Mit Urteil vom 17.12.2008 (1 O 731/07) hat das LG Dresden die Beklagten zur Zahlung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 5.332,08 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht spricht hier die Kosten für mehr als 2 Monate Mietdauer zu, dabei lehnt es deutlich die Anwendung der Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
I. Die Klage ist im Wesentlichen begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von Euro 5.332,08 gemäß § 7 StVG, § 3 Nr. 1 PflichtVersG, § 249 BGB.
1. Die Beklagte hat unstreitig aufgrund des Verkehrsunfalls vom 12.04.2006 auf der B 170 in Dresden wegen alleiniger Unfallverursachung durch ihren Versicherungsnehmer in Höhe von 100 % für den verursachten Schaden aufzukommen.
2. Dies betrifft auch im Wesentlichen die weiteren Mietwagenkosten.
Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB hat der Ersatzpflichtige den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag zu leisten. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind dies diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Bestehen danach mehrere Wege zur Herstellung, hat der Geschädigte im Rahmen des Zumutbaren den wirtschaftlicheren zu wählen (vgl. Palandt/Heinrich, BGB, 67. Aufl., § 249, Rn. 31). Grundsätzlich sind die geltend gemachten Mietwagenkosten zu ersetzen, da der Kläger sein Fahrzeug aufgrund des Unfalls mangels Verkehrstauglichkeit nicht welter nutzen konnte. Laut vorgelegtem Gutachten lagen die Reparaturkosten in Höhe von Euro 14.851,33 brutto und der Wiederbeschaffungswert bei Euro 16.725,00.
a)Der Kläger war als Versicherungsmakler auch dringend auf die tägliche Nutzung angewiesen, was sich auch aus der Kilometerlaufleistung des Mietwagens für den fraglichen Zeitraum ergibt.
b)Ferner hat der Kläger auch mit der Streithelferin wirksam am 10.04.2006 einen Mietvertrag über die Anmietung eines Scenic, amtl. Kennzeichen ….. abgeschlossen. Aus dem vorgelegten Mietvertrag ergibt sich, dass die Parteien sich über alle wesentlichen Vertragsbestandteile, das heißt, Vertragspartner, Mietobjekt und Mietpreis, geeinigt haben. Es war ein Mietpreis von Euro 140,00 netto /Tag zzgl. Euro 25,00/Tag Haftungsbefreiung vereinbart worden.
Auch bei der Verlängerung der Anmietung am 25.04.2006 haben sich die Parteien über den weiteren Preis geeinigt. Der Kläger hat am 27.04.2006 telefonisch die Verlängerung des Mietvertrages begehrt. Der Zeuge X hat ihm den Preis von Euro 75,00 netto/Tag sowie Haftungsbefreiung von Euro 25,00 mitgeteilt und der Kläger hat unter dieser Prämisse den Wagen weiter genutzt und damit seine Einwilligung erklärt. Dies hat der Zeuge X glaubhaft bekundet.
c) Der Kläger kann auch für den gesamten Zeitraum vom 12.04.2006 bis zum 16.06.2006 die Mietwagenkosten ersetzt verlangen, da er die längere Nutzungsdauer nicht verursacht hat.
Der Unfall erfolgte am 12.04.2006. Erst nach Erhalt des Sachverständigengutachtens über den Unfallschaden am 19.04.2006 war der Kläger in der Lage, eine Entscheidung zu treffen, das heißt, ob eine Reparatur durchgeführt wird oder der Kauf eines Ersatzfahrzeuges. Unter Berücksichtigung einer ihm zuzugestehenden kurzen Überlegungsfrist hat der Kläger sich am 21.04.2006 für die Bestellung eines Neufahrzeuges entschieden, wobei er von einer Wartezeit von ca. 4 Wochen ausgehen musste aufgrund der Angaben des Autohauses. Dies hat der Zeuge Y glaubhaft bekundet. Er hat dazu angegeben, dass es damals bei Renault so gewesen sei, dass 4 Wochen Lieferzeit von Renault angepeilt worden seien. Er könne sich auch an das Gespräch mit dem Kläger erinnern. Er habe ihm damals gesagt, dass ein Erfahrungswert von 4 Wochen Lieferzeit vorliege und dass Renault in der Regel auch versuche, diese 4 Wochen einzuhalten.
