Mit Urteil vom 10.12.2008 (61 C 4106/08) hat das AG Münster den LVM Landwirtschaftlichen Versicherungsverein Münster aG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 520,94 € zzgl. Zinsen sowie vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab .
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten gemäß § 249 BGB auf Bezahlung der restlichen, von diesem nicht erstatteten Kosten in Höhe von 520,94 € für die Anmietung eines Ersatzfahrzeuges für fünf Tage.
Die Haftung des Beklagten aus dem streitgegenständlichen Unfallereignis dem Grunde nach ist unstreitig.
Der Höhe nach sind die allein zwischen den Parteien streitigen noch offenen Mietwagenkosten in der Höhe ersatzfähig, wie klageweise geltend gemacht. Der Betrag von netto 970,94 € setzt sich zusammen aus einem Mietpreis selbst von 836,13 € (also 167,23 € täglich) unter Abzug eines 10 %igen Nachlasses, 113,40 € für Vollkaskoschutz, 42,01 € für Zustellung bzw. Abholung und 63,00 € für einen zweiten Fahrer.
Die Klägerin hat neben den Kosten für die Anmietung des Fahrzeugs selbst auch Anspruch auf Ersatz der Nebenkosten wie der Kosten für eine Vollkaskoversicherung. Sie hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass ihr zum Zeitpunkt des Unfalls noch nahezu neues Fahrzeug vollkaskoversichert war. Der Hinweis des Beklagten, diese Anspruch bestehe grundsätzlich nur, soweit für das unfallbeschädigte Fahrzeug entsprechender Versicherungsschutz bestehe oder wenn mit der Mietwagennutzung ein Sonderrisiko verbunden ist, steht diesem Anspruch nicht entgegen. Denn über diese allgemeine Feststellung hinaus subsumiert der Beklagte nicht einmal, ob das beschädigte Fahrzeug der Klägerin entsprechend versichert war, oder nicht, und im vorliegenden Fall daher ein Anspruch besteht, oder nicht. Ein zu berücksichtigendes Bestreiten dieser Anspruchsposition erkennt das Gericht hierin nicht.
Auch das Bestreiten der „unfallbedingten Erforderlichkeit“ der Kosten für Zustellung bzw. Abholung und der Inanspruchnahme eines Zweifahrers seitens des Beklagten ist unbeachtlich. Die Klägerin hat Anspruch darauf, den Ersatzwagen je nach Übergabesituation am Ort der Werkstatt oder zu Hause zu übernehmen, zumal andernfalls Taxikosten anfielen und der Beklagte nicht dargelegt hat, dass diese geringer gewesen wären, als die geltend gemachten 42,01 €. Auch die Erforderlichkeit eines Zweitfahrers hat die Klägerin substantiiert dargelegt, so dass das pauschale Bestreiten seitens des Beklagten unerheblich ist.
Die Zuerkennung der noch offenen Mietwagenkosten der Höhe nach beruht auf einer Schätzung gemäß § 287 ZPO auf Grundlage der so genannten „Schwacke-Liste“. Diese Liste ist zur Überzeugung des Gerichts als Schätzgrundlage geeignet, weil sie einen sehr umfassenden und auch auf die jeweiligen örtlichen Verhältnisse abgestimmten Überblick über die am Markt angebotenen Tarife ermöglicht. Soweit der Beklagte darauf verweist, dass nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH durchaus nicht zwingend auf die Schwacke-Liste abgestellt werden muss, ist dies dem erkennenden Gericht bewusst, jedoch sieht es vorliegend keine Veranlassung, anstelle der Schwacke-Liste die von dem Beklagten vorgeschlagene Markterhebung des Fraunhofer Instituts der Schätzung zugrunde zu legen. Nach der Erfahrung des erkennenden Gerichts liegen die Werte des Schwacke-Mietspiegels in einem realistischen Bereich. Diesen Eindruck hat der Beklagte nicht erschüttern können. Zwar legt der Beklagte ausführlich dar, auf welcher Grundlage die zuletzt genannte Marktforschung basiert, jedoch nennt er keine sachlich überzeugenden Argumente, die hinreichend gegen die Angemessenheit der Ergebnisse der Schwacke-Liste und für die Berücksichtigung der Werte des Fraunhofer Instituts sprächen.
Die Klägerin hat durch Vorlage der für den Postleitzahlenbereich ihres Wohnsitzes gültigen Schwacke-Liste dargelegt, dass der von ihr gezahlte Betrag von umgerechnet 167,23 € täglich deutlich unter dem Modus-Wert, also dem in der größten Zahl der Fälle verlangten Tarif, und nur 7,23 € über dem arithmetischen Mittel aller in diesem Bezirk aufgenommenen Angebote von 160,00 € liegt. In diesen Werten der Schwacke-Liste, die als „Normaltarif“ aufgenommen sind, sind, ebenso wie in dem Betrag von 167,23 €, die Zusatzpositionen Vollkasko, Zustellen/ Abholen und Zusatzfahrer nicht enthalten.
