Nachdem ich mich jetzt erst einmal etwas beruhigt habe, kann ich in klaren und sachlichen Worten folgenden Fall schildern.
Ich habe Mitte Januar für den Geschädigten ein Gutachten erstattet. Das Fahrzeug, ein älteres Modell, hat einen Totalschaden erlitten und ist auch nicht innerhalb der 130%-Grenze zu reparieren.
Ich habe den Wiederbeschaffungswert unter Berücksichtigung aller wertbeeinflussenden Faktoren ermittelt. Insbesondere war zu berücksichtigen, dass es vergleichbare Fahrzeuge des vorliegenden Fabrikats und Typs gar nicht im erweiterten Bereich (ca. 200 km Umkreis) angeboten werden. Größengleiche Fahrzeuge anderer Hersteller mit vergleichbarer Ausstattung sind dabei sogar noch teilweise deutlich teurer, aber erhältlich. Insgesamt ergab sich ein Wiederbeschaffungswert im Bereich um die 2000,00 Euro. Genauere Angaben möchte ich zur Zeit nicht machen, da es sich um eine „brandaktuelle“ Sache handelt.
Da ruft mich doch tatsächlich ein „Kollege“ einer SV-Organisation (weder DEKRA noch SSH) an und meint er müsse mit mir mal kurz über den Wiederbeschaffungswert disktutieren. Dieser sei etwas hoch, er käme auf etwa 10% weniger. Dann fragte er mich allen Ernstes, ob ich damit einverstanden sei.
Was soll ich denn auf so eine Frage antworten? Ja, natürlich, tralala, mein ermittelter Wiederbeschaffungswert ist selbstverständlich falsch, weniger ist richtig… Das kann er doch unmöglich von mir erwartet haben. Wenn sich der „Kollege“ mit jemandem einigen muss, dann bitte mit dem Geschädigten, aber doch nicht mit mir! Natürlich stehe ich zu dem von mir ermittelten Wiederbeschaffungswert und zwar deshalb, weil ich ihn nachweisbar ermittelt habe.
Nach ein wenig Diskussion auf beiden Seiten meinte dann der Kollege er müsse dann halt sein Gutachten erstatten (soll er, ist ja sein Recht) und einen geringeren WBW einsetzen (soll er auch, wenn er das meint).
Ich habe vorhin noch mit dem Geschädigten telefoniert. Dieser geht jetzt zum Anwalt und lässt sich diese Kürzung selbstverständlich nicht gefallen. Und den Anwalt kenne ich, der klagt gern gegen die beteiligte Versicherung…
Aber es lehrt mich eines: Die Ideen der „Kollegen“ sind eine unendliche Fundgrube. Können sie an den Reparaturkosten und dem Restwert nichts bemängeln, dann wird mit idiotischen Argumenten versucht am Wiederbeschaffungswert zu kürzen und zwar in einem Maß, das mir zeigt, dass mein ermittelter WBW goldrichtig ist.
Denn hätte ich tatsächlich einen zu hohen WBW ermittelt, dann würden wir nicht nur über 10% Kürzung reden…
Schauen wir mal wie sich die Angelegenheit entwickelt.
Das kenne ich zur Genüge!
Ich bin schon vor längerer Zeit dazu über gegangen solchen „Kollegen“ anheim zu stellen mir einen Brief zu schicken wenn sie denn etwas zu sagen haben, – und guten Tage auch.
das problem an dieser praxis ist, dass damit das gesamte rechenwerk (100%/130%) durcheinander zu bringen ist. deutlicher möchte ich an dieser stelle lieber nicht werden.
@ borsti: leider gelingt es den versicherern damit, zwietracht zwischen SV und geschädigtem zu sähen, jedenfalls im einzelfall. ich hab sogar mal ein schreiben des versichers mit den drei buchstaben (vorne ein H, hinten ein I) gelesen, in dem doch allem ernstes dem geschädigten empfohlen wurde, die rechnung des SV aufgrund des angeblichem falschgutachtens nicht zu bezahlen. der versicherer des schädigers wollte sogar die prozessführung für den geschädigten übernehmen, wenn der SV klagen sollte und ich sollte gönnerhafterweise das mandat des gegners gegen unseren SV erhalten. dies ist zum glück ein einzelfall geblieben, jedenfalls in meiner praxis.
Der Wiederbeschaffungswert als Handelsware?
