Hallo Captain-Huk-Leser, hier nun wieder ein Urteil aus Saarlouis. Dieses Mal vom 4.3.2011. Der Amtsrichter verneint die Anwendbarkeit des Gesprächsergebnisses BVSK mit der Beklagten, nämlich der HUK-Coburg. Die HUK-Coburg Haftpflichtunterstützungskasse wird verurteilt, die von ihr gekürzten Sachverständigenkosten doch noch zu zahlen. Vorgerichtlich kürzen lohnt sich nicht, da man dann im nach hinein noch doppelte Anwaltskosten sowie die Gerichtskosten zu zahlen hat. Das Wirtschaftlichkeitsgebot scheint für die HUK-Coburg aufgehoben. Die Quittung kommt mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss, mit dem die gesamten Rechtsstreitkosten der HUK-Coburg auferlegt werden. Diese sind höher als der Nachzahlungsbetrag. Hinzu kommen dann auch noch die Zinsen. Lest aber selbst und gebt Eure Kommentare ab.
Amtsgericht Saarlouis
Ausfertigung
Aktenzeichen: 29 C 1946/10 (16)
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
der Firma …
Klägerin
gegen
Firma HUK-Coburg Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftfahrender Beamter Deutschlands a.G., vertr. d. d. Vorstand, Willi-Hussong-Str. 2, 96450 Coburg Geschäftszeichen:
Beklagte
hat das Amtsgericht Saarlouis durch den Richter am Amtsgericht … im vereinfachten Verfahren gemäß § 495 a ZPO am 04.03.2011
für Recht erkannt:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 432,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seitdem 17.11.2010 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
(ohne Tatbestand gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO)
Die Klage ist weitgehend begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung weiterer Sachverständigenkosten in Höhe von 432,13 EUR gemäß §§ 7 StVG, 115 VVG, 249, 398 BGB. Die volle Haftung der Beklagten für die dem Zedenten infolge des Verkehrsunfalles vom 23.08.2010 entstandenen Schäden ist unstreitig.
Ob die ursprüngliche Abtretung wirksam war, kann für die zugesprochene Hauptsumme dahinstehen. Denn den dagegen erhobenen Einwendungen des Landgerichts (LG Saarbrücken, Urteil vom 15.10.2010, -13 S 68/10-) trägt die Abtretung vom 16.11.2010 in vollem Umfang Rechnung. Dort tritt der Geschädigte an die Klägerin lediglich die ihm aus dem dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Unfall entstandenen Schadenersatzansprüche auf Erstattung der Gutachterkosten einschließlich Mehrwertsteuer ab.
Zu den ersatzfähigen Kosten des Geschädigten gehören im Übrigen auch diejenigen für ein Schadensgutachten, soweit dieses zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 249 Rdnr. 58).
Die Klägerin orientiert sich in Bezug auf die von ihr beanspruchte Grundvergütung an der Schadenshöhe. Dies ist nach weit überwiegender Meinung in der Rechtsprechung zulässig (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 25.09.03, – 2 S 219/02 -; Saarländisches OLG, Urteil vom 22.07.03, – 3 U 438/02 – ; BGH NJW 2006, 2472).
Der Geschädigte kann zwar auch Sachverständigenkosten nur dann und insoweit geltend machen, als es sich um Aufwendungen handelt, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf und trägt das Risiko, wenn er ohne nähere Erkundigung einen Sachverständigen beauftragt, dessen Gutachten sich im Prozess als zu teuer erweist (vgl. BGH NJW 2007, 1450 ff). Der Geschädigte ist allerdings grundsätzlich nicht zu einer Erforschung des Marktes verpflichtet, um einen für den Schädiger möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu machen. Weil es im Gegensatz etwa zu dem Bereich des Mietwagengeschäfts bei Sachverständigengutachten an einheitlichen Abrechnungsmodalitäten und allgemein zugänglichen Preislisten fehlt, die einen Vergleich der anfallenden Kosten ermöglichen würden, darf der Geschädigte in aller Regel von der Erforderlichkeit der anfallenden Sachverständigenkosten ausgehen.
