LG Dresden: Geschädigter muss nicht unbedingt das Originalgutachten mit Lichtbildern übersenden. Es reicht die Übersendung per Mail. (Urt. vom 30.3.2011 – 3 O 2787/10 -).

Hallo Captain-HUK-Leser, nun wieder ein Urteil zum Thema Sachverständigenkosten. Interessant ist an der Entscheidung, dass das Gutachten durchaus per Mail an die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung gesandt werden kann, wenn diese ihre Mailadresse bekannt gibt, um die beklagte Versicherung in Verzug zu setzen. Denn mit dem gemailten Gutachten liegen ihr sämtliche zur Schadensregulierung erforderlichen Unterlagen, die den Schaden des Geschädigten darstellen und beweisen, vor.  Mit der Beauftragung eines versicherungsorientierten Sachverständigen liegt m.E. die Einzelrichterin der 3. Zivilkammer allerdings falsch. Die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung hat keinen Rechtsanspruch auf Besichtigung des Fahrzeuges durch einen von ihr beauftragten Sachverständigen, da das beschädigte Fahrzeug bereits besichtigt und begutachtet worden ist. Gebt bitte Eure Meinungen ab. 

Landgericht Dresden

Aktenzeichen: 3 O 2787/10

Verkündet am: 30.03.2011

IM NAMEN DES VOLKES

ENDURTEIL

In dem Rechtsstreit

– Kläger –

gegen

1. …

– Beklagter –

2. …

– Beklagte –

wegen Schadensersatz

hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Dresden durch Richterin am Landgericht … als Einzelrichterin auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25.03.2011 am 30.03.2011

für Recht erkannt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 51,25 EUR zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an … , Inhaber des Autohauses … , 62,78 EUR zu zahlen.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an … , Inhaber des Ingenieurbüros … , 24,43 EUR zu zahlen.

4. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss:

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

bis zum 24.3.2011: 9.023,48 EUR

ab dem 25.03.2011: 82,46 EUR.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagten aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, an dem der Beklagte zu 1 als Fahrer eines bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten PKW beteiligt war. Er hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, Schadensersatz in Höhe von insgesamt 7.423,48 EUR nebst Zinsen sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 899,40 € zu zahlen. Ferner wurde die Feststellung beantragt, dass eine Teilzahlung der Beklagten zu 2) mit Rechtsgrund erfolgt ist. Die Klageschrift wurde beiden Beklagten am 04.12.2010 zugestellt. Nach Beweisaufnahme durch Einvernahme eines Zeugen haben die Beklagten am 01.03.2011 einen Betrag in Höhe von 8.244,33 auf die Forderung gezahlt. Die Parteien haben die Hauptsache in Höhe dieses Betrages und hinsichtlich des Feststellungsantrages übereinstimmend für erledigt erklärt und stellen insoweit widerstreitende Kostenanträge. Hinsichtlich eines weiteren Teilbetrages von 78,52 EUR hat der Kläger die Klage zurückgenommen.

Der Kläger verfolgt mit der Klage noch restliche Zinsansprüche und beantragt nunmehr,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1. an den Kläger 51,25 EUR zu zahlen,

2. an Herrn … , Inhaber des Autohauses … , 62,78 EUR zu zahlen,

3. an Herrn … , Inhaber des Ingenieurbüros … , 24,43 EUR zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie vertreten die Ansicht, der Kläger habe die übliche vorgerichtliche Mitwirkung verweigert, welche der Beklagten zu 2) die erforderliche Prüfung des Schadensumfanges am klägerischen Fahrzeug gestatten würde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 21.01. und 25.03.2011 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
I.

Der Kläger kann von den Beklagten die Zahlung der Zinsbeträge aus §§ 286, 288 BGB verlangen. Die Beklagten befanden sich mit der Schadensregulierung im Verzug, so dass sie die geltend gemachten Zinsbeträge zu zahlen haben.

