Das AG Otterndorf verurteilt HUK Coburg Versicherung zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars (2 C 348/10 vom 11.11.2010)

Mit Entscheidung vom 11.11.2010 wurde die HUK Coburg Versicherung durch das Amtsgericht Otterndorf zur Erstattung der restlichen Sachverständigenkosten verurteilt. Der Sachverständige hatte aus abgetretenem Recht geklagt. Wie so üblich in der letzten Zeit, wurde die Aktivlegitimation des Sachverständigen aufgrund der Abtretungserklärung durch die Beklagte bestritten. Das Gericht ist der Argumentation der HUK jedoch nicht gefolgt. Nichtzuletzt deshalb, weil die HUK außergerichtlich bereits einen Teilbetrag an den Sachverständigen geleistet hatte und demnach selbst von einer Inhaberschaft der Forderung ausgegangen sei. Die Strategie der Teilzahlung eines Teilbetrages zur  Kostenreduzierung des Streitverfahrens geht also, was das Bestreiten der Aktivlegitimation betrifft, nicht auf.

Amtsgericht
Geschäfts-Nr.:
2 C 348/10

Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

Kläger

gegen

Firma HUK-Coburg Haftpflicht Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G. in Coburg, Bahnhofstraße 1, 96442 Coburg

Beklagte

hat das Amtsgericht Otterndorf im Verfahren gem. § 495 a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 10.11.2010 am 11.11.2010 durch die Richterin …

für Recht erkannt:

1.) Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtsgläubiger 268,73 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 39,00 EUR zu zahlen.

2.) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.) Die Berufung gegen das Urteil wird nicht zugelassen.

Von der Darstellung des

Tatbestandes

wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Kläger können gemäß §§ 398 BGB, 115 WG die Zahlung des aufgrund der Rechnung der Kläger vom 28.05.2010 (Anlage K 2, Bl. 26 d.A.) noch offenen Betrages in Höhe von 268,73 Euro beanspruchen.

Die Schadensersatzansprüche des Geschädigten … aus demVerkehrsunfall vom 27.05.2010 in Hemmoor wurden den Klägern mit Urkunde vom 27.05.2010 abgetreten (Anlage K 3, Bl. 27 d.A.). Der Einwand der Beklagten, die Kläger seien nicht aktivlegitimiert, ist danach unbegründet und im Übrigen auch nicht nachvollziehbar, denn auf die streitgegenständliche Rechnung der Kläger in Höhe von 444,23 Euro hat die Beklagte bereits einen Betrag in Höhe von 175,50 Euro gezahlt. Die Beklagte ist danach also offenbar auch selbst von der Forderungsinhaberschaft der Kläger ausgegangen, anderenfalls macht diese Teilzahlung keinen Sinn. Des Weiteren erlangt der Sicherungsnehmer – die Kläger – im Außenverhältnis zum Schuldner alle Gläubigerrechte, d.h. er kann die Forderung gerichtlich und außergerichtlich geltend machen (Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Auflage, § 398 Rn. 24).

Darüber, dass die Beklagte als Haftpflichtversicherung des unfallverursachenden Fahrzeugs für den Schaden dem Grunde nach in vollem Umfang einstandspflichtig ist, besteht zwischen den Parteien kein Streit. Die Beklagte wendet sich lediglich gegen die Höhe der Sachverständigenkosten.

Der Beklagten ist zwar darin zuzustimmen, dass sie berechtigt ist, Einwendungen gegen die Honorarabrechnung vom 28.05.2010 auch unmittelbar gegenüber den Klägern vorzubringen. Dies ergibt sich auch aus der gesetzlichen Vorschrift gemäß § 404 BGB. Die von der Beklagten vorgetragenen Einwendungen sind inhaltlich jedoch nicht begründet.

Die in der streitgegenständlichen Rechnung vom 28.05.2010 aufgeführten Rechnungspositionen erscheinen angemessen und sind deshalb auch insgesamt in voller Höhe erstattungsfähig, §§ 249 BGB, 287 ZPO.

Grundsätzlich kann ein Geschädigter den zur Wiederherstellung erforderlichen Betrag ersetzt verlangen, § 249 BGB. Hiervon umfasst sind nach ständiger Rechtsprechung die Kosten für ein Sachverständigengutachten. Der Ersatzanspruch eines Geschädigten ist lediglich dadurch begrenzt, dass es sich um Kosten handeln muss, die vom Standpunkt eines verständigen wirtschaftlich denkenden Menschen aus zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Der Geschädigte ist hierbei grundsätzlich nicht zur Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet. Insbesondere muss der Geschädigte keine Preiskontrolle durchführen (vgl. BGH, NJW 2007, 1450 ff.).

