Mit Entscheidung vom 23.11.2010 (6 C 337/10) wurde die HUK Coburg Versicherung durch das Amtsgericht Zweibrücken zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars verurteilt. Der Sachverständige klagte aus abgetretenem Recht. Das Gericht nimmt u.a. ausführlich Stellung zur Forderungsabtretung unter dem Blickwinkel des Rechtsdienstleistungsgesetzes und erteilt eine Lehrstunde zum § 249 BGB. Die BVSK-Tabelle wird lediglich am Rande erwähnt. Eine Überprüfung zur Angemessenheit des Sachverständigenhonorars wurde (richtigerweise) nicht vorgenommen.
Aktenzeichen:
6 C 337/10
Amtsgericht Zweibrücken
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
Klägerin –
gegen
HUK-Coburg VV a.G., vertreten durch d. Vorstand Rolf Peter Hoenen, Bahnhofsplatz 1, 96450 Coburg
– Beklagter –
wegen Forderung
hat das Amtsgericht Zweibrücken durch den Richter am Amtsgericht … im vereinfachten Verfahren am 23.11.2010
für Recht erkannt
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 297,85 € nebst Zinsen hieraus in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.04.2010, sowie 3,09 € Portokosten sowie 25,– € Mahnkosten zu zahlen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert wird auf 297,85 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Erstattung restlicher Sachverständigenkosten in Höhe von 297,85 € zu (§§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG, 249 Abs. 2 BGB).
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es am 06.03.2010 zu einem Verkehrsunfall zwischen dem Pkw des Zedenten und einem bei der Beklagten versicherten Pkw kam. Das alleinige Verschulden des Versicherungsnehmers der Beklagten ist unstreitig, so dass die Beklagte den gesamten durch den Verkehrsunfall eingetretenen Schaden des Zedenten der Klägerin zu tragen hat.
a)
Hinsichtlich der Aktivlegitimation der Klägerin bestehen keine Bedenken.
Insbesondere ist die Abtretung nicht gem. § 134 BGB i.V.m. dem Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen nichtig. Das OLG Gelle (Urteil vom 15.11.2001, Az.: 13 U 44/01) hat wie folgt entschieden:
„Dieses ist hier nicht Rechtsbesorgung, denn der Beklagte nimmt dem Geschädigten nicht die Verfolgung und Durchsetzung ihrer Ansprüche zielbewusst (BGH MDR, 1994, 1148) ab. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Beklagten <d.i. der Sachverständige> liegt nicht auf dem Gebiet der Rechtsbesorgung, sondern dient im Wesentlichen der Durchsetzung des Vergütungsinteresses des Beklagten<d.i. der Sachverständige>.“
Darüberhinaus hat der Gesetzgeber in § 2 Abs. 2 RDG zum Ausdruck gebracht, dass eine Einziehung einer zu Einziehungszwecken abgetretenen Forderung nur dann eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung ist, wenn sie eigenständig erfolgt, was im vorliegenden Fall jedoch gerade nicht der Fall ist. Die Geltendmachung von Sachverständigenkosten gegenüber der gegnerischen Kfz-Versicherung stellt lediglich ein Annex der Gutachtenerstellung dar und ist daher als eine untergeordnete und marktübliche, zum Tätigkeitsbild gehörenden Nebenleistung einzuordnen (vgl. AG Halle (Saale), Urteil vom 19.5.2009, Az. 104 C 64/ 09 (104)).
