Wieder einmal ging es um die Sachverständigenkosten, die in diesem Falle ein Berliner Kfz-Sachverständiger aus abgetretenem Recht gegenüber dem Schädiger und dessen Kfz-Haftpflichtversicherer geltend machte und Erfolg auf ganzer Linie hatte. Welche Kfz-Haftpflichtversicherung mag das wohl gewesen sein, die vorgerichtlich einen Teil der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen aufgrund der offen gelegten Abtretungsvereinbarung gezahlt hat und im Prozess die Aktivlegitimation bestritt? – Richtig: die HUK-Coburg. In diesem Fall die HUK 24 AG. Die Amtsrichterin hat der Beklagtenseite aber unmißverständlich ins Urteil geschrieben, dass das jetzige Berufen auf die Aktivkegitimation gemäß § 242 BGB treuwidrig ist. Im übrigen handelt es sich auch um ein widersprüchliches Verhalten. Aber lest am besten selbst!
Amtsgericht Mitte
Im Namen des Volkes
Urteil gem. § 496a ZPO
Geschäftenummer: 114 C 3307/10 verkündet am: 08.12.2010
In dem Rechtsstreit
des Herrn Sachverständigen W. aus B.,
Klägers
– Prozessbevollmächtigte: RAin G. aus B.
gegen
1. den Herrn E-K. aus B.,
2. die HUK 24 AG, vertreten durch d. Vorstand Detlef Frank
und Günther Schlechte, Willh-Hussong-Straße 2, 96440 Coburg,
Beklagte,
– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A.-B. und Koll.
aus B.
hat das Amtsgericht Mitte, Zivilprozessabteilung 114, Littenstraße 12 -17, 10179 Berlin, im schriftlichen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 17.11.2010 eingereicht werden konnten, durch die Richterin am Amtsgericht … für Recht erkannt:
1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 397,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.05.2010 sowie 2 ,50 € zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2, Die Beklagten haben die Kosten dets Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
Entscheidungsgründe
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 313a, 495a ZPO verzichtet.
Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat gegenüber den Beklagten einen Anspruch aus abgetretenem Recht auf Erstattung der restlichen Gutachterkosten gemäß Rechnung vom 31.03.2010, §§ 7, 17 StVG; 23, 249, 388 BGB; 115 VVG.
Die Beklagten haften dem Grunde nach unbestritten für den durch den Verkehrsunfall vom 29.03.2010 entstandenen Schaden in vollem Umfang. Bei den in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten handelt es Sich auch um erforderliche Kosten zur Schadensbeseitigung im Sinne von § 249 Abs 1 BGB.
Soweit die Beklagten nunmehr bestreiten, dass es sich bei der Zeugin … , aufgrund deren Abtretung der Kläger seine Aktivlegitimatlon herleitet, um die Eigentümerin des beschädigten Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen … handelt, ist dies unerheblich. Die Beklagte zu 2) trat vorprozessual in die Regulierung ein. Damalige Vorbehalte zur Aktivlegitimation der Geschädigten sind nicht ersichtlich. Nach Treu und Glauben sind den Beklagten daher pauschale Einwendungen zur Aktivlegitimation der Geschädigten abgeschnitten.
Der Kläger ist hinsichtlich der Geltendmachung der Sachverständigenkosten aktivlegitimiert. Mit Abtretungserklärung vom 31.03.2010 hat die Geschädigte ihre Schadensersatzansprüche in Höhe der Gutachterkosten erfüllungshalber gem. § 364 Abs, 2 BGB an den Kläger abgetreten. Die dem Gericht in Kopie vorliegende Abtretungserklärung trägt auch eine Unterschrift, nämlich diejenige des Zeugen … , der nach Darlegung des Klägers im Namen und im Auftrag der Geschädigten, also in Vertretung gemäß § 164 ff BGB, die Auftragserteilung / Abtretungserklärung unterzeichnete, was ausreichend ist. Im übrigen hat die Beklagte zu 2) bereits Teilzahlung an den Klager geleistet, die Abtretungserklärung also offensichtlich akzeptiert. Das nunmehrige Bestreiten ordnungsgemäßer Abtretung widerspricht Treu und Glauben.
