Mit Urteil vom 10.03.2009 (3 C 841/08) hat das AG Germersheim das Deutsche Büro Grüne Karte e. V. zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 200,73 € zzgl. Zinsen sowie weiterer vorgerichtlicher RA-Kosten verurteilt. Das Gericht legt die Schwacke-Liste zugrunde und lehnt die Anwendung der Fraunhofer Tabelle ab.
Aus den Entscheidungsgründen:
Im Hinblick auf die Nachbesichtigungskosten (27,37 €) hat die Beklagte den klägerischen Anspruch anerkannt, weswegen sie antragsgemäß zu verurteilen war.
Im Übrigen konzentriert sich auch der vorliegende Rechtsstreit erneut auf die Frage, ob Mietwagenkosten auf der Grundlage der so genannten Schwacke-Liste zu erstatten sind.
Die Berufungskammern des übergeordneten Landgerichts Landau in der Pfalz halten die so genannte Schwacke-Liste für eine geeignete Schätzgrundlage.
Die erste Zivilkammer des Landgerichts Landau führt dazu beispielsweise aus (aus LG Landau 1 S 79/06, Urteil vom 12.2.2008):
Nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (grundlegend Versicherungsrecht 2005, 850) kann auch ein Unfallersatztarif als erforderlicher – und damit auch von der gegnerischen Haftpflichtversicherung zu erstattender – Aufwand zur Schadensbeseitigung zu qualifizieren sein, wenn die Besonderheiten dieses Tarifs einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht rechtfertigen. Ob ein vom Geschädigten beanspruchter Unfallersatztarif aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich ist, kann zwar offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten die Anmietung zum Normaltarif nach den konkreten Umständen nicht zugänglich gewesen ist. Dafür gibt der vorliegende Sachverhalt jedoch keinerlei Anhaltspunkte.
Im Rahmen der Prüfung der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines Unfallersatztarifes ist es nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2007, 2758) nicht erforderlich, im Einzelfall die Kalkulationen des konkreten Unternehmens nachzuvollziehen. Vielmehr kann sich die Prüfung im Lichte des § 287 ZPO auf die Frage beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein einen Aufschlag rechtfertigen, wobei auch ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif in Betracht kommt. Als Berechnungsgrundlage kann hierbei nach der genannten Rechtsprechung des BGH der Schwacke-Mietpreisspiegel hinsichtlich des Postleitzahlengebietes des Geschädigten herangezogen werden. Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung der Kammer (vergleiche etwa Urteile vom 2.7.2007, Aktenzeichen 1 S 246/06 sowie vom 12.11.2007, Aktenzeichen 1 S 232/06) ist es sachgerecht, in Bezug auf Verkehrsunfälle, die sich – wie hier – im Jahr 2005 ereignet haben, den Automietpreisspiegel für das Jahr 2006 heranzuziehen und der Berechnung des angemessenen Mietpreises den für den einschlägigen Postleitzahlenbereich festgelegten Modus (früher: gewichtetes Mittel) zugrunde zu legen. Nach der Rechtsprechung der Kammer (in diesem Sinne auch das OLG Köln OLGR Köln 2007, 471) ist es gerechtfertigt, den auf der Grundlage des Automietpreisspiegels errechneten Betrag um eine Pauschale von 20% zu erhöhen, um den besonderen betriebswirtschaftlichen Anforderungen an den Unfallersatztarif Rechnung zu tragen.
Dieser Rechtsprechung hat sich neben der weiteren Berufungskammer des Landgerichts Landau auch das erkennende Amtsgericht in ständiger Rechtsprechung angeschlossen.
Wie nicht anders zu erwarten war, hat die Versicherungswirtschaft in der Folgezeit versucht, die Eignung der so genannten Schwacke-Liste grundlegend in Abrede zu stellen. So mehren sich in der letzten Zeit die Fälle, in denen die Versicherer auf der Grundlage der – nach ihrer Darstellung auf einer objektiveren Erhebung beruhenden – Fraunhofer-Liste zu geringeren Entschädigungsleistungen gelangen.
Die genannte Fraunhofer-Liste begegnet allerdings auch ihrerseits methodischen Bedenken.
