Hallo Leser,
hier noch ein Urteil zum Sachverständigenhonorar als Ostermontagslektüre. Dieses Mal von dem erkennenden Amtsrichter der 2. Zivilabteilung des AG Neu-Ulm (Bayern). Das Gericht hat allerdings die Kosten der ergänzenden Stellungnahme zur Wertminderung abgewiesen. Lest aber selbst und gebt Eure Meinung kund.
Amtsgericht Neu-Ulm
2 C 1117/10
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
Kläger –
gegen
1) – Beklagter –
2) – Beklagte –
wegen Schadensersatz
erlässt das Amtsgericht Neu-Ulm durch den Richter am Amtsgericht … am 15.02.2011 folgendes
Endurteil
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 421,50 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.07.2010 zu bezahlen.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von €43,31 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.08.2010 zu bezahlen.
3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
6. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Tatbestand entfällt gem. § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung weiteren Schadensersatzes in Höhe von € 421,50 gem. § 7, 17,18 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG.
Die dem Grunde nach vollumfängliche Einstandspflicht der Beklagten für die unfallbedingten Schäden ist unstreitig.
1. Unstreitig hat der Kläger Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten in Höhe von € 1.144,19 und auf Nutzungsausfallentschädiung in Höhe von € 114,-. Weiter hat die Beklagte zu 2 vorgerichtlich € 150,- für die Wertminderung des klägerischen Fahrzeugs und € 20,- Unkostenpauschale an den Kläger bezahlt. Insgesamt hat die Beklagte zu 2 somit € 1.428,19 bereits vorgerichtlich bezahlt.
2. Darüber hinaus sind Sachverständigenkosten zur Gutachtenserstellung in Höhe von € 416,50 von den Beklagten zu erstatten. Die Kosten für ein Sachverständigengutachten sind als Kosten der Schadensfeststellung Teil des zu ersetzenden Schadens, wenn sie zur einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Dies ist der Fall, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung zur Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist. Dabei ist auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen. Es kommt somit darauf an, ob ein verständig und wirtschaftlich denkender Geschädigter nach seinen Erkenntnissen und Möglichkeiten die Beauftragung eines Sachverständigen für geboten erachten durfte. Dies ist bei der unstrittigen Höhe der Reparaturkosten von € 1.144,19 sowie aufgrund der festgestellten Wertminderung der Fall, so dass die Einholung des Sachverständigengutachtens durch den Kläger nicht zu beanstanden ist.
Eine Unkostenpauschale in Höhe von € 25,- wird bei Schätzung nach § 287 ZPO für angemessen erachtet, so dass insoweit ein weiterer ausgleichspflichtiger Schadensersatzbetrag von € 5,- verbleibt.
Soweit der Kläger darüber hinaus die Zahlung weiterer € 150,- für Wertminderung und € 235,03 für eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen begehrt, war die Klage abzuweisen.
Nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen … ist eine merkantile Wertminderung von € 150,- angemessen. Eine weitergehende Wertminderung ist nicht zuzusprechen.
Bei Auftragserteilung zur Erstellung der ergänzenden Stellungnahme zur Wertminderung hatte die Beklagte zu 2 die angemessene Wertminderung bereits ausgeglichen. Für die Erstattung der Kosten der ergänzenden Stellungnahme ist daher kein Raum.
Der Anspruch auf Ersatz der weiteren außergerichtlichen Kosten des Rechtsanwalts folgt aus §§ 280, 286 BGB.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Kosten: § 92 Abs. 1 ZPO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Nichtzulassung der Berufung: § 511 Abs. 2, 4 ZPO.
…
Verkündet am 15.02.2011
So das Urteil des Amtsrichters aus Neu-Ulm.
Interessant wäre jetzt das Gutachten zur Wertminderung und wer er es erstattet hat und ob dieser SV sich eingehend mit den beiden Positionen 150,- Euro oder 300,- Euro auseinander gesetzt hat.
Viele Grüße
Andreas
Hallo Andreas,
zu dem von Dir angesprochenen Thema Wertminderung ist das Urteil sehr dünn. Mehr als im Urteilstext steht, kann ich auch nicht angeben.
Mit freundlichen Grüßen
Dein Willi
Werden nach einem Urteil bezüglich der einem Unfallopfer entstandenen Sachverständigenkosten „Abstriche“/“Korekturen“ vorgenommen,so ist dieses Unfallopfer offensichtlich in den Augen des Gerichts und des vom Gericht bemühten Volkes kein verständig und wirtschaftlich denkender Mensch. Allerdings ist in solchen Urteilen auch nicht die Rede von einem Auswahlverschulden oder einem Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht. Auch wird es in solchen Urteilen nicht für erforderlich gehalten, auf die Sicht des Geschädigten zum Zeitpunkt der Beauftragung abzustellen, denn wenn man das berücksichtigen würde, wären schadenersatzrechtlich solche „Korrekturen“ gerade nicht veranlaßt.
Mit freundlichen Grüßen
Hubert L.