Das Landgericht Flensburg hat mit Berufungsurteil vom 16.09.2008 (Gesch.-Nr.: 1 S 90/07) u. a. die DEVK Versicherung zur Zahlung restlicher Mietwagenkosten verurteilt.
Der Kläger macht Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 02.03.2007 geltend. An seinem Fahrzeug entstand wirtschaftlicher Totalschaden, die alleinige Haftung der Beklagten ist unstreitig, streitig ist allein die Frage, in welcher Höhe der Kläger Ersatz von Mietwagenkosten beanspruchen kann.
Der Kläger mietete ab dem 05.03.07 für 18 Tage einen VW-Bus mit acht Sitzen als Ersatzwagen. In dem schriftlichen Mietvertrag ist als Tarifbezeichnung „Normaltarif“ eingetragen. Als Mietzins wurden pro Tag 97,00 € zzgl. MWSt (= brutto 115,43 €) vereinbart. Insgesamt beläuft sich die Mietwagenrechnung inklusive Bereitstellung und Abholung des Fahrzeuges auf 2.113,44 €. Hiervon ersetzte die Beklagte lediglich 1.051,44 €. Durch außergerichtliche Tätigkeit seiner Anwälte entstanden dem Kläger nicht anrechenbare Kosten von weiteren 114,83 €.
Erstinstanzlich hatte der Kläger vor dem Amtsgericht Flensburg beantragt, an ihn 1.051,44 € zzgl. Zinsen sowie nicht anrechenbare Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 114,83 € nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagten beantragten Klagabweisung. Sie führten aus, dass die Mietwagenkosten überhöht seien und haben sich auf den Auto-Mietpreisspiegel der Schwacke-Bewertungs-GmbH für das Jahr 2003 berufen. Dort sei das Fahrzeug in der Gruppe 5 einzuordnen. Für den Postleitzahlenbereich 249.. sei ein Wochenpreis von brutto 413,00 € angemessen. Für 18 Tage seien dies 1.062,00 €.
Das Amtsgericht hat der Klage nur in Höhe von 161,70 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Im Rahmen der Mietwagenkosten seien die marktüblichen Normaltarife für Selbstzahler erstattungsfähig. Diese seien gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Als Schätzgrundlage sei auf den Auto-Mietpreisspiegel der Schwacke Bewertungs-GmbH von 2003 abzustellen. Das Fahrzeug des Klägers sei in dem Auto-Mietpreisspiegel nicht in die Gruppe 5 (Transporter), sondern in die Gruppe 6 (Bus) einzuordnen, was sich aus dem Schadengutachten des SV Z ergebe. Bei Anwendung des Mietpreisspiegels 2003 ergebe sich für den Postleitzahlenbereich 249.. ein Tagesmietpreis von 66,00 €. Für 18 Tage seien dies 1.188,00 €. Abzüglich gezahlter 1.062,00 € verblieben noch 126,00 €. Außerdem könne der Kläger auch die Fahrzeugverbringungskosten von 35,70 €, insgesamt also noch 161,70 € beanspruchen.
Ein weitergehender Anspruch stehe dem Kläger nicht zu. Insbesondere könne der Schätzung nicht die Mietpreisspiegel von 2006 oder 2007 zugrunde gelegt werden. Die dort angegebenen Preise seien verzerrt, weil die nach 2003 erstellten Mietpreisspiegel durch Wunschangaben der befragten Firmen in ihrer Preisbildung nicht mehr nur rein marktwirtschaftliche Aspekte wiederspiegelten (unter Hinweis auf LG Chemnitz, DAR 2007, 336 ff und Richter, VersR 2007, 620 ff.).
Der Kläger habe schließlich nicht dargelegt, dass es ihm unter zumutbaren Anstrengungen nicht möglich gewesen sei, einen wesentlich günstigeren Tarif zu erhalten.
Der Kläger verfolgte die Berufung mit der Begründung, das OLG Karlsruhe habe nach Einholung eines SV-Gutachtens durch Urteil vom 18.09.2007 (VersR 2008, 92) entschieden, dass der Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 eine geeignete Schätzgrundlage im Sinne von § 287 ZPO sei. Etwaige methodische Mängel bei der Erstellung der Liste seien auch bei der Liste 2003 vorhanden und bei der Liste 2006 nicht gravierender. Die Werte aus der Liste 2003 seien sogar unplausibel, während die Werte in der Liste 2006 eher zur Normalität zurückkehrten. Auch das LG Bonn (NZV 2007, 362 ff.) habe den Mietpreisspiegel 2006 als Schätzgrundlage anerkannt.
