Hallo Leute,
hier habe ich noch ein Urteil des LG Dortmund – Berufungskammer – zum Thema SV-Honorar / Gesprächsergebnis. Vorinstanz war das AG Unna in Westfalen.
Landgericht Dortmund
21 S 21/09
12.04.2010
Vorinstanz:
Amtsgericht Unna, 15 C 33/09
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das am 07.05.2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Unna unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird als Gesamtschuldnerin neben Frau H verurteilt, an den Kläger 90,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.05.2008 zu zahlen.
Im Übrigen, nämlich wegen der weitergehenden Nebenforderungen betreffend Zinsen und Mahnkosten, wird die Klage abgewiesen.
Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
I.
Der Kläger verlangt aus abgetretenem Recht des Herrn … von der Beklagten Schadenersatz wegen der Sachverständigenkosten, die entstanden sind, als der Kläger als Sachverständiger das am 29.07.2005 bei einem Unfall beschädigte Fahrzeug des Herrn … untersuchte und begutachtete.
Der Kläger verlangt von dem Geschädigten Herrn … auf der Grundlage seiner Rechnung vom 08.08.2005 einen Betrag von 297,71 €.
Im Ergebnis kam das Gutachten auf Nettoreparaturkosten von 2.381,12 € und legte den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges auf brutto 600,00 € fest.
Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Schaden, der bei dem Verkehrsunfall vom 29.07.2005 bei dem Betrieb eines bei ihr versicherten Fahrzeuges entstanden war, vollständig auszugleichen.
Die Parteien streiten darüber, ob eine Vergütung des Klägers in Höhe des Rechnungsbetrages auch schadensrechtlich notwendig ist.
Die Beklagte hat insoweit einen Betrag von 207,50 € bezahlt.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der überschießende Betrag von 90,21 € aus der Rechnung des Klägers.
Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil dem Kläger einen Betrag von 20,44 € zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Bei der Bestimmung des zuzusprechenden Betrages ist das Amtsgericht grundsätzlich der Rechnung des Sachverständigen vom 08.08.2005 gefolgt, hat jedoch den Nettobetrag der Grundgebühr von 148,00 € auf 109,00 € gekürzt und den eingestellten Nettobetrag von 21,15 € wegen Fahrtkosten insgesamt gestrichen.
Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat die Berufung gegen das Urteil zugelassen.
Der Kläger verfolgt mit seiner rechtzeitig eingelegten und auch im Übrigen zulässigen Berufung sein Begehren wie in 1. Instanz weiter.
Er vertritt die Auffassung, seine Forderung sei nicht überhöht, jedenfalls nicht in einem Maße, dass bei einer Prüfung im Rahmen der Bestimmungen der §§ 315, 316 BGB ein Missbrauch des Gestaltungsspielraums festzustellen sei.
Von einem Geschädigten könne nicht verlangt werden, dass er vor Beauftragung eines Sachverständigen zunächst Angebote auch anderer Sachverständiger einholen müsse und einen Preisvergleich anzustellen habe. Deshalb sei hier kein Verstoß gegen eine Schadensminderungspflicht gegeben.
Auch die berechneten Fahrtkosten seien nicht zu beanstanden, diese seien insbesondere möglicherweise auch dann angefallen, wenn ein Sachverständiger aus E beauftragt worden wäre.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als dass die Klage abgewiesen wurde und die Beklagte als Gesamtschuldnerin neben Frau H zu verurteilen, an ihn weitere 69,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.09.2005 zu zahlen sowie weitere 5,00 € Mahnkosten zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen und im Wege unselbständiger Anschlussberufung, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist insbesondere darauf, dass die Rechnung des Sachverständigen den Wert, der sich aus der Liste ergäbe, die als Gesprächsergebnis BVSK/HUK/DEVK hervorgegangen sei, um 43,5 % überschreite, dass die Sachverständigenkosten, wie sie vom Kläger geltend gemacht werden, fast 50 % des in dem Gutachten festgestellten Fahrzeugsachschadens betragen und die im Rahmen der Rechnung auf die Nebenkosten in Ansatz gebrachten Kosten noch einmal 73,4 % von dem ausmachen, was der Sachverständige als Grundhonorar verlangt.
Ergänzend wird wegen des Parteivorbringens auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
II.
Die Berufung ist begründet, die Anschlussberufung bleibt ohne Erfolg.
