Mit Urteil vom 01.10.2010 (11 C 172/10) hat das Amtsgericht Kempen die VHV Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 290,73 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht legt den Normaltarif der Schwacke-Liste zugrunde und lehnt die Anwendung der Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist gemäß § 115 VVG in Verbindung mit § 1 Pflichtversicherungsgesetz und § 7 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB begründet.
Die Beklagte ist verpflichtet, die restlichen Mietwagenkosten und die Spitze nebst zuerkannten Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe an den Kläger zu zahlen.
Unstreitig trifft die Beklagte die Haftung für den dem Kläger entstandenen Schaden. Dabei ist der Geschädigte verpflichtet gewesen, bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges das Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 254 BGB zu beachten. Er war gehalten, im Rahmen des Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg zu wählen.
Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt erhaltlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges nur grundsätzlich den günstigeren Mietwagenpreis ersetzt verlangen kann.
Die ihm zumutbare Marktforschung hat der Kläger nicht betrieben. Der ihm entstandene Schaden ist deshalb gemäß § 287 ZPO zu schätzen.
Dabei wendet das Gericht den Schwackeautomietpreisspiegel im Postleitzahlengebiet des Geschädigten an. Hieraus ergibt sich unstreitig, dass jedenfalls die vom Kläger geltend gemachten Kosten ortsüblicherweise aufzuwenden gewesen wären.
Die Schwackeliste hat das Gericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Landgerichts Krefeld (3 S 22/09) und einen gewichtigen Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung (zuletzt BGH in DAR 2010, 323) als Schätzungsgrundlage gewählt. Soweit die Beklagte der Auffassung ist, der Schwackemietpreisspiegel 2009 sei keine taugliche Bemessungsgrundlage für den Normaltarif, sondern es sei auf den Marktspiegel Mietwagen Deutschland des Fraunhofer Institutes abzustellen, kann dem nicht gefolgt werden.
Derartige Schätzungsgrundlage für die Ermittlung des Normaltarifes gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden. Dabei kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der Schwackemietpreisspiegel im Postleilzahlengebiet des Geschädigten angewendet werden, solange nicht konkrete Tatsachen Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage aufzeigen, die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken.
Letzteres geschieht nicht durch den Verweis auf die Studie des Fraunhofer Institutes.
Nach Auffassung des Gerichts ist diese Studie nicht geeigneter als die Erhebung nach Schwacke. Diese Erhebung erfolgt in einem räumlich wesentlich weitläufigeren Postleitzahlengebiet. Es ist gerichtsbekannt, dass vornämlich in Ballungsgebieten, In denen neben Städten auch ländlichere Regionen vorhanden sind, welche der Postleitzahl die beiden ersten Ziffern gemeinsam haben, ein starkes Gefälle der jeweiligen Mietpreise herrscht. Dies führt zu einer Verfälschung der Durchschnittswerte. Außerdem sind Daten über Internet erhoben worden, wobei sich außerdem (teilweise) Abschläge aufgrund einer notwendigen Vorbuchzeit finden. Auch hierdurch sind Verzerrungen gegeben Der Geschädigte ist nämlich regelmäßig auf den jeweiligen ihm zugänglichen „Vor-Ort-Tarif“ angewiesen, welche bereits unter dem Gesichtspunkt der Planbarkeit für das vermietete Unternehmen gegenüber einem Internettarif erhöht ist.
Dies führt zur anlassgemäßen Verurteilung.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Soweit das AG Kempen.