Mit Urteil vom 24.03.2009 (32 C 11/09) hat das AG Gelsenkirchen die HDI Direkt Versicherung AG zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 173,89 € zzgl. Zinsen sowie weiterer vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an und lehnt die Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 173,89 € aus abgetretenem Recht gem. §§ 7, 17 StVG, 1 ff. Pflichtversicherungsgesetz, 115 VVG, 398 BGB.
Die Klägerin ist aktiv legitimiert. Aufgrund eines Verkehrsunfallgeschehens vom xx.xx.2008 erhielt die Klägerin von der Geschädigten ihre Schadensersatzansprüche gegenüber den Beklagten sicherungshalber im Hinblick auf die Mietwagenkosten abgetreten.
Die Klägerin kann aus abgetretenem Recht, nachdem die Beklagte zu 3) vorprozessual auf die Mietwagenkostenrechnung vom 10.05.2008 301,07 € gezahlt hat, weitere 173,89 € verlangen.
Die von der Klägerin vorgelegte Mietwagenkostenrechnung ist nicht zu beanstanden. Aufgrund des Unfallgeschehens vom xx.xx.2008, für das die Beklagten zu 100 % einstandspflichtig sind, sind die Beklagten verpflichtet, die erforderlichen Schadensbeseitigungskosten im Sinne des § 249 BGB zu tragen. Die erforderlichen Mietwagenkosten sind diejenigen, die aus der Rechnung vom 10.05.2008 ersichtlich sind, da die Beklagten nur 301,07 € gezahlt haben, kann die Klägerin restliche 173,89 € verlangen.
Das Gericht hat keinerlei Bedenken dahingehend, dass der Mietwagenkostenrechnung nicht angemesse und ortsübliche Kosten zugrundegelegt wurden. Insoweit ist eine Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, allgemeingehaltene Erwägungen genügen bezüglich einer hinreichenden Einwendung zu der Höhe des Schadensersatzbetrages insoweit nicht. Die Beklagten haben auch nicht konkret vorgetragen, dass der konkrete Mietpreis im Hinblick auf das konkrete Unfalldatum im Hinblick auf die örtlichen Gegebenheiten weit überhöht wären. Allgemeine Internetrecherchen reichen als hinreichende Einwendung insoweit nicht aus. Entgegengestellt werden könnten allenfalls konkrete Kosten vergleichbarer Anbieter, wenn diese erheblich niedriger gewesen wären, und damit Zweifel an der Angemessenheit und Ortsüblichkeit der in Ansatz gebrachten Kosten bestehen würden. Ein solcher konkreter Sachvortrag ist jedoch nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass konkrete Internetangebote auch nicht als hinreichender Vergleichsmaßstab geeignet sind. Es ist gerichtsbekannt, dass Internetangebote häufig günstigere Preise ausweisen als solche, die vor Ort in einer Filiale angeboten werden, hinzu kommt, dass nach hiesiger Auffassung ein Kunde auch nicht ohne weiteres auf Internetangebote, auch nicht im Rahmen der Schadensgeringhaltungspflicht, verwiesen werden kann, da im Falle der Anmietung durch das lnternet der Kunde regelmäßig seine Bankverbindung oder seine Kreditkartennummer über das Internet preisgeben muss. Es ist gerichtsbekannt und auch in der Öffentlichkeit bekannt geworden, dass ein hinreichender Schutz von Daten im Internet nicht gewährleistet ist, auch vermeintlich vertrauliche Daten sind, wie kürzlich bekanntwurde, nicht hinreichend geschützt worden, Dritte können Zugriff auch auf vermeintlich geschützte Daten nehmen. Wenn aus Schutzgesichtspunkten der Geschädigte sich daher nicht auf das Internet verweisen lassen möchte und dort nicht seine persönlichen Daten preisgeben möchte, so ist dies als legitimes Interesse zu erachten und ein Verstoß gegen die Schadensgeringhaltungspflicht nicht anzunehmen, wenn der Geschädigte nicht vergleichbare Internetangebote einholt. Dies besagt dann aber auch, dass Zusammenstellungen von Internetangeboten nicht geeignet sind, um der konkreten Mietwagenkostenrechnung, die durch Anmietung bei einem örtlichen Autovermieter entstanden sind, als Vergleichsrechnungen entgegengestellt werden zu können.
Im Einklang mit der Auffassung des BGH (u.a. Beschluss vom 13.01.09, Az.: VI ZR 134/08) hält das erkennende Gericht auch die Schwackeliste nach wie vor als geeignete Grundlage, um die Erforderlichkeit von Mietwagenkosten zu beurteilen, wobei insoweit klarzustellen ist, dass jeder Fall ein Einzelfall ist und einer einzelfallmäßigen Überprüfung bedarf. Die Heranziehung der Schwackeliste wird gem. § 287 ZPO diesseits grundsätzlich als geeignete Schätzgrundlage angenommen, insbesondere, da hinreichende konkrete Tatsachen, die zu Mängeln der genannten Schätzgrundlage führen, hier nicht offensichtlich sind. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die zitierte Schwackeliste im konkretem Fall durch wirtschaftliche Kreise manipuliert wurde, mit der Folge, dass diese von der Klägerin herangezogenen Schwackeliste 2007 durchaus als geeigneter Vergleichsmaßstab hinsichtlich der Preise herangezogen werden kann (vgl. auch BGH, Urteil vom 14.10.2008;Az.: VI ZR 308/07). Allgemeingehaltene Erwägungen hinsichtlich der Richtigkeit oder der Geeignetheit der Schwackeliste genügen als ausreichende Einwendung nicht, es hätte schon konkret vorgetragen werden müssen, dass die tatsächlich in Bezug genommene Schwackeliste 2007, die die Klägerin in ihrer Klagebegründung als Vergleichsmaßstab herangezogen hat, nicht zutreffend sein kann, z. B. aufgrund von Manipulationen. Hierfür sind jedoch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. Das Gericht vertritt nicht die Auffassung, dass die Ergebnisse des Fraunhofer-Institutes im Gegensatz zur Schwackeliste als geeignete Schätzgrundlage nur allein herangezogen werden müssten. Dies ergibt sich daraus, da in dieser Untersuchung keine umfassenden Vergleichszahlen in die Überprüfung eingestellt wurden, dies ist gerichtsbekannt, die Überprüfungen sind auch nur auf einen bestimmten Zeitraum bezogen gewesen. Die Werte in der Schwackeliste beinhalten ein weitaus umfangreicheres Vergleichsmaterial, beziehen insbesondere auch Erhebungen weiterer örtlicher Gegebenheiten mit ein, so dass das Gericht die Ergebnisse des Fraunhofer-Institutes als weniger umfassendes Vergleichsmaterialswerk als nicht hinreichend aussagekräftige Grundlage erachtet. Zwar ist es zutreffend, dass in der Vergangenheit Mietwagenunternehmen des öfteren bei der Abrechnung bzw. Inanspruchnahme von Mietwagen aufgrund von Verkehrsunfallgeschehen erheblich überhöhte Tarife, nämlich Unfallersatztarife berechnet haben, was zu Lasten der Versicherungswirtschaft ging. Häufig lagen diese Tarife 400 % über dem Normaltarif. Daraus hat sich nicht nur eine ständige Instanzenrechtsprechung, sondern auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelt, dass solche weit überhöhten Tarife nicht mehr dem Erforderlichkeitskriterium des § 249 BGB unterfallen. Eine solche Sachverhaltskonstellation liegt hier ersichtlich jedoch nicht vor. Wie aus der Klagebegründungsschrift hervorgeht, hat die Klägerin eine vergleichsweise Rechnung unter Zugrundelegung der Normaltarife der Schwackeliste 2007 aufgelistet, nach Inansatzbringung entsprechender Tarife hätte die Beklagte sogar einen höheren Betrag an Mietwagenkosten zu zahlen gehabt, als derjenige, der insgesamt geltend gemacht wurde. Dies zeigt, dass die konkrete Mietwagenkostenrechnung, die streitgegenständlich ist, letztlich noch unter den Normaltarifen der Schwackeliste liegt. Die einzelnen Positionen, die die Klägerin substantiiert in ihrer Klagebegründung aufgeführt hat, sind von der Beklagtenseite nicht bestritten worden. Hiernach wären noch weitere 202,79 € unter Zugrundelegung der Normaltarife zu zahlen gewesen, die Klägerin macht jedoch lediglich 173,89 € geltend. Das Gericht hat daher keinerlei Bedenken, der Klage vollumfänglich stattzugeben.
Soweit die Beklagten einwenden, es sei eine eigene Ersparnis der Klägerin noch in Abzug zu bringen, führt auch diese Einwendung nicht zur Reduzierung der Klagesumme. Die Klägerin hat, obwohl sie Anspruch gehabt hätte auf Anmietung eines Mietwagens nach der Gruppe 5, einen Mietwagen der Gruppe 4 angemietet, hat also einen Wagen nach einer niedrigeren Mietwagengruppe angemietet; der Sachverhalt insoweit wird substantiiert von der Beklagtenseite ebenfalls nicht bestritten, da die Klägerseite bereits eine niedrigere Mietwagengruppe bei der Berechnung berücksichtigt hat als es der Unfallgeschädigten tatsächlich zugestanden hätte, ist ein weiterer Abzug wegen Eigenersparnis nicht in Ansatz zu bringen. Zwar berechnen die Beklagten in Einzelfallbeispielen die Fahrzeuggruppe 3, es ist jedoch aus dem gesamten Sachvortrag nicht ersichtlich, warum die Beklagten jeweils die Fahrzeuggruppe 3 in Ansatz gebracht haben, ein konkretes Bestreiten hinsichtlich der in Ansatz gebrachten Fahrzeuggruppe liegt jedenfalls nicht vor. Wenn das verunfallte Fahrzeug in die Fahrzeuggruppe 5 einzuordnen war und die Klägerin ein Fahrzeug der Gruppe 4 angemietet hat, kann es nicht angehen, dass die Beklagten bei der Gegenrechnung von Mietwagenkosten noch eine weitere Fahrzeuggruppe niedriger in Ansatz bringen, etwaige Berechnungen sind insoweit daher kein geeignetes Vergleichsmaterial. Dass die Unfallgeschädigte nur Kosten nach einer Fahrzeuggruppe 3 tatsächlich beanspruchen könnte, ergibt sich aus der gesamten Aktenlage konkret jedenfalls nicht. Da nach alledem das Gericht die geltend gemachten Mietwagenkosten als erforderlich im Sinne des § 249 BGB ansieht, war der Klage vollumfänglich stattzugeben.
Der Zinsanspruch und der Anspruch auf Zahlung der nicht anrechenbaren Anwaltskosten ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges. Da die Beklagten sich nachhaltig zur Zahlung geweigert haben, hat sich ein etwaiger Freistellungsanspruch hinsichtlich der nicht anrechenbaren Anwaltskosten letztlich in einen Zahlungsanspruch umgewandelt.
Soweit das AG Gelsenkirchen.
Hallo Babelfisch,
wie schon an anderer Stelle festgestellt und kommentiert wurde, ist das Ruhrgebiet fest in Schwacke-Hand. Fraunhofer hat im Revier keine Chance. Prima.
MfG
Werkstatt-Freund