Der Kläger war berechtigt, sich eine gleichwertige Ersatzsache zu beschaffen und musste sich nicht auf die Möglichkeit der Reparatur verweisen lassen, da die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und Restwert nicht höher als der in Form einer Reparatur zu leistende Ersatz war (vgl. Palandt, BGB, § 249, Rn. 28). Hier war es vorliegend so, dass der Wiederbeschaffungswert Euro 16.725,00 betrug, der Restwert Euro 6.500,00 und die Reparaturkosten sich dagegen auf Euro 14.851,33 belaufen sollten.
Auch handelt es sich bei dem bestellten Fahrzeug um ein vergleichbares Fahrzeug im Verhältnis zum verunfallten Fahrzeug . Dies steht fest aufgrund des eingeholten Gutachtens der DEKRA des Sachverständigen Dipl.-Ing…. Der Sachverständige hat nachvollziehbar dargetan, dass der verunfallte PKW des Klägers, ein PKW Renault Grand Scenic 1.9 dCi Dynamique, mit 7 Sitzplätzen, mit dem neu bestellten PKW vergleichbar sei. Bei dem gekauften PKW handelte es sich um einen Renault Grand Scenic 1,9 dCi FAP Avantage, also ebenfalls um einen Renault vom Typ Grand Scenic, wobei die Fahrzeuge in Bezug auf Leistung und Hubraum gleichwertige Fahrzeuge seien, was ebenfalls für die Sonderausstattung gelte.
Der Kläger konnte mit der Beklagten auch über die tatsächliche Nutzungsdauer abrechnen und musste sich nicht auf die angegebene Reparaturdauer im vorgelegten Gutachen beschränken, da er hier die Reparatur nicht durchgeführt hat, sondern berechtigterweise sich für die Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges entschieden hat. Soweit die Beklagte auf die Entscheidung des BGH vom 15.07.2003, VI ZR 361/02, abstellt, ist diese Entscheidung nicht vergleichbar. Es lässt sich auch nicht entnehmen, dass zwingend in Gänze entweder fiktiv oder anhand der tatsächlich angefallenen Kosten abzurechnen ist.
Auch für den Zeitraum vom 21.04. bis 18.06.2006 ist die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges erstattungsfähig, weil der Kläger in der in Aussicht gestellten Lieferzeit von 4 Wochen kein vergleichbares Ersatzfahrzeug auf dem regionalen Gebrauchtwagenmarkt hätte erwerben können. Der Sachverständige hat dargetan, dass in der fraglichen Zeit in den recherchierten Zeitschriften kein einziges Fahrzeug Typ Renault Grand Scenic 1.9 dCi angeboten worden sei. Die angebotenen Fahrzeuge hätten sich, wenn, immer auf einen 5-Sitzer bezogen. Dies war auch für den Sachverständigen nachvollziehbar, da der Grand Scenic 1.9 dCi zum Unfallzeitpunkt erst 2 Jahre auf dem Markt gewesen sei. Auch wenn man einen Vergleich zum aktuellen Markt anstelle, stände – laut Sachverständigen -auch auf dem regionalen Markt kein vergleichbares Fahrzeug, das heißt, ein 2 Jahre alter Grand Scenic Diesel, 7-Sitzer, zur Verfügung. Insoweit war die von dem Kläger angepeilte Wiederbeschaffungsdauer von 4 Wochen als angemessen anzunehmen.
Die Verlängerung der Auslieferungszeit war für den Kläger auch nicht vorhersehbar, da dies aus Gründen erfolgte, die beim Autohersteller lagen. Dies hat der Zeuge Y glaubhaft bekundet.
d) Die Mietwagenkosten der Höhe nach sind auch im wesentlichen als Aufwendungen erstattungfähig, da der Kläger sie als notwendig und zweckmäßig ansehen durfte. Dieser Pflicht genügt der Geschädigte, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis und Einflussmöglichkeit im Rahmen des Zumutbaren nicht möglich war, auf dem örtlichen und zeitlich relevanten Markt, einen PKW preisgünstiger zu mieten (vgl. Palandt/Heinrichs, § 249, Rn. 31 a). Dabei ist der Geschädigte zur Einholung von Vergleichsangeboten zu dem streitgegenständlichen Tarif vor der Anmietung verpflichtet, wenn er Bedenken gegen die Angemessenheit des ihm angebotenen Tarifs haben muss. Davon ist auszugehen, wenn der angebotene Tarif erheblich von den in der Schwackeliste angezeichneten Tarifen nach oben abweicht (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 19.02.2007, Az, 7 U 720/06; BGB-Urteil vom 04.07.2006, Az. VI ZR 237/05). Das ist vorliegend nicht der Fall. Dabei ist auszugehen von den in Rechnung gestellten Tarifen, die vorliegend geltend gemacht werden. Der Kläger hat unstreitig ein Fahrzeug der Gruppe 5 angemietet, wobei sein verunfalltes Fahrzeug der Gruppe 6 angehörig ist.