Erst wenn für ihn erkennbar ist, dass der Sachverständige sein Honorar quasi willkürlich festsetzt und Preis und Leistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen, kann er nicht mehr vollständigen Ausgleich seiner Aufwendungen verlangen (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 29.08.08, – 13 S 108/08 – m. w. N.).
An dieser Einschätzung hält das Gericht auch zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung im Landgerichtsbezirk Saarbrücken fest.
Von der Einholung eines Gutachtens sieht das Amtsgericht im Rahmen seines Schätzungsermessens gemäß §§ 287, 495 a ZPO ab.
Im vorliegenden Fall ist lediglich von einer leichten Überhöhung der Kosten des Sachverständigengutachtens auszugehen. Halten sich das Grundhonorar und die Nebenkosten innerhalb des Honorarkorridors HB III der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009, so kann nicht festgestellt werden, dass die vereinbarte Vergütung schadensrechtlich nicht erforderlich ist, da feststeht, dass eine nicht unerhebliche Zahl von Sachverständigen in diesem Bereich abrechnet. Daraus ergibt sich wiederum, dass der Geschädigte regelmäßig keine Möglichkeit hat, vor Beauftragung zu einer anderen Einschätzung zu kommen.
Soweit das Gesprächsergebnis des BVSK mit der Beklagten niedrigere Werte ausweist als die Honorarbefragung selbst, ist schon nicht hinreichend deutlich, ob sich die dortigen Werte nicht lediglich auf die Abrechnung der Sachverständigen im Verhältnis zu der Beklagten beziehen.
Ob Sachverständige gegenüber der Beklagten und möglicherweise auch anderen Haftpflichtversicherern gegenüber niedrigere Honorarforderungen geltend machen, enthält keinen zwingenden Hinweis darauf, dass Kfz-Sachverständige in der Region bei Beauftragung von privaten Kunden die gleichen niedrigen Sätze anlegen (vgl. LG Saarbrücken, a. a. O.).
Im vorliegenden Fall liegt die Grundvergütung, die die Klägerin in Ansatz gebracht hat, noch im mittleren Bereich des Honorarkorridors. Gleiches gilt für die Nebenkosten mit Ausnahme der Kosten der Lichtbilder. Diese übersteigen den dortigen Höchstsatz um 0,04 EUR. Für die Entscheidung ist davon auszugehen, dass die Gutachterkosten in dieser Höhe die erforderlichen Kosten übersteigen. Daraus ergibt sich der geringfügige Abzug von der Hauptforderung.
Abzuweisen war die Klage in Bezug auf die Zinsen, soweit sie den Zeitraum vor der zweiten Abtretung betreffen. Auch Prozesszinsen gemäß § 291 BGB werden nur in Bezug auf fällige Forderungen geschuldet. In Bezug auf die klageweise geltend gemachte Forderung ist indessen davon auszugehen, dass die Erstabtretung vom 25.08.2010 unwirksam war, so dass der Kläger bis zu dem Zeitpunkt der zweiten Abtretung nicht Inhaber der geltend gemachten Forderung war. Ein wirksamer Abtretungsvertrag nach § 398 BGB setzt voraus, dass die abzutretende Forderung bestimmt oder zumindest bestimmbar ist (vgl. LG Saarbrücken, Urteil vom 15. Oktober 2010, Az.: 13 S 68/10). Aus Gründen der Rechtssicherheit müssen Gegenstand und Umfang der Forderung, die Person des Schuldners und erforderlichenfalls auch der Rechtsgrund im Wege der Auslegung so genau zu bestimmen sein, dass feststeht, wer Inhaber der jeweiligen Forderung ist. Der Schuldner muss sich in zumutbarer Weise Gewissheit darüber verschaffen können, ob und in welcher Höhe seine Verpflichtung von der Abtretung erfasst ist. Wird ein Teil einer Forderungsmehrheit abgetreten, so folgt daraus, dass ausreichend individualisiert sein muss, auf welche Forderung oder Teilforderung sich die Abtretung beziehen soll. Daran fehlt es insbesondere, wenn ein nur summenmäßig bestimmter Teil der Forderungsmehrheit abgetreten wird. Denn in diesem Fall ist nicht erkennbar, von welcher oder welchen der mehreren Forderungen ein Teil abgetreten ist.