Das Gesprächsergebnis in der BVSK mit den Versicherungen ist keine verbindliche Preisempfehlung für Sachverständige. Der Geschädigte muss sich nicht auf die dortigen Sätze verweisen lassen. Indem die Kläger vorliegend eine an der Schadenshöhe orientierte Pauschale als Grundgebühr neben konkret ausgeführten Leistungen in Rechnung gestellt haben, ist diese Honorarforderung gemäß den §§ 315, 316 BGB nicht zu beanstanden (vgl. BGH, NZV 2007, 162 ff.). Dass eine erkennbar deutliche Erhöhung des Honorars vorgelegen hat, ist nicht ersichtlich. Abgesehen davon, dass nach eigenem Vortrag der Beklagtenseite ein BVSK-Wert von 351 EUR vorliegend gegeben ist, wohingegen lediglich 175,50 EUR zum Ausgleich gebracht wurden, liegt das Sachverständigenhonorar nur etwa 20 % über dem Satz der BVSK Tabelle.

Darüber hinaus wendet sich die Beklagte gegen die Zusatzkosten für die Fahrtkosten, Lichtbilder, Porto/Telefon/Auslagen, einem zweiten Fotosatz sowie Schreibkosten mit dem Argument, dass solche Kosten nur bei tatsächlichem Anfall erstattungsfähig, nicht nachvollziehbar und nicht angemessen seien. Auch mit diesem Einwand vermag sie nicht durchzudringen.

Im Originalgutachten befinden sich sieben Lichtbildaufnahmen. Mithin sind die Zusatzkosten für Lichtbilder, die sogar nur mit einer Anzahl von sechs Fotos geltend gemacht werden, nicht zu beanstanden. Die Höhe der Kosten wird vom Sachverständigen mit 2,50 € pro Aufnahme beziffert sowie für den zweiten Satz in Höhe von 1,80 EUR pro Aufnahme. Dieser Ansatz erscheint dem Gericht nach § 287 ZPO angemessen, da er neben der Anfertigung der digitalen Lichtbildaufnahmen auch die Kosten für den Ausdruck der Bilder beinhaltet. Zwar liegt der in Rechnung gestellte Betrag für den ersten Fotosatz (2,50 Euro je Foto) leicht über dem Honorarkorridor HB III, wonach durchschnittlich ein Betrag von 1,96 Euro bis 2,46 Euro geltend gemacht wird. Diese Überschreitung ist jedoch sehr geringfügig und die Gebühr für den zweiten Satz Lichtbilder (1,80 Euro je Foto) liegt deutlich im Bereich des Honorarkorridors HB III, der 1,06 Euro bis 2,07 Euro beträgt. Auch ist es erforderlich und angemessen einen zweiten Satz Lichtbilder für den Geschädigten herzustellen.

Insofern sich die Beklagtenseite gegen den pauschalen Ansatz von 18,50 EUR für „Porto/Telefon/Auslagen“ wendet, ist festzuhalten, dass auch ein Rechtsanwalt nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz 20 % des Kostenwertes als Auslagenpauschale beanspruchen und hierneben tatsächlich entstandene Kosten für Kopien usw. in Rechnung stellen kann, ohne auf irgendwelche Flatrates verwiesen zu werden. Es kann dem Sachverständigen nicht ernsthaft zugemutet werden, sämtliche Kosten für Telefon, Kopien usw. aus seiner Monatsabrechnung herauszurechnen und einzeln auf die Kunden umzulegen. Der damit verbundene Zeitaufwand dürfte den Ansatz der geltend gemachten Pauschale der Höhe nach deutlich übersteigen. Des Weiteren liegt der Honorarkorridor HB III hier zwischen 13,26 Euro und 23,12 Euro.

Auch die in Rechnung gestellten Schreibgebühren in Höhe von 21,00 Euro sind nicht zu beanstanden. Das streitgegenständliche Gutachten beinhaltet 19 Seiten. Danach wurden Schreibkosten von 1,11 Euro je Seite in Rechnung gestellt. Dieser Betrag liegt deutlich unter dem durchschnittlichen Honorarkorridor HB III, denn dieser liegt zwischen 2,19 Euro und 3,40 Euro je Seite. Der Einwand der Beklagten, Schreibgebühren würden hier gar nicht anfallen, kann nicht nachvollzogen werden, denn auch wenn das Gutachten am Computer erstellt wurde, fallen naturgemäß auch dadurch Schreibkosten an (Papier- und Druckerkosten, u. a.).