Auch sonst ist der Kläger aktivlegitimiert. Zur Frage der genehmigungspflichtigen Inkassotätigkeit wird auf die Ausführungen des Amtsgerichts Mitte (21 C 3028/09) im Urteil vom 12.08.2009 verwiesen:
„Der Wirksamkeit der Abtretungserklärung steht insbesondere nicht das gesetzliche Verbot des § 10 RDG entgegen, da der Kläger nach Auffassung des Gerichts keine erlaubnispflichtige Inkassodienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 2 RDG erbringt. Danach ist eine Rechtsdienstleistung, unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Abs, 1, die Einziehung fremder oder zum Zwecke der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird (Inkassodienstleistung). Der Kläger zieht zwar eine fremde Schadenersatzforderung des Geschädigten ein, betreibt diese Forderungseinziehung jedoch nicht als eigenständiges Geschäft. Dies würde nach Auffassung des Gerichts voraussetzen, dass der Kläger – unabhängig von seiner Sachverstandigentätigkeit – den Forderungseinzug betreibt und zwar für verschiedene Auftraggeber. Aus dem Vortrag des Klägers geht jedoch hervor, dass er hauptberuflich als Sachverständiger tatig ist und die Einziehung der Forderungen lediglich dazu dient, seinen eigenen Honoraranspruch gegenüber den beteiligten Versicherungen zu realisieren. Dem Kläger fehlt daher das wirtschaftliche Interesse an einem eigenständigen Forderungseinzug, da sich seine Intention ausschließlich auf die Durchsetzung des Anspruchs für die eigene Leistung als Sachverständiger begrenzt.
Darüber hinaus liegt auch keine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG vor, zum einen bereits deshalb nicht, weil der Kläger mit der Abtretung der Forderung in keiner fremden Angelegenheit tätig wird und zum anderen nicht, weil von Seiten des Klägers keinerlei rechtliche Prüfung der Schadensersatzansprüche der Geschädigten vorgenommen wird.
Selbst wenn man eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 RDG unterstellte, wäre diese jedenfalls nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubnisfrei, da sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsfeld des Klägers als Sachverständiger gehörte.“
Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich das Gericht vollumfänglich an und macht sie sich zu Eigen.
Begründete Einwendungen gegen die Höhe der Sachverständigenkosten sind nicht gegeben.
Die Kosten, die einem Geschadigten durch die Einholung eines Schadensgutachtens entstehen, sind ersatzfähig im Sinne von § 249 BGB. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil vom 23. Januar 2007 – VI ZR 67/06) gilt, dass der Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu zahlen hat, § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB und dass dann, wenn der Geschädigte den Rahmen des zur Wiederherstellung Erforderlichen wahrt, weder der Schädiger noch das Gericht im Schadensersatzprozess berechtigt sind, eine Preiskontrolle durchzuführen.
Der Geschädigte ist nach schadensrechtilchen Grundsätzen in der Wahl zur Mittel der Schadensbehebung frei, so dass er im Regelfall auch berechtigt ist, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung dm Sohsdensgutachtens zu beauftragen. Der Geschädigte kann dann als erforderlichen Herstellungsaufwand diejenigen Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen. Dabei ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten zu nehmen, insbesondere auf seine individuellen Erkenntnisse und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten. Der Geschädigte ist insoweit nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Richtig ist, dass gegebenenfalls das Risiko verbleibt, dass er ohne nähere Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später als zu teuer erweist. Es reicht aber aus, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die geforderte Vergütung nicht unangemessen hoch ausgefallen Ist. Zu beachten ist insoweit, dass die Preisbildung nach den Gesetzen des Marktes erfolgt und es nicht Sache des Gerichts ist, hierauf Einfluss zu nehmen.
Inwieweit die einzelnen Rechnungsposten der Honorarrechnung vom 31.03.2010 berechtigt oder gegebenenfalls überhöht sind, kann dahinstehen. Hier ist eine Gesamtbetrachtung angezeigt. Die Einwendungen der Beklagten gegen die Rechnungsposten im Einzelnen können dahinstehen, wenn im Ergebnis der Endbetrag nicht unangemessen hoch ist. Dies ist hier nicht der Fall, worauf bereits hingewiesen wurde und was das Gericht vorliegend auch deshalb zu beurteilen vermag, weil es als Spezialabteilung für Verkehrsunfälle ständig mit Schadensgutachten und Sachverständigenrechnungen konfrontiert ist. Hier ist regelmäßig festzustellen, dass eine Grundgebühr angesetzt wird, die sich an der Schadenshöhe orientiert. Bei Erstattung eines Gutachtens, bei dem Wiederbeschaffungswert, Instandsetzungskosten und Wertminderung ermittelt werden und welches Reparaturkosten in Höhe von 3.202,45 € netto kalkuliert, kann eine unangemessene Höhe der Gutachterrechnung bei einem Preis von 563,00 € netto bzw. 669,97 € brutto nicht festgestellt werden. Das Gericht legt hierbei zugrunde, dass ein durchschnittlich ausführliches Gutachten erstellt wurde, zu dem – wie aus der Rechnung und auch aus dem Gutachten setbst ersichtlich – Schadensbilder gefertigt wurden. Die Beklagten erheben auch, wenn überhaupt, keine hinreichenden Einwendungen gegen die Qualität des Gutachtens. Die Argumentation „Maschinengutachten“ erschließt sich dem Gericht jedenfalls nicht.
