Die Amtsrichterin der 31. Zivilabteilung des AG Nürnberg hat mit Urteil vom 20.01.2009 (31 C 5330/08) die beklagte Versicherung verurteilt, an den Kläger 541,27€ nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 70,20€ nebst Zinsen zu zahlen. Die Kosten des Rechtstreites trägt die Beklagte.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage war weitest gehend begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf weiteten Schadenersatz in Höhe von 541,27 Euro gem. §§ 823, 249 BGB, § 7 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 VVG.
1. Der Kläger kann von der Beklagten nach den im Gutachten des Sachverständigen xxx vom 14.5.2003 aufgewiesenen Stundenverrechnungssätzen regional ansässiger markengebundenen Fachwerkstattlöhne Ersatz verlangen.
Der Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten besteht unabhängig davon, ob der Geschädigte den Wagen tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt (so BGHZ 66, 239, 241) . Der Geschädigte kann gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB eine fiktive Abrechnung der Reparaturkosten vornehmen. Dies folgt daraus, dass der Geschädigte nach dem gesetzlichen Bild des Schadenersatzes Herr des Restitutionsgeschehen ist.
So steht er frei in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung als auch in der Verwendung des zu leistendem Schadenersatzes. Der vom Schädiger dabei zu leistende Ersatz ist nicht auf die tatsächlich aufgewendeten Reparaturkosten zu bemessen sondern im Rahmen des § 249 Abs. 2 BGB mit den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag.
2. Der Ansicht der Beklagten, dass dem Kläger nur die Kosten der Reparatur zu erstatten sind , die in regional ansässigen und kostengünstigeren Alternativwerkstätten anfallen, kann nicht gefolgt werden. Allein die Tatsache, dass die Reparatur in einer Alternativwerkstatt kostengünstiger ist, kann keine Berücksichtigung finden.
Zwar führt die Geschädigte insoweit aus, dass diese Fachbetriebe den Schaden fachgerecht reparieren können. Dies reicht jedoch nicht aus. Auch ein technisch ordnungsgemäßes Reparaturergebnis ist wirtschaftlich gesehen nicht gleichwertig mit einer Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt (so u.a. auch Kammergericht Berlin vom 30.6.2008, NJW 2008,2657). Selbst wenn die von der Beklagten vorgetragene Gleichwertigkeit der Reparaturleistungen tatsächlich besteht, so wurde dennoch der Markt eine Reparaturarbeit durch eine markengebundene Vertragswerkstatt mehr honorieren als die Arbeit einer freien Fremdwerkstatt. Dies beruht auf der Tatsache dass neben dem Arbeitsergebnis auch weitere wertbildende Faktoren hinzutreten, insbesondere nimmt Markenqualität ein besonderes Vertrauen, und Seriosität in Anspruch, wobei diese Faktoren sich unmittelbar auf die Preisbildung auswirken. Für ein scheckheftgepflegtes Fahrzeug läßt sich in der Regel ein höherer Verkaufserlös erzielen. Diese Werthaltigkeit gilt nicht nur für zukünftige Käufer sondern auch für den Auftrag gebenden Kunden, welcher das Fahrzeug weiter nutzt. Ein weiterer Grund liegt in der Nähe dieser markengebundenen Fachwerkstätten zum Hersteller. Die Tatsache dass diese Werkstatt sich nur auf eine bestimmte Fahrzeugmarke spezialisiert hat, wirkt zudem bei dem Vertrauen der Kunden mit. Dass sich die Markenwerkstätten trotz der höheren Reparaturpreise nicht nur als bloße Ausnahmeerscheinung auf dem freien Markt durchsetzen, unterstreicht diese Argumente.
3. Dem Geschädigten, kann nicht entgegengehalten werden, dass er nachzuweisen habe, dass alle Inspektionen und Separateres von einer markengebundenen Werkstatt durchgeführt wurden. Entspricht der vom Geschädigten gewählte Weg zur Schadensbehebung dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB so bedarf es keiner weiteres Darlegung des Geschädigten, über die vorangegangenen Inspektionen und Reparaturen, wenn der erforderliche Reparaturaufwand durch ein Sachverständigengutachten nachgewiesen ist. Vielmehr ist der Schädiger für eine Ausnahme beweispflichtig die es rechtfertigt, die erforderlichen Kosten zur Schadensbehebung abweichend vom Sachverständigengutachten festzusetzen. Ein solcher Beweis wurde vorliegend nicht erbracht. Das „Vorleben“ des Pkw spielt dabei in Wartungsrechtlicher Hinsicht keine Rolle (vgl. Porsche-Urteil vom 29.4.2003 Az. VI ZR 398/02).
