Mit Urteil vom 13.11.2008 hat das Amtsgericht Köln entschieden, dass weitere Mietwagenkosten in Höhe von 1.404,84 € zzgl. Zinsen zu zahlen sind, die Klage jedoch auch teilweise abgewiesen (Gesch.-Nr.: 266 C 65/08).
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten aus abgetretenem Recht Ersatz restlicher Mietwagenkosten aus einem Verkehrsunfall, der sich am 13.6.2007 ereignete und für den die Beklagte voll eintrittspflichtig ist.
Der Zeuge F. mietete für die Zeit vom 15.6.2007 bis zum 3.7.2007 bei der Klägerin ein Fahrzeug an. Für die Anmietung stellte die Klägerin eine Rechnung in Höhe von insgesamt 2.639,42 €. Auf diesen Betrag leistete die Beklagte vorprozessual einen Betrag in Höhe von 916,30 €. Den Rest verlangt die Klägerin mit der vorliegenden Klage.
Die Klägerin behauptet, das unfallbeschädigte Fahrzeug gehöre der Fahrzeuggruppe 5 an, das angemietete der Gruppe 4. Die vom Geschädigten F. beauftragte Reparaturfirma S. habe vor der Anmietung Vergleichsmieten ermittelt und die Klägerin als preisgünstigsten Anbieter festgestellt. Zwischen Unfall und Anmietung des Ersatzfahrzeugs hätten nur wenige Stunden gelegen. Der Zeuge F. sei nicht in der Lage gewesen, die Mietwagenkosten vorzufinanzieren; ihm habe keine Kreditkarte zur Verfügung gestanden. Die Klägerin ist der Ansicht, bei den von ihr in Rechnung gestellten Mietwagenkosten handele es sich um einen Normaltarif.
Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimatlon der Klägerin. Sie ist der Ansicht, die Abtretung der Schadensersatzansprüche an die Klägerin sei wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig und bestreitet, dass die Klägerin den Zedenten vor der Inanspruchnahme der Beklagten aufgefordert habe, die Mietwagenkosten zu begleichen. Die Mietwagenkosten seien zudem auch überhöht, da die Klägerin einen ungerechtfertigt hohen Unfallersatztarif geltend mache. Zur Schätzung eines Normaltarifs seien die Schwacke-Mietpreisspiegel 2006 und 2007 nicht geeignet, da diese aufgrund gravierender Erhebungsmängel nicht die tatsächliche Marktlage wiedergäben. Die Klägerin ermittele zudem die angeblich erforderlichen Mietpreise unter Zugrundelegung des unzutreffenden PLZ-Bereichs. Es seien 10% ersparte Eigenaufwendungen in Abzug zu bringen. Ein Zuschlag auf den Normaltarif sei hingegen nicht vorzunehmen. Die Beklagte bestreitet, dass dem Geschädigten ein Normaltarif nicht zugänglich gewesen sei
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Mietwagenkosten in Höhe von 1.404,84 € aus den §§ 7 Abs. i StVG, 3 Ziff. 1 PflVG i.d.F. v. 31.12.2007.
