Mit Entscheidung vom 06.10.2010 wurde die HUK Coburg Versicherung durch das Amtsgericht Mühlhausen (Thüringen) zur Erstattung des restlichen Sachverständigenhonorars verurteilt. Der Sachverständige hatte aus abgetretenem Recht geklagt. In seiner Entscheidung hat sich das Gericht an der BVSK-Honorarbefragung orientiert und das Gesprächsergebnis BVSK / HUK Coburg abgelehnt.
Amtsgericht Mühlhausen Verkündet am 06.10.2010
9 C 139/10
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
Sachverständiger
– Kläger –
gegen
HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, v. d. d. Vorstand, d. v. d. d. Vorstandsvorsitzenden Rolf-Peter Hoenen, Juri-Gagarin-Ring 53, 99112 Erfurt
– Beklagte –
hat das Amtsgericht Mühlhausen
durch Richterin am Amtsgericht …
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.09 2010
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger297,42 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten hieraus über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB seit dem 19.12.2008 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 454,15 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB seit dem 30.01.2010 zu bezahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 48,41 € und weitere 83,54 € außergerichtliche nicht anrechenbare Rechtsanwaltegehühren sowie Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB seitdem 22.03.2010 zu bezahlen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Voltstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
6. Streitwert: 751,87 €
Tatbestand:
Der Kläger ist Kfz-Sachverständigengutachter und verlangt von der Beklagten als Haftpflichtversicher seine nicht voll ausgeglichenen Sachverständigengebühren beim Haftpflichtversicherer der Beklagten aus abgetretenem Recht ein.
Die weiteren Schadensersatzansprüche des Klägers resultieren aus dem Unfallgeschehen vom 09.12.2006 der Geschädigten … und vom 09 11.2009 der Geschädigten … . Die Einstandspflicht ist zwischen den Parteien unstreitig.
Die Geschädigten Frau … und Frau … haben die noch ausstehenden Sachverständigengebühren aus im Übrigen regulierten Unfallgeschehen mit Abtretungsvereinbarung vom 21.01.2009 und 09.12.2009 an den Kläger abgetreten. Der Kläger hat die Abtretungen angenommen (Anlage K 01 und K 01a).
Für das Gutachten vom 12.12.2008 bezüglich des Schadens … , Schadenssumme 5.575,62 € netto, berechnete der Kläger 967,03 € brutto. Für das Gutachten vom 13.11.2009 bezüglich der Geschädigten … , Gesamtschaden 2.913,30 €, berechnete der Kläger 723,97 €. Er orientierte sich bei seiner Rechnungslegung an der Honorarbefragung des BVSK (Bundesverbandes der freiberuflichen und unabhängigem Sachverständigen für Kraftfahrzeugwesen eV.) aus den Jahren: 2005/2006 bzw… 2008/2009.
Auf die Rechnung des Klägers vom 12.12.2006 i.H.v. brutto 967,03 € zahlte die Beklagte am 29 12.2008 einen Betrag i.H.v. 670,51 € so dass der Kläger die Differenz i.H.v. 297,42 € begehrt.
Auf die Rechnung des Klägers vom 13.11.2009 i.H.v. v. brutto 729,97 € zahlte die Beklagte am 04.01.2010 einen Betrag i.H.v. 274,82 €., so dass der Kläger die Differenzsumme i.H.v. 454,15 € begehrt.
Der Kläger ist der Auffassung, die weiteren Gebühren stünden ihm zu. Die Rechnungen seien nicht überhöht er könne sich an die BVSK e.V. halten.
Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 297,42 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs 1 BGB seit dem 19.12.2006 zu bezahlen.
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 545,15 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs 1 BGB seit dem 30.01.2010 zu bezahlen.
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger46,41 € und weitere 83,54 € außergerichtlich nicht anrechenbare Rechtsanwaltsgebühren sowie Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Schaden sei ausreichend reguliert. Die von dem Sachverständigen in Rechnung gestellten Beträge seien nicht erforderlich, um den Aufwand des Klägers auszugleichen. Im Übrigen seien nur die Sachverständigenkosten erforderlich, die auf der Basis der Gesprächsergebnisse 2007 zwischen dem BVSK und der Beklagten geschätzt wurden. Insoweit wird Bezug genommen auf das Gesprächsergebnis Anlage B1.
Im Übrigen behauptet sie, die Kosten für die Restwertbörse seien nicht angefallen, nicht angemessen und auch nicht üblich. Die Nebenkosten der Rechnungen seien weder angemessen noch ortsüblich. Im Übrigen seien bei der Rechnung vom 12.12.08 Kopierkosten zweimal angesetzt. Die Nebenkosten seien so nicht angefallen, dies ergebe sich auch deshalb, da sie unterschiedlich berechnet worden sind. Es seien nur die erforderlichen Kosten i.S.v. § 249 Abs. 2 BGB zu erstatten, so ihre Auffassung.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, insbesondere die Gutachten zur Schadenshöhe, die Auflistungen der BVSK aus den Jahren 2005/2006/ 2008/2009 sowie Gesprächsergebnisse der BVSK HUK Coburg 2009 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Soweit im Klageantrag ein Betrag 545,15 € gefordert wurde, handelt es sich um einen Diktierfehler, ausweislich der Begründung sind 454,15 € gefordert.
