Wieder einmal ging es um die Stundenverrechnungssätze markengebundener Fachwerkstätten. Die zum Schadensersatz verpflichtete Kfz-Haftpflichtversicherung meinte, den Geschädigten auf eine Referenzwerkstatt gemäß des Prüfberichtes der DEKRA verweisen zu können. Dem ist das Gericht entschieden entgegen getreten. Die benannte Referenzwerkstatt muss mühelos und ohne Weiteres für den geschädigten Kfz-Eigentümer erreichbar sein. Eigene Nachforschungen muss der Geschädigte nicht anstellen. Die Qualitätskriterien müssen dem Geschädigten auch bereits vorgerichtlich, d.h. rechtzeitig, bekannt gegeben werden. Hieran scheiterte es bei dem sog. „Prüfbericht der DEKRA“. Dieser war noch nicht einmal nachvollziebar.
Siehe auch Verfügung vom 16.08.2010 veröffentlicht bei CH am 13.09.2010
Nachfolgend das Urteil des AG Hamburg-Barmbek vom 12.11.2010:
Amtsgericht Hamburg-Barmbek
Az.: 816 C 266/09
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
– Kläger –
gegen
HUK Coburg
– Beklagte –
wegen Schadenersatz
erlässt das Amtsgericht Hamburg-Barmbek durch den Richter am Landgericht … am 12.11.2010 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 141,27 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2009 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 20% und die Beklagte 80%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die – nach der Teilrücknahme verbliebene – Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf weiteren Schadensersatz in Höhe von € 141,27 gemäß §§ 115 VVG, 18 StVG, 823, 249 BGB.
Die volle Haftung der Beklagten aus dem Unfallereignis vom 30.05.2009 ist unstreitig. Streitig zwischen den Parteien ist allein die Höhe der ersatzfähigen Reparaturkosten. Dazu gilt hier Folgendes:
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Ersatz der von ihm geltend gemachten weiteren Reparaturkosten nach Maßgabe der üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt, wie sie sich aus dem als Anlage K 1 vorgelegten Schadensgutachten vom 02.06.2009 in Höhe von insgesamt € 1.154,92 netto ergeben, zu. Soweit die Beklagte einwendet, die nach dem als Anlage B 2 vorgelegten Prüfbericht der DEKRA ermittelten und von der Beklagten auch schon ersetzten Kosten in Höhe von € 1.013,65 seien zur Schadensbeseitigung ausreichend, bleibt dies ohne Erfolg.
Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf das Urteil des BGH vom 20.10.2009 (NJW 2010, 606 ff.). Dabei kann dahinstehen, ob die von der Beklagten vorgerichtlich mitgeteilten alternativen Reparaturmöglichkeiten in den genannten freien Werkstätten in qualitativer Hinsicht mit einer markengebundenen Fachwerkstatt vergleichbar sind. Denn jedenfalls hat die Beklagte dem Kläger diese alternativen Reparaturmöglichkeiten nicht rechtzeitig in der erforderlichen Form nachgewiesen. Nach der ständigen Rechtsprechung muss eine alternative Reparaturmöglichkeit „mühelos und ohne weiteres zugänglich“ sein. Natürlich muss der Geschädigte rechtzeitig vor seiner Entscheidung, ob und gegebenenfalls wie er sein Fahrzeug reparieren lässt, in angemessener Weise über die alternative Reparaturmöglichkeit informiert worden sein. Diese muss ihm rechtzeitig in der Weise nachgewiesen worden sein, dass er aus dem Nachweis erkennen kann, dass es sich um eine echte Alternative handelt. Denn von dem Geschädigten kann nicht verlangt werden, dass er zunächst selbst recherchieren und prüfen muss, dass es sich bei der genannten freien Werkstatt im Hinblick auf Leistungsfähigkeit und Qualität um einen Betrieb handelt, der den Standard einer markengebundenen Fachwerkstatt zuverlässig gewährleistet. Vielmehr muss dies für ihn aus den übersandten Unterlagen bereits nachvollziehbar erkennbar sein. Dies gilt auch dann, wenn der Geschädigte seinen Schaden schließlich „nur“ fiktiv abrechnet.