Auch in der Gesamtschau ergibt sich ein ähnliches Bild: insgesamt beträgt der Rechnungsbetrag 970,94 €. Bei Berücksichtigung der Moduswerte der einschlägigen Schwacke-Liste von 199 € Mietkosten pro Tag, 25 € Kosten für Vollkaskoschutz pro Tag, 25 € für Zustellen/Abholen je Aktion und 15,00 € pro Tag für einen zweiten Fahrer ergäbe sich ein Gesamtbetrag von 1.220 €. Bei Berücksichtigung des arithmetischen Mittels ergäbe sich ein Betrag von 1.006,00 €.
Es zeigt sich demnach, dass der klägerseits geltend gemachte Betrag sogar unter dem arithmetischen Mittel all derjenigen Angebote liegt, die die Schwackeliste enthält – und dies nicht nur unter Berücksichtigung einer eintägigen Mietdauer, sondern auch bei Berechnung auf der Grundlage einer fünftägigen Mietdauer.
Jedenfalls bis zu dem Betrag von 970,94 € durfte die Klägerin die Kosten der Mietwagenfirma nach alledem für erforderlich halten und sich für das streitgegenständliche Angebot entscheiden.
Ein Auswahlverschulden der Klägerin ist nicht ersichtlich, sondern sie durfte auf die Marktüblichkeit dieses Preises vertrauen und war nicht verpflichtet, eine Marktforschung zu betreiben. Zwar ist von einem Geschädigten grundsätzlich zu erwarten, dass er sich in einem zumutbaren Umfang einen Überblick über das lokale Angebot verschafft. Das Unterlassen dieser Informationsbeschaffung gereicht ihm jedoch dann nicht zum Nachteil, wenn er ein Ersatzfahrzeug anmietet, dessen Preis nicht aus dem üblichen Rahmen fällt. Dies hat die Klägerin vorliegend getan.
Der Abzug von 10 % wegen ersparter Eigenkosten, den der Beklagte anmahnt, ist, wie Angebot und Rechnung vorliegend zeigen, in beiden bereits berücksichtigt und muss daher entgegen der Ansicht des Beklagten nicht erneut – und damit doppelt -vorgenommen werden.
Das Bestreiten des Beklagten, dass das Mietwagenunternehmen den der Klägerin unter dem 06.12.2007 in Rechnung gestellten Betrag auch tatsächlich von ihr verlangt, ist angesichts seiner Pauschalität unbeachtlich. Insoweit hätte der Beklagte zumindest vortragen müssen, aufgrund welcher Anhaltspunkte er davon ausgeht, dass das Mietwagenunternehmen der Klägerin zwar eine Rechnung über 970,94 € gestellt hat, tatsächlich diesen Betrag aber gar nicht zu erhalten wünscht. Die Klägerin muss dem Zahlungsverlangen des Mietwagenunternehmens auch entgegen der Ansicht des Beklagten keinen Schadensersatzanspruch wegen Aufklärungspflichtverletzung entgegen halten, da der ihr angebotene Tarif, wie dargelegt, gerade nicht „deutlich über dem Normaltarif auf dem örtlich relevanten Markt“ liegt.
Zinsen waren der Klägerin in der geltend gemachten gesetzlichen Höhe aus Verzugsgesichtspunkten wie beantragt seit dem 26.10.2007 zuzusprechen. An diesem Tag hat der Beklagte lediglich 450,00 € auf die insgesamt seitens der Klägerin verlangten 970,94 € gezahlt und weitere Zahlungen endgültig zurückgewiesen. Aufgrund dieser Zahlungsverweigerung befand er sich ab diesem Zeitpunkt in Verzug.
Die Verpflichtung des Beklagten zur Erstattung nicht anrechenbarer Rechtsanwaltsgebühren in Höhe der beantragten 70,20 € ergibt sich aus den §§ 280 Abs. 1,2, 286, 288 BGB. Die Klägerin hat unwidersprochen dargelegt, ihren Prozessbevollmächtigten mit der Geltendmachung der noch offenen Mietwagenkosten erst beauftragt zu haben, nachdem sich der Beklagte aufgrund seiner Zahlungsverweigerung bereits in Verzug befand. Der Betrag entspricht einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 520,94 € in Höhe von 58,50 € zuzüglich 11,70 € Aufwandspauschale.
Soweit das AG Münster.
Hallo Babelfisch,
mit dem AG Münster hat sich wiederum ein nordrhein-westfälisches Gericht für Schwacke und gegen Fraunhofer entschieden. Für Fraunhofer wird es eng.