Mit Urteil vom 13.08.2010 (15 C 38/10) hat das Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt die Württembergische Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 491,19 zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht legt den Normaltarif zugrunde zzgl. eines Aufschlages für unfallbedingte Mehrleistungen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Zahlung von weiteren 491,19 € gemäß den §§7 Abs. 1, 17 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, 1 PflichtVG, 398 BGB zu, denn die als Schadensersatz geltend gemachten Mietwagenkosten waren insoweit über den bereits gezahlten Betrag hinaus in Höhe von weiteren 491,19 € erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB.
Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach in Folge des Unfallereignisses ist zwischen den Parteien unstreitig.
Zu den unfallbedingten materiellen Schäden gehören dabei auch die Kosten, welche dem Geschädigten dadurch entstehen, dass er während der unfallbedingten fehlenden Verfügungsmöglichkeit über sein Kraftfahrzeug gehalten ist, ein Ersatzfahrzeug anzumieten. Die Erforderlichkeit der Anmietung eines Ersatzfahrzeugs steht zwischen den Parteien außer Streit. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Geschädigten ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung gestanden hat.
Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Geschädigte grundsätzlich als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf (BGH, Urteil vom 02.02.2010. Az. VI ZR 7/09, zitiert nach Juris, Rn. 8; BGH, NJW-RR 2010, 679). Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich und zeitlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann (BGH, Urteil vom 14.102008, Az. VI ZR 308/07, zitiert nach Juris, Rn. 9).
Nicht zu beanstanden ist dabei insbesondere, wenn sich der Geschädigte bei der Anmietung eines Mietwagens für den Normaltarif entscheidet (vgl. BGH NJW 2006, 1676; Palandt/Heinrichs BGB § 249 Randnr. 31).
Die höheren Sätze des von den Kfz.-Vermietern ohne Gegenmacht einseitig festgesetzten Unfall- und Ersatztarifs sind dabei nur zu ersetzen, soweit spezifisch im Normaltarif nicht berücksichtigte Leistungen bei der Vermietung an den Geschädigten einen Zuschlag rechtfertigen (vgl. BGH NJW 07, 1123).
Soweit ein Geschädigter im Zusammenhang mit der Geltendmachung eines Unfallersatztarifes keine Vergleichsangebote eingeholt hat, ist der erforderliche Aufwand gemäß § 287 ZPO zu schätzen (LG Hof NJOZ 08, S.2806, 2808). Anknüpfungspunkt für die so gebotene Ermittlung der erforderlichen Mietwagenkosten ist dabei ebenfalls der „Normaltarif“, also regelmäßig ein Tarif, der für den Selbstanmieter Anwendung findet und der unter den marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet wird (vgl. BGH NJW 06, S. 2106; BGH NJW 08, S. 2910). Der unfallbedingten Sondersituation kann dabei durch einen pauschalen Aufschlag auf den Normaltarif Rechnung getragen werden (vgl. BGH VersR 10, S. 683, 684 und NJW-RR 2010, 679).
Die Klägerin macht vorliegend den Normaltarif nach dem Schwacke-Automietpreisspiegel 2006 mit einem Zuschlag in Höhe von 20 % auf den Normaltarif zur Abgeltung der unfallbedingten Mehrkosten bei der Anmietung ihres Ersatzfahrzeugs geltend. Diese Vorgehensweise ist vorliegend nicht zu beanstanden.
Den als „Normaltarif bezeichneten Mietpreis durfte die Klägerin insoweit im Rahmen des Schadens anhand des Mietpreisspiegels von Eurotax Schwacke für das Jahr 2006 orientiert beziffern, da es sich dabei um eine für das Gericht für eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO zulässige Grundlage handelte.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 eine geeignete Grundlage für die Ermittlung eines „Normaltarifs“, welcher sodann die Grundlage für die Ermittlung des ersatzfähigen Mietwagenkostenschadens darstellt. So ist die Heranziehung des Schwacke-Mietpreisspiegels 2006 für die Ermittlung eines Normaltarifs im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO von der überwiegenden Rechtsprechung bislang nicht beanstandet worden (vgl. BGH, Urteil vom 02.02.2010. Az. VI ZR 7/09, Rn. 8f; BGH, NJW-RR 2010, 679, 680; BGH, VersR2008, 699; OLG Karlsruhe, VersR 2008, 92; OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.03.2008, Az. 1 U 17/08, Rn. 34 ff.; OLG Stuttgart VersR 2009, 1680; OLG Köln, Beschluss vom 12.05.2009, Az. 11 U 219/08; LG Mönchengladbach, Urteil vom 23.03.2010, Az. 5 S 101/09, Rn. 15; LG Mönchengladbach, Urteil vom 20.01.2009, Az 5 S 110/08, Rn. 21; LG Mönchengladbach, Urteil vom 13.01.2009, Az. 5 S 81/08. Rn. 14; LG Mönchengladbach, Urteil vom 14.10.2008, Az. 5 S 64/08; alle zitiert nach Juris). Dabei verkennt das erkennende Gericht nicht, dass die Schadenshöhe nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Acht bleiben dürfen. Hierzu hat der BGH wiederholt entschieden, dass in Ausübung des tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO der Normaltarif auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten ermittelt werden kann, solange nicht mit konkreten Tatsachen Mängel der betreffenden Schätzgrundlage aufgezeigt werden, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH, NJW2008, 1519, 1520; BGH, NJW 2008, 2910, 2911; BGH, NJW2009, 58).