Die Klägerin ist zunächst zur Geltendmachung der Ansprüche aktivlegitimiert. Ein Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG ist nicht gegeben.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH Urteil vom 4.4.2006; Az, VI ZR 338/04 mit weiteren Nachweisen) bedarf der Inhaber eines Mietwagenunternehmens, das es geschäftsmäßig übernimmt, für unfallgeschädigte Kunden die Schadensregulierung durchzuführen, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG, und zwar auch dann, wenn er sich die Schadensersatzforderung erfüllungshalber abtreten lässt und die eingezogenen Beträge auf seine Forderungen gegen die Kunden verrechnet. Die Ausnahmevorschrift des Art. 1 § 5 Nr. 1 kommt ihm nicht zugute. Bei der Beurteilung, ob die Abtretung eine erlaubnispflichtige Besorgung von Rechtsangelegenheiten eröffnen soll, ist nicht aliein auf den Wortlaut der getroffenen Vereinbarung, sondern auf die gesamten zu Grunde liegenden Umstände und auf ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen, also auf eine wirtschaftliche Betrachtung, die es vermeidet, dass Art. 1 § 1 RBerG durch formale Anpassung der geschäftsmäßigen Rechtsbesorgung an den Gesetzeswortlaut und die hierzu entwickelten Rechtsgrundsätze umgangen wird. Wenn es dem Mietwagenunternehmer im Wesentlichen darum geht, die durch die Abtretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen, so besorgt er keine Rechtsangelegenheit des Kunden, sondern eine eigene Angelegenheit. Ein solcher Fall liegt aber nicht vor, wenn nach der Geschäftspraxis die Schadensersatzforderung des am Unfall beteiligten Kunden eingezogen wird, bevor dieser selbst in Anspruch genommen wird. Denn damit werden dem Geschädigten Rechtsangelegenheiten abgenommen, um die er sich eigentlich selbst zu kümmern hätte. Allerdings ist es auch nach der Rechtsprechung des BGH am angegebenen Ort durchaus zulässig, dem praktischen Bedürfnis nach einer gewissen Mitwirkung des Fahrzeugvermieters bei der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche des Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Schädigers Rechnung zu tragen.
Unter Beachtung der genannten Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass es der Klägerin bei der Einziehung der abgetretenen Forderung nicht um die Besorgung fremder Rechtsgeschäfte ging, sondern darum, die ihr eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen. Bereits In der Abtretungserklärung sind die Geschädigten daraufhingewiesen worden, dass sie sich selbst um die Schadensregulierung zu kümmern haben und dass ihre Verpflichtung zur Zahlung der Mietwagenrechnung durch die Abtretung nicht berührt werden. Außerdem hat sich die Klägerin nicht den gesamten Schadensersatzanspruch der Geschädigten abtreten lassen, sondern nur die Ersatzansprüche hinsichtlich der Mietwagenkosten. Diese Kriterien sprechen auch nach Ansicht des BGH gegen eine umfassende Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin der Beklagten schon von vornherein durch Übersendung der Rechnung Gelegenheit gegeben hat, die Verbindlichkeiten der Geschädigten direkt durch Zahlung auszugleichen. Darauf hat auch der BGH am angegebenen Ort hingewiesen, und zwar ebenso wie auf die Unschädlichkeit des Umstandes, wenn der Fahrzeugvermieter unmittelbar den Haftpfiichtversicherer in Anspruch nimmt, nachdem der Geschädigte auf eine Mahnung nicht reagiert hat.
Der Höhe nach bemisst sich der zu leistende Schadensersatz nach § 249 BGB. Hier muss sich die Klägerin Abzüge gefallen lassen, da sie der Höhe nach nicht mehr verlangen kann, als dem Geschädigten zugestanden hätte.
Nach der ständigen Rechtsprechung des 6. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs seit dem Jahr 2004 verstößt der Geschädigte bei der Anmietung eines Kraftfahrzeugs zu einem „Unfallersatztarif“, der gegenüber einem „Normaltarif teurer ist, nur dann nicht gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, wenn Besonderheiten mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem „Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am UnfalIgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u. ä.) veranlasst und Infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB erforderlich sind. Inwieweit dies der Fall ist, hat grundsätzlich der bei der Schadenabrechnung nach § 287 ZPO freigestellte Tatrichter – ggfls, nach Beratung durch einen Sachverständigen – zu schätzen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Aufschlag auf den „Normaltarif in Betracht kommt. Unter einem „Normaltarif versteht man einen Tarif für Seibstzahler, der unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gebildet wird. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Tatrichter die Kalkulation des konkreten Mietwagenunternehmens nachvollzieht. Vielmehr kann sich die Prüfung darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein einen Aufschlag rechtfertigen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Aufschlag auf den „Normaltarif in Betracht kommt, etwa auf der Grundlage des gewichteten Mittels des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ im Postleitzahlengebiet des Geschädigten. Ergibt die Prüfung, dass der Unfallersatztarif im geltend gemachten Umfang als Herstellungsaufwand nicht objektiv erforderlich war, kann der Geschädigte im Hinblick auf die gebotene subjektbezogene Schadensbetrachtung den übersteigenden Betrag nur ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage -kein wesentlich günstigerer „(Normal-)Tarif ohne weiteres zugänglich war. Dabei kommt es für die Frage der Erkennbarkeit der Tarifunterschiede für den Geschädigten insbesondere darauf an, ob ein vernünftiger und wirtschaftlich denkender Geschädigter unter dem Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebots zu einer Nachfrage nach einem günstigeren Tarif gehalten war (vgl. zum Vorstehenden OLG Köln, Urteil vom 18.3.2008, Az: 15 U 145/07, zit. nach juris).
