Mit Urteil vom 29.12.2008 (343 C 30207/08) hat das AG München die HDI Direkt Versicherung AG zur Zahlung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 178,94 € zzgl. Zinsen verurteilt. Auch beim AG München gilt die Schwacke-Liste, die Fraunhofer Tabelle findet keine Anwendung, im Gegensatz zur Ansicht des OLG München.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist vorliegend teilweise begründet. Der Kläger hat einen weiteren Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe von EUR 178,94.
Als Geschädigte kann er nach § 24 9 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf (ständige Rechtsprechung vgl. BGHZ 160, 377, 383). Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.
Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann (zusammenfassend BGH vom 11.03.2008, VI ZR 164/07). Der Kläger kann die Mietwagenkosten für eine Woche zum Normaltarif ersetzt verlangen. Das Gericht schätzt den Normaltarif im Sinne von § 287 ZPO anhand der Schwacke-Liste 2006. Der Bundesgerichtshof hat die Schwacke-Liste 2006 als mögliche Schätzungsgrundlage für den Tatrichter anerkannt (BGH vom 11.03.2008, VI ZR 164/07). Die Schwacke-Liste ist eine mögliche Schätzungsgrundlage. Erhebliche Einwendungen gegen die Schwacke-Liste wurden von der Beklagten nicht vorgebracht. Erforderlich wäre das Aufzeigen von konkreten Tatsachen, dass sich die geltend gemachten Mängel auf den entscheidenden Fall auswirken. Entsprechende konkrete Tatsachen wurden nicht vorgebracht. Dass aufgrund anderweitiger Befragung, die sich auf einen anderen Zeitraum erstreckt, andere Mietwagenkosten ermittelt wurden, sind keine konkreten Einwendungen. Dieser Umstand ist gerade durch das Moment von Listen und Befragungen zu einem bestimmten Zeitpunkt bedingt. Sowohl die Schwacke-Liste 2006 als auch die Befragung des Fraunhofer Instituts zeichnen lediglich die Marktsituation zu einem bestimmten Zeitpunkt nach. Nach der Rechtsprechung des BGH kann der sogenannten Schwacke-Tabeile nicht der Einwand entgegengehalten werden, die Verfasser des Eurotax-Mietpreisspiegels hätten ihren Ermittlungen lediglich eine Sammlung schriftlicher Angebotspreise der Autovermieter zugrunde gelegt und nicht auf Ergebnis von Marktuntersuchungen über die tatsächlich gezahlten Mietpreise abgestellt (BGH vom 24.06.2008, Az. VI ZR 234/07) . Wie der BGH im zitierten Urteil selbst ausgeführt hat, sind konkrete Tatsachen aufzuzeigen, allein die Verfahrensweise der Ermittlung der Mietpreise durch Eurotax-Schwacke ist kein entsprechender konkreter Einwand. Ein ausreichend konkreter Einwand ist auch nicht das Aufzeigen von anderweitigen Anmietmöglichkeiten zu geringeren Preisen. Die Existenz günstigerer Anmietungsmöglichkeiten wird durch die Eigenart der Schwacke-Liste und der vom Gericht in ständiger Rechtsprechung zugrundegelegten Modus-Werte geradezu bedingt.
Das Gericht legt seiner Schätzung die Schwacke-Liste 2006, Postleitzahlengebiet 542 zugrunde, da in diesem Gebiet ausweislich der vorgelegten Mietwagenrechnung tatsächlich ein Fahrzeug der Gruppe 3 angemietet wurde. Bei der Dauer von 5 Tagen ergeben sich damit Mietwagenkosten in Höhe von EUR 402,00 brutto, Kosten für die Vollkaskoversicherung in Höhe von EUR 78,00 brutto und Abholungs-kosten in Höhe von EUR 25,00 brutto. Das Gericht schätzt die Kosten der erforderlichen Mietwagenkosten im Rahmen des Normaltarifs damit auf EUR 505,00. Ersparte Eigenbetriebskosten sind nicht gesondert in Abzug zu bringen: der Kläger hat einen Mietwagen einer Klasse unter der des im streitgegenständlichen beschädigten Fahrzeugs angemietet. Dieser Umstand genügt, um den ersparten Eigenbetriebskosten Genüge zu tun. In Abzug zu bringen sind die von der Beklagten geleisteten Zahlungen, so dass es bei einem weiteren Anspruch des Klägers in Höhe von EUR 178,94 verbleibt. Zinsen kann der Kläger gemäß §§ 286, 288, 291 BGB verlangen, ein früherer Verzugsbeginn wurde nicht schlüssig vorgetragen; der Höhe nach ist § 308 ZPO zu beachten gewesen.
Soweit das AG München.
Hallo Babelfisch,
mit dem Urteil hat das AG München dem eigenen OLG München die Leviten in Bezug auf Fraunhofer gelesen. Während das OLG München noch der Fraunhofer-Tabelle den Vorzug gegeben hatte, hat nunmehr das nachgeordnete AG München der Fraunhofer-Tabelle die rote Karte gezeigt. Auf Grund der Vielzahl der Urteile contra Fraunhofer nur konsequent. Man kann davon ausgehen, dass bei nächster passender Gelegenheit auch das OLG umschwenken wird. Eine von den Versicherern initierte und in Auftrag gegebene Tabelle kann niemals neutrale Grundlage einer Bemessung sein. In der Tabelle ist ja schon die Tendenz der Preisminimierung enthalten. Der regionale Markt kann nie über einen gesamten einstelligen Postleitzahlbereich gehen, der bei verschiedenen Postleitzahlen über Bundesländergrenzen hinausgeht, z. B. bei der 3 (Hannover). Die Postleitzahlen mit der 3 reichen von Nordrhein-Westfalen ( Bielefeld und Umgebung ) bis Sachsen-Anhalt ( Stendal und Umgebung ). Auch Kassel ( Hessen ) hat die 3 als erste Postleitzahl. Damit umfasst die 3 als erste Postleitzahl vier Bundesländer, nämlich Teile von NRW, Niedersachsen, Hessen und Sachsen-Anhalt.
Einen derart großen Bereich kann man nicht mehr als regionalen Bereich ansehen.
Ich wünsche allen Lesern ein schönes Wochenende.
Mit freundlichen Grüßen
Euer Willi Wacker