Einwendungen gegen die Schätzung nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel 2006, die diesen Erfordernissen gerecht werden, hat die Beklagte nicht vorgebracht, so dass insoweit auch kein Sachverständigengutachten einzuholen war.
Der Klägerin steht ferner ein Aufschlag in Höhe von 20 % auf den sogenannten „Normaltarif“ zu. Der Geschädigte verstößt noch nicht allein deshalb gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem „Normaltarif teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen und ähnliches) aus betriebswirtschaftlicher Sicht einen gegenüber dem „Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (BGH, VersR 2010, 683, 684 und BGH, NJW-RR 2010, 679). Für die Frage der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines Unfallersatztarifs kommt es darauf an, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein den Mehrpreis rechtfertigen (BGH, VersR 2010, 683, 684 und BGH, NJW-RR 2010, 679, 680). Die Erhöhung kann in Form eines pauschalen Aufschlags auf den Normaltarif erfolgen, dessen Höhe wiederum der bei der Schadensberechnung freigestellte Tatrichter gemäß § 287 ZPO schätzen kann (BGH, NZV2006, 526, 527).
Das Gericht hält vorliegend einen pauschalen Aufschlag auf den Normaltarif in Höhe von 20 % für angemessen (vgl. BGH, VersR 2010, 683, 684 und BGH, NJW-RR 2010, 679, 680; LG Mönchengladbach, Urteil vom 23.03.2010, Az. 5 S 101/09, zitiert nach Juris, Rn.20; LG Mönchengladbach, Urteil vom 20.01.2009, Az. 5 S 110/08, zitiert nach Juris, Rn. 31). Das pauschale Vorbringen der Beklagten, der Geschädigte sei auf unfallbedingte Sonderleistungen nicht angewiesen gewesen, steht dem nicht entgegen. Zum einen ist dieser Vortrag nicht ausreichend substantiiert. Zum anderen ist der pauschale Aufschlag auf den Normaltarif unabhängig davon, in welchem Umfang im konkreten Fall unfallbedingte Zusatzleistungen des Vermieters in Anspruch genommen wurden (LG Mönchengladbach, Urteil vom 20.01.2009, Az. 5 S 110/08, zitiert nach Juris. Rn. 34; LG Bonn, Urteil vom 10.03.2009, Az. 18 O 263/08). Denn der Sinn der Pauschale besteht gerade darin, die typischerweise bei einem Unfallersatzvermieter zu erwartenden Mehrkosten mit einem bestimmten, angemessenen Prozentsatz aufzufangen.
Ferner ist ein Abzug für ersparte Aufwendungen vorzunehmen, da die Geschädigte in der Zeit der Fahrzeuganmietung ihr eigenes Fahrzeug nicht nutzen konnte und auch kein Fahrzeug einer niedrigen Fahrzeugklasse angemietet hat. Ausweislich der Mietvertragsunterlagen gehört sowohl das eigene als auch das angemietete Fahrzeug der Gruppe 4 an. Die ersparten Aufwendungen sind dabei nach herrschender Auffassung mit 10 % zu berücksichtigen (vgl. OLG Hamm VersR 2001, S. 206 [208]; OLG Jena OLGR2007, S. 985, 988; Palandt/Heinrichs BGB § 249 Randnr. 32; siehe auch BGH, VersR 2010, S. 683, 685).
Der niedrigere Ansatz der Klägerin mit nur 5 % war demnach nicht zu folgen.