Der Kläger ist aufgrund der erfolgten Abtretung berechtigt, die Schadensersatzansprüche des Herrn L geltend zu machen, soweit sich diese Ansprüche auf den Ersatz wegen erforderlicher Sachverständigenkosten beziehen. Diese Kosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 I BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig war (BGH NZV 2007, 455 m. w. N.).
Für die Bestimmung der Höhe dieses Schadens ist der Betrag, den ein Geschädigter für das Sachverständigengutachten tatsächlich zu bezahlen hat oder schon bezahlt hat, nicht unmittelbar von Bedeutung. Der zu ersetzende Schaden ergibt sich im Gegensatz dazu aus dem (objektiv) erforderlichen Aufwand, um in der konkreten Situation des Geschädigten ein Gutachten durch einen allgemein anerkannten Sachverständigen fertigen zu lassen. Insofern besteht an sich kein Anlass, einzelne Positionen der Rechnung des Sachverständigen zu überprüfen. Vielmehr muss grundsätzlich der insgesamt geltend gemachte Betrag mit dem abgeglichen werden, was üblicherweise für ein entsprechendes Sachverständigengutachten verlangt und bezahlt wird.
Gemäß § 287 ZPO hat hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu entscheiden. Dabei bleibt es dem Ermessen des Gerichts auch überlassen, ob über die Schadenshöhe ein Sachverständigengutachten einzuholen ist.
Die Kammer sieht von der Einholung eines Gutachtens ab. Die dafür aufzuwendenden Kosten stünden zum einen in einem deutlichen Missverhältnis zur wirtschaftlichen Bedeutung des Streits unter den Parteien, zudem stehen hinreichende Anhaltspunkte zur Verfügung, die dem Gericht eine eigene Schätzung ermöglichen.
Insofern orientiert sich die Kammer – in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht – an den Werten der Liste der BVSK-Honorarbefragung 2005/2006.
Dabei allerdings haben die ausgewiesenen Werte die Bedeutung, dass der Honorarrahmen, der in der Spalte HB III ausgewiesen ist, die Eckwerte benennt, innerhalb derer die Sachverständigen schwerpunktmäßig (40 % – 60 %) tätig werden.
Wenn man die Rechnung des Sachverständigen mit den in der vorgenannten Liste ausgewiesenen Werten vergleicht, so sind keine Gesichtspunkte erkennbar, dass auch nur in Einzelpositionen Preise in Ansatz gebracht wären, die den genannten Korridor nach oben hin überschreiten. Das Grundhonorar wird von dem Sachverständigen mit 148,00 € angesetzt, nach der Honorarbefragung wird dafür üblicherweise 159,00 € bis hin zu 187,00 € verlangt. Während der Kläger bei zwei Sätzen der gefertigten Lichtbilder pro Lichtbild insgesamt 2,82 € verlangt, weist die Liste der Honorarbefragung dafür Beträge zwischen 3,57 € und 4,68 € aus. Auch die Kosten für Kopien, Schreiben des Gutachtens und Telefon/Portopauschale bleiben in dem entsprechenden Rahmen, liegen teilweise sogar unter der Untergrenze des entsprechenden Rahmens.
Damit hält sich die Rechnung des Klägers ersichtlich im Rahmen der Vergütung, wie sie auch aus der Liste der „BVSK-Honorarbefragung“ als allgemeiner Tabelle ermittelt werden könnte. Bei solcher Sachlage ist zu vermuten, dass der mit der Rechnung eines Sachverständigen geltend gemachte Betrag dem angemessenen Marktpreis entspricht und damit dieser Betrag auch im schadensrechtlichen Sinne „erforderlich“ war (vgl. Anmerkung von Göbel zu der vorgenannten Entscheidung BGH NZV 2007, 455).
Dabei hat die Kammer auch berücksichtigt, dass damit in der Tat der erforderliche Betrag für ein Sachverständigengutachten fast 50 % des unmittelbaren Sachschadens erreicht. Dies indes ist die Konsequenz daraus, dass es – unbestritten – der allgemeinen Üblichkeit entspricht, dass die Sachverständigen ihr Honorar auch an der Schadenshöhe orientieren, mit der Konsequenz, dass die Sachverständigenkosten bei höherem Fahrzeugsachschaden – bei möglicherweise gleichem Zeitaufwand, wie er auch zur Begutachtung eines geringen Fahrzeugsachschadens anfallen würde – deutlich höher ausfallen, dafür allerdings die Honorare bei geringem Fahrzeugsachschaden im Verhältnis zur Schadenshöhe ein größeres Gewicht haben, als dies bei großen Schäden der Fall ist.