Der von der Streithelferin abgerechnete Tagespreis von Euro 130,50 brutto für die ersten 7 Tage liegt unterhalb des Normaltarifes für Gruppe 6, sowohl unter dem Modusbetrag von Euro 145,00 als auch unter der arithmetischen Mitte von Euro 132,00. Bezüglich der Gruppe 5 liegt der Tagespreis lediglich 10 % über dem entsprechenden Modus von Euro 119,00 und 15 % von der arithmetischen Mitte von Euro 113,00. Der Kläger brauchte daher keine Bedenken gegen die Angemessenheit der Mietwagenkosten zu haben. Dies gilt auch für die weitere Anmietung.
Der Kläger konnte bis zum 21.04.2006 eine Anmietung zu Tagessatzpreisen durchführen, da der Kläger das Schadensgutachten erst am 19.04.2006 erhalten hat und ihm eine gewisse Bedenkzeit zugestanden werden musste. Ab dem 21.04.2006, nach Bestellung des Neufahrzeuges, hätte der Kläger sich um Wochentarife kümmern müssen, da mit einer Bestelldauer von 4 Wochen zu rechnen war.
Der Kläger hat für die erste Woche ab dem 22.04,2006 einen Betrag von Euro 734,28 gezahlt, der sich wie folgt zusammensetzt:
-4 Tage a‘ Euro 102,00 netto
-3 Tage a‘ Euro 75,00 netto
= Euro 633,00
– zzgl. MWSt. = Euro 734,28 brutto.
Dieser Betrag liegt noch im Rahmen des Normaltarifes für eine Woche. Nach der Schwackeliste beträgt der Modus Euro 725,00 und die arithmetische Mitte bei Euro 741,00, dies betrifft Gruppe 6.
Bei der Gruppe 5 beziehen sich die Kosten nach der Schwackeliste für eine Woche im Modus auf Euro 595,00 und in der arithmetischen Mitte auf Euro 633,00. Für den weiteren Zeitraum hat der Kläger laut Mietvertrag für Euro 75,00/Tag angemietet, was einen Gesamtpreis in der Woche von Euro 609,00 brutto ergibt. Dieser Preis liegt, sowohl unerheblich über dem Modus von Euro 595,00 der Gruppe 5 der Schwackeliste und unterhalb des arithmetischen Mittels von Euro 633,00 als deutlich unter den Angaben der Gruppe 6. Insoweit war der Kläger nicht verpflichtet, weitere Tarife zu überprüfen.
Dabei war hier auch nicht, wie von Beklagtenseite vorgetragen, die Bewertung anhand der vom Frauenhofer Institut ermittelten Preise zugrunde zu legen, da die Beklagte schon nicht mit konkreten Tatsachen aufgezeigt hat, dass geltend gemachte Mängel der Schwackeliste sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken können. Im Übrigen erscheint hier die Frauenhofer Liste auch nicht angemessen, da die Beklagte nicht dargetan hat, dass unter Berücksichtigung der erfolgten Kilometerleistung von über 11.000 km und der Nutzung im Ausland die vom Frauenhofer Institut ermittelten Preise überhaupt repräsentativ waren. Der Marktpreisspiegel des Frauenhofer Institutes räumt auch unbestritten ein, dass die Datenbereitstellung der Studie ohne Anspruch auf Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit erfolgt ist. Auch ist ersichtlich, dass dieser Marktpreisspiegel für sehr viel weiträumigere Postleitzahlengebiete die Durchschnittspreise zusammenfasst, als dies bei der Schwackeliste der Fall ist, die nach den ersten 3 Ziffern differenziert. Soweit sich daher die Beklagte auf die dort angegebenen Mietwagenpreise stützt, kann daraus nicht geschlossen werden, dass zu diesem Preisen tatsächlich eine Anmietung, auch unter Berücksichtigung des Auslandsbezuges und der Kilometerleistung hätte angemietet werden können.