4. Zwar ist der Geschädigte aufgrund der Schadensminderungspflicht grundsätzlich gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbehebung aufzuwendenen Kosten beeinflussen kann Diesem Gebot trägt der Geschädigte allerdings insoweit Rechnung als er den Schaden aufgrund eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens berechnen ließ. Das Gutachten ist im vorliegenden Falle auch hinreichend ausführlich und lässt das Bemühen erkennen, den konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Betrachters zu beurteilen. Substantiierte Einwendungen gegen das Gutachten an sich wurden von der Beklagtenseite nicht vorgetragen. Die vom Sachverständigen angesetzten Stundenverrechnungssätze bei der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt wurden insoweit von der Beklagtenseite nicht bestritten.
Zwar müsste sich der Geschädigte, wenn er mühelos eine ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, auf diese verweisen lassen. Jedoch ist hierfür Voraussetzung dass konkret dargestellt wird, dass eine solche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit tatsächlich besteht. Dass ein Fachbetrieb jedoch die Instandsetzung gleich einer markengebundenen Werkstätte hätte vornehmen können, ist aufgrund der oben genannten Ausführungen nicht anzunehmen.
5. Gegen die Berechnung auf Grundlage des abstraktes Mittelwerts der Stundenverrechnungssätze der regionalen Marken- und freien Fachwerkstätten spricht weiterhin, dass der Schädiger zur vollständigen Schadensbehebung verpflichtet ist unabhängig von der wirtschaftlichen Disposition des Geschädigten. Die Realisierung einer Reparatur zu den von der Beklagtes vorgetragenen Stundensätzen würde eine erhebliche Eigeninitiative des Geschädigten verlangen, da dieser Preisangebote einholen müsste sowie Erkundigungen, inwieweit die in Frage kommenden Werkstätten für seine Fahrzeugmarke Erfahrungen hat.
6. Auch stehen die Reinigungskosten dem Kläger bei einer fiktiven Schadensabrechnung zu, unabhängig davon, ob diese tatsächlich anfallen oder nicht. Diese Kosten wären ebenfalls bei einer Reparatur angefallen, da das Fahrzeug vor dem Lackieren vorbereitet und nach dem Lackieren von Schleifspuren zu befreien ist. Bezüglich der Höhe des Betrages ist dem Sachverständigengutachten Glauben zu schenken. Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens haben sich für das Gericht nicht ergeben. Gleiches gilt auch für das einzusetzende Schwemmmaterial.
7. Hingegen sind Entsorgungskosten in Höhe von 9,– Büro nicht erstattungsfähig. Die Beklagte führte hierzu aus, dass der Hersteller die relevanten Teile kostenlos zurücknehme. Dies wurde von Klägerseite nicht bestritten und gilt somit als zugestanden.
8. Bezüglich der eingetretenen Wertminderung wird, auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen Jahn verwiesen. In diesem wird ausgeführt, dass keine Alt- bzw. Vorschäden festgestellt wurden. Zwar wurde von Beklagtenseite bestritten, dass ein technischer Minderwert eingetreten. ist, da der Schaden vollständig und fachgerecht behoben werden kann und verborgene Mängel aufgeschlossen werden können. Dies spielt jedoch bei dem merkantilen Minderwert keine Rolle. Eine substantiierte Einwendung der Beklagten läßt sich auch nicht darin erkennen, dsss der Wagen ein Fahrschulwagen ist. Ein weiterer substantiierter Vortrag der Beklagten, aus welchem Grund hier nicht von einem merkantilen Minderwert auszugehen ist, liegt nicht vor. Die vom Kläger angesetzte Wertminderung in Höhe von 140,– Euro ist somit erstattungsfähig.
XX.
Die Kostenentscheidung beruht, auf § 92 Abs. 2, 1. Alternative ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
So das AG Nürnberg.