b)
Hinsichtlich der Wirksamkeit der Sicherungsabtretung bestehen entgegen der Auffassung der Beklagten keine Bedenken. Bereits in dem Urteil des Amtsgerichts Zweibrücken vom 28.06.2010 (Az.: 2 C 131/10) wurde wie folgt festgestellt:
„Das erkennende Gericht schließt sich insoweit der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts des Landes Sachsen-Anhalt in dem Urteil vom 20.01.2006 (Az.: 4 U 59/05) an, das dort u.a. wie folgt ausgeführt hat:
bbb) die Abtretung ist auch nicht deswegen unwirksam, weil die abgetretenen Ansprüche nicht hinreichend bestimmt wären (vgl. hierzu: Trost, die Sachverständigenkosten bei der Schadensregulierung von Verkehrsunfällen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung, Versicherungsrecht 97, 5; 37, 5; 39). Die Bezeichnung der Schadensersatzansprüche aus dem Verkehrsschadensfall vom 11.10.2004 i.V.m. der Angabe von Anspruchsgegner und Anspruchsteller ist vielmehr ausreichend, um die abgetretenen Ansprüche konkret benennen zu können. Welche Ansprüche (Sachschadenersatz, Mietwagenkosten) abgetreten werden, ist insoweit ohne Belang, da sie sämtlich auf demselben Rechtsgrund der §§ 7 Abs. 1,17 Abs. 1 Satz 2 StVG beruhen. Eine Eingrenzung auf die Höhe der Gutachterkosten ist erfolgt. Eine Differenzierung nach der Art des auszugleichenden Schadens erscheint als Erfordernis der Wirksamkeit der Abtretung überspannt (vgl. zu einem zulässigen Wortlaut auch BGH NJW RR 94, 1081).“
Zu den ersatzfähigen Kosten gehören auch diejenigen für ein Sachverständigengutachten, soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist (vgl. Palandt, BGB, 66. Auflage, § 249 Randnummer 40 ).
Zu erstatten sind dabei die Kosten, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten als zweckmäßig und angemessen zur Schadensbeseitigung ansehen darf; dabei ist grundsätzlich auf seine spezielle Situation und seine allgemeine Erkenntnismöglichkeit Rücksicht zu nehmen (vgl. BGH Urteil vom 23.01.2007, Aktenzeichen VI ZR 67/06 ).
Das Landgericht Saarbrücken hat in der Entscheidung vom 21.02.2008, Az.: 11 S 130/07, wie folgt ausgeführt:
„Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer (vgl. Urteil vom 17.11.2005 – 11 S 70/05), die in Einklang steht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 23.01.2007 – VI ZR 67/06), ist für die Frage der Erstattungsfähigkeit der Sachverständigenkosten einzig und allein maßgeblich, dass das berechnete Sachverständigenhonorar als erforderlicher Herstellungsaufwand im Sinne des § 249 Abs. 2 BGB angesehen werden kann.
Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hat der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen. Er hat hierzu den Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrages zu befriedigen und nicht etwa vom Geschädigten bezahlte Rechnungsbeträge zu erstatten. Der tatsächliche Aufwand wird freilich bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO oft ein Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sein. Indes ist der tatsächlich aufgewendete Betrag nicht notwendig mit dem zu ersetzenden Betrag identisch, insbesondere deshalb kann die Berechnung des Schadens grundsätzlich nicht von etwaigen rechtlichen Mängeln der zu seiner Beseitigung tatsächlich eingegangenen Verbindlichkeiten (z.B. einer überhöhten Honorarforderung des Sachverständigen) abhängig gemacht werden (vgl. BGH a.a.O.).
Wahrt der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung erforderlichen, sind weder der Schädiger noch das Gericht im Schadenersatzprozess berechtigt, insoweit eine Preiskontrolle durchzuführen (vgl. BGH a.a. O.).
Zwar kann der Geschädigte vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kostenerstattung verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, aber auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (vgl. BGH a.a.O.).
Solange für den Geschädigten daher als Laie nicht erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar geradezu willkürlich festsetzt, Preis und Leistung also in einem auffälligen Mißverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder er grobe und offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder der Vergütungsberechnung missachtet oder gar verursacht hat, kann der Geschädigte vom Schädiger Ausgleich gezahlter Aufwendungen oder Freistellung verlangen (vgl. Geigel-Rixecker, Der Haftpflichtprozess, 24. Auflage, Kapitel 3 Rdnr. 113 m.w.N.).“
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war es für den Geschädigten aus Sicht des Gerichtes in keinster Weise erkennbar, dass die Vergütung, die die Klägerin für das erstellte Gutachten von ihm gefordert hat, willkürlich ist oder in einem auffälligen Missverhältnis zu der erbrachten Leistung steht.