Auch die im Schwacke-Automietpreisspiegel 2006 für eine Anmietung außerhalb der in der Rechnung insoweit angesetzten Kosten für die Zustellung und Abholung in Höhe von 48,74 € sind über dem Normaltarif hinaus ansatzfähig. Die Zustell- und Abholkosten gehören nicht zum Normaltarif; eine Vergütung kann insoweit verlangt werden, als nach dem Mietvertrags- und Rechnungsunterlagen entsprechende Zusatzleistungen erbracht wurden und diese gesondert berechnet wurden (vgl. BGH, VersR 2010, S. 683, 685; OLG Köln, Urteil vom 21.08.2009. Az. I-6 U 6/09, zitiert nach Juris, Rn. 14; OLG Köln, Urteil vom 18.03.2008, Az. 15 U 145/07, zitiert nach Juris, Rn. 38 f.; OLG Köln, Urteil vom 02.03.2007, Az. 19 U 181/06. zitiert nach Juris, Rn. 32; OLG Stuttgart, Urteil vom 08.07.2009, Az. 3 U 30/09 zitiert nach Juris; LG Mönchengladbach, Urteil vom 20.01.2009, Az. 5 S 110/08 sowie vom 13.01.2009, Az. 5 S 81/08).
Des Weiteren sind die Kosten für die Vollkaskoversicherung oder Haftungsbegrenzung grundsatzlich erstattungsfähig, da dem Geschädigten insoweit kein weitergehendes Risiko aufgebürdet werden darf (vgl. BGH NJW 2005, S. 1041, 1042 und BGH, NJW 2006, 360, 361).
Sie können auf Basis des Schwacke-Automobilpreisspiegels 2006 verlangt werden (vgl. OLG Köln, Urteil vom 02.03.2007, Az. 19 U 181/06 zitiert nach Juris Randnr. 33).
Bei der Berechnung ist das Postleitzahlengebiet 411 maßgebend, da das Gebiet des Modus-Ortes entscheidend ist, an dem das Fahrzeug angemietet und übernommen wird (vgl. BGH, VersR 2008, S. 699, 701 und BGH, VersR 2010, 683, 685).
Dies war hier in 41199 Mönchengladbach, wo sich die entsprechende Vermietstation befindet. Weiterhin ist der Ansatz nach dem sogenannten Modus-Wert vorzunehmen (vgl. OLG Karlsruhe VersR 2008, S. 92).
Zu berücksichtigen ist bei der Berechnung des Weiteren, dass die Schwacke-Werte insoweit dem Bruttomietzins inklusive Umsatzsteuer beziffern (vgl. AG Mönchengladbach-Rheydt Urteil vom 15.09.2009 Az. 20 C 81/09).
Soweit es sich dabei vorliegend um ein Firmenfahrzeug handelte, war darüber hinaus auch nicht zu beanstanden, dass ein Zuschlag für Zusatzfahrer entsprechend den 16 Tagen in Höhe von 147,90 € angesetzt wurde. Denn der Klägerin war das Fahrzeug in der Mietzeit so zur Verfügung zu stellen, wie es sie selber auch mit ihrem eigenen Fahrzeug genutzt hätte. Dazu gehört auch die freie Wahl zwischen mehreren Fahrern, die bei ihr angestellt waren.
Aufgrund der insoweit unstreitig angesetzten Dauer von 16 Tagen ist dies der Berechnung zugrunde zu legen.
Der Tatsache, dass bei der Abrechnung von Mietwagenkosten, die sich bei mehrtägiger Vermietung ergebenden Reduzierungen nach den Schwacke-Automietpreisspiegel nach Wochen-, 3 Tages- und Tagespauschalen anstelle einer Multiplikation des Tagessatzes mit der Anzahl der Miettage zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Köln NZV 07, 149 ff), hat die Klägerin im Rahmen ihrer Bezifferung bereits Rechnung getragen.
Ausgehend von der Anmietung für die Dauer von 16 Tagen unter Berücksichtigung des Schwacke-Automobilpreisspiegels 2006 – Modus-Wert für die Fahrzeuggruppe 4 im Postleitzahlengebiet 411.. ergibt sich dabei folgende Berechnung:
2 x Mietpreis Wochenpauschale á 452,59 € netto | 905,18 € |
2 Tage á 90,52 € netto | 90,52 € |
Zwischenergebnis: | 1.086,22 € |
abzüglich 10 % Eigenersparnis bei Anmietung gleicher Gruppe | – 108,62 € |
Zwischenergebnis | 977,60 € |
zuzüglich 20 % Zuschlag | 195,52 € |
zuzüglich Haftungsbefreiung Schwacke für 16 Tage | 147,90 € |
zuzüglich Kosten Zustellung und Abholung netto | 48,74 € |
Endsummen | 1.645,16 € |
abzüglich geleisteter Zahlung | 1.153,97 € |
Verbleiben | 491,19 € |
Soweit darüber hinausgehend Kosten geltend gemacht werden, sind diese unter Berücksichtigung der vorgenannten Rechtsprechung als nicht erforderlich anzusehen, so dass in der entsprechenden Höhe hinsichtlich des verbleibenden Teilbetrags die Klage abzuweisen ist.
Die Zinsanspruch ergibt sich aus dem §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Soweit das AG Mönchengladbach-Rheydt.