Mit Urteil vom 11.04.2011 (915 C 15/11) hat das Amtsgericht Hamburg-St. Georg die HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG zur Zahlung weiterer SV-Kosten in Höhe von 401,89 € ohne Zinsen verurteilt.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig und im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Kläger macht im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Sachverständigenkosten in eigenem Namen geltend. Diese gewillkürte Prozessstandschaft ist auch zulässig, da der Geschädigte A. den Kläger durch Erklärung vom 13.3.2011 zur gerichtlichen Geltendmachung des Schadensersatzanspruches auf Erstattung der Sachverständigenkosten ermächtigt hat. Dass diese Ermächtigung erst im Laufe des Prozesses erteilt wurde, ist insoweit unerheblich, als dass die Zulässigkeit der Klage am Schluss der mündlichen Verhandlung bzw. vorliegend gemäß § 495a ZPO im Zeitpunkt der Entscheidung gegeben sein muss.
Die zweite Zulässigkeitsvoraussetzung einer gewillkürten Prozessstandschaft, das Vorliegen eines berechtigten Eigeninteresses, ist hier ebenfalls gegeben. Der Kläger hat als Inhaber des Sachverständigenvergütungsanspruches gegenüber dem Geschädigten A. ein originäres Interesse daran, dass dieser Anspruch im Wege des Schadensersatzes durch die Beklagte ausgeglichen wird.
Der Geschädigte A. hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der ihm entstandenen Sachverständigenkosten in aus dem Tenor ersichtlicher Höhe aus § 7 StVG, § 823 BGB jeweils i.V.m. § 115 VVG, § 1 PflVG und § 249 BGB.
Die volle Einstandspflicht des bei der Beklagten versicherten Schädigers dem Grunde nach ist vorliegend unstreitig. In diesem Zusammenhang schuldet der Schädiger dem Geschädigten XXX gemäß § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand die Erstattung der Kosten, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (vgl. BGH, NJW 2007, 1450 ff.).
Das Gericht ist im Wege der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO zu dem Ergebnis gelangt, dass die geltend gemachte Sachverständigenkosten in Höhe von insgesamt 683,39 € angemessen sind.
Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen grundsätzlich in der Wahl der zur Schadensbehebung erforderlichen Mittel frei. Allerdings schuldet der Schädiger auch nicht Ersatz in Höhe jeder vom Geschädigten für angemessen erachteten Summe. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot ist ein Geschädigter vielmehr gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Ein Geschädigter ist dabei aber grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des ihm zugänglichen Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Zwar verbleibt für ihn das Risiko, dass er ohne nähere Erkundigung dann einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im Prozess als zu teuer erweist (vgl. BGH, NJW 2007, 1450 ff.). Ein im Bereich der Sachverständigenkosten unerfahrener Geschädigter, wie vorliegend der Anspruchsinhaber A., wird aber in aller Regel von der Erforderlichkeit und Angemessenheit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen dürfen. Denn es fehlt bei der Abrechnung von Sachverständigengutachtenkosten an einer einheitlichen Abrechnungsmethode. Allgemein zugängliche Preislisten fehlen ebenso, so dass dem Geschädigten ein Vergleich verschiedener Sachverständigenkosten ohne eine Markterforschung grundsätzlich nicht möglich ist. Eine solche schuldete der Ansprucbsinhaber als Geschädigter aber ja gerade nicht. Erst wenn für den Geschädigten auch als Laie erkennbar gewesen wäre, dass der Sachverständige sein Honorar willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen oder dem Geschädigten selbst ein Auswahlverschulden zur Last fällt oder offensichtliche Unrichtigkeiten der Begutachtung oder Honorarberechnung vorliegen, kann vom Schädiger nicht mehr ein vollständiger Ausgleich der getätigten Aufwendungen bzw. Freistellung verlangt werden, weil derart überhöhte Kosten nicht mehr angemessen sind (vgl. OLG Düsseldorf, DAR 2008, 523 ff.).
Vorliegend ist das geltend gemachte Pauschalhonorar in Höhe von 683,39 € brutto, wovon 487,68 € auf das Grundhonorar entfallen und insgesamt 30,60 € auf Fotokosten, 30,00 € auf Fahrtkosten sowie 26,00 € auf Kommunikations- und Schreibkosten entfallen, nach Überzeugung des Gerichts im Rahmen der Schätzung aber nicht unangemessen hoch. Die von der Beklagten eingereichten Empfehlungen des BVSK führen diesbezüglich auch zu keinem anderen Ergebnis. Entgegen der Auffassung der Beklagten muss sich der Geschädigte nicht an den Vorgaben des BVSK – die diesem in der Regel ja auch nicht mal vorliegen – orientieren, um ein angemessenes Sachverständigenhonorar zu bestimmen. Er muss sich vielmehr nur an den vorstehend dargestellten Grundsätzen orientieren. Der Umstand, dass das dem Geschädigten in Rechnung gestellte und hier geltend gemachte Sachverständigenhonorar etwa 21 % über den Empfehlungen aus den Gesprächsergebnissen der Beklagten mit dem BVSK liegt, hat nicht zur Folge, dass der Geschädigte vorliegend ein auffälliges Missverhältnis zwischen Preis und Leistung hätte erkennen können. Unabhängig davon, ob überhaupt von einem auffälligen Missverhältnis bei dieser Kostendifferenz ausgegangen werden kann, wäre ein solches Missverhältnis für den Geschädigten als Laien nicht erkennbar gewesen. Dass die Sachverständigenkosten nicht anhand der BVSK-Gesprächsergebnissen als eine mögliche andere angemessene Kostenberechnungsmethode bestimmt wurden, begegnet daher grundsätzlich keinen Bedenken. Dafür, dass die veranschlagten Sachverständigenkosten einem wirtschaftlich denkenden Mensch, in der Lage des Geschädigten, unangemessen hoch erscheinen würden, vermag das Gericht keine Anhaltspunkte zu erkennen. Mit Ausnahme der fehlenden Orientierung an den Empfehlungen des BVSK trägt auch die Beklagte hinsichtlich des Grundhonorars nur pauschal vor, dass das geforderte Honorar keine übliche und angemessene Vergütung im Sinne von § 632 Abs. 2 BGB sei. Vorliegend hat sich der Geschädigte aber vielmehr an die Maßstäbe des § 249 BGB für einen ersatzfähigen Schaden zu halten.
Auch die im Pauschalhonorar enthaltenen Nebenkosten sind nach der Überzeugung des Gerichts angemessen im Sinne des § 249 BGB. Der Einwand der Beklagten, dass digitale Fotos der Größe DIN A4 zu einem Preis von 1,40 € und bei einem Abdrucken von 2 Fotos auf einer DIN A4 Seite sogar zu einem Preis von 0,70 € herzustellen sind, ergibt ebenfalls kein auffälliges Missverhältnis zwischen dem Preis des Klägers und seiner Leistung. Denn der Geschädigte hätte, um dies erkennen zu können, Marktforschung betreiben müssen. Hierzu ist er aber gerade nicht verpflichtet. Entsprechendes gilt für den Ansatz der Fahrtkosten. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass solche Nebenkosten oft im Rahmen einer Mischkalkulation des Sachverständigen in das Pauschalhonorar einfließen, kann der Geschädigte hier auffällige Missverhältnisse schwer erkennen. Der eine Sachverständige mag hinsichtlich der Fahrtkosten besonders günstig erscheinen, aber dafür besonders hohe Schreibkosten veranschlagen und ein anderer Sachverständiger fällt dagegen durch besonders günstige Fotokosten auf, berechnet aber besonders hohe Fahrtkosten. Vorliegend sind die geltend gemachten Pauschalen für die Nebenkosten jedenfalls nicht derart hoch angesetzt worden, dass für den Geschädigten als Laien ein auffälliges Missverhältnis, zwischen Gesamtpreis und Gesamtleistung erkennbar gewesen wäre, so dass die Nebenkosten nach der Überzeugung des Gerichts selbst bei einer etwaigen leichten aber nicht evidenten Überhöhung erstattungsfähig im Sinne des § 249 BGB sind (vgl. OLG Hamm, DAR 1997, 275 f.). Solche Nebenkosten sind auch nicht zwingend bereits mit dem Grundhonorar abgegolten, so dass deren zusätzliche Abrechnung nach der Überzeugung des Gerichts noch angemessen im Sinne des § 249 BGB ist.
Im Ergebnis ist eine offensichtliche und für den geschädigten Anspruchsinhaber als Laien ohne Marktforschung erkennbare Überteuerung der Preise des Gutachtens vorliegend nicht erkennbar. Für ein Auswahlverschulden des Geschädigten gibt es ebenso wenig Anhaltspunkte wie für eine offensichtliche Unrichtigkeit in der Begutachtung oder Honorarberechnung. Das vom Kläger in eigenem Namen nach Ermächtigung durch den Geschädigten geltend gemachte Honorar erscheint angemessen im Sinne des § 249 BGB. Gegen die Höhe der geltend gemachten Forderungen bestehen nach der Überzeugung des Gerichts im Ergebnis keine durchgreifenden Bedenken.
Der Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten ist durch Zahlung der Beklagten in Höhe von 281,50 € unstreitig gemäß § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen.
Der Kläger kann gegen die Beklagte aber keinen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen geltend machen. Er selber hat die Beklagte zwar zur Zahlung der Sachverständigenkosten in Höhe insgesamt 683,39 € aufgefordert und ihr eine Zahlungsfrist bis zum 18.12.2009 gesetzt. Hierdurch ist die Beklagte aber nicht in Verzug geraten. Mangels wirksamer Abtretung des Anspruchs war der Kläger im Zeitpunkt der Zahlungsaufforderung nicht Inhaber des Schadensersatzanspruches. Die Abtretungserklärung des Geschädigten vom 25.11.2009 war nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 398 BGB. Die gemäß § 398 BGB zu fordernde Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderung setzt zumindest voraus, dass Höhe und Reihenfolge der von der Abtretung erfassten Forderungen aufgeschlüsselt werden (vgl. OLG Köln, VersR 1998,1269 ff.). Die Angabe allein der Forderungshöhe war vorliegend nicht geeignet, eine solche Bestimmbarkeit zu begründen, da sich hieraus nicht ergibt in welcher Reihenfolge die Sicherungsabtretung gegenüber dem Kläger zu den anderen Teilen des Schadensersatzanspruches des Geschädigten (Reparaturkosten, Kostenpauschale o.a.) steht. Da sich die Abtretungserklärung vom 25.11.2009 auf sämtliche Ansprüche aus dem Verkehrsunfall bezieht, war eine solche Aufschlüsselung für eine hinreichende Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit im Sinne des § 398 BGB aber erforderlich. Infolgedessen war die Sicherungsabtretung vom 25.11.2009 unwirksam. Der Kläger konnte die Beklagte damit nicht in Verzug setzen, da er nicht Inhaber der geltend gemachten Forderung war. Mangels Zahlungsaufforderung durch den Geschädigten selbst befand sich die Beklagte mit der Zahlung der Restforderung nicht in Verzug. Insoweit war die Klage folglich abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Soweit das AG HH-St. Georg.