Soweit die Beklagte die Höhe des geforderten Sachverständigenhonorars anzweifelt, ohne dass dies im Hinblick auf die vorzitierte Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken im vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung wäre, begründet dies ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken.
Der zwischen der Klägerin und dem Zedenten abgeschlossene Vertrag stellt in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH einen Werkvertrag im Sinne von § 631 BGB dar (vgl. nur BGHZ 127, 378, (384) = NJW 1959, 392).
Gemäß § 631 Abs. 1 BGB wird der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Da es im vorliegenden Fall sowie in vergleichbaren Fällen üblicherweise an einer solchen Vereinbarung fehlt, gilt gem. § 632 Abs. 1 BGB die Zahlung einer Vergütung für die Werkleistung als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach gegen eine Vergütung, wie hier, zu erwarten ist.
Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 23.01.2007 (Az. VI ZR 67/06) festgestellt:
„Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts überschreitet ein Kraftfahrzeugsachverständiger allein dadurch, dass er eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars vornimmt, die Grenzen der rechtlich zulässigen Preisgestaltung grundsätzlich nicht. Schadensgutachten dienen in der Rege! dazu, die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadensersatzbetrages wird als Erfolg geschuldet; hierfür haftet der Sachverständige. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars dem nach der Rechtsprechung entscheidend ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Wertes der Forderung des Geschädigten ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2006 – X ZR 122/05).“
Dass die Klägerin im vorliegenden Verfahren ihre Abrechnung an den Richtlinien der BVSK-Tabelle 2008/2009 orientiert hat, ist offenkundig im Sinne von § 291 ZPO.
Ferner ist gerichtsbekannt – aufgrund mehrerer gleichgelagerter Verfahren – und damit ebenfalls offenkundig im Sinne von § 291 ZPO, dass die im hiesigen Amtsgerichtsbezirk bzw. unmittelbarer Umgebung ansässigen Sachverständigen ihre Abrechnung üblicherweise anhand der BVSK-Tabelle fertigen, was auch aus Sicht des BGH grundsätzlich nicht zu beanstanden ist.
Daher ergeben sich auch keine durchgreifenden Bedenken unter Berücksichtigung der §§ 287,291 ZPO gegen die von der Klägerin hier noch begehrten restlichen Sachverständigenkosten, weshalb der Klage stattzugeben war.
Dem Antrag auf Zulassung der Berufung war nicht stattzugeben.
e)
Die Entscheidung über die Zinsen folgt aus §§ 286 ff BGB.
f)
Die zuerkannten Mahnkosten wurden gem. § 287 ZPO geschätzt.
g)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
h)
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708, 711, 713 ZPO.
i)
Der Streitwert wurde entsprechend der Höhe der Hauptforderung festgesetzt.
Hi Hans
das Urteil ist gut,weil der Richter gut abschreiben konnte und das wars dann auch schon!
Wenn ich lese „BVSK Tabelle“,dann weiss ich ,dass sich dieser Richter kein bisschen um die unabdingbar notwendige scharfe Begriffstrennung bemüht.
Die wesentlichen Urteilspassagen stammen aus dem bekannten Paradeurteil des LG Saarbrücken und wurden lediglich aneinandergereiht.
Einziger Urteilslichtblick ist die wörtliche Wiedergabe der Passage aus OLG Naumburg zur Bestimmtheit der Abtretung vor dem Hintergrund,dass gerade im Saarland ein krasses Fehlurteil des LG Saarbrücken zur Bestimmtheit von den bekannten kölner HUK-Anwälten wie sauer Bier herumgetragen wird.
Das sind erste gute Anzeichen,dass der Herr Rechtsanwalt M aus K mit seiner Argumentation zur fehlenden Bestimmtheit wieder Schiffbruch erleiden und dann wieder wie ein Schlosshund schriftsätzlich jaulen wird,er werde vom Gericht absichtlich nicht gehört.
Der Amtsrichter ist nach dem Verlauf seiner Urteilsbegründung exakt auf der Linie der Berufungskammer des LG Regensburg;dort könnte er allerdings eine flüssige und vorallem EIGENE Begründung eines Richterkollegen einmal nachlesen,die sauber und differenziert auf die Begrifflichkeiten achtet.
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