Da sich die Beklagten mit der Schadensregulierung im Verzug befanden, waren ihnen die Kosten des Rechtstreits für den erledigten Teil der Klageforderung dementsprechend aufgrund des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen insgesamt aufzuerlegen, § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat der Kläger seine Mitwirkungspflichten zur Feststellung des Schadensumfanges nicht verletzt. Der Kläger hat den Beklagten das Schadensgutachten unstreitig überlassen. Dem Schadensgutachten waren auch unstreitig Bilder des verunfallten Fahrzeugs beigefügt. Mehr kann man von dem Kläger nicht verlangen. Insbesondere ist es keine Obliegenheit des Klägers, den Beklagten zur Schadensfeststellung das Originalgutachten nebst Bildmaterial in ausgedruckter Form zu übersenden. Vielmehr ist es durchaus üblich, diese Unterlagen per Email zuzusenden.

Hiervon konnte der Kläger auch ausgehen, da die Beklagte eine Email-Adresse im Rechtsverkehr verwendet. Selbst wenn die per Email übersandten Dokumente von schlechter Qualität gewesen wären, hätte sich die Beklagte selbst um die Übersendung in der von ihr gewünschten Qualität bemühen können und müssen, gegebenenfalls beim Sachverständigen selbst oder sie hätte auch selbst einen Sachverständigen zeitnah mit der Schadensfeststellung beauftragen können. Statt dessen hat sie sich aber darauf beschränkt, zum einen immer wieder eine Reaktion der Klägerseite abzuwarten und zum anderen wiederholt ausschließlich auf der Übersendung des „Originalgutachtens“ zu bestehen.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 a, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Da der zurückgenommene Teil der Klageforderung im Verhältnis zum für erledigt erklärten Forderungsteil verhältnismäßig gering ist, waren die Kosten den Beklagten insgesamt aufzuerlegen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Festsetzung des Gebührenstreitwerts hinsichtlich des Feststellungantrages erfolgte entsprechend § 3 ZPO in Höhe von 20 % des Feststellungsbetrages, da die Wahrscheinlichkeit der Rückforderung des Betrages als gering bewertet wird. Die Einstandspflicht der Beklagten für den Verkehrsunfalls war vorgerichtlich unstreitig, lediglich die Höhe des Schadens wurde seitens der Beklagten bestritten.

Urteilsliste “SV-Honorar” zum Download >>>>>

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11 Antworten zu LG Dresden: Geschädigter muss nicht unbedingt das Originalgutachten mit Lichtbildern übersenden. Es reicht die Übersendung per Mail. (Urt. vom 30.3.2011 – 3 O 2787/10 -).

  1. Andreas sagt:

    Hier wird auf die Übersendung des Originalgutachtens gepocht. Wenn man sich aber sonst die Versicherer so anhört, dann heißt es nur, dass bitte alles per Mail übersandt werden soll, um eine zügige Regulierung zusichern zu können.

    Hier zeigt sich nun, was von dieser Mailerei zu halten ist.

    Interessant wäre jetzt nur noch welche Versicherung denn hier auf die Nase gefallen ist.

    Viele Grüße

    Andreas

  2. virus sagt:

    … wie es dem Versicherer gerade passt!!!

    Eine Kundin rief mich gerade an, dass bei der DEVK keine Unterlagen zur Schadenbemessung eingegangen wären. Ob die vom Scanner aufgefressen wurden, weil besagte Kundin sich nicht hat zur Wunschwerkstatt der DEVK zwecks Kostenvoranschlags und Fotodokumentation hat schicken lassen, darf wohl vermutet werden.

    Andreas zu deiner Frage, einem weiteren Kunden wurden von der HUK Coburg das SV-Honorar nicht erstattet, weil dieser nur die Zweitfertigung an den Versicherer übersandt hat. Zuvor hatte man verlauten lassen, dass gar kein Gutachten erforderlich gewesen wäre. Abgerechnet wurde dennoch danach. Mittlerweile war der Schadenverursacher sicher hoch erfreut über das Schreiben des Anwaltes mit der Bitte um Begleichung des SV-Honorars.