Diese Struktur lässt sich aus allen Tabellenwerken erkennen, auch aus der Liste, die die Beklagte zur Anwendung bringen will, nämlich die Liste, die das „Gesprächsergebnis BVSK-Versicherungen (HUK)“ wiedergibt.
Bei der Schätzung der Höhe des zu ersetzenden Schadens hat die Kammer auch zur Kenntnis genommen, dass innerhalb der Rechnung des Klägers die „Nebenkosten“ gegenüber dem Grundhonorar ein erhebliches Gewicht haben.
Auch dies ist allerdings zum einen bei geringer Schadenshöhe und damit auch insgesamt niedriger Honorarhöhe vorgegeben. Die Länge eines Gutachtens, die Zahl der erforderlichen Lichtbilder, die anfallenden Fahrtkosten und der Aufwand an Porto- oder Telefonkosten ist tendenziell unabhängig von der Höhe des entstandenen Fahrzeugsachschadens, so dass man im Ansatz von einem fixen Betrag an Nebenkosten ausgehen könnte, mit dem Ergebnis, dass die Nebenkosten innerhalb des Gesamthonorars einen umso größeren Anteil ausmachen, je geringer das Gesamthonorar ist.
Es kommt hinzu, dass es eine Frage der Praxis des betreffenden Sachverständigen ist, ob er bestimmte Nebenleistungen gesondert ausweist und damit nach außen hin den Anteil der „Nebenkosten“ stärker betont, oder ob er solche Nebenleistungen nicht gesondert ausweist, sondern stattdessen ein „Grundhonorar“ höher in Ansatz bringt.
Dem Argument der Beklagten, die Rechnung des Sachverständigen müsse allein deshalb höher als der Schaden (= erforderliche Aufwand) sein, weil Nebenkosten mit so hohem Gewicht Berücksichtigung gefunden hätten, kommt auf diesem Hintergrund keine wesentliche Bedeutung zu.
Der von der Beklagten angestellte Vergleich der hier geltend gemachten Schadenshöhe mit dem, was sich aus der Liste „Gesprächsergebnis BVSK-Versicherungen (HUK)“ ergibt, hat keine Aussagekraft. Schadensrechtlich entscheidend ist, was von den Schadenssachverständigen tatsächlich verlangt und mit ihren Kunden vereinbart wird, während das „Gesprächsergebnis“ nach der Beurteilung der Kammer lediglich diejenigen Schrankenbeträge wiedergibt, für die die Versicherung zugesagt hat, Sachverständigenrechnungen, die unterhalb dieser Schrankenwerte bleiben, generell zu akzeptieren und gegenüber den Geschädigten voll zu regulieren.
Während die Klage danach in der Hauptsache insgesamt begründet ist, bleibt es bei der Abweisung der Nebenforderungen, soweit es den Anfangszeitraum betrifft, für den Zinsen verlangt werden, sowie wegen der geltend gemachten Mahnkosten. Auch in der Berufung ist nicht klar geworden, wieso die Beklagte sich schon im Verzug befunden haben sollte, als der Kläger an sie das Mahnschreiben vom 23.05.2008 richtete. Dieses Schreiben ist ausdrücklich als erste Mahnung bezeichnet. Die vorangegangenen Mahnungen waren gegenüber dem Vertragspartner, dem Geschädigten L, ausgesprochen worden und nicht geeignet, Verzug der Beklagten zu begründen.
Mit dem genannten Schreiben vom 23.05.2008 wurde die Beklagte unmissverständlich aufgefordert, bis zum 31.05.2008 zu zahlen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10 ZPO.
So die Berufungsrichter des Landgerichtes Dortmund. Die Urteilsgründe zu dem Gesprächsergebnis BVSK/HUK-Coburg besagen alles. Die Richter der Berufungskammer sehen in dem Gesprächsergebnis keine Aussagekraft. Ein Gesprächsergebnis, das keine Aussagekraft hat, hat keinen Wert, und gehört damit in den Papierkorb.