Mit Datum vom 18.03.2011 (11 C 285/10) hat das Amtsgericht Kempen die VHV Versicherung zur Zahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 678,95 € zzgl. Zinsen verurteilt. Das Gericht legt bei der Schätzung des Normaltarifs die Schwacke-Liste zugrunde und erteilt der Fraunhofer Tabelle eine Absage.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist im zuerkannten Umfange begründet gemäß § 115 VVG i. V. m. § 7 StVG und §§ 249 sowie 254 BGB.
Unstreitig trifft die Beklagte die Haftung für den dem Kläger entstandenen Schaden. Dabei ist der Geschädigte verpflichtet gewesen, bei Anmietung eines Ersatzfahrzeuges das Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß § 254 BGB zu beachten. Er war gehalten, im Rahmen des Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg zu wählen. Dies bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur vom Unfallgeschädigten – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann. Eine ihm zumutbare Marktforschung hat der Kläger nicht betrieben. Der ihm entstandene Schaden ist deshalb gemäß § 287 ZPO zu schätzen.
Dabei wendet das Gericht den Schwacke-Automietpreisspiegel 2009 im Postleitzahlengebiet des Geschädigten an. Hieraus ergibt sich, dass jedenfalls die vom Kläger geltend gemachten Kosten ortsüblicherweise aufzuwenden gewesen wären.
Die Schwackeliste hat das Gericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Landgerichts Krefeld 3 S 22/09 und einem gewichtigen Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung als Schätzungsgrundlage gewählt (vgl. zuletzt BGH in DAR 2010, 323). Soweit die Beklagte der Auffassung ist, der Schwacke-Mietpreisspiegel 2009 sei keine taugliche Bemessungsgrundlage für den Normaltarif, sondern es sei auf den Marktspiegel Mietwagen Deutschland des Fraunhofer-Institutes abzustellen, kann dem nicht gefolgt werden.
Die Art der Schätzungsgrundlage für die Ermittlung des Normaltarifes gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden. Dabei kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der Schwacke-Mietpreisspiegel im Postleitzahlengebiet des Geschädigten angewendet werden, solange nicht konkrete Tatsachen und Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage aufzeigen. die sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken.
Letzteres geschieht durch den Verweis auf die Studie des Fraunhofer-Institutes nicht.
Nach Auffassung des Gerichts ist diese Studie nicht geeigneter als die Erhebung nach Schwacke. Diese Erhebungen erfolgen in einem räumlich wesentlich weitläufigerem Postleitzahlengebiet. Es ist gerichtsbekannt, dass vornehmlich in Ballungsgebieten, in denen neben Städten auch ländlichere Regionen vorhanden sind, welche der Postleitzahl die beiden ersten Ziffern gemeinsam haben, ein starkes Gefälle der jeweiligen Mietpreise herrscht. Dies führt zu einer Verfälschung der Durchschnitttswerte. Außerdem sind Daten über Internet erhoben worden, wobei sich außerdem (teilweise) Abschläge aufgrund einer notwendigen Vorbuchzeit finden. Auch hierdurch sind Verzerrungen gegeben. Der Geschädigte ist nämlich regelmäßig auf den jeweiligen „Vor-Ort-Tarif“ angewiesen, welcher bereits unter dem Gesichtspunkt der Planbarkeit für das vermietete Unternehmen gegenüber einem Internettarif höher ist.
Damit sind dem Kläger im Grundsatz die von ihm herangezogenen Kosten zu erstatten.
Allerdings hat der Kläger einen Mietwagen der gleichen Fahrzeugklasse angemietet. Deshalb hat ein Abzug in Höhe von 10 % der Bruttoanmietungskosten (hier 64,40 EUR) zu erfolgen (vgl. OLG Hamm in NZV 2001, 217).
Den vom Kläger gewählten Zuschlag in Höhe von 20 % für Mehrleistungen (keine Kilometerbegrenzung, keine Inso-Prüfung, keine Kaution) lässt das Gericht in Einvernehmen mit der Rechtsprechung (vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 04.11.2010, 39 C 8727/10; recherchiert in Juris) zu.
Der Anspruch des Klägers beschränkt sich nicht auf einen Freistellungsanspruch. Der Schaden ist durch Eingehen der Verbindlichkeit gegenüber dar Autovermietung entstanden. Nach § 249 Abs 2 BGB kann der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag verlangt werden. Mietwagenkosten sind dem Herstellungsaufwand zuzurechnen.
Im Ergebnis ist der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch von 998,80 EUR um 64,40 EUR auf 934,40 EUR zu kürzen. Hierauf hat die Beklagte 255,45 EUR bezahlt. Sie war damit noch zur Zahlung von 678,95 EUR zu verurteilen nebst zuerkannten Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe.
Im Übrigen ist die Klage abzuweisen gewesen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92. 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Soweit das AG Kempen.
Schönes Urteil, aber 10% ersparte Eigenaufwendungen sind nicht nachvollziehbar, denn tatsächlich wird praktisch nichts gespart, sondern nur verschoben…
Grüße
Andreas