Die Bestimmbarkeit setzt in diesem Fall vielmehr voraus, dass Höhe und Reihenfolge der von der Abtretung erfassten Forderungen oder Teilforderungen aufgeschlüsselt werden. Diesen Anforderungen genügt die Abtretung vom 25.08.2010 nicht. Da es sich bei der betreffenden Abtretungsklärung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 BGB handelt, kommt auch keine bestandserhaltende Auslegung der betreffenden Klausel in Frage.
Die Klägerin konnte sich auch nicht hilfsweise auf eine Ermächtigung stützen, den Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend machen zu dürfen. Denn eine ausdrückliche Ermächtigung war hier nicht erteilt. Die Erklärung vom 14.06.2010 konnte nur dahin ausgelegt werden, dass sie sich mit der Geltendmachung des durch Zession erworbenen eigenen Rechts in eigenem Namen befasst.
Zur weiteren Begründung wird auf das den Parteien bekannte oben zitierte Urteile des Landgerichts Saarbrücken verwiesen, dessen Gründe überzeugen und denen sich das Amtsgericht Saarlouis auch zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung im Saarland anschließt.
Die Nebenentscheidungen folgen aus der Anwendung der §§ 291 BGB; 92 Abs. 2, 708 Nr.. 11, 711, 713 ZPO.
Si der Amtsrichter aus dem Saarland.
Hi Willi Wacker,
und wieder ein Urteil, mit dem dem Geschäftsführer des BVSK die Maske herunter gezogen wurde. Woher haben die Gerichte nur das Gesprächsergebnis BVSK mit HUK-Coburg, wenn es ein solches nach Angaben des Herrn Fuchs gar nicht gibt. Aber offenbar gibt es Sachen, die gibt es nicht. Mache sich daher jeder selbst Gedanken über den Wahrheitsgehalt des Herrn Fuchs. Wie war das noch? Gauklern und Falschspielern ging es früher gewaltig an den Kragen.
Grüße aus Walcheren / Provinz Zeeland/NL.
Problematisch sind immer diese Halbsätze, in denen der Richter wohl versucht seinem Unmut, dass der SV seine – berechtigte – Forderung durchsetzen will, Ausdruck verleiht.
Die Formulierung:
„Im vorliegenden Fall ist lediglich von einer leichten Überhöhung der Kosten des Sachverständigengutachtens auszugehen. Halten sich das Grundhonorar und die Nebenkosten innerhalb des Honorarkorridors HB III der BVSK-Honorarbefragung 2008/2009, so kann nicht festgestellt werden, dass die vereinbarte Vergütung schadensrechtlich nicht erforderlich ist, da feststeht, dass eine nicht unerhebliche Zahl von Sachverständigen in diesem Bereich abrechnet. Daraus ergibt sich wiederum, dass der Geschädigte regelmäßig keine Möglichkeit hat, vor Beauftragung zu einer anderen Einschätzung zu kommen.“
Das ist doch schon die falsche Prüfungsreihenfolge!
Der Geschädigte ist bestenfalls nach Erstattung des Gutachtens in der Lage zu erfragen, was andere SV bei diesem Schaden mit dieser Menge Lichtbilder, den entstehenden Fahrtkosten, etc. abrechnen. Aber da ist das GA schon erstattet und die Kosten sind angefallen.
Und wieso will der Richter wissen, dass eine leichte Überhöhung vorliegt? Hat er das betriebswirtschaftlich untersucht? Hat er die Qualifikation dazu?
Vor allem zieht der Richter dann 0,04 Euro / Lichtbild ab, obwohl alle weiteren Kosten bestenfalls durchschnittlich sind, wie der Richter selbst festgestellt haben will. Zu betrachten wäre aber, obwohl es überhaupt nicht notwendig ist, das Gesamthonorar.
Solche pseudogenauen Listenleser braucht kein Mensch und kein Gericht. Bevor sich so ein Mensch an Durchschnittlichkeit vergeht, hat er mit Sicherheit erst einmal die Erhebungsgrundlage BVSK durchgearbeitet, oder?
Dieses Urteil ist schlicht falsch, weil es Abzüge bei der Hauptforderung macht und dazu noch falsch begründet ist, auch wenn das Ergebnis dann zu 99% „richtig“ ist.
Grüße aus dem Urlaub
Andreas