Dienstag, 27.01.2009 um 19:57 von Andreas
Hallo Andreas,
Wer bei 2000 EURO Wiederbeschaffungswert über 10 % weniger reden will, muß schon eine verdammt gute Begründung präsentieren können, denn um ein vergleichbares Ersatzfahrzeug zu kaufen, braucht der Gerschädigte soviel Geld, wie verlangt wird und erfahrungsgemäß sind seine Bemühungen recht zeitaufwendig. Um sich nicht unbedingt streiten zu müssen, ist es fast immer hilfreich, einmal konkret zu hinterfragen, wo denn der Geschädigte zu einem Preis von 2000,–EURO -10% ein vergleichbares Ersatzfahrzeug innerhalb des berücksichtigten Wiederbeschaffungszeitraums finden kann. Sein Sachverständiger kann dann ggf. prüfen, ob es sich tatsächlich um ein vergleichbares Ersatzfahrzeug handelt, natürlich gegen Erstattung des Kostenaufwandes. Meistens wird sich dann herausstellen, dass diese Vergleichbarkeit keineswegs zu attestieren ist und auch von dem -10%-Experten nicht geprüft wurde bzw. auch nicht zu prüfen war. Auf solche Sandkastenspiele muß man sich nicht einlassen, denn es handelt sich dabei um Scheinkonstruktionen,hinter denen sich
letztlich nur willkürliche Behauptungen verbergen.
Mit freundlichen Grüßen
aus Bochum & Tangendorf
So etwas ist mir auch schon untergekommen. Allerdings in Bezug auf einen merkantilen Minderwert.
Es rief mich ein SV-Büro aus den neuen Bundesländern an und teilte mir mit, dass man im Auftrag der regulierenden Versicherung die von mir in meinem Gutachten ermittelten Daten überprüfe. Dabei habe man festgestellt, dass der von mir errechnete merkantile Minderwert zu hoch bemessen sei. Man unterbreitete mir ein „Angebot“, welches ich telefonisch absegnen solle. (Luigi… man wendet sich nicht gegen Familie 😉 ) Nun fragte ich den „Kollegen“, wie man denn bei ihm den Minderwert berechne, denn ich habe hierzu sowohl die Berechnungsmethoden in allen Einzelheiten sowie ein Berechnungsprogramm, welches mir die Arbeit der Berechnung vereinfacht. Ein Datenblatt hierüber war Teil meines Gutachtens und lag ihm demnach vor.
Das Gegenargument lautete, dass doch bei diesem Schadenfall überwiegend Schraubteile beschädigt wurden, die im Zuge der Reparatur erneuert würden. Somit wäre eine geringere Wertminderung doch gerechtfertigt.
Meine Antwort darauf war, er möge mich noch einmal anrufen, wenn er den Unterschied zwischen einer technischen und einer merkantilen Wertminderung herausgefunden habe und festgestellt hat, um welche es sich nun in diesem Fall handelt.
Der Schaden wurde gemäß meinem Gutachten vollumfänglich reguliert und der „Kollege aus dem Osten“ hat sich übrigens nicht wieder gemeldet.
„Auf solche Sandkastenspiele muß man sich nicht einlassen, …“
das sehe ich nicht ganz so, denn zunächst einmal steht der geschädigte mit 200 euro weniger da und muss, wie bei der kürzung fiktiver verbringungskosten, stundensätzen der vertragswerkstatt o.ä. selbst aktiv werden.
Hallo Herr RA Uterwedde,
das ärgerliche ist ja an dieser Sache für den Geschädigten, dass es hier tatsächlich „nur um ein paar Euro“ geht. Die Reparatur im Rahmen der 130%-Grenze war ja von vorne herein gar nicht möglich. Zahlentricksereien mit denen mal noch ein Fahrzeug tot oder reparabel rechnet liegen nicht vor.
Wenn ich deutlich daneben liegen würde, also beispielsweise realistischer WBW ca. 4000,- und mein im Gutachten ausgewiesener WBW 5000,- Euro dann könnte ich die „Anstrengungen“ ja noch verstehen.
Ich werde weiter berichten und die genauen Angaben nachliefern, wenn sich etwas getan hat. Vielleicht kann ich dann auch ein Aktenzeichen des hiesigen AG angeben…
Grüße
Andreas
@Mister L Alle Berechnungsmethoden sind veraltet. Bei dem heutigen Überangebot an Gebrauchtwagen ist allein die Tatsache schon Preisentscheidend ist das Fzg unfallfrei ? Ja /nein. Ein Preisabschlag von 10% ist bei einem NEIN fast schon die Regel bei Mittel-/Oberklasse. Lediglich im Kleinwagensegment bei gefragten Typen wird die Wertminderung niedriger sein.
In dem von Andreas geschilderten Fall wäre die Anzweiflung des WBW unterblieben, wenn es wahrscheinlich möglich gewesen wäre einen exorbitant höheren Restwert aus der Börse herbeizuschaffen. Gelingt dies nicht, wie schon angesprochen, wird der WBW „geköpft“. Ich habe zur Zeit einen ähnlichen Fall bei einer zur Zeit schlecht erreichbaren Versicherung. Dort ist es wahrscheinlich auch nicht gelungen, die Werte meines Gutachtens irgendwie zu verbiegen bzw. einen höheren Restwert zu erzielen. Im Gegnsatz zum hier angesprochenen Fall wurde aber auch der WBW nicht bezweifelt, sondern die Rep.-Kosten durch Einsetzen eines niedrigeren Durchschnittsatzes gedrückt.