Im übrigen sei das Fahrzeug zu Unrecht in die Gruppe 6 eingeordnet. Es handele sich um einen VW-Bus mit vier Türen und sechs Sitzen. Dieser sei in Gruppe 8 einzuordnen.
Die Beklagten begründeten ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung u. a. damit, dass die Mietpreisspiegel der Schwacke Bewertungs-GmbH als Schätzgrundlage ungeeignet seien, es handle sich um reine Angebotserhebung.
Das LG Flensburg hat nach Einholung eines SV-Gutachtens der Berufung stattgegeben:
Dem Kläger steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach gemäß §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 StVG i. V. m. §§ 3 Nr. 1 PflVG, 249 ff BGB zu. Der Höhe nach kann der Kläger gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den „erforderlichen Herstellungsaufwand“ ersetzt verlangen. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 160, 377; BGH NJW 2005, 1933; NW 2006 2621) kann der Geschädigte vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei ebenso wie bei anderen Kosten der Wiederherstellung und ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst vornimmt, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann. Ausgangspunkt für die Betrachtung bildet der am Markt übliche Normaltarif. Nach der Rechtsprechung des BGH ist es zulässig, zu dessen Bestimmung in Ausübung tatrichterlichen Ermessens gemäß § 287 ZPO auf das gewichtete Mittel des „Schwacke-Automietpreis-Spiegels“ (AMS) im Postleitzahlengebiet des Geschädigten zurückzugreifen (BGH, Urteil vom 09.05.2006, VI ZR 117/05).
In Übereinstimmung mit der jüngsten obergerichtlichen Rechtsprechung legt die Kammer hierzu den Mietpreisspiegel in der Fassung des Jahres 2006 zugrunde (AMS 2006). Soweit die Beklagten den erheblichen Anstieg der Mietpreise des Normaltarifs gegenüber dem AMS 2003 rügen, hat das OLG Karlsruhe nach Einholung eines betriebswirtschaftlichen Sachverständigengutachtens mit Urteil vom 18.09.2007 (VersR 2008, 92) entschieden, dass der AMS 2006 insoweit keine fehlerhafte Ergebnisse aufweise. Vielmehr verweise der Gutachter darauf, dass der AMS 2003 unplausible Zahlenwerte über die Typenklassen hinweg aufweise und die Zahlenwerte in dem Jahr 2006 eher zur „Normalität“ zurückkehrten. Dies belege nach den Ausführungen des Gutachters ein Vergleich mit den Werten aus dem Jahr 2000, so dass es im Vergleich der Jahre 2000 und 2006 keine extremen Veränderungen gäbe, wie sie im Vergleich der Jahre 2003 und 2006 aufgetreten seien (OLG Karlsruhe, aaO). Die Kammer schließt sich dieser Bewertung an.
Bei der Anwendung der AMS 2006 hat das Amtsgericht das beschädigte Fahrzeug des Klägers zutreffend in die Klasse 6 eingeordnet. Dass diese Einordnung richtig war, ergibt sich für die Kammer insbesondere aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des SV X, gegen dessen Gutachten auch von den Parteien keine Einwände erhoben worden sind.
In seinem Gutachten legt der SV X sodann im Einzelnen dar, innerhalb welchen Rahmens der für Fahrzeuge dieser Gruppe zu zahlende Normaltarif liegt. Ferner hat der SV die in diesem Wert nicht enthaltenen Zusatzkosten für die Vollkaskoversicherung, die Zulassung eines weiteren Fahrers, den Hol- und Bringservice; die Mehrwertsteuererhöhung und die fehlende Vorkasse ermittelt und berücksichtigt. Der so errechnete Vergleichspreis von 2.355,00 € für die gesamte Mietzeit übersteigt den von der Firma Y berechnten Gesamtpreis noch um 242,00 €. Das so gefundene Ergebnis hat der SV anschließend durch die Befragung von fünf ortsansässigen Mietwagenfirmen verifiziert. Das arithmetische Mittel der korrigierten Vergleichspreise entsprach dabei in etwa der Mietwagenrechnung der Firma Y.
Die Kammer folgt dieser Einschätzung des SV, so dass dem Kläger hiernach keine Verletzung der Schadensminderungspflicht anzulasten ist. Die von ihm angesetzten Mietwagenkosten entsprechen dem erforderlichen Herstellungsaufwand am regionalen Markt.
So das Urteil des LG Flensburg.