  3. Rüdiger Rodenfeld sagt:

    Ich bin etwas irritiert über das Verhalten der Versicherung. Einerseits wollen die sich doch mit einem nichtssagenden Kostenvoranschlag begnügen, andererseits wird ihnen ein Gutachten mit Lichtbildern, also ein Mehr, übersandt, ist die Übersendung per Mail auch nicht recht. Ich glaube den Versicherungen allgemein kann man es nie recht machen. Am besten die Prämien zahlen und im Falle des Unfalls auf Erstattung verzichten. Das wär`s doch?
    Prima, dass jetzt ein Landgericht entschieden hat, dass die Übersendung des Gutachtens per Mail ausreicht, wenn von der Versicherung eine Mailadresse im Briefkopf angegeben ist. Mir sind bisher noch keine Schreiben von Versicherungen bekannt gegeben worden, auf denen nicht die E-Mail-Adresse angegeben ist. Also: Ab jetzt nur noch das Gutachten per Mail an die Versicherung. Dort wird es ja sowieso gescannt und vernichtet. Das mit den Lichtbildern behält der Geschädigte zur eventuellen Vorlage bei Gericht. Wenn Versicherung die Original-Lichtbilder will, kann sie diese lt. LG Dresden bei dem Sachverständigen, der auch Urheber der Lichtbilder ist, kostenpflichtig anfordern. Eine prima Entscheidung, die wieder einmal der Versicherungswirtschaft ihre Grenzen aufgezeigt hat. Nur fordern, wie die Versicherungen meinen, geht nicht.

    Die Versicherungen haben doch auch immer gefordert, die Unterlagen per Mail zur Beschleunigung der Regulierung einzusenden. Jetzt hat der Geschädigte dies getan, und wieder ist es nicht richtig. Was will eigentlich die Versicherung. Ich glaube, das weiß die selbst nicht. Eins weiß ich aber, die Versicherung will die Regulierung soweit wie möglich herauszögern. Dazu hat sie aber kein Recht. Sie hat nach § 249 BGB den alten Zustand, wie er vor dem Unfall bestand, wiederherzustellen und den dafür erforderlichen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen. Rechte des Schädigers sehe ich in § 249 BGB nicht. Die liegen auf Seiten des Geschädigten.

    Das musste jetzt auch mal gesagt werden.

  4. Rudi sagt:

    @Rüdiger Rodenfeld

    „Also: Ab jetzt nur noch das Gutachten per Mail an die Versicherung.“

    Klar doch! Damit die Versicherung das Gutachten gleich an Control Expert weiter leiten kann und die Einstellung des Gutachtens in die Restwertbörse erleichtert wird? Die Kosten für das rechtswidrige Einscannen spart sich die gegnerische Versicherung dann auch noch. Wie will man Urheberrechtsverletzungen (z.B. unerlaubte Vervielfältigung/Scannen usw.) verfolgen, wenn man das Meterial selbst als Vervielfältigungsprodukt zur Verfügung stellt? Genau auf der Schiene fahren doch einige Versicherer wie z.B. DEVK & Co., die das Gutachten per Mail anfordern! Da hatte sich mal einer beim BGH erfolgreich FÜR ALLE hinaus gelehnt und ein Hammer-Urheberrechtsurteil eingefahren. Dieses Urteil beschert den Versicherern über kurz oder lang Ausfälle in dreistelliger Millionenhöhe/Jahr. Geld, das Geschädigten aus der Tasche gezogen wurde und durch dieses Urteil nun wieder dahin fließt, wo es hingehört; und jetzt sollen wir denen hinten herum auf den Leim gehen, indem wir selbst das Urheberrechtsurteil unterlaufen, indem wir Scanprodukte zur Verfügung stellen?
    Die nächste Baustelle war doch, das Einscannen der Originalgutachten beim Versicherer zu unterbinden? Oder halten das wieder einige für „üblich“.
    Die Urteilsbegründung bezgl. E-Mail ist meiner Ansicht nach völlig daneben.