@Mister L. : Merkantile Wertminderungen werden nicht errechnet, sondern ermittelt!! Das war, mit Verlaub, kein guter Dienst zur Sache hier ein „Berchnungsblatt“ dem GA beizufügen. Ein „Berechnungsprogramm“ macht Sie zudem überflüssig. Den wenn eine Wertminderung „berechenbar“ wäre, könnte dies jeder, der einigermaßen Daten nach Anleitung in einen PC eingeben kann. Wertminderungsberechnungsmodelle können vielleicht eine Grundlage mit zur Wertfindung sein, letztens entscheiden tut der qualifizierte SV anhand seiner Marktkenntnisse. Lassen Sie die „Rechenblätter“ weg, Sie tun sich keinen Gefallen damit!!
Grüße SV Stoll
hallo herr stoll
freue mich,wieder etwas von ihnen zu hören!
ihre beiträge und kommentare waren immer eine bereicherung
für diesen blog!
ich hoffe, dass sie die zeit haben,sich hier wieder öfter einzubringen.
sydney´s finest
Zeit hab ich…………….keine. Aber ich nehme sie mir halt immer mal wieder.
Ohne Opfer (hier: Zeit) werden wir irgendwann mal selber welche!!
Hallo Herr Stoll,
auch ich freue mich, wieder etwas von Ihnen hier im Captain-Huk-Blog zu lesen. Ich würde mich freuen, in Zukunft mehr hier von Ihnen zu lesen. Vielleicht wäre es Ihnen auch möglich, eigene Berichte und Urteile hier einzubringen. Das Argument mit der Zeit kenne ich.
Mit freundlichen Grüßen
Willi Wacker
hallo mister l, ich bin seit längerem interessierter leser von captain-huk und ziehe nützliche schlüsse aus der sache. ihr kommentar zu ostkollegen (“Kollege aus dem Osten”) hat mich persönlich angesprochen und so habe ich mich im blog gleich mal unter ossi angemeldet. im übrigen wurden bei mir auch schon mehrfach die wiederbeschaffungswerte von vs-kollegen aus den alten bundesländern angezweifelt, meine verhaltensweise spiegelt ihre wieder. so haben wir wohl doch etwas gemeinsam. also lassen sie uns besser zusammenhalten und keinen keil zwischen ost und west treiben.
lg sv mario keßler
@ sv mario keßler
Wenn aus meinem Beitrag für Sie herüber gekommen ist, dass ich versuche einen Keil zwischen Ost und West zu schieben, so tut mir dies außerordentlich leid. Dies war und ist nicht meine Absicht gewesen und wird sie auch nie sein, denn auch ich komme gebürtig „aus dem Osten“!!!
Mein Beitrag sollte nur aufzeigen, dass man an anderer Stelle -hier bei der Wertminderung- versucht mit dem Sachverständigen „zu verhandeln“. Das der prüfende Kollege, der mit mir am Telefon handeln wollte nun mal aus den neuen Bundesländern war, stellt in keiner Weise ein Vorurteil (gleich welcher Art auch immer!!!) gegenüber den Mitmenschen von dort dar. Es war nur die Wiedergabe von Tatsachen, und in diesem Fall die Wiedergabe eines Landesteiles. Aber sicherlich gibt es solche „Kollegen“ deutschlandweit, somit auch unter den „Kollegen aus dem Westen, aus dem Norden, aus dem Süden und aus der Mitte“. So, nun habe ich all diese „Kollegen“ aufgezählt, in Gänsefüßchen gefasst aber sicherlich nicht einen Keil dazwischen getrieben.
Ich hoffe, dass diese Richtigstellung Ihre Schlüsse, die Sie aus meinem Beitrag gezogen haben, in die richtige Richtung führen konnten.
Mit kollegialen Grüßen von Mister L…
der Wessi aus dem Osten, der in der Mitte wohnt 😉
sorry, dann habe ich das wohl falsch verstanden. schönes wochenende. lg
Wiederbeschaffungswert als Handelsware?
Es werden regionale Restwertangebote gefordert!
Warum denn nicht auch regionale Wiederbeschaffungswert-Angebote?
Bei gängigen Typen kein Problem und Differenzkm. berechnen?
Dann hat man einnen Nachweis. Beim AH XY kann der Geschädigte ein gleichwertiges Fzg. kaufen.
Und somit wird aus dem Schätzer ein Makler gemacht.
Der Wiederbeschaffungswert ist oft Gegenstand von Differenzen mit dem Haftpflichtversicherer.
@ Messner
VN auf die Differenz verklagen,dann zahlt der Versicherer!
Klingelingelingelts?