Hallo verehrte Captain-HUK-Leser,
hier ein Urteil der Amtsrichterin der 333. Zivilabteilung des AG München zur Frage der Erstattungspflicht von Sachverständigenkosten bei Gutachten, die zu einem Reparaturaufwand von ca. 870 Euro gelangen. Auch bei derartigen Gutachten sind die Gutachterkosten erstattungspflichtig. Lest selbst und gebt bitte Eure Kommentare ab. Sollten Euch ähnliche Urteile vorliegen, so bitte ich Euch, diese ggf. geschwärzt an die Redaktion zu senden. Adresse ist im Impressum zu finden.
Viele Grüße
Euer Willi Wacker
Amtsgericht München
Az.: 333 C 7760/11
IM NAMEN DES VOLKES
in dem Rechtsstreit
– Kläger –
gegen
– Beklagte –
wegen Schadensersatz aus Verkehrsunfall
erlässt das Amtsgericht München durch die Richterin am Amtsgericht … auf Grund des Sachstands vom 18.08.2011 folgendes
Endurteil
1. Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 272,50 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.08.2010 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klagepartei hat Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Sachverständigenkosten aus dem Verkehrsunfall vom 23.04.2010 in München gem. §§ 7, 17 StVG, 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB, 1, 3 PflG.
Gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB hat der Schädiger dem Geschädigten den Betrag zu ersetzen, der zur Wiederherstellung der ursprünglichen Vermögenslage erforderlich ist. Das Sachverständigenhonorar, das der Geschädigte aufwenden musste um den entstandenen Schaden zu ermitteln, ist danach grundsätzlich erstatttungsfähig (BGH NJW 2007, 1450).
Entgegen der Auffassung der Beklagtenpartei muss sich die Klagepartei nicht auf den kostengünstigeren Kostenvoranschlag verweisen lassen. Nach BGH (Urt. v. 30,11.2004 – VI ZR 365/03 in NZV 2005, 1391) ist der Geschädigte dann berechtigt ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung der Schadenshöhe zu erholen, wenn kein Bagatellschaden vorliegt. Die Grenze für Bagatellschäden zieht der BGH in etwa bei 750,00 Euro. Da die Reparaturkosten hier 870,42 Euro betragen, ist die Bagatellgrenze deutlich überschritten.
Bei der Angemessenheit der Sachverständigenkosten gilt, dass der Geschädigte keine Marktforschung betreiben muss, um einen möglichst günstigen Sachverständigen zu ermitteln.
Die Geltendmachung der Sachverständigenkosten widerspricht nicht der Schadensminderungspfiicht der Geschädigten gemäß § 254 Abs,2 Satz 1 BGB.
Der Sachverständige ist nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten, sodass die Sachverständigenkosten selbst bei überhöhter Rechnung erstattungsfähig sind. Die Grenze der Erstattungsfähigkeit liegt dort, wo der Preis offensichtlich unangemessen ist und und erheblich über dem Durchschnitt sämtlicher in Betracht kommender Sachverständigen liegt.
Die vorliegende Rechnung ist unter diesen Umständen nicht zu beanstanden. Sie ist insbesondere nicht willkürlich und dergestalt unangemessen überhöht.
Die Nebenforderrungen ergeben sich aus §§ 280,286 BGB
Die Kostenentscheidung beruhtauf §91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr,11 ZPO.
gez.
….
Richterin am Amtsgericht
Verkündet am 18.08.2011
Das Urteil zeigt doch, wie fragwürdig eine sog. Bagatellschadengrenze ist. Liegt der Schaden nun bei 705 Euro, dann Bagatellschaden oder bei 750 Euro, dann kein Bagatellschaden mehr. Hier lag er bei 870 Euro eindeutig über der Bagatellschadengrenze. Aber das weiß der Geschädigte ja eben vorher nicht. Also im Zweifel immer zum Sachverständigen!
Gruß
Bernd Bartmann