    Anstatt:

    „Vielmehr ist es durchaus üblich, diese Unterlagen per Email zuzusenden.“

    Hätte gereicht:

    „Es ist völlig ausreichend, wenn der Geschädigte dem Schädiger eine Gutachtenkopie zur Verfügung stellt.“

    Denn üblich ist es ganz sicher nicht, dass Gutachten per Mail zugesandt werden. Üblich ist, dass Versicherer davon träumen. Die Sorte von Sachverständigen, die Gutachten per Mail versenden, weil es „schick“, „modern“ oder „zeitgemäß“ sein soll, denken nicht von A nach B.

    Die Stelle in den Urteilsgründen bezüglich Begutachtung durch den Sachverständigen der gegnerischen Versicherung schlägt dem Fass dann entgültig den Boden aus. Die Gute hat wohl noch nichts davon gehört, dass es kein Nachbesichtigungsrecht durch den Schädiger/Versicherer gibt?

  5. Frank sagt:

    ….. daher, VORSCHLAG: Faustrecht wieder einführen und Karatekurse für Sachverständige und Anwälte als Pflichtlehrgänge einführen.

    Vielleicht ist es dann möglich diese „V“ auszurotten und eine wirklich faire Schadenregulierung wieder einzuführen. Diese gibt es nämlich nicht mehr.

    Es zählt einzig die Abzocke und der Mammon. Der Mensch zählt nicht mehr nur noch der Gewinn der sowieso übersättigten.

  6. RA Schepers sagt:

    @ Frank

    wohl im falschen Blog gelandet, oder?

  7. SV Wehpke sagt:

    @Rüdiger Rodenfeld…“Die Sorte von Sachverständigen, die Gutachten per Mail versenden, weil es “schick”, “modern” oder “zeitgemäß” sein soll, denken nicht von A nach B.“
    —————-
    Da stimme ich Ihnen zu. Auf Dauer lassen sich zwar technische Innovationen durch Boykott nicht verhindern, jedoch ist es wirklich nicht angesagt aktiv daran mitzuwirken. Sei es aus vorauseilendem Gehorsam gegenüber Versicherern um denen das Geschäft noch einfacher zu machen oder aus falschem Fortschrittsverständnis.

    Eine Reihe dieser „freien und unabhängigen SV“ haben aber keine Wahl, da ihr Futter via SSH (BVSK) oder direkt vom Versicherer zugeteilt wird.

    Wehpke Berlin

  8. Glöckchen sagt:

    @ Schepers
    kann ich verstehen,dass einem auch mal der Kragen platzt!
    Sehr hohe Gewinne gabs ja auch schon in der Zeit vor dem Schadensmanagement.
    In Zeiten von Kürzungsboni wird der moralische Verfall(siehe Aufsatz von RA Fuchs) bald bittere Feindschaft produzieren.
    Ach übrigens:dieser Blog sollte Prämien für Insiderinfos ausloben,a´la Steuerdaten-CD.
    Klingelingelingelts?

  9. Mister L sagt:

    Hallo Leutle,

    gibt es denn schon Urteile in Bezug auf ein Scanverbot und die meist vorangegangene Beschädigung (Zerlegung, Bindung abschneiden etc.) von Gutachten?

  10. Frank sagt:

    hi Schepers,

    …solltest mal zwischen den Zeilen lesen!!

    Klapperts?

  11. RA Schepers sagt:

    @ Frank

    Was steht denn zwischen den Zeilen von

    Es zählt einzig die Abzocke und der Mammon. Der Mensch zählt nicht mehr nur noch der Gewinn der sowieso übersättigten.

    ????

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