Darüber hinaus entspricht es der Üblichkeit, dass Sachverständige neben dem Grundhonorar Foto-, Schreib- und Portokosten berechnen. Der Einwand der Beklagten hinsichtlich der Höhe der Nebenkosten ist vor dem Hintergrund der hierzu ergangenen Rechtsprechung nicht erheblich (vgl OLG Naumburg, Urteil vom 20.1.2006 – 4 U 49/05; LG Saarbrücken, Urteil vom 9.10.2007 – 4 O 194/07; LG Berlin, Urteil vom 10.7.2008 – 17 S 10/08). Danach ist es den Beklagten verwehrt, sich im Hinblick auf die geltend gemachten pauschalen Nebenkosten für Fotos, Telefon, Fax, Porto sowie Schreibkosten auf eine Überhöhung zu berufen.
Fahrtkosten sind angefallen. Der Besichtigungsort liegt ausweislich des Gutachtens in 12099 Berlin, also bei der Reparaturfirma … . Der Sachverständige ist dort nicht ansässig. Zwangsläufig fallen Fahrtkosten an. Gegen den Ansatz einer Pauschale bestehen keine Bedenken.
Die Zinsforderung folgt aus §S 286, 288, 247 BGB, Die Beklagten befinden sich aufgrund des Schreiben der Beklagten zu 2) vom 05.05.2010 in Verzug, welches unbestritten eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung darstellt, § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB.
Für das Mahnschreiben vom 07.05.2010 kann der Kläger nur 2,50 € geltend machen, § 287 ZPO. Das Schreiben liegt dem Gericht nicht vor, die Beklagten haben es aber nicht in Abrede gestellt. Mangels Vorlage bzw. Vortrag ist lediglich von einem einfachen Mahnschreiben auszugehen, für das der Ansatz von 10,00 € Mahnkosten nicht gerechtfertigt erscheint. Auf die AGB des Klägers müssen sich die Beklagten nicht vorweisen lassen. Diese gelten zwischen dem Kläger und seiner Auftraggeber, der Geschädigten. Die Mahnung erging aber nicht an die Geschädigte, sondern – anderes ist nicht ersichtlich – an die Beklagte zu 2). Ein Vertragsverhältnis besteht hier nicht.
Kopierkosten in Höhe von 4,00 € waren ebenfalls abzuweisen. Sie sind nicht schlüssig dargelegt. Es ist schon nicht dargelegt, wofür diese Kosten überhaupt angefallen sein sollen,
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92 Abs. 2, 100 Abs. 4, 709 Nr. 11, 711, 713 ZPO. Soweit der Kläger unterliegt war seine Zuvielforderung nur unerheblich, bezog sich auf Nebenforderungen und hat keine besonderen Kosten verursacht.
Die Berufung wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 2, 4 ZPO nicht vorliegen.
So das Urteil der Amtsrichterin der 114. Zivilprozessabteilung des AG Mitte in Berlin. Die Richterin benutzte trotz eines umfangreichen Urteils mit keinem Wort BVSK. Es geht also auch ohne BVSK.
Dem Berliner Sachverständigen sei Dank, dass er ein derart klares Urteil vor dem AG Berlin-Mitte erstritten hat. Das Urteil kommt tatsächlich ohne das Wort BVSK aus. Das Gericht hat aber auch klar auf BGH VI ZR 67/06 abgestellt. Im übrigen hat die Richterin klar auf das widersprüchliche Verhalten der HUK 24 hingewiesen. Erst an den SV zahlen und im Prozess die Aktivlegitimation bestreiten. So geht es nicht. Noch mehr Urteile dieser Art braucht das Land.
Grüße
Alfred
Ein Urteil ohne diesen unsäglichen Bezug auf BVSK? Geht doch! Eigentlich nur konsequent. Der SV ist nicht der Erfüllungsgehilfe des Geschädigten. Wenn also jemand beweispflichtig wäre, dann eben nur der Schädiger, bzw. die Versicherung. Die hätte nachweisen müssen, dass der SV ggf. zu teuer war. War er aber nicht! Vom Richter sauber erkannt und nicht auf die üblichen Tricksereien der HUK und ihrer Helferlein hereingefallen.
Hallo borsti,
dieser unsägliche Bezug auf BVSK kommt doch nur, wenn sich Richter/innen auf die unsäglichen Verweise der HUK-Anwälte auf Gesprächsergebnisse BVSK-HUK-Coburg einlullen lassen. Wer jedoch im als Richter/in im Schadensersatzrecht firm ist, wie die Dezernentin der 114. Zivilprozessabteilung des AG Mitte in Berlin, der läßt sich nicht aufs Glatteis führen und begründet klar mit BGH (siehe oben!). Das unsägliche Gesprächsergebnis BVSK-HUK-Coburg muss verdammt werden. Da liegt die crux. Aber die Richterin hat es erkannt und ist nicht darauf hereingefallen.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker