Mit Urteil vom 17.11.2008 (2 C 421/08) hat das AG Offenburg zur Zahlung weiterer 1.036,62 € zzgl. Zinsen sowie weiterer RA-Kosten verurteilt. Mit besonderer Deutlichkeit wurde die Anwendung der Fraunhofer Tabelle abgelehnt.
Aus dem Urteil:
Die Parteien streiten um restliche Mietwagenansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich am 05. Juli 2006 in Offenburg zugetragen hat.
Vorgerichtlich hat die Beklagte 1.345,70 EURauf die Mietwagenkosten reguliert.
Die Klägerin, die aus abgetretenem Recht klagt, vertritt die Auffassung, dass ihre Vorgehensweise nicht gegen das RDG verstoße. Des weiteren sei es zulässig die erstattungsfähigen Mietwagenkosten aufgrund des Schwacke Mietpreisspiegels 2006 zu errechnen zuzüglich eines Aufschlages in Höhe von 20 % wegen des unfallbedingten Mehraufwands. Sie beantragt von daher, die Beklagte zu verurteilen an sie 1.480,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07. September 2006 und 20,00 EUR Mahnkosten sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 156,50 EUR zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Unabhängig davon, dass ein Verstoß gegen das RDG vorliege, habe eine Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten auf der Grundlage des Mietwagen-Marktpreisspiegeis des Fraunhofer-Instituts zu erfolgen. Die insoweit anfallenden Kosten seien jedoch bereits vollständig reguliert worden.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet; der Klägerin stehen aufgrund des Unfallereignisses vom 05. Juli 2006 in Offenburg weitere Mietwagenkosten gegen die Beklagte in Höhe von 856,83 EUR gemäß den §§ 7, 17 StVG, 823, 249 ff., 398 BGB i.V.m.§115Abs. 1 WG zu.
Entgegen der Auffassung der Beklagten verstößt die Klägerin nicht gegen das RDG. Vorliegend geht es nicht um die Bearbeitung von Verkehrsunfallsachen im Allgemeinen, sondern lediglich um die Regulierung noch offener Mietwagenkosten. Die ausschließliche Einstandspflicht der Beklagten ist unstreitig. Lediglich hinsichtlich der Höhe der erstattungsfähigen Mietwagenkosten ist mithin eine rechtliche Prüfung erforderlich. Da sich die Mietwagenunternehmen derzeit aufgrund des Regulierungsverhaltens der Versicherungen ständig mit der aktuellen Rechtsprechung auseinandersetzen müssen, um die erstattungsfähigen Tarife im Unfallersatzgeschäft zu ermitteln bzw. das Prozessrisiko einer Klage gegen den Mieter abschätzen zu können, sind die diesbezüglichen Rechtskenntnisse für die Haupttätigkeit eines Mietwagen Unternehmens erforderlich i.S.d, § 5 I RDG und gehören somit zu den erlaubten Rechtsdienstleistungen. Im Übrigen wurde der Geschädigte zuvor erfolglos zum Ausgleich der noch offenen Mietwagenrechnung aufgefordert, weshalb auch insoweit ein Vorgehen der Klägerin aus der Sicherungsabtretung gerechtfertigt ist.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Hierbei ist der Geschädigte gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass ihn eine Erkundigungspflicht trifft und dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann. Diesen „Normaltarif schätzt das Amtsgericht Offenburg aufgrund der ständigen Rechtsprechung des Landgerichts Offenburg in Ausübung seines tatrichterlichen Ermessens nach § 287 ZPO auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlgebiet des Geschädigten. Diese Schätzgrundlage hat der BGH mit Senatsurteil vom 24. Juni 2008 Az. VI ZR 234/07 ausdrücklich anerkannt. Von daher sieht das Gericht keinerlei Grund von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen.
Zwar bringt die Beklagte vor, dass die Erhebungen der sog. Schwacke-Liste lediglich auf einer Sammlung schriftlicher Angebotspreise der Autovermieter basierten und nicht auf – wie der Studie des Fraunhofer Instituts zugrunde gelegten – tatsächlichen Marktpreisen. Es ist jedoch nicht Aufgabe des Tatrichters, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage nachzugehen, zumal hinsichtlich der Studie des Fraunhofer Instituts zu beachten ist, dass es sich um ein von dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft in Auftrag gegebenes Gutachten handelt und die Studie somit als Privatgutachten zu behandein ist. Die Studie verfolgt erkennbar den Zweck, die einem Geschädigten zuzuerkennenden Mietpreise weiter „nach unten zu drücken“. Im Übrigen gilt es zu beachten, dass die Liste des Fraunhofer Instituts den Markt im Jahr 2008 abbildet, mithin keine Schätzgrundlage für das Unfalljahr 2006 sein kann.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist jedoch ein zum Normaltarif hinzutretender 20 %iger Aufschlag vorliegend nicht gerechtfertigt.
Die Klägerin führt lediglich allgemeine Gesichtspunkte an, die zu einer Verteuerung des Unfallersatztarifes führen. Dafür, dass sie im konkreten Fall berechtigt gewesen wäre, zum Unfallersatztarif anzumieten und nicht auf den allgemein zugänglichen Normaltarif hätte zurückgreifen können, fehlen jedoch jegliche Ausführungen. Dies gilt umso mehr, als der streitgegenständliche Unfall an einem Mittwoch stattgefunden hat und nicht an einem Wochenende.
Des weiteren hat sich die Klägerin, obwohl ein klassentieferes Fahrzeug angemietet wurde, Eigenerspamiskosten in Höhe von 3 % anrechnen zu lassen, da eine Eigenersparnis beim Geschädigten unabhängig von der Größe des angemieteten Fahrzeugs eintritt.
Von daher belaufen sich die erstattungsfähigen Mietwagenkosten auf 2.382,32 EUR. Unter Berücksichtigung der vorgerichtlich geleisteten Zahlung über 1.345,70 EUR waren der Klägerin mithin noch weitere 1.036,62 EUR zuzuerkennen.
So die überzeugenden Ausführungen des AG Offenburg. Noch einmal die Kernsätze:
„….zumal hinsichtlich der Studie des Fraunhofer Instituts zu beachten ist, dass es sich um ein von dem Gesamtverband der Versicherungswirtschaft in Auftrag gegebenes Gutachten handelt und die Studie somit als Privatgutachten zu behandein ist. Die Studie verfolgt erkennbar den Zweck, die einem Geschädigten zuzuerkennenden Mietpreise weiter „nach unten zu drücken.“
Hallo Babelfisch,
schon wieder wurde der Tabelle des Fraunhofer-Institutes die rote Karte gezeigt. Bei so vielen Urteilen, die die Fraunhofer-Tabelle ablehnen, kann jetzt gesagt werden, dass die besagte Tabelle tot ist.
Mit freundlichen Grüssen
Friedhelm S.