AG Leipzig verurteilt HUK-Coburg mit Urteil vom 4.5.2011 -113 C 548/11- zur Zahlung restlicher Sachverständigenkosten.

Hallo Leute, bevor es in die Pfingstferien geht, hier noch ein Urteil aus den östlichen Bundesländern, aus Sachsen. Dieses Mal geht es wieder gegen die HUK-Coburg als Beklagten und dieses Mal geht es wieder um gekürzte Sachverständigenkosten.  Das Gericht sieht das Gesprächsergebnis BVSK/HUK-Coburg nicht als Bemessungsmaßstab an.  Lest aber selbst.

 Amtsgericht Leipzig

Aktenzeichen: 113 C 548/11

Verkündet am: 04.05.2011

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

– Klägerin –

gegen

HUK-Coburg Allgemeine Versicherung AG, vertreten durch d. Vorstand, Bahnhofsplatz 1, 96442 Coburg

– Beklagte

wegen Schadensersatz

hat das Amtsgericht Leipzig durch
Richter am Amtsgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.04.2011

für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 415,72 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 08.06.2010 sowie 3,00 EUR vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird festgesetzt bis zu einem Wert von 600,00 EUR,

Tatbestand

Gemäß. § 313 a ZPO wird auf die Darstellung des Tatbestandes verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf Schadenersatz aus abgetretenem Recht aus dem Verkehrsunfall vom 11.12.2009 gemäß § 3 Pflichtversicherungsgesetz gegenüber der Beklagten.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte für Schäden, die die Geschädigte anlässlich des Verkehrsunfalles am 06.02.2010 erlitten hat, zu 100 % einstandspflichtig ist.

Die Beklagte wendet sich gegen die klägerische Forderung insbesondere mit der Begründung, dass die Sachverständigenrechnung überhöht und nicht prüfbar sei sowie, dass es unzulässig wäre, pauschalierte Beträge der Nebenkosten geltend zu machen.

Bezüglich der jeweilig gegenteiligen Auffassung der Parteien hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Forderungen wird auf die entsprechenden Schriftsätze verwiesen.

Es dürfte unstreitig sein, dass es sich bei den Kosten der Sachverständigengutachten um Kosten handelt, die im Rahmen einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Im Verhältnis zum Geschädigten ist der Schädiger bzw. die Versicherung verpflichtet, Sachverständigenkosten auch dann zu bezahlen, wenn diese tatsächlich überhöht sein sollten,

Ein Vertrag nachdem ein Sachverständiger ein Gutachten über die Höhe eines Kraftfahrzeugunfallschadens zu erstatten hat, ist ein Werkvertrag. Für die Bemessung der Vergütung des Sachverständigen ist der Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung maßgeblich wobei nach § 632 BGB – in dieser Reihenfolge – ihre tatsächlichen Absprachen, eine eventuell vorliegende Taxe oder die übliche Vergütung den Inhalt der Vereinbarung bestimmen. Anderenfalls ist eine verbleibende Vertragslücke nach den Grundsätzen über die ergänzende Vertragsauslegung zu schließen, für die Gegenstand und Schwierigkeit der Werkleistungen insbesondere, die mit dem Vertrag verfolgten Interessen der Parteien von Bedeutung sein können.

Da im vorliegenden Fall eine Vereinbarung über die geschuldete Vergütung zwischen der Geschädigten und dem Sachverständigenbüro getroffen wurde, kommt es auf die Frage, welche übliche Vergütung im Sinne des § 632 Abs. 2 BGB geschuldet ist bzw. darauf, ob dann wenn es sich keine übliche Vergütung feststellen lassen sollte, ein Kfz -Sachverständigter berechtigt wäre, sein Honorar billigem Ermessen an Hand der Schadenshöhe zu bestimmen, nicht an. Der BGH hat bereits entschieden, dass ein Sachverständiger, der für Routinegutachten eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung seiner Honorare vornimmt, die Grenzen des ihm vom Gesetz eingeräumten Gestaltungsspielraumes grundsätzlich nicht überschreitet. Wenn sich nach einer festen Übung Spannen für Leistungen, wie Leistungen der Sachverständigen für Kraftfahrzeugschäden auch für überregionaltätige Auftraggeber wie Versicherungen erbracht werden, allgemein herausgebildet hat, dann steht der Feststellung, welche Vergütung üblich ist nicht entgegen, dass sich an einem bestimmten Ort diese feste Übung nicht gesondert feststellen lässt.

