Mit Urteil vom 28.01.2009 (6 S 3075/08) hat das LG Traunstein die Berufung der HUK-Coburg Versicherung A. G. gegen ein Urteil des AG Traunstein, mit dem diese zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 701,91 € zzgl. Zinsen verurteilt wurde, zurückgewiesen. Das Gericht wendet die Schwacke-Liste an.
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Berufungsgericht billigt in vollem Umfang Entscheidung und Gründe des angefochtenen Urteils. Die Kammer hat das gesamte Berufungsvorbringen in Erwägung gezogen. Es vermag das angefochtene Urteil nicht zu erschüttern (§ 540 I 1 Nr. 2 ZPO).
Aufgrund der Vorlage des Originalmietvertrages vom 19.11.2007 steht zunächst fest, dass der Kläger den PKW- Mietvertrag zu den dort aufgeführten Preisen abgeschlossen hat. Soweit er im Rahmen seiner Parteieinvernahme vom 12.06.2008 Angaben gemacht hat, welche im Widerspruch zu dem schriftlichen Mietvertrag stehen, so mag dies daran liegen, dass der Kläger bei seiner Parteieinvernahme den schriftlichen Mietvertrag nicht vorliegen hatte und er sich altersbedingt an die im schriftlichen Mietvertrag enthaltenen Preise nicht mehr erinnern konnte. Der Kläger war zum Zeitpunkt seiner Parteieinvernahme immerhin bereits 82 Jahre alt.
Das Erstgericht konnte die angemessenen Mietkosten vorliegend nach § 287 ZPO unter Zuhilfenahme des Schwacke- Mietpreisspiegels 2006 schätzen. Die Kammer hält ebenso wie das Erstgericht die methodischen Einwendungen der Beklagten gegen den Schwacke- Mietpreisliste 2006 für unbegründet. Erst in einem Urteil vom 24.06.2008, Az.: VI ZR 234/07, hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass die Anknüpfung an den „Schwacke- Mietpreisspiegel“ im Rahmen der Ermittlung des „Normaltarifspreisspiegels“ keinen durchgreifenden Bedenken begegnet. Das Erstgericht konnte die angemessenen Mietkosten vorliegend mithin unter Zuhilfenahme des „Schwacke- Mietpreisspiegels 2006″ schätzen.
Der 15 %ige Aufschlag auf den „Normaltarif“ war vorliegend unter dem Gesichtspunkt des „Unfalltarifs“ gerechtfertigt. Der Kläger hat im Rahmen der Klagebegründung vom 10.04.2008 auch hinreichend dargelegt, warum die Anwendung eines Unfallersatztarifes mit 15 %igem Aufschlag auf den „Normaltarif“ vorliegend gerechtfertigt war. Ein entscheidender Gesichtspunkt im vorliegenden Fall ist, dass die Autovermietung zunächst für den Kläger versucht hat, unter Übermittlung der Sicherungsabtretung, die Mietwagenkosten von der Beklagten einzufordern, um dem 82-jährigen Kläger weitere Schwierigkeiten zu ersparen. Die Autovermietung musste sich im Vorfeld der direkten Geltendmachung der Mietwagenkosten gegenüber der Versicherung zwangsläufig mit dem Unfallhergang auseinandersetzen, um beim Kläger nicht Kosten entstehen zu lassen, die er am Ende vollständig hätte tragen müssen. Die Autovermietung hatte vorliegend einen erhöhten Aufwand aufgrund der Komplexität des Vermietvorgangs. So musste neben der Sicherungsabtretung auch eine Fahrzeug- Eingruppierung bei Mietwagen vorgenommen werden. Diese Umstände rechtfertigen vorliegend den 15 %igen Aufschlag im Rahmen des „Unfallersatztarifs“.
Dem Kläger kann letztlich auch nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, er habe gegen die ihn nach § 254 BGB treffende Schadensminderungspflicht verstoßen. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 24.06.2008 ausgeführt, der Geschädigte sei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeute, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt- nicht nur für Unfallgeschädigte- erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen könne. Der Geschädigte verstoße allerdings noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfalltarif anmiete, der gegenüber dem „Normaltarif“ teurer sei, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und insbesondere zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderliche seien. Dass die Kriterien für die Anwendung eines „Unfallersatztarifes“ vorliegend gegeben waren, wurde oben bereits ausgeführt.
Im Übrigen ist der Geschädigte- wie der BGH ausgeführt hat- nur im Rahmen des ihm Zumutbaren gehalten, von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Dass dem 82- jährigen Kläger eine eingehende Internetrecherche zur Auffindung des günstigsten Tarifs nicht zumutbar war, liegt auf der Hand. Die Beklagte kann letztlich auch nicht mit dem Argument gehört werden, sie haben dem Kläger deutlich vor der Anmietung eine preisgünstigere Anmietmöglichkeit angeboten. Hier hat das Amtsgericht zu Recht ausgeführt, dass es nicht genügt, dass dem geschädigten Kraftfahrer die abstrakte Möglichkeit eröffnet wird, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners einen günstigeren Mietvertrag abzuschließen. Ein konkretes Angebot einer Abschlussmöglichkeit, welches durch eine schlichte Willenserklärung „ja“ angenommen oder durch ein einfaches „nein“ abgelehnt hätte werden können, lag jedenfalls nicht vor.
Dem Kläger stehen die restlichen Mietwagenkosten in Höhe von 701,91 € in vollem Umfang zu, so dass die Berufung zurückgewiesen werden kann.
Soweit das LG Traunstein.
Hallo Babelfisch,
jetzt auch im Alpenvorland: Schwacke. Das OLG München mit Fraunhofer muss daher wohl als „Einzelfallentscheidung“ angesehen werden. Hätte das OLG München daher noch einmal die Gelegenheit zu entscheiden, wird vermutlich, wie beim OLG Köln, ein Entscheidungwechsel erfolgen.
Also: auf ganzer Linie dürfte Fraunhofer out sein.
MfG
Willi Wacker