Diesen Anforderungen genügt der von der Beklagten als Anlage B 2 vorgelegte Prüfbericht der DEKRA vom 07.07.2009 nicht annähernd. In dem Schreiben der DEKRA werden lediglich die „Stundenverrechnungssätze eines Referenzbetriebes“ genannt, bei dem es sich um eine Kfz-Meisterwerkstatt handeln soll, die auf Karosserie- und Lackierarbeiten spezialisiert sei. Allem Anschein nach handelt es sich bei diesen Ausführungen um einen Textbaustein ohne konkreten Bezug. So ist nicht einmal ersichtlich, auf welchen der beiden auf der Folgeseite genannten Betriebe sich dies eigentlich beziehen soll. Und auf Seite 2 der Anlage B 2 heißt es lediglich, dass „diese Betriebe … eine sach- und fachgerechte sowie qualitativ hochwertige Reparatur nach Herstellervorgaben“ gewährleisten würden. Begründet oder auch nur erläutert wird diese Behauptung aber in keiner Weise.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
So das Urteil des AG Hamburg-Barmbek. Zutreffend hat der erkennende Richter den Prüfbericht der DEKRA als nichtssagend zerrissen. Noch nicht einmal konkrete Angaben über den Referenzbetrieb wurden gemacht, geschweige denn unter Beweis gestellt. Dass nach Herstellervorgaben zu reparieren ist, ist selbstverständlich. Alles andere wäre Pfusch! Dass es sich um Meisterbetriebe handelt, ist ebenfalls selbstverständlich, anderenfalls wäre der Betrieb gar nicht zu derartigen Reparaturen berechtigt. Also war der DEKRA-Prüfbericht was für die Tonne. Er war noch nicht einmal das wert, worauf er geschrieben wurde. Eigentlich müsste der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer sein Geld für diesen Prüfbericht zurückfordern. Was meint ihr?
Hallo Willi,
richtigerweise ist der Prüfbericht verworfen worden.
Nicht übereinstimmen kann ich aber mit Deiner Meinung, dass der Versicherer die Kosten für den Prüfbericht zurückerstattet bekommen soll (von der DEKRA).
Denn der Computer der DEKRA hat doch genau das gemacht, was die Versicherung wollte! Es würde ein Kürzungspamphlet erstellt, das mit irgendwelchen Behauptungen und Textbausteinen Schadenersatz vorenthalten soll.
Man sollte aber etwas anderes machen:
Die Urteile und die DEKRA-Kürzungen sammeln, als Buch drucken und allen Richtern zur Lektüre übersenden, damit endlich flächendeckend bekannt wird, dass die DEKRA weisungsgebunden arbeitet und keinesfalls neutral ist.
Viele Grüße
Andreas
Hallo Andreas,
auch gut, aber dann musst Du sammeln und schreiben. Ich kaufe auch so ein Buch, versprochen.
Noch ein schönes weißes Wochenende
Dein Willi
Sehr geehrter Herr Andreas,
dann sind Sie auch der Meinung, dass die DEKRA nicht neutral ist, so wie sie sich nach außen hin darstellt. Das ist auch seit längerer Zeit mein Eindruck.
Ich rate deshalb häufiger zu freien unabhängigen Kfz-Sachverständigen, vornehmlich aus dem Raum STA /FFB.
Hallo RA.STA,
die Sachverständigen der DEKRA können nicht unabhängig sein, da der Arbeitgeber (DEKRA) ein zu hohes Auftragspotential aus der Versicherungswirtschaft erhält.
Diese Aufträge werden zwar nicht gut bezahlt, aber wenn dieser Umsatz plötzlich wegbrechen würde, wäre das für den Konzern fatal.
Und wenn ich dann von diesen „Kollegen“, die mein Gutachten „prüfen“ sollen, höre, dass mein Gutachten ja richtig sei, ich doch aber wüsste, dass sie Verrechnungssätze reduzieren und Verbringungskosten streichen müssten, dann ist doch klar, wo der Hase lang läuft.
Selbiges gilt in Schadenersatzprozessen, wenn die Sachverständigen der DEKRA Gerichtsgutachten erstatten sollen. Ich habe mir in Zusammenarbeit mit dem Anwalt, der den Geschädigten vertreten hat, mehr als einmal den Streit verkünden lassen, um auf Seiten des Geschädigten in den Rechtstreit eingreifen zu können. Und während das schriftliche Gutachten des Kollegen noch sämtliche Kürzungen beinhaltete, war dann in der Verhandlung Stück für Stück jede Position meines GA doch zu bestätigen, sodass der Geschädigte seinen vollen Schadenersatz bekam.
Das schönste war noch das selbstgefällige Lächeln des Versicherungsanwalts zu Beginn der Verhandlung, das sich innerhalb einer halben Stunde in missmutiges Zucken verwandelt hat.
Aber leider haben die Kollegen der DEKRA bei manchen Gerichten ein derart hohes Ansehen, dass diese Leute trotz mehrfach bewiesener Falschbegutachtung immer wieder beauftragt werden.
Grüße
Andreas