Die von den Klägern in Rechnung gestellte Fahrkostenpauschale in Höhe von 35,00 Euro liegt zwar über dem Honorarkorridor HB III, denn danach beträgt der durchschnittlich in Rechnung gestellte Betrag für pauschale Fahrtkosten zwischen 18,06 Euro und 23,46 Euro. Diese Überschreitung der Durchschnittswerte ist jedoch nicht besonders gravierend und bei der Gesamtbetrachtung der streitgegenständlichen Rechnung erscheint es aufgrund dieser Position auch nicht gerechtfertigt, hier einen Abzug vorzunehmen, denn zum Teil liegen die in Rechnung gestellten Positionen – wie dargelegt – auch deutlich unter den durchschnittlichen Werten (§ 287 ZPO).

Der Zinsanspruch der Kläger ergibt sich aus den §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. §§ 253 Abs. 1, 261 ZPO. Die Klage wurde der Beklagten am 17.09.2010 zugestellt.

Der Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB. Die Beklagte befand sich mit der Zahlung der Hauptforderung im Verzug. Sie hatte vor Einschaltung des Rechtsanwaltes durch die Kläger lediglich 175,50 EUR überwiesen und weitere Zahlungen endgültig verweigert. Ob die Kläger die Rechtsanwaltskosten beglichen haben und der Prozessbevollmächtigte den Klägern die Kosten bereits in Rechnung gestellt hat, ist unerheblich. Es bestünde grundsätzlich ein Freistellungsanspruch der Kläger gegenüber der Beklagten. Ein solcher wandelt sich in einen Zahlungsanspruch des Geschädigten um, wenn der Schädiger jeden Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert und der Geschädigte Geldersatz fordert (BGH NJW, 2004, 1868 bis 1870: zitiert nach juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Die Berufung gegen das Urteil war nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gemäß § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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3 Antworten zu Das AG Otterndorf verurteilt HUK Coburg Versicherung zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars (2 C 348/10 vom 11.11.2010)

  1. Klaus Kannenberg sagt:

    Hallo Kollegen,
    „…Das Gesprächsergebnis in der BVSK mit den Versicherungen ist keine verbindliche Preisempfehlung für Sachverständige. Der Geschädigte muss sich nicht auf die dortigen Sätze verweisen lassen…“, das sind doch die Entscheidungssätze in Sachverständigenhonorar-Urteilen, die der Herr Geschäftsführer des BVSK braucht, damit er nunmehr erkennt, dass von den Gerichten das Gesprächsergebnis als das angesehen wird, was es ist, nämlich Sondervereinbarung, auf die sich der Geschädigte nicht verweisen lassen muss. Deshalb Lob für die klaren Worte der Richterin.
    Grüße
    Klaus

  2. Willi Wacker sagt:

    Hallo Leute, mit diesem Urteil liegt ein weiteres Urteil gegen das Gesprächsergebnis BVSK-HUK-Coburg vor, so dass nunmehr folgende (vorläufige) Auflistung erstellt werden konnte:
    LG Berlin Urt. v. 29.7.2010 – 41 S 105/10 –
    LG Dortmund Urt. v. 5.8.2010 – 4 S 11/10 –
    AG Berlin-Mitte Urt. v. 21.7.2009 – 3 C 3091/09 –
    AG München Urt. v. 19.5.2010 – 345 C 8750/10 –
    AG Lübeck Urt. v. 6.7.2010 – 31 C 1771/10 –
    AG Neubrandenburg Urt. v. 30.7.2010 – 5 C 50/10 –
    AG Magdeburg Urt. v. 9.10.2010 – 160 C 807/10 (160) –
    AG Neubrandenburg Urt. v. 26.10.2010 – 10 C 62/10 –
    AG Otterndorf Urt. v. 11.11.2010 – 2 C 348/10 –

    Wer noch weitere Urteile hat, bitte an die Redaktion, wie üblich, senden.
    Mit freundlichen Grüßen
    Euer Willi

  3. Netzfundstück sagt:

    HUK-eigenes Preisportal bei Google?

    „Check24 warnt vor Google-Dominanz
    Bisher verkauft der Internetgigant Google nur Werbeflächen an Kfz-Versicherer und Vergleichsportale. Er könnte aber auch leicht selbst Vergleichsrechner anbieten. Das wäre eine echte Bedrohung für die Branche, glaubt Check24-Chef Henrich Blase.“

    Ein interessanter Artikel auf: http://www.ftd.de/unternehmen/versicherungen/:internetportale-check24-warnt-vor-google-dominanz/50200659.html

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