Die dritte Zivilkammer des Landgerichts Landau hat dazu unter Aufrechterhaltung ihrer bisherigen Rechtsprechung zur Schwacke-Liste in einer neueren Entscheidung (Aktenzeichen 3 S 18/08, Urteil vom 28. November 2008) ausgeführt:
Zur Berechnung des Normaltarifs kann nach der Rechtsprechung des BGH der Schwacke-Mietpreisspiegel hinsichtlich des Postleitzahlengebietes des Geschädigten herangezogen werden (BGH NJW 2008, 1519). Soweit die Beklagten darauf hinweisen, dass weitere Marktbetrachtungen neben der Schwacke-Liste erschienen sind – insbesondere eine solche des Fraunhofer Instituts – ist ihr Vorbringen nicht geeignet, die Anwendbarkeit des Schwacke-Mietpreisspiegels in Frage zu stellen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzgrundlage nachzugehen. Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Deshalb bedarf die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (BGH NJW 2008, 1519). An einem dahingehenden konkreten Sachvortrag der Beklagten fehlt es hier; der Hinweis der Beklagten, dass nach der Erhebung des Fraunhofer Instituts einer Anmietung für vier Tage für einen Mietpreis von 334,69 € möglich gewesen sei, ist unbehelflich, da nicht nur die einzelnen Konditionen der Anmietung ungeklärt bleiben, sondern sich das Angebot ersichtlich nicht auf ein Fahrzeug der hier maßgeblichen Gruppe 8 bezieht.
Auch das Amtsgericht Kandel (Urteil vom 22.10.2008, Aktenzeichen 1 C 171/08) hält die sogenannte Fraunhofer-Liste für ungeeignet:
Im vorliegenden Fall kann auch eine Ermittlung des „Normaltarifs“ nach der Schwacke-Liste erfolgen. Soweit die Beklagte den Marktpreisspiegel Deutschland 2008 des privatwirtschaftlich agierenden Fraunhofer-Institut Arbeitswirtschaft und Organisation vorliegt, ist dieser Erhebung nicht zu folgen. Diese Erhebung ist für den vorliegenden Fall ungeeignet.
Im Gegensatz zur Schwacke-Erhebung bezieht sich die Untersuchung des Fraunhofer Instituts lediglich auf ein- beziehungsweise zweistellige PLZ-Gebiete. Auf diese Art und Weise ist eine regionale Marktbetrachtungen nicht möglich. Allein unter Berücksichtigung des für den Bereich des Geschädigten anzusetzenden PLZ-Bezirks „76“ ergäbe sich ein Einzugsbereich auf der linken Rheinseite mit dem Landkreis Germersheim und dem südlichen Teil des Landkreises Südliche Weinstraße. Auf dem Gebiet der rechten Rheinseite erstreckt sich der PLZ-Bezirk „76“ von Baden-Baden bis Bruchsal einschließlich der Stadt Karlsruhe. Dies ist ein so großer Einzugsbereich, das von einem regionalen Mietmarkt nicht mehr ausgegangen werden kann.
Darüber hinaus wurden in der Erhebung des Fraunhofer Instituts insgesamt 86.783 Datensätze erfasst. 76.457 stammen aus dem Internet. Hierbei handelt es sich um 88% der Datensätze. Diese wiederum stammen von sechs bundesweit beziehungsweise weltweit agierenden Vermietungsunternehmen. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Erhebung des Fraunhofer Instituts ganz überwiegend Bezug nimmt auf Internetangebote großer Vermieter. Die Erhebung des Fraunhofer Instituts berücksichtigt deshalb gerade nicht für die große Anzahl lokaler Anbieter, die gerade das lokale Marktgeschehen prägen. Von Letzteren wurden jedoch in der Schwacke-Mietpreiserhebung konkrete Daten erhoben. Gerade auf dem Markt der Anmietung von Fahrzeugen im Unfallersatzgeschäft erfolgt die überwiegende Anmietung bei lokalen Unternehmen. Deren Preise finden jedoch in der Erhebung des Fraunhofer Instituts bestenfalls eine Beachtung am Rande. Aufgrund dieser Erkenntnis zieht das Gericht die repräsentativere Schwacke-Erhebung der Erhebung des Fraunhofer Instituts vor.