Der Kläger kann Erstattung seiner Gebühren aus abgetretenem Recht gemäß §§ 398 BGB, §§ 7, 17 StVG i.V.m. § 3 PflVersG geltend machen.
Die Einstandspflicht der Beklagten aus dem Verkehrsunfall nach §§ 7, 17 StVG i.V.m. § 3 PflVersG ist zwischen den Parteien unstreitig.
Der Kläger kann Erstattung der ihm abgetretenen Ansprüche der Geschädigten nach § 249 Abs 2 BGB verlangen. Dabei geht das Gericht davon aus, dass sich der Aufwand zur Schadensbeseitigung innerhalb der Grenzen des § 249 BGB befindet, d.h. dass die Kosten des Sachverständigen erforderlich i.S.d. § 249 BGB sind. Der Gebührensatz liegt jeweils im Rahmen der Sätze der jeweils gültigen BVSK.
Dies ergibt sich zunächst aus der BVSK 2005/2006 (Bl. 20 d.A.). Unter Berücksichtigung der Gesamtschadenshöhe von netto 5.750,00 € unter Zugrundelegung der BVSK-Honorarbefragung 2005/2006 ergibt sich ein Grundhonorar im Bereich von 482,00 bis 540,00 €. Der Kläger hat einen Betrag von 528,00 € zu Grunde gelegt, der dennoch innerhalb der Sätze liegt. Hinsichtlich der weiteren Forderungen (Haftpflichtschaden …) hat der Kläger das Gamdhonorar einem Betrag von 417,00 € netto angesetzt. Unter Berücksichtigung der BVSK 2008/2009 (Anlage K 12 Bl. 74 d.A.) bei einem Schadensbetrag netto bis 3.000,00 € ergibt sich in der höchsten Honorarstufe einen Betrag von 417,00 €, der also auch im Rahmen der BVSK-Honorarberragung 08/09 liegt.
Die BVSK stellt ein geeignetes Mittel zur Bemessung der Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten dar. Ausweislich der Erläuterungen zu der BVSK 2008/2009 (Bl. 24 d.A ) haben 617 Büros in dem Zeitraum Oktober 08 bis März 09 an der Befragung teilgenommen. Da es für die Sachverständigenkosten einheitliche Werte für die Honorarbemessung nicht gibt, stellt die BVSK eine durchaus geeignete Grundlage dar, an Hand der befragten Sachverständigen Durchschnittswerte festzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Geschädigte i.d.R. von einer Angemessenheit und Erforderlichkeit der angefallenen Kosten ausgehen kann, sofern für ihn nicht ersichtlich ist, dass diese völlig übersetzt sind. Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hat ein Schädiger den zur Wiederherstellung der beschädigten Sache erforderlichen Geldbetrag zu bezahlen. Ob die Sachverständigenkosten im vorliegenden Fall erforderlich sind, richtet sich danach, ob sie Aufwendungen darstellen, die ein verständiger, vernünftig wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig erachten durfte. Der Geschädigte hat danach im Rahmen des Zumutbaren und im Rahmen seiner Möglichkeiten den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen. Anhaltspunkte dafür, dass die Geschädigten in der vorliegenden Konstellation davon ausgehen mussten, dass die Sachverständigenkosten sich nicht im Rahmen des Üblichen halten, gab es nicht.
Da sich die angesetzten Kosten des Honorars innerhalb des Preiskorridors der BVSK bewegen, gibt es keine Anhaltspunkte, dass die angesetzten Sachverständigenkosten völlig überhöht und damit willkürlich und nicht erstattungsfähig sind. Die von der Beklagten durchgeführte Gegenbefragung ist dagegen nicht geeignet an der Angemessenhert der vom Kläger angesetzten Kosten Zweifel aufkommen zu lassen. Ausweislich der Anlage B 1 (Bl. 53 d.A.) handelt es sich hier um ein Gesprächsergebnis mit den Versicherungen HUK Coburg, Bruderhilfe und DEVK. Unter Berücksichtigung der Größe des Versicherungsmarktes reichen die Gesprächsergebnisse mit drei Versicherern nicht aus.
Auch die Nebenkosten liegen allesamt innerhalb des Honorarbereiches, so dass auch insoweit von der Erforderlichkeit der Kosten i.S.d. § 249 BGB auszugehen ist. Nach alledem ist von der Erforderlichkeit der Kosten auszugehen, für die Geschädigten gab es keine Anhaltspunkte, an der Erforderlichkeit der Kosten zu zweifeln, so lange sich diese im Rahmen der BVSK-Befragungen gehalten haben.
Der Anspruch auf Zahlung der Zinsen ergibt sich aus §§ 286. 286, 291 BGB. Nachdem die Beklagte bekannt gegeben hat, dass sie keine weitere Zahlung leisten wird, geriet sie in Verzug.
Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 276 BGB i.V.m. Nr 2300, 7002 VVRVG gemäß der in der Klageschrift aufgeführten Abrechnung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in §§ 703 Nr. 11, 711 ZPO.