Mit Urteil vom 17.02.2009 (3 O 329/07) hat das LG Essen die Gothaer Allgemeine Versicherungs AG unter anderem zur Freistellung von weiteren Mietwagenkosten in Höhe von 624,04 € zzgl. Zinsen verurteilt. Neben den Mietwagenkosten wurde weiterer Schadensersatz begehrt, daher als Eingangsinstanz das LG Essen. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage ist zum Teil begründet.
(Es folgen zunächst Ausführungen zum Hergang des Unfalls und zur Haftungsquote)
Dem Kläger stehen mithin 50 % der geltend gemachten Schäden zu.
Dies bezieht sich auch auf die Position Mietwagenkosten, hinsichtlich derer der Kläger zuletzt Freistellung verlangt hat. Insoweit entsteht ein hälftiger Freistellungsanspruch. Zum Ersatz von Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall gilt grundsätzlich Folgendes:
Nach der Rechtsprechung des 6. Zivilsenats des BGH kann grundsätzlich der Geschädigte eines Unfalls vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer gemäß § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und erforderlich halten darf, (vergleich BGH NJW 2007, 3782 mit zahlreichen weiteren Nachweisen zu dieser gefestigten Rechtsprechung). Dabei ist der Geschädigte nach dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen Wegen der Schadensbehebung den wirtschaftlicheren zu wählen. Hinsichtlich der Ersatzfähigkeit von Mietwagenkosten bedeutet dies, dass er grundsätzlich auf dem örtlich relevanten allgemeinen Markt unter mehreren Tarifen den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann. Dabei verstößt der Geschädigte noch nicht allein deswegen gegen seine Pflicht zur Geringhaltung des Schadens, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif angemietet hat, der gegenüber dem Normaltarif teurer ist. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu prüfen, ob unfallbedingte Mehrleistung des Vermieters oder sonstige mit der Unfallsituation verbundene besondere Umstände eine Erhöhung des Normaltarifs rechtfertigen (vergleiche BGH am angegebenen Ort). Dabei kann ein vom Normaltarif abweichender ausgewählt werden, wenn nach den konkreten Umständen des Falles der Normaltarif nicht zugänglich gewesen ist. Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden, zumal das Mietfahrzeug erst 9 Tage nach dem Unfall angemietet worden ist und somit für den Kläger ausreichend Zeit und Gelegenheit bestanden hat, sich entsprechend zu informieren. Aber auch, wenn den Normaltarif übersteigende Mietwagenkosten dadurch bedingt sind, dass unfallspezifische, besondere Kosten verursachende Umstände dies rechtfertigen, steht dem Geschädigten ein höherer Ersatzanspruch zu.
Das erkennende Gericht geht davon aus, dass der Unfallgeschädigte jedenfalls den durchschnittlichen Wert eines Normaltarifs zuzüglich eines Unwägbarkeitszuschlags von 20 % als ersatzfähigen Herstellungsaufwand abrechnen darf. Insoweit handelt es sich nach Meinung des Gerichts um diejenigen Kosten, die jedenfalls ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.
Der Zuschlag von 20 % ergibt sich zum Einen daraus, dass die örtlichen Gegebenheiten geringfügige Abweichungen von Durchschnittstarifen rechtfertigen können, zum Anderen daraus, dass – jedenfalls hier – eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen worden ist, die der Geschädigte für erforderlich halten durfte, um weitere Schadensgefahren zu minimieren und die ein vernünftig denkender Mensch auch dann tätigt, wenn er keinen Ersatzanspruch gegen einen Dritten hinsichtlich solcherlei Kosten hat, und weil nicht zuletzt aufgrund der Unfallsituation weitere Unwägbarkeiten zu berücksichtigen sind, die sich etwa daraus ergeben, dass die Dauer der Inanspruchnahme des Fahrzeugs im Unfall noch nicht feststehen.
Hinsichtlich der Ermittlung eines sogenannten durchschnittlichen Normaltarifs stützt sich das Gericht auf diejenigen Werte, die sich aus der Schwacke-Mietwagenpreisliste ergeben.
Nach dem unstreitigen Parteivortrag handelt es sich dabei um eine Auswertung einer erheblichen Vielzahl von Preisen von Vermietstationen (Befragung von 8.700 Vermietern).
Diese Durchschnittsdaten sind dem Gericht daher zuverlässiger, als diejenigen des Frauenhofer Mietpreisspiegels auf den sich die Beklagten stützen, weil dieser Mietpreisspiegel sich unstreitig auf die Auswertung nur einiger weniger im Internet präsenter Anbieter orientiert. Das Gericht folgt insofern auch der Rechtssprechung des BGH am angegebenen Ort, sowie Landgericht Nürnberg Fürth, Urteil vom 08.05.2007, 8 O 861/07, zitiert auf Blatt 169, 170 der Akte sowie auf OLG Hamm, 13 U 71/07, Urteil vom 09.01.2008.
Nach den im Einzelnen von der Streithelferin dargelegten Berechnungen (Blatt 176 ff) entstehen unter Anwendung der vorgenannten Kriterien insofern nach dem ermittelten durchschnittlichen Normaltarif zuzüglich von Vollkaskokosten für die hier streitgegenständliche Anmietdauer 1.053,93 €.
Diesen Wert überschreitet der Kläger mit der von ihm in seiner Schadensberechnung zugrundegelegten Abrechnung nicht um mehr als 20 %, so dass die Kammer die geltend gemachten Kosten insgesamt für erstattungsfähig hält.
Soweit das LG Essen.