Ferner sind auch die Vollkaskokosten zu erstatten, da das Fahrzeug der Klägers selber voll-kaskoversichert war. Dies gilt jedoch nur bis zum 11.05.2006, da zu diesem Zeitpunkt das alte Fahrzeug stillgelegt worden ist und es sich dann um Sowiesokosten handelt. Dies bedeutet, dass erstattungsfähig sind bis zum 26.04.2006 Kosten von Euro 25,00 netto/Tag an Haftungsbefreiung und vom 27.04. bis zum 11.05.2006 von je Euro 20,00/Tag zzgl. Mehrwertsteuer.
Dies ergibt insgesamt einen zu erstattenden Betrag wie folgt:
Vom 12.04.2006 bis zum 26.04.2006:
– 1 Tag Mietwagen (12.04.2006) 67,50 €
– 7 Tage Mietwagenkosten á Euro 112,50 787,50 €
– 7 Tage Mietwagenkosten á Euro 102,00 714,00 €
– 15 Tage Haftungsbefreiung á Euro 25,00 375,00 €
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1.944,00 €
-zzgl. 16%MWSt. 311,04 €
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Gesamtbetrag 2.255,04 €
Vom 27.04. bis 16.06.2006:
– 51 Tage Mietwagenkosten á Euro 75,00 3.825,00 €
– 15 Tage Haftungsbefreiung á Euro 20,00 300,00 €
– zzgl. 16 % MWSt 660,00 €
Gesamtbetrag: 4.785,00 €
Von diesen beiden Beträgen sind die erstatteten Mietwagenkosten in Höhe von Euro 1.585,3 € abzuziehen, sodass sich noch ein Betrag von Euro 5.454,68 ergibt.
e) Es ist jedoch ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen in Höhe von 10% vorzunehmen, soweit sich die Tarife Im Rahmen der Gruppe 6 nach Schwackeliste hielten. Dies betrifft die Anmietungspreise vom 12.4.bis 19.4. und vom 22,4. bis zum 28.4,2006 in Höhe von insgesamt 1.726,08 brutto. Davon sind 10%, d.h., Euro 172,60 als ersparte Aufwendungen abzuziehen.
Ein weiterer Abzug kam nicht in Betracht, da im Weiteren die Anmietung im Rahmen der Gruppe 5 erfolgte zum Normaltarif und das Fahrzeug des Klägers zur Gruppe 6 zuzuordnen war.
f) Der Kläger ist auch nicht vorsteuerabzugsberechtigt und kann daher auch die angefallene Mehrwertsteuer ersetzt verlangen. Dies hat der Kläger mit Schreiben seines Steuerberaters (Bl. 80 a) belegt.
g) Nicht erstattungsfähig ist der weiter geltend gemachte Nutzungsausfall für den Zeitraum vom 17.06. bis 19.06.2006. Die Geltendmachung des Nutzungsausfalls für den 19.06.2006 scheidet schon aus, da an diesem Tag das Neufahrzeug des Klägers zugelassen worden ist und von Klägerseite für den 17. und 18.06.2006 ein Nutzungswille nicht dargetan worden ist.
h) Ferner hat der Kläger Zustell- und Abholkosten von insgesamt Euro 80,00 geltend gemacht. insoweit hat auch der Zeuge bekundet, dass das Fahrzeug tatsächlich zum Kläger nach Dresden gebracht worden ist vom Sitz der Firma in G. und auch wieder geholt worden sei. Die Kosten liegen jedoch deutlich über dem Bundesdurchschnitt bei einem Modus von Euro 25,00 und der arithmetischen Mitte von Euro 21,00. Insoweit Ist von einer Ortsüblichkeit dieses Tarifes nicht auszugehen und lediglich die Werte entsprechend der Schwackeliste anzusetzen.
Erstattungsfähig ist hier lediglich ein Betrag daher von Euro 50,00, geschätzt anhand der Schwackeliste gemäß § 287 ZPO.
J) Ferner kann der Kläger die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten erstattet verlangen, da diese zur Durchsetzung des Schadens erforderlich waren, jedoch nur bezogen auf einen Gegenstandwert von Euro 5.332,08, was eine Gebührenforderung von Euro 281,44 ergibt.
Die Rechtsanwaltskosten sind auch vom Prozessbevollmächtigten mit Rechnung vom 31.01.2005 gegenüber der Rechtsschutzversicherung des Klägers geltend gemacht worden. Diese Kosten wurden von der Rechtsschutzversicherung des Klägers übernommen, wobei gemäß Schreiben (Anlage K 25) der Rechtsschutzversicherung vom 30.05.2007 der Kläger berechtigt ist, diese Anwaltskosten im eigenen Namen geltend zu machen.
Soweit das LG Dresden.