachverständigengutachten seien unbrauchbar und deshalb müsse das Honorar nicht gezahlt werden, ist es besonders wichtig, dass die Gerichte dieses Vorgehen durchschauen. Teilweise wird von den Versicherungen, nachdem man unter Zuhilfenahme der Uniwagnisdatei festgestellt hat, dass das begutachtete Fahrzeug schon einen Unfallschaden hatte, dies dem Geschädigten anzulasten, dass er auch bei vollständiger Reparatur diesen nicht angegeben habe. Der Unfallschaden war derart sach- und fachgerecht repariert, dass der GA. diesen gar nicht feststellen konnte. Der Versicherung war der Unfall jedoch aus der besagten Datei bekannt. Insoweit stellt sich auch die Frage nach dem Datenschutz. Offenbar tauschen die Versicherungen ohne Einwilligung der Geschädigten Daten über Unfälle, Unfallfahrzeuge, Geschädigte etc. aus bzw. bilden einen Datenpool, zu dem jede Versicherung Zugriff hat. Bedenklich, bedenklich! Ich glaube, dass Datenschutz nur noch eine leere Worthülse ist.
Siegfr. Sturm
Die Kosten des SV gehören nun einmal zu den notwendigen Kosten, vom Falle des offenkundigen Bagatellschadens einmal abgesehen. Die Rechtsprechung sagt ja auch ganz eindeutig, dass diese selbst bei einem untauglichen Gutachten zu erstatten sind. Der Gutachter ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, fraglich ist es nur dann, wenn den Geschädigten ein sog. Auswahlverschulden trifft. Dies wird in aller Regel aber nicht nachweisbar sein, wenn man nicht gerade den Heizungsbauer als Kfz-SV auswählt und dieser dann auch noch ein Gutachten macht und abrechnet… 😉
Nach den Mietwagenfirmen (Unfallersatz), den Werkstätten, den Anwälten (0,9 Gebühr…) wird es nun bei den Gutachtern zu Kürzungsversuchen kommen. Wenn ein jeder sich gegen Kürzungen wehrt, wird irgendwann festgestellt werden, dass die ganzen Prozesse die Versicherer teurer kommen als eventuelle Einspareffekte auf der anderen Seite einspielen.
@ RA Wolfgang Sorge 28.10.2008 15:52
Hallo RA Wolfgang Sorge,
ich glaube nicht, dass sich alle Sachverständigen gegen Kürzungen wehren werden. Schon allein die im BVSK zusammengeschlossenen Sachverständigen tolerieren jetzt doch schon Honorarkürzungen, in dem sie die BVSK-HUK Tabelle anwenden. Wenn es nach den Versicherungen geht, müßten die „Wegelagerer Rechtsanwälte und Sachverständigen vollständig aus dem Unfallgeschäft verdrängt werden“ ( Zitat des damaligen Vorstandsmitgliedes der Allianz Dr. Küppersbusch ).
Es ist auch verständlich, warum diese Berufsgruppen ausgesperrt werden sollen, damit diese nicht mehr im Unfallregulierungsgeschäft Unruhe stiften und die Geschädigten aufklären. Durch gewisse Abkommen mit Berufsverbänden gewinnt die Versicherungwirtschaft immer noch genug. Leider!
MfG
Siegfried Sturm
Hallo H. Sturm,
m. Wissens nach hat nur der BVSK als Berufsverband eine Absprache mit der Versicherung. Alle anderen z Bsp. VKS BVK BVS usw. glaube ich sind da etwas Vorsichtiger gewesen.
Alles andere sind Überwachungsorganisationen die sich mehr oder weniger nach der Pfeiffe der Versicherung bewegen.
Dies sind aber keine freien Sachverständigen unter dem Aspekt der Neutralität und dem LG München Urteil und den Bestellungsrichtlinien der IHK. Hier ist IHK gemeint, nicht HWK!
Leider haben sich gerade diese Org. den Versicherern verdingt und geben dabei noch vor unabhängig und neutral zu sein (siehe Home Pages).
Wenn sich dann jemand als Ü- Org. (nicht SV Verband) selbst zertifizieren muss um den Anschein einer fachlichen Qualität und Neutralität vorzuspiegeln, ist m. E. nach der Geschmack des Üblen stark vorhanden.