Unter Beachtung der vorliegenden Grundsätze konnte der Geschädigte vorliegend nicht den Ersatz eines ihm etwa in Rechnung gestellten Unfallersatztarifs von der Beklagten verlangen, da keine besonderen Leistungen der Klägerin in bezug auf die konkrete Unfallsituation erfolgten. Dementsprechend verlangt die Klägerin auch den Ersatz des sogenannten Normaltarifs.
Es bestehen grundsätzlich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Bedenken, diesen Normaltarif auch auf der Grundlage des „Schwacke-Mietpreisspiegels“ 2006 zu schätzen, falls nicht anhand konkreter Tatsachen aufgezeigt wird, dass sich die geltend gemachten Mängel der Schätzgrundlage auf den zu entscheidenden Fall auswirken (vgl. BGH, Urteil vom 11.3.2008; VI 2R 164/07, zit. nach juris). Auch bestehen nach der vorgenannten Entscheidung keine Bedenken, zum Vergleich die Tarife für das Postleitzahlengebiet heranzuziehen, in dem die Anmietung des Mietwagens erfolgte und nicht diejenigen, die für den Wohnort des Geschädigten gelten, da bei der Prüfung der Mietwagenkosten grundsätzlich das Preisniveau an dem Ort maßgebend ist, an dem das Fahrzeug angemietet und übernommen wird.
Eine Überprüfung des hier zu entscheidenden Falls anhand der für den Unfalltag maßgeblichen Schwackeliste 2007 ergibt jedoch konkret Anhaltspunkte dafür, dass diese keine taugliche Schätzgrundlage für den zu entscheidenden Fall sein kann. Im Postleitzahlengebiet 411 soll der für die Fahrzeuggruppe 5 zu zahlende – und hier für die Beurteilung maßgebliche – Wochentarif 907,97 € brutto (= 763,- € netto) betragen. Demgegenüber betrug der Wochenpreis im Jahr 2003 im gewichten Mittel bei der selben Fahr-zeuggruppe 558,- € brutto (= 481,- € netto). Einen nahezu 60%-igen Aufschlag auf den Nettopreis innerhalb dieses Zeitraums erscheint dem Gericht nicht nachvollziehbar. Für ein Fahrzeug der Fahrzeuggruppe 4, das die Klägerin ihrer Abrechnung zugrunde legen will, ist angeblich eine Preissteigerung von über 40% zu verzeichnen. Allerdings kann dies nach Ansicht des Gerichts nicht dazu führen, dass die von der Beklagten vorgelegte Fraunhofer-Erhebung der Schadensschätzung zugrunde gelegt wird, ohne dass verkannt wird, dass diese durch das Oberlandesgericht Köln in den dort zu entscheidenden Fällen als Schätzgrundlage anerkannt wurde (vgl, OLG Köln; Urteil vom 15.8.2008; Az.: 6 U 115/08; zit. nach Juris). Die Studie des Fraunhofer Instituts ermittelt für die Fahrzeugklasse 5 und das PLZ-Gebiet 411 einen mittleren Wochenpreis von 274,62 € brutto (= 230,77 € netto). Für die Fahrzeuggruppe 4 soll ein Wochenpreis von 262,79 € (=220,17 € netto) gelten. Weshalb die Mietpreise von 2003 an um mehr als die Häffte gesunken sein sollen, erschließt sich dem Gericht ebenfalls nicht und wurde auch von der Beklagten nicht dargelegt.
Aufgrund der vorstehenden Zweifei wendet das Gericht auf den hier zu entscheidenden Fall den Schwacke-Mietpreisspiegel 2003 als Schätzgrundlage an. Dieser wurde allgemein anerkannt, wie dem Gericht aus einer Vielzahl von entschiedenen Fällen bekannt ist und wie auch das Landgericht Dortmund in seiner von der Beklagten zitierten Entscheidung angenommen hat. Aufgrund der seitdem erfolgten Preissteigerung/Inflation pp. ist ein pauschaler Aufschlag auf die dort genannten Preise vorzunehmen, mit dem etwaige Risiken der Vorfinanzierung, Ausfall der Forderung durch falsche Bewertung des Unfallgeschehens, erhöhter Verwaltungsaufwand durch Korrespondenzen mit dem Haftpflichtversicherer und dem Mieter pauschal mit abgegolten sind, ohne dass diese vorliegend aufgeklärt werden müssen. Entsprechend der von einem anderen Senat des Oberiandesgerichts Köln zu dieser Frage ergangenen Entscheidung nimmt das Gericht vorliegend einen 20%-igen Aufschlag vor und legt auch die dort befürwortete Abrechnungsweise zugrunde, wonach nicht der Tagestarif multipliziert wird, sondern jeweils für eine Woche der Wochentarif, dann ggfs. die Dreitagespauschale oder der Tagessatz addiert werden. Dementsprechend werden auch die Nebenkosten wie z.B. Haftungsbefreiung nach den vorgenannten Zeiteinheiten berücksichtigt, ohne dass hierzu ein pauschaler Aufschlag vorzunehmen wäre (vgl. zum Vorstehenden ausführlich: OLG Köln, Urteil vom 2,3.2007; NZV 2007, S. 199). Dass das Fahrzeug des Geschädigten F. in die Fahrzeuggruppe 5 und das angemietete in Fahrzeuggruppe 4 eingeordnet werden kann, hat die Klägerin durch Vorlage der jeweiligen Kfz-Scheine nachvollziehbar gemacht. Der nachstehenden Berechnung ist daher unter Annahme der Fahrzeuggruppe 4 ohne einen 10%-igen Abschlag für ersparte Eigenaufwendungen erstellt worden.
Im Ergebnis ist daher abzurechnen wie folgt:
2 x Wochentarif zu je 469,- € netto: 938,00 €
1 x Dreitagestarif zu netto: 243,10 €
2 x Tagestarif zu je 81,- € netto: 162,00 €
1.343,10 €
zzgl. 20%= 1.611,72 €
Zustellen, Abholen jeweils 13.80 € netto: 27,60 €
Vollkasko 2 x Wochentarif zu je 114,66 netto: 229,32 €
Vollkasko 1 x Dreitagestarif zu netto: 49,14 €
Vollkasko 2 x Tagestarif zu je 16,38 € netto: 32,76 €
Nettoergebnis: 1.950,54 €
Zzgl. 19%MWSt: 2.321,14 €
Abzüglich der von der Beklagten geleistete Betrag von 916,30 € verbleibt der ausgestellte Betrag in Höhe von 1.404,84 €.
Soweit das AG Köln, dass die Anwendung der Schwacke-Liste bejaht und unter Hinweis auf die Ansicht des OLG Köln die Anwendung der Fraunhofer Tabelle ablehnt. Ausserdem entwickelt die zuständige Richterin noch interessante Gedanken zur Sicherheitsabtretung.