Schadengutachten dienen in der Regel dazu, die Realisierung von Schadensersatzforderungen zu ermöglichen. Die richtige Ermittlung des Schadenbetrages wird als Erfolg geschuldet Hierfür haftet der Sachverstandige. Deshalb trägt eine an der Schadenshöhe orientierte angemessene Pauschalierung des Honorars, dem nach der Rechtsprechung entscheidenden ins Gewicht fallenden Umstand Rechnung, dass das Honorar des Sachverständigen die Gegenleistung für die Feststellung des wirtschaftlichen Werts der Forderung der Geschädigten ist. Soweit sich die Parteien eines Werkvertrages als einen bestimmten Werklohn geeinigt haben kann es nicht Sache des Gerichtes sein, dem Sachverständigen vorzuschreiben, in welcher Art er seine Preis kalkulation vorzunehmen hat. Angebot und Nachfrage bestimmen in den Grenzen des § 138 BGB die Preisbildung auf dem Markt, Anhaltspunkte dafür, dass der abgeschlossene Werkvertrag eine sittenwidrige Preisvereinbarung enthält und damit nach § 138 BGB nichtig ist, sind nicht ersichtlich. Auch steht der für die Erstellung des Gutachtens erforderliche Aufwand nicht völlig außer Verhältnis zu den abgerechneten Kosten.

Das hier streitgegenständliche Sachverständigenhonorar ist auch ortsüblich. Gerichtsbekannt ist, dass die Kfz-Sachverständigen in der Stadt Leipzig und darüber hinaus in ihrer Überwiegenden Anzahl ihre Kfz-Sachverständigenhonorare auf Basis von Tabellen mit den Schadenshöhen der geschädigten Fahrzeuge abrechnen, wobei grundsätzlich der Nettoreparaturwert zuzüglich merkantilen Minderwert in den Fällen des Totalschadens der Bruttowiderbeschaffungswert zugrundegelegt wird.

Auch das sogenannte „Gesprächsergebnis BVSK/Versicherungen“ ist nicht geeignet festzustellen, dass die von der Klägerseite geltend gemachter Honorarforderungen nicht üblich ist. Das auf Anlage B 4 vorgelegte Gesprächsergebnis beinhaltet zum einen eindeutig, dass vorstehende Tabelle keine verbindliche Preisempfehlung für Sachverständige darstellt und des Weiteren ist dem Gericht bekannt, dass dieses Gesprächsergebnis folgende Formulierung enthält: „Die vorgenannte Tabelle basiert auf der BVSK/Honorarbefragung 2005/2006. Nebenkosten wurde in pauschalisierter Form berücksichtigt. Dies bedeutet, dass im Einzelfall durch die pauschalen konkreten Rechnungsbeträge nach unten oder oben abweichen können ohne, dass diese bei der Prüfung der Angemessenheit des Honorares berücksichtigt werden kann. Dies ist jedoch für jede Gebührenordnung, die sich an der Schadenshöhe orientiert, typisch.“

Die Geschädigten trifft vor der Beauftragung des Sachverständigen keine Erkundigungspflicht. Üblicherweise und Gegenteiliges lässt sich aus dem Verfahren nicht erkennen, hat die Geschädigte erstmals einen Unfall erlitten, so dass ihr üblicherweise gar nicht bekannt ist, wie viele Sachverständigenbüros es überhaupt gibt und zu welchen Tarifen diese jeweils arbeiten, Es ist ein wesentlicher Unterschied darin zu sehen, ob die Geschädigte sich um einen Mietwagen bemüht und ihn selbiges zu einem Unfallersatztarif angeboten wird, oder ob dies die Beauftragung eines Sachverständigen betrifft. Es dürfte gerichtsbekannt sein, das Mietwagenunternehmen über die verschiedensten Medien Werbung betreiben, für die die Anmietung von Fahrzeugen zu recht günstigen Tarifen. Auch der BGH hat mehrfach darauf hingewiesen, dass im Allgemeinen davon auszugehen ist, dass der Geschädigte nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadens geringhaltung verstößt, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem „Unfallersatztarif ‚ anmietet der gegenüber einem Normaltarif teurer ist, solange dies den Geschädigten nicht ohne Weiteres erkennbar ist.

Der Ansatz für Fotos, Schreibkosten, Kopien und Porto-/Telefonpauschale ist insgesamt nicht zu beanstanden. Weder ist ein Vergleich mit dem JVEG noch mit dem RVG möglich, da beide Gesetze einen anderen Regelungszweck verfolgen. Die Beklagten verkennt insbesondere, dass in der heutigen Zeit Telekommunikationskosten und auch moderne Fototechniken tatsächlich erhebliche Kostensprünge nach oben verursachen, zumal die moderne Technik extrem schnell veraltet und darüber hinaus einen erheblichen Anschaffungs- und Erhaltungs und Wartungsaufwand erfordern.

Es kann auch nicht als ungewöhnlich angesehen werden, das Gutachten von Schreibkräften geschrieben werden.

Die Höhe der klägerischen Forderung ist insgesamt nicht zu beanstanden.

Die Klägerin hat Anspruch auf Verzugszins und Verzugsschaden für Mahnkosten wie ausgeurteilt. Beide Positionen wurden von der Beklagtenseite weder dem Grunde noch der Höhe nach bestritten,

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO entsprechend dem Unterliegen der Klägerin, Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 713 ZPO und die Höhe des Streitwertes gemäß § 3 ZPO aus der Höhe der geltend gemachten Forderung.

So das Urteil des AG Leipzig. Eure Meinung dazu bitte.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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