Dem schließt sich auch das erkennende Gericht ausdrücklich an. Dabei ist letztlich auch der Einwand der Beklagten unbehelflich, dass die Erhebung von Fraunhofer nicht deshalb ungeeignet sei, weil lediglich zweistellige Postleitzahlgebiete erfasst worden seien. Es mag zwar sein, dass die regionalen Abweichungen auch unter Zugrundelegung der Schwacke-Liste innerhalb des dort erfassten dreistelligen Postleitzahlgebietes im Bereich von wenigen Prozentpunkten liegen, die in der von der Beklagten vorgelegten Tabelle ersichtlichen Streubreiten erreichen jedoch ein Ausmaß, dass die grundsätzlichen Bedenken gegen die Eignung der Fraunhofer-Liste eher bestärkt als entkräftet werden.
Bezogen auf den vorliegenden Einzelfall ergibt sich folgende Berechnung: Zugrunde zu legen ist auch bei der Schwacke-Liste 2007 der so genannte Moduswert. Dieser beträgt für eine 3-Tagespauschale bei einem Fahrzeug der Klasse 6 286,22 €, hinzu kommen zwei 1-Tagespauschalen zu 97,46 €. Dies ergibt insgesamt 481,14 €
Dieser Betrag ist entgegen der Auffassung der Klägerin allerdings nicht um 20% zu erhöhen, dies aber nicht etwa deshalb, weil das erkennende Amtsgericht den Aufschlag erneut „vergessen“ hat, sondern weil keine Veranlassung besteht, den besonderen betriebswirtschaftlichen Anforderungen eines Unfallersatztarifes Rechnung zu tragen. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die Klägerin den Mietwagen mehr als eine Woche nach dem Unfallereignis angemietet hat. In der Zwischenzeit hätte sie ohne weiteres einen Vorschuss auf die Mietwagenkosten von der Beklagten erlangen können, so dass sie auch gegenüber dem Mietwagenunternehmen nicht hätte in Vorleistung treten müssen. Hinzuzuschlagen sind allerdings die Kosten für die Haftungsfreistellung in Höhe von insgesamt 124,65 €, wobei es entgegen der Auffassung der Beklagten keine Rolle spielt, ob das eigene verunfallte Fahrzeug der Klägerin selbst vollkaskoversichert war, da auch im Wege der Vorteilsausgleichung nach der Rechtsprechung des BGH kein ausgleichungsfähiger Vorteil bei der Klägerin verbleibt. Zu erstatten sind auch die pauschalen Kosten für das Zustellen und das Abholen des Fahrzeuges in Höhe von 40,00 €, dieser Wert unterschreitet den Moduswert der Schwacke-Liste (50,00 €). Die Kosten für einen zusätzlicher Fahrer sind schon deshalb nicht erstattungsfähig, weil die Klägerin auf ein entsprechendes Bestreiten der Beklagten nicht nachgewiesen hat, dass das verunfallte Fahrzeug üblicherweise von mehr als einer Person benutzt wurde.
Das ergibt insgesamt 645,79 €, worauf die Beklagte 472,43 € reguliert hat, weswegen letztlich noch 173,36 € offen sind.
Unter dem Gesichtspunkt des Verzuges schuldet die Beklagte auch Ausgleichung der vorgerichtüchen Rechtsanwaltsgebühren, allerdings lediglich aus einem Gegenstandswert in Höhe von 173,36 € (bzw. 200,73 €) und damit in der Gebührenstufe bis 300,00 €. Anzusetzen ist die übliche Mittelgebühr von 1,3, Anhaltspunkte, die eine Gebühr von 1,5 rechtfertigen könnten, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Der zeitliche Aufwand für die Fertigung eines Schriftsatzes mag im System der Wertgebühren nach dem RVG nicht hinreichend berücksichtigt worden sein, eine besondere Komplexität der Angelegenheit rechtfertigt der Zeitaufwand jedenfalls nicht. Das ergibt zuzusprechende Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von insgesamt 54,74